US-Stand-up-Star Dave Chappelle: Netflix-Belegschaft gegen Comedian
Wegen angeblich diskriminierender Show-Inhalte soll Dave Chappelles Programm von Netflix entfernt werden. Das fordern Aktivist*innen.
Für die Angestellten des Streamingdienstes Netflix in Los Angeles ist der Weg ins Büro seit Tagen schon kein angenehmer. Sie müssen Slalom laufen um Dutzende Demonstrierende, die ihrem Arbeitgeber vorwerfen, transfeindliche Inhalte auf ihrer Plattform zu verbreiten und Menschen zum Hass anzustacheln. Auch eigene Kolleg:innen sind dabei.
Im Mittelpunkt der Kontroverse: Comedian Dave Chappelle, von vielen Stand-up-Begeisterten für den Goat seines Faches, den Greatest of All Time, gehalten. Für andere wiederum gilt er mindestens als Reizfigur, wenn nicht sogar als gefährlich. Die wohl schwerwiegendste Anklage gegen sein aktuelles Programm: Es könne Gewalt gegen trans Menschen auslösen.
Zwei Wochen ist es her, dass Netflix „The Closer“ veröffentlichte. Es ist der finale Teil einer ganzen Reihe von Specials, die er seit einigen Jahren in regelmäßigen Abständen für die Plattform produzierte. International bekannt wurde der 48-Jährige in den nuller Jahren mit der Sketch-Serie „Chappelle’s Show“. Im Zentrum seiner Comedy immer schon: er selbst und der Rassismus in seinem Land.
Zu Beginn von „The Closer“ erklärt er dem Publikum eine seiner Missionen des Abends: Er sei gekommen, um die Freilassung des Rappers DaBaby zu verhandeln. DaBaby ist nicht wirklich in Haft, er ist lediglich gecancelt, seitdem er auf der Bühne homophobe Äußerungen tätigte. Was die wenigsten wissen, so Chappelle: DaBaby habe vor vielen Jahren in einem Supermarkt einen Afroamerikaner umgebracht. „In unserem Land kannst du einen Schwarzen erschießen, aber solltest besser nicht die Gefühle eines Schwulen verletzen. Und genau das ist die Ungleichheit, über die ich heute Abend reden möchte.“
Schmerzhaft für viele
Weißen Mitgliedern der LGBTQ-Community wirft er Rassismus vor. Sie würden sich so lange als Minderheit bezeichnen, bis es wieder praktisch sei, weiß zu sein. Später betont er, mit seinen Jokes nie auf Schwule oder trans Menschen abzuzielen: „Es sind immer die Weißen, mit denen ich ein Problem habe.“
Zwischen dieser Gebrauchsanweisung für seine Comedy zum Start und Ende der Show verteidigt er leidenschaftlich J. K. Rowling, die doch bloß gesagt habe, das Geschlecht sei ein Fakt. Chappelle habe über sich rausgefunden, dass er wohl ein Terf sei, ein trans Menschen ausschließender radikaler Feminist.
Er erzählt von einer Auseinandersetzung in einem Nachtclub, bei der er einer lesbischen Frau „die toxische Männlichkeit“ herausgeprügelt habe, und lässt keinen Wortwitz liegen über das nonbinäre Pronomen „they“.
Die längste Passage allerdings widmet er einer alten Freundin, trans Comedienne Daphne Dorman. Er berichtet von einem Streit, den sie hatten, in dem er ihr entgegenschleuderte sie in ihrem Trans-Sein einfach nicht zu verstehen. Sie antwortete: „Es ist mir egal, ob du mich verstehst, du musst mir bloß glauben, dass ich eine menschliche Erfahrung durchmache.“ Und das tue er, sagt er. Sein Mitgefühl nimmt man ihm ab, schmerzhaft für viele bleibt das Special trotzdem. Die Verantwortlichen von Netflix verteidigen „The Closer“. Es soll bis auf Weiteres abrufbar bleiben. Leonie Gubela
Leser*innenkommentare
Deep South
Gehts heutzutage eigentlich noch ne Nummer kleiner als Boykott, Rauschmiss und "entfernt werden"?
