Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Madrigal, das

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GrammatikSubstantiv (Neutrum) · Genitiv Singular: Madrigals · Nominativ Plural: Madrigale
Aussprache 
Worttrennung Ma-dri-gal · Mad-ri-gal
Wortbildung  mit ›Madrigal‹ als Erstglied: Madrigalchor · Madrigalist · Madrigalkomödie · Madrigalstil
Herkunft aus gleichbedeutend madrigaleital
Duden, GWDS, 1999 und DWDS

Bedeutungen

1.
Literaturwissenschaft aus der italienischen Schäferdichtung entwickelte Lyrik in zunächst freier, dann festerer Form mit verschieden langen Zeilen
Beispiele:
In wenigen Jahren schuf Prešeren ein in jeder Hinsicht ausserordentlich reiches Werk: Er beherrschte die schwierigsten lyrischen Formen, wandte Metrik und Reim so an, dass sie für das Slowenische taugten, und schrieb Sonette, Madrigale, Gaselen, Spottverse, Liebesgedichte, Trinklieder, Balladen, Epigramme, Verserzählungen, Gedankenlyrik. [Neue Zürcher Zeitung, 02.12.2000]
Mit seinen 366 Gedichten (hauptsächlich Sonetten und Kanzonen, aber auch Sestinen, Madrigalen und Balladen) bildet der »Canzoniere« [von Francesco Petrarca] ein immenses lyrisches Minne‑Epos, das letztlich von nichts anderem zeugt als von der Liebe: von der Liebe zu Laura – der »schönen Seele«, dem »unerhörten Wunder«. [Neue Zürcher Zeitung, 18.03.1994]
2.
Musik
a)
im 14. Jahrhundert   meist zwei- bis dreistimmiger, mit Solostimmen besetzter Gesang
Beispiele:
[…] Cherkaoui breitet die Arme aus und stimmt »Canta lo Gallo« an, ein venezianisches Madrigal aus dem 14. Jahrhundert. [Berliner Zeitung, 21.09.2002]
Ein Madrigal[…] ist entweder eine seit dem 14. Jahrhundert in Italien bezeugte und in barocken Opern gern verwendete volkssprachliche Gattung gesungener Lyrik mit oftmals satirischem Charakter[…] oder aber eine ebenfalls in Italien beheimatete mehrstimmige Vokalkomposition, die sich im Verlauf des 17. Jahrhunderts […] zur wichtigsten Gattung der weltlichen Vokalpolyphonie entwickelt hat. [Neue Zürcher Zeitung, 09.10.2001]
Musik des 14. Jahrhunderts von Francesco Landino (dreistimmige Ballata), Jacopo da Bologna (zweistimmiges Madrigal) und Guilleaume de Machaut (dreistimmige Doppelmotette). [Die Zeit, 09.02.1956]
b)
im 16. und 17. Jahrhundert   vier- oder mehrstimmiges weltliches Lied mit reichen tonmalerischen Klangeffekten
Beispiele:
Der aggressive Jamaika‑Hip‑Hop vom Band mündet in eine kirchenähnliche Prozession mit Kerzen und von den Tänzern gesungenen barocken Madrigalen. [Die Zeit, 19.09.2015 (online)]
[…] geistliche Musik der späten Renaissance (erschienen 1610), hochmelodisch wie Monteverdis poppige Madrigale, emotional packend, weil kaum sakral distanziert. [Der Spiegel, 12.01.2013 (online)]
Lang ist die Reihe der Musiker, denen der Aufenthalt in Venedig erst zur Entfaltung ihrer Lebensleistung verholfen hat. Sie beginnt schon im 16. Jahrhundert mit dem aus Nürnberg stammenden Hans Leo Hassler, der als Komponist von Madrigalen und Kirchenliedern […] zu Ruhm gelangte […]. [Neue Zürcher Zeitung, 04.01.2012]
Mit atemberaubender Tiefenschärfe hat er [der Musikhistoriker Ludwig Finscher] gezeigt, wie sich die Musik in den zwei Jahrhunderten bis 1600 grenzüberschreitend entfaltete, von früher englischer Mehrstimmigkeit über die burgundischen Talente mit immer feinerer Kunst des Kontrapunkts bis hin zum italienischen Madrigal. [Die Zeit, 21.06.2007]
Madrigal, kunstvolles, meist fünfstimmiges Chorlied des 16. und 17. Jahrh. […]. [Schuhmann, Otto: Meyers Opernbuch, Leipzig: Bibliograph. Inst. 1938 [1935], S. 579]

letzte Änderung:

Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)

Etymologie

Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
Madrigal n. Die Bezeichnung für eine bestimmte Art mehrstimmiger Lieder lyrisch-idyllischen Inhalts, die besonders im 16. und 17. Jh. beliebt sind, wird mit dem Liedtyp gegen Ende des 16. Jhs. aus dem Ital. übernommen. Die Herkunft des Ausdrucks ist nicht geklärt. Die frühesten Belege stammen aus Oberitalien, mlat. matricale (um 1320), ital. madriale (2. Hälfte 14. Jh.); danach konkurrieren miteinander ital. madriale und madrigale, bis sich (im 17. Jh.) die letztere Form durchsetzt. Es bleibt unentschieden, ob an lat. mātrīcālis ‘zur Mutter gehörig’ (zu lat. mātrīx ‘Mutter’) oder an lat. māteriālis ‘zur Materie gehörig, stofflich’ (zu lat. māteria ‘Stoff, aus dem etw. hervorgeht’) anzuknüpfen ist. In beiden Fällen kann von der Vorstellung ‘einfaches, natürliches (Gedicht, Lied)’ ausgegangen werden, die durch den einfachen, naturverbundenen Inhalt der Lieder gestützt wird. Vgl. Corominas 3, 183 und FEW 6, 1, 495. Als Dichtungsform bezeichnet Madrigal ein kleines lyrisches, später satirisch-philosophisches Gedicht mit epigrammatischem Schluß, wie sie Petrarca und Tasso in Italien, im 18. Jh. Hagedorn, Gotter, Voß und auch Goethe in Deutschland gepflegt haben.

Bedeutungsverwandte Ausdrücke

Kunst, Linguistik/Sprache
Schäferdichtung · Schäfergedicht  ●  Madrigal ital.
Oberbegriffe
Assoziationen

Typische Verbindungen zu ›Madrigal‹ (berechnet)

Detailliertere Informationen bietet das DWDS-Wortprofil zu ›Madrigal‹.

Zitationshilfe
„Madrigal“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/Madrigal>.

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Worthäufigkeit

selten häufig

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