Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Geilheit, die

Lesezeichen zitieren/teilen ausklappen
GrammatikSubstantiv (Femininum) · Genitiv Singular: Geilheit · Nominativ Plural: Geilheiten · wird im Plural nur selten verwendet
Aussprache  [ˈgaɪ̯lhaɪ̯t]
Worttrennung Geil-heit
Wortzerlegung geil -heit
Wortbildung  mit ›Geilheit‹ als Letztglied: Sensationsgeilheit

Bedeutungsübersicht

  1. 1. entsprechend der Bedeutung von geil (1)
    1. ● [übertragen] großes Verlangen nach etwas
  2. 2. [Landwirtschaft, Botanik, sonst veraltend] entsprechend der Bedeutung von geil (3 b)
  3. 3. [salopp] entsprechend der Bedeutung von geil (4)
eWDG und ZDL

Bedeutungen

1.
entsprechend der Bedeutung von geil (1)
Beispiele:
Sprachlich […] ist das Buch konventionell (»Mein Gott, wie sie ihn wollte.«) bis schwach. Figuren bleiben blass. Statt prickelnder Erotik gibt es Geilheit mit derbem Griff in den Schritt. [Dresdner Neueste Nachrichten, 16.10.2019]
[…] als Kinderporno‑Dealer auf der geheimen Plattform »Elysium« bis 2018 alle Arten von Dreck anboten, wollten binnen weniger Monate 110.000 Gleichgesinnte in unmenschlicher Geilheit den Missbrauch auf Bildern sehen. [Fränkischer Tag, 26.05.2020]
Sie ist eine junge Frau, der alle inklusive dem Bürgermeister hinterhersteigen, auf ihre Weise vor allem auch ein Opfer der männlichen Geilheit. [Hamburger Abendblatt, 01.04.2020]
Auch bei Miller spielt die körperliche Lust eine Rolle, ist sie der unheilvolle Auslöser: die jungen Frauen tanzen nackt im Wald, erschrecken sich sehr, als man sie erwischt[…]. Und John Proctor[…] hat es mit Dienstmädchen Abigail getrieben, wirft sie, reumütig geworden, raus. Aber Abigail will ihn, will ihn sehr. Die Mainzer [Inszenierung von Arthur Millers] »Hexenjagd« ist eine Geschichte von weiblicher Geilheit, wie sie das gesellschaftliche Gefüge durcheinanderbringt. [Frankfurter Rundschau, 12.12.2019]
Eine Welt, in der sogar Breitband‑Telefon‑Leitungen, Eis am Stiel und Schinkenröllchen mit nackter Haut beworben werden, als sei Marketing eine Metzgertheke der Geilheiten. [Bild am Sonntag, 22.07.2007]
[…] einem Manne wie Riperda etwa, dem die Geilheit nur so aus dem Gesicht schreit […] [ TralowNeuhoff62]WDG
Die Schafe sind um ihrer harmlosen und frommen Natur willen eine Allegorie der Guten, die Böcke aber um ihrer Unbändigkeit und Geilheit willen ein Bild der Bösen. [Jung, Carl Gustav: Psychologische Typen. In: [ders.]: Gesammelte Werke. Bd. VI. Zürich [u. a.]: Rascher 1967 [1921], S. 246]
übertragen großes Verlangen nach etwas
entsprechend der Bedeutung von geil (1 ●), siehe auch Gier
Beispiele:
Woher kommt diese Geilheit der Menschen, die an der Macht sind, und deren Mitläufern, anderen Menschen, die nicht ihrer Meinung sind, schaden zu wollen? [Aachener Zeitung, 03.03.2022]
Wir müssen diese Geilheit haben, Tore zu schießen, das ist am Ende des Tages das Schönste im Fußball. [Münchner Merkur, 13.06.2022]
Die Anlageberater […] koksen sich natürlich alle Gefühle weg – bis auf ihre Geilheit für Assets. [Basler Zeitung, 05.05.2022]
Bei aller sonstigen Verstiegenheit, so der Autor, sei es nie seine Absicht gewesen, »Germanisten und deren Geilheit nach Sekundärem mit Textvarianten zu füttern« – was übrigens schon viele Autoren behauptet haben, bevor sie ihre Manuskripte sorgfältig im Literaturarchiv deponierten. [Landshuter Zeitung, 21.08.2021]
Die dumpfe Geilheit nach Macht. [Hamburger Abendblatt, 07.05.2021]
2.
Landwirtschaft, Botanik, sonst veraltend entsprechend der Bedeutung von geil (3 b)
Beispiel:
es kommt vor, dass das Korn erst in die Höhe schießt, dann aber wegen seiner Geilheit sich lagertWDG
3.
salopp entsprechend der Bedeutung von geil (4)
Beispiele:
Spätestens seit sich der Kegelclub in Köln‑Müngersdorf Ende der Achtzigerjahre von »Einer geht noch« in »Geile Neune« umbenannt hat, und allerspätestens seit Marketingmenschen den Geiz mit dem Geilsein auf Riesenglotzen gepaart haben, hat das Wort »geil« seine Geilheit verloren. [Die Welt, 24.10.2018]
Die imposanten Raumwirkungen, wie man sie jetzt erfahren kann, teilen sich übers Internet nur rudimentär mit. Zum Beispiel die Bildergalerie des zweiten Akts – alles an Geilheit, was die Kunstgeschichte hergibt. [Münchner Merkur, 10.05.2022]
In den vergangenen zehn Jahren hat vermutlich niemand dem Instrument [der Gitarre] mehr klebrige Geilheit zurückgegeben als er. [Süddeutsche Zeitung, 11.04.2022]
Ab und zu wurde variiert mit »krass« und »cool« und »mega«, aber übers Ganze gesehen, dominierte in dieser wahrhaft beneidenswerten Runde die pure Geilheit, was auch in weiteren Aussagen über Ferienreisen vergangener Jahre zum Ausdruck kam. Wo auch immer, es war praktisch überall »geil«, wobei kaum ins Detail gegangen wurde, ausser mal einer Nennung dieser »geilen« kleinen Bar oder dieses »geilen« natürlich etwas abgelegenen Strandes. [Luzerner Zeitung, 10.08.2019]