Muss denn jede Grenzüberschreitung, jeder provokante (von mir aus dumme) Witz, jeder Fehltritt gegen die Regeln der Eiferer gleich mit öffentlicher Verbannung bestraft werden? Reichts nicht mehr, Kritik und Ablehnung kund zu tun oder mal bissig zu kontern?
Früher wars stockkonservativen Spießern und erzreligiösen Moralaposteln zu eigen, dermaßen dogmatisch und selbstgerecht auf provokanten Humor und Satire zu reagieren.
Ich kann mit dieser puritanischen Shitstorm Gesellschaft einfach nichts anfangen.
WieJetzt?
unsäglich wie netflix mit der kritik umgeht; überlege ob ich mein abo kündige deswegen.
Hannes Petersen
@WieJetzt? Im internetz kann man viel behaupten. :-)
Dr. McSchreck
@WieJetzt? Wie geht Netflix denn mit der Kritik um und was würde Ihnen besser gefallen.
83379 (Profil gelöscht)
Gast
Gibt da eine ganz einfache Lösung: Nicht anschauen. Gibt genügend andere Sachen die man schauen kann, oder einfach ein Buch lesen in diesem Zusammenhang empfehlenswert John Stuart Mills: Über die Freiheit.
Hamnial
Wenns ihm darum gehen würde, sich allein über weiße lustig zu machen, sollte er einfach nur Witze über weiße machen, statt sich eine andere Minderheit rauszupicken, um auf ihr rumzuhacken. Was eine lächerliche Ausrede.
Wenn es stimmt, dass dieser Rapper jemanden ungebracht hat und das keine Auswirkungen auf seine Karriere hatte, aber Konsequenzen entstanden sind, weil er homofeindliche Aussagen gemacht hat. Dann liegt die Schuld ja auch nicht bei LGBT-Communitys, die gegen den Rapper verständlicherweise aus eigenem Interesse protestiert haben, sondern an seinen Arbeitgebern und Fans, denen der Mord kaltherzigerweise egal war. Wenn der Comedian Leute verbal angreifen will und was erreichen will, soll er die angreifen, statt eine andere diskriminierte Gruppe, die sich auch nur wehren will. Ansonsten freuen sich am Ende nur weiße cishet Rassisten, dass sich die Minderheiten gegeseitig fertigmachen und sie ihren Statusquo behalten können.
Hannes Petersen
Wie gut, dass es keine schlechte Werbung für Dinge gibt.
Marc T.
Humor Zensur kommt kurz vor Bücherverbrennung.
Hamnial
@Marc T. 1. Ist es keine Zensur, wenn es von einem privaten Anbieter kommt und nicht vom Staat. Letztes Mal als ich nachgeguckt hab, war Netflix noch kein eigenes Land.
2. Ist Hass keine schützenswerte Meinung, sondern ein verbaler Angriff, der die Freiheit anderer einschränkt. Auch wenn der rechte Rand das gerne umdeutet.
3. Ist Humor eine für hasserfüllte Menschen sehr effektive Weise, um ihren Hass auszudrücken. Denn in den meisten Fällen reicht ein "war ja nur ein Witz, ich mein das ja nicht so in echt ;);)", um jede Verantwortung abzulegen. Gleichzeitig können sich zB Rassisten von rassistischen Witzen oder homofeindliche Leute von Witzen über Schwule super leicht in ihrem Hass bestätigt und verstärkt sehen. Es ist in jedem Fall schädlich, egal mit welcher Intension der Witz gemacht wurde.
Müller Christian
@Hamnial zu 1. Wie kommen Sie darauf das Zensur nur von Staaten augehen kann? Auch private Medien können sich selbst Zensieren, z.B. um keine unangenehme Themen anzusprechen.
zu 2. Dave Chappelle nutzt harte Satiere und harte Ironie. Ist auch ein Auftrag der Kunst (für manche) schwer Verdauliches auf die Bühne zu bringen. MIt Hass hatte die Sendung aber einfach nix zu tun.
zu 3. Er mit Witze über alle Gruppen. Afroamerikaner, Asiaten, Weiße, Juden, Schwule, Transgender und Heteros. Warum haben sich die anderen "Beleidigten" Gruppen nicht gemeldet?
