Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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allerfrechst

allerfrechst:
der allerfrechste mann.
Werders Ariost 16, 63.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 1 (1852), Bd. I (1854), Sp. 223, Z. 47.

frech

frech,
audax, procax, goth. friks, ahd. frëh, frëch (Graff 3, 793), mhd. vrëch, nl. vrek, ags. frëc, altn. frëkr, schw. fräck, dän. fräk. hängt in form und bedeutung zusammen mit frei, frank, frevel und erläutert die namen Frigg, Fricke, Frecke neben Freyja und frouwe, der kehlauslaut stimmt geradezu mit dem in den thrakischen volksnamen Βρίξ und Φρύξ (s. frei). der Franke (sp. 57) ist ein Friks, wie der Thrax, Θρᾶξ ein θρασύς, lit. dra̜sus, drausus, lett. drohśch. eine wurzel frikan frak (wie brikan brak) ist verschollen, vielleicht war daneben frakan frôk entsprossen, wodurch sich das alts. fruokni, altn. frœkinn, sodann das ags. fracod anschlieszen. urverwandt liegen lat. precari und procare, von welchen sich procus und procax ableiten, das letzte gebildet wie von ferre, vorare, audere ferax, vorax, audax. ferox fällt aber zu fera und ferus, it. feroce, sp. feroz, fr. farouche, deren bedeutung, nicht form unserm frech begegnet. in jenem frikan mögen die begriffe petere, appetere, begehren, gierig sein gelegen haben. da wir nun zu precari auch unser fregen und fragen halten durften (sp. 49) und darin gleichfalls die vorstellung petere fanden, so öfnet sich verwandtschaft zwischen frech, frei und fragen, wobei noch vieles verdeckt liegt, dasz freier procus und frager aneinander reichen, that sich schon sp. 50 hervor. vergleichenswerth sind it. brigare urgere, fr. briguer dringend bitten, sp. bregar, und die subst. brigante aufwiegler, brigand räuber.
1)
goth. friks erscheint nur in faihufriks, geldgierig, avarus, avidus von avere. auch ahd. frëh avarus, daneben cupidus, arrogans. mhd. nhd. der sinn von avarus erloschen.
2)
ags. frëc audax, temerarius, altn. frëkr nimius, urgens d. i. verwegen, keck, üppig, kühn. der gierige, kühne wolf heiszt ags. frëca, altn. frëkr, in der edda sind Frëki und Gëri namen des wolfs, aber auch auf helden anwendbar, weil das alterthum kühnheit unter allen tugenden voran stellte. ahd. sind die eigennamen Frecholf, Fricolf, Girolf, Kërolf gleich verbreitet. es lassen sich für frech zwei mhd. bedeutungen sondern, eine günstige, gute, auf mut und kühnheit, eine ungünstige, üble, auf übermut und gewalt gehende, gerade wie sich in frei derselbe doppelsinn entfaltet. er ist auch schon für das goth. friks vorauszusetzen, dessen verhalt uns nur unvollständig überliefert wurde.
a)
frech, kühn, mutig, tapfer, dreist, oft noch von thieren: mhd.
der kiusche und dër vrëche
Gahmurët dër wîgant.
Parz. 5, 22;
dô was dër ander (lewe) hantgerëch,
wan in dër hunger tëte frëch.
Lanz. 1964;
dô hieʒ dër künic Priamus
dën wirt die wârheit sprëchen
und machte in alsô vrëchen.
tr. kr. 5258;
daʒ man niht anders jæhe,
wan daʒ man nie gesæhe
sô vrëchen noch sô vrîen helt.
6709;
sîner vrëchen hende sturm.
8217;
die zwêne pfarren alzehant,
die wâren michel unde vrëch,
ûʒ in bran swëbel unde bëch.
9668;
dër an dëm lîbe was ein helt,
und alsô vrëch an sîner art.
14757;
sëht, hërre, disiu tohter mîn,
diu gar ein vrëchiu maget ist.
15163;
lieʒ ich daʒ ungerochen stân,
sô wære ich niht ein frëcher.
Helmbr. 1165;
swër gërne redet über daʒ maʒ
und siht, so ër trinket, über dën bëcher,
dër ist dâ von niht dëster vrëcher.
jüngling 588.
in den Nibelungen, im Iwein steht das wort nicht. nhd. weisen fast nur noch ältere schriften diesen edlen sinn auf: ein löwe frechs und sehr groszen leibs. Kirchhof wendunm. 202ᵃ; als der ries in so mutig gegen im ziehen sahe, sagt er, ich verwunder mich, halber mann, wie du deines tods so frech warten darfst. Amadis 125;
