Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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erlangen

erlangen,
contingere, consequi, mhd. erlangen, ein ahd. irlangôn voraussetzend. mehr hiervon unter langen.
1)
sinnlich, mit dem finger, mit der hand erlangen, erreichen, ergreifen, erfassen, anrühren: der apfel hängt zu hoch, ich kann ihn nicht erlangen, meine hand reicht, langt nicht bis an ihn; ich erlangte eine hoch am fels blühende blume. ebenso mit dem sper, mit dem schwert, mit dem pfeil erlangen: mhd.
swaʒ ër ir mohte erlangen mit dem swërte sîn.
Nib. 230, 2;
sone möhte er deheinen wîs
mit swërten niht erlanget sîn.
Wh. 48, 26;
nhd. von dort herab kann ihn mein pfeil erlangen.
Schiller 544ᵃ;
den erlangt er dermaszen (mit dem schwerte), dasz er ime den kopf zerspielt. Fierabras E 5.
2)
obgleich die füsze nicht eigentlich langen, wol aber reichen, greifen, so lag es doch nahe im gehen oder laufen etwas zu erlangen und das ziel erlangen, metam contingere, ist am ziel anlangen: mhd.
varen etwâ anderswâ,
dâ wir doch sîn dem lande nâ,
dâ wir ëʒ mügen erlangen.
Ulr. Trist. 2175;
nhd. das gebirge werden wir nicht erlangen (vulg. non poterimus ad montana conscendere). Jos. 17, 16; wer die Jebusiter schlegt und erlanget die dachrinnen (vulg. tetigisset domatum fistulas). 2 Sam. 5, 8; ire füsze laufen zum tod hinunter, ire genge erlangen die hell. spr. Sal. 5, 5;
in was für noth hast du uns zappeln lassen,
bis wir erlangt das ufer von Schirwan (s. l.).
Fleming 103;
so erlangten wir die fläche, über welcher sich der kegelberg erhebt. Göthe 28, 30.
3)
weil die zeit, das alter ein ziel, heiszt es auch hier erlangen für erreichen: herr, erbarm dich unser, das wir beide gesund mögen unser alter erlangen. Tob. 8, 10; wann die junkfrauen sibenzehen oder achtzehen jar erlangen. Frank weltb. 213ᵇ; die eichen erlangen ein sehr hohes alter, und sterben endlich von oben herunter ab, indem sie wipfeldürr werden.
4)
oft nun abstract für erwerben, erreichen, davon tragen, consequi, impetrare: eine leibeigen magd, die nicht erlöset, noch freiheit erlanget hat. 3 Mos. 19, 20; wer seine missethat bekennet, der wird barmherzigkeit erlangen. spr. Sal. 28, 13; darumb ist das recht ferne von uns und wir erlangen die gerechtigkeit nicht. Es. 59, 9; heh, wir haben sie vertilget, das ist der tag, des wir haben begert, wir habens erlanget, wir habens erlebt. klagl. Jer. 2, 16; wer fest an ir helt, der wird grosze ehre erlangen. Sir. 4, 14; er hat ehre erlanget, da er die hand ausrecket. 46, 3; so werdet ir rechte ehre und einen ewigen namen erlangen. 1 Macc. 2, 51; und waget sich, das er das volk Israel errettet und einen ewigen namen erlanget. 6, 44; selig sind die barmherzigen, denn sie werden barmherzigkeit erlangen (vulg. misericordiam consequentur). Matth. 5, 7; welche aber wirdig sein werden jene welt zu erlangen. Luc. 20, 35; haben die gerechtigkeit erlanget (apprehenderunt justitiam, goth. gafaifahun garaihtein). Röm. 9, 30; als ich barmherzigkeit erlanget habe von dem herrn (misericordiam consecutus, goth. gaarmaiþs fram fraujin). 1 Cor. 7, 25; wisset ir nicht, das die so in den schranken laufen, die laufen alle, aber éiner erlanget das kleinod (sed unus accipit bravium, goth. iþ ains nimiþ sigislaun). 9, 24; auf das auch sie die seligkeit erlangen (goth. ei jah þai ganist gatilôna). 2 Tim. 2, 10; gunst, recht, sieg, lob, macht erlangen. Maaler 113ᵇ.ᶜ; frieden erlang. Aimon A 4ᵃ; mit urtel und recht erlanget. weisth. 3, 788;