Es ist doch einfach folgendes: Transgender gehören in die Mitte der Gesellschaft, genauso wie Sie und ich und jede andere Gruppe. Und da Transgender nix besseres oder schlechteres als Ich selbst bin hat auch diese Gruppe das gleiche Recht verar.... zu werden.
Und Sie müssen, genau wie ich als weißer, priveligierter Hetero damit umgehen können.
Auch damit dass diese Gruppe mal in Form von beissenden Spott kritisiert wird.
Jonas Goldstein
@Müller Christian "Und Sie müssen, genau wie ich als weißer, privilegierter Hetero damit umgehen können."
Genau, da ist das Problem, die einen sind privilegiert, die anderen nicht. Wer privilegiert ist, hat meistens gut lachen! Und Satire auf AfD-Niveau ist nun mal geschmacklich unterirdisch und dagegen zu demonstrieren ist legitim und menschenrechtskonform! Wo Solidarität notwendig ist, sollte nicht noch unterirdische Satire, die die Vorurteile des Durchschnittsbürgers verstärkt, abgeliefert werden. Und die Aufforderung sich an Artikel 2 der AEMR von 1948 zu halten und nicht den Rechtsextremen noch Munition für deren Hassbotschaften zu liefern, hat nichts mit Zensur zu tun! Geht wohl mehr um Anstand, nicht noch auf denen herumzutreten, die es sowieso schon schwer genug haben ...
Bspw. beim Thema Antisemitismus wird doch meistens auch mehr Sensibilität an den Tag gelegt, diese Sensibilität und dieser Anstand sollten vielleicht auch eine generelle selbst verinnerlichte Maxime bei den Themen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit sein!
www.queer.de/detai...p?article_id=40178
Bee67
@Müller Christian In Anlehnung an ein bekanntes Zitat: Der Blick in den Duden erhöht die Wortkunde
Müller Christian
@Bee67 Sie haben Recht. Ich sollte mir angewöhnen meine Beiträge in Ruhe und nicht unterwegs zu schreiben. Und nochmal gegenlesen bevor ich es abschicke wäre auch nicht schlecht :-).
Ich gelobe Besserung.
rero
@Müller Christian Nö.
Das ist elitäres Distinktionsgehabe.
Mich zumindest interessiert es nicht.
Der Eine schreibt unterwegs, der Andere müde nachts um 1, Einer kann schlecht gucken, wieder ein Anderer ist einfach Legastheniker.
Dann haben Sie noch alte und neue Rechtschreibung.
Und?
Mit so viel Diversität muss man klarkommen.
Steht irgendwo geschrieben, dass ich mich nur am Meinungsaustausch beteiligen darf, wenn ich perfekt in Rechtschreibuhng bin?
Dr. McSchreck
Würde ich mir gerne ansehen und sollte der Punkt zutreffen, dass der Mann einen Menschen getötet hat und dafür keine Konsequenzen spürte (vielleicht war es Notwehr), dagegen die "Strafe" folgte, weil er sich unangemessen äußerte, ist an der Kritik sicher was dran.
Für mich ist es eher ein Grund, sich die Sendung mal anzusehen.....
Müller Christian
Ich hab es gesehen, die Kritik ist lächerlich. Mehr ist dazu nicht zu sagen.
Doni Darko
@Müller Christian Ich hab es auch gesehen und es ist einfach traurig welch dumme Äußerungen Dave Chappelle von sich gibt um einfach mal „edgy“ zu sein.
Müller Christian
@Doni Darko Man kann es geschmacklos finden, da haben Sie recht. Aber hatten Sie das Gefühl das er wirklich zu Hass gegenüber Transgendern aufruft?
Ruediger
@Doni Darko Wunderbar! Genau DAS ist Vielfalt - Neudeutsch "Diversity": Dem einen gefällt etwas, dem anderen nicht. Darüber kann man sprechen, diskutieren - aber das geht nur, wenn man NICHT verbietet und zensiert.
Hennes
@Doni Darko Aber so soll es doch sein. Geschmäcker sind verschieden. Sie mögen es nicht, Müller Christian gefällt es...muss man nun gleich alles verbieten, nur weil es irgendjemand verletzen könnte?