letzte Änderung:

Zum Originalartikel des WDG gelangen Sie hier.

Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)

Etymologie

Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
geil · geilen · aufgeilen · Geilheit
geil Adj. ‘lüstern, geschlechtlich erregt’, in heutiger Jugendsprache ‘schön, großartig, toll’, ahd. geil ‘übermütig, überheblich, erhoben’ (8. Jh.), mhd. mnd. geil(e) ‘von wilder Kraft, mutwillig, üppig, lustig, begierig’, asächs. gēl ‘fröhlich, übermütig’, mnl. gheil, gheel ‘fröhlich, üppig, lüstern’, nl. geil ‘wollüstig’, aengl. gāl ‘lustig, lüstern, stolz’ (germ. *gaila- ‘fröhlich, lüstern’) und (mit Suffix erweitert) anord. geiligr ‘schön’ gehören vielleicht wie ablautendes mnl. ghīlen, nl. (älter) gijlen ‘gären, schäumen’, anord. gilker ‘Gärbottich’ mit lit. gailùs ‘scharf, beißend, bitter, kläglich’ und aslaw. ẓělo, russ. zeló (зело) ‘sehr’ zu ie. *ghoilos ‘aufschäumend, heftig, übermütig, ausgelassen, lustig’. Der alte Sinn ‘übermütig, froh’ ist noch im 19. Jh. bezeugt; die heute vorherrschende Bedeutung entwickelt sich im Gegensatz zu keusch (s. d.) deutlich seit dem 15. Jh.; vgl. ahd. geilī(n) ‘Hochmut, Überheblichkeit’ (8. Jh.), vereinzelt auch ‘Begierde, Fleischeslust’ (11. Jh.), mhd. geil(e) ‘Üppigkeit, Fröhlichkeit’, auch ‘Hoden’. geil ‘fruchtbar, üppig wachsend, wuchernd’ von Tieren und Pflanzen (15. Jh.) ist vom 19. Jh. an selten. Vom Adjektiv abgeleitet geilen Vb. ‘geil sein, nach etw. gierig sein’ (seit dem 16. Jh. geläufig), daneben jedoch in der alten Bedeutung ‘lustig, übermütig sein’ (gelegentlich bis ins 18. Jh.), entsprechend ahd. geilēn ‘stark, übermütig werden’ (8. Jh.), mhd. geilen ‘übermütig, ausgelassen sein, froh werden’, auch ‘froh machen’, vgl. got. gailjan ‘erfreuen’. aufgeilen Vb. reflexiv ‘sich sexuell erregen’ (20. Jh.). Geilheit f. ‘Zustand sexueller Erregung’, mhd. geilheit ‘Übermut, fröhliche Tapferkeit’.

Bedeutungsverwandte Ausdrücke

Zoologie
Assoziationen

Fortpflanzungstrieb · Geschlechtstrieb · Libido · Lust auf Sex · Sexualtrieb · sexuelles Verlangen  ●  Geilheit ugs.
Oberbegriffe
Assoziationen

Psychologie
Begehren · Begehrlichkeit · Begierde · Geilheit · Gier · Lust (auf) · heftiges Verlangen  ●  Konkupiszenz fachspr., lat.
Oberbegriffe
Assoziationen

Typische Verbindungen zu ›Geilheit‹ (berechnet)

Detailliertere Informationen bietet das DWDS-Wortprofil zu ›Geilheit‹.

Zitationshilfe
„Geilheit“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/Geilheit>.

Weitere Informationen …

Diesen Artikel teilen:

alphabetisch vorangehend alphabetisch nachfolgend
Geigerzähler
geil
-geil
Geile
geilen
geilomat
Gein
Geischa
Geisel
Geiselaustausch

Worthäufigkeit

selten häufig

Wortverlaufskurve

Wortverlaufskurve 1600−1999
Wortverlaufskurve ab 1946

Geografische Verteilung

Bitte beachten Sie, dass diese Karten nicht redaktionell, sondern automatisch erstellt sind. Klicken Sie auf die Karte, um in der vergrößerten Ansicht mehr Details zu sehen.

Verteilung über Areale

Bitte beachten Sie, dass diese Karten nicht redaktionell, sondern automatisch erstellt sind. Klicken Sie auf die Karte, um in der vergrößerten Ansicht mehr Details zu sehen.

Weitere Wörterbücher

Belege in Korpora

Metakorpora

Referenzkorpora

Zeitungskorpora

Webkorpora

Spezialkorpora