und wer hie sucht bös lust mit gir,
warlich grosz pein erlangt er schier.
für keiserlicher majestat
wil ich berühmen solche that
und dir erlangen grosz freiheit.
Alberus 97ᵇ;
ist ferner dis so gut ein starkes lob erlangen,
bekannt sein weit und breit, mit groszem titel prangen?
Opitz 1, 56;
ich lauf frei ledig und erlang
mein speis allein im müsziggang.
H. Sachs II. 4, 45ᵇ;
Apollo sprach, ich schaffe rath,
mein lebensöl musz brot erlangen (verdienen).
Hagedorn 2, 73;
glücke wünsche ich ihnen in diesem jahre nicht. das wahre müssen sie sich selber erlangen. Gellert 6, 286;
fürwahr, der ruhm war wolfeil zu erlangen!
Schiller 428ᵇ;
was der mensch sich kann erlangen
mit dem willen und der kraft.
52ᵇ;
wunsch um wünsche zu erlangen.
Göthe 41, 5.
5)
Luther braucht erlangen für begreifen, intelligere, assequi, amplecti mente: ob wir gleich nicht erlangen, wie es alles zugegangen ist. 4, 2ᵇ; es ist eine schlechte historien anzusehn, aber so gewaltig, das niemands gnug erlangen kan. 4, 51ᵇ; darumb thut s. Paulus so eine herliche predigt hie von, und machets so grosz, als kunde ers nicht gnugsam mit worten erlangen. 6, 354ᵇ; das ist eine kurze predigt, aber so reich und weit, das sie niemand auf erden erlangen, noch ewiglich auslernen kan. 6, 287ᵇ; denn welches herze oder zunge wil das erlangen, was süszes trosts sei in diesen worten? 6, 291ᵃ; man kan seine grosze bubenstücke nicht erlangen noch ausreden. tischreden 241ᵃ. diese bedeutung ist später erloschen.
6)
intr. erlangen, sufficere, hinreichen, langen: wo in (eis) aber brennen nit erlangen mag, da bruchen sie Venediger süplin. Schade sat. und pasq. 3, 169.
7)
das mhd. unpersönliche 'mich erlanget' in seinen beiden bedeutungen 'mich langweilt', fastidit me, und 'mich verlangt', capit me desiderium (wb. 1, 933ᵇ) begegnen nicht mehr. bei Ayrer 404ᶜ ist eine undeutliche stelle:
Philippe, weils die weg erlangt,
zu reden widerumb anfangt,
weil die sache einen solchen weg oder verlauf nimmt.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 4 (1860), Bd. III (1862), Sp. 887, Z. 37.

erlängen

erlängen,
1)
longius facere, elongare, producere, in die länge ziehen: aber ich erkenne, das es verdrieszlich ist die wort zuͦ erlengen. Braunschweig chir. 40;
sind durch erlängte glut sehr jämmerlich verzehrt.
Opitz 4, 337;
dasz man gewisse flick und schaltwörter einschiebt, um eine sonst tüchtige und wirksame rede, man weisz nicht warum, zu erlängen. Göthe 49, 156.
2)
refl. sich erlängen:
wer dann maint, das sich erlengt
sein leben, ob im wirt verhengt
nach seinem tod ain lobung brait u. s. w.
Schwarzenb. 159, 1;
zum kreuz erweitert sich das wachsende gebäude,
das schif erlängt, erhöht sich zu der gläubigen freude.
Göthe 41, 295.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 4 (1860), Bd. III (1862), Sp. 888, Z. 63.

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Zitationshilfe
„erlangen“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/erlangen>.

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