mein herz mach stark und freche.
Vogther bei Ringwald geistl. lieder 135;
auch den soldaten, der sein blut
zu frech verlieren will.
wolt ich Olympien ihm gleich von herzen geben,
bald wagt er sich zu frech und bringt sich um sein leben.
Gryphius 1, 195;
noch frech wagen,
noch weich zagen
hat jemals gar viel nutz getragen.
Logau 1, 92, 86;
drauf hat ein kühner traum mich gänzlich angezündet,
der dich mir allzu frech und lieblich fürgestellt.
Hofmannswaldau heldenbr. 10;
du traust auf schonung, die dich nur zu sehr
im frechen laufe deines glücks verzog.
Göthe 9, 157;
alle meine kühnsten träume sind in erfüllung gegangen, meine frechsten wünsche stehn jetzt vor mir. Tieck 14, 152.
b)
frech, insolens, nimius, procax, mhd.
hie vor berte man die jungen,
die dâ pflâgen frëcher zungen.
Walther 24, 10;
ouch sô bîn ich sô vrëch niht.
krone 26057.
nhd. überwiegt die üble bedeutung: ein frech volk, das nicht ansihet die person des alten. 5 Mos. 28, 50; was macht dich so frech also zu reden? Hiob 16, 3; falscher zeuge der frech lügen redet. spr. Sal. 6, 19; wer lügen frech redet, der wird nicht entrinnen. 19, 5; wer aber frech ist, der ist feindselig. prediger 8, 1; denn es sind eitel ehebrecher und ein frecher haufe. Jer. 9, 2; denn ich habe gesehen deine ehebrecherei, deine geilheit, dein freche hurerei. 13, 27; und alle freche menner. 43, 3; ist deine tochter nicht schamhaftig, so halt sie hart, wenn du merkest, das sie frech umb sich sihet, so sihe wol darauf. Sir. 26, 14; denn es treib in gottes zorn, das er so frech geredt hatte. 2 Macc. 9, 4; denn es sind vil freche und unnütze schwetzer (goth. sind auk managai ungahvairbai, lausavairdai). Tit. 1, 10;
sie waren frech und frei
und triben kurzweil mancherlei.
Kellers erz. 478;
der freche ketzerhaufen.
Soltau 465;
er hats gethan aus frecher jugend,
hat noch nit glernet zucht und tugent.
Ayrer 202ᵇ;
die selben herrn stolz, frech und wild
sein euerm orden ein ebenbild.
Opel und Cohn 18;
was warf das böse meer für freche wellen auf?
frech zu frevlen thaten.
Logau 2, 49, 77;
ob dein gemüte bös und frech von lastern ist,
erdulde ich es doch, die weil du schöne bist.
pers. rosenth. 6, 2;
ein bösewicht, der wenig glaubte,
und seinem frechen götterhasz
die gröszte frevelthat erlaubte.
Hagedorn 2, 9;
ein freches weib verletzt die wiederholten schwüre.
Rost vorspiel 11;
itzt schlägt, itzt droht sie mit dem fächer,
sie scherzt mit ihrer nachbarin.
die miene wird auf einmal frecher,
sie flieht, Kaliste, halt wohin?
im taschenb. für dichter 6, 117;
die frechen und das feld verengenden behauptungen des materialismus. Kant 3, 291; die frechste zweifelsucht. 6, 125; ein frecher dieb, lügner; gegen das frauenzimmer ist er frech; wie frech sie daher strotzte. Möser 3, 20. 22;
es war ein knabe frech genung,
war erst aus Frankreich kommen,
der hat ein armes mädel jung
gar oft in arm genommen.
Göthe 1, 181;
was hält mich ab, dasz ich mit dieser faust,
mit diesem degen, frecher, dich nicht strafe?
10, 225;
seid doch nicht so frech, epigramme! 'warum nicht? wir sind nur
überschriften, die welt hat die kapitel des buchs'.
1, 364;
frech wol bin ich geworden, es ist kein wunder. ihr götter
wiszt, und wiszt nicht allein, dasz ich auch fromm bin und treu.
1, 368;
wer bescheiden ist, musz dulden,
und wer frech ist, der musz leiden.
2, 300;
so das jenes freche spätere wort 'wenn ich dich liebe, was gehts dich an?' mir recht aus dem herzen gesprochen ist. 26, 292. das freie, kühne, kecke artet aus in tollkühnheit, hohn und übermut, die freie rede und gebärde wird zur frechen, der ungezwungne, schöne anzug erscheint frech und unzüchtig.
3)
bei Frisius 137ᵇ, Maaler 140ᵃ stehn fräch und fräfen, audax, temerarius als gleichbedeutend zusammen, bei Dasyp. 330ᶜ frech und geil, ferox. Stalder 1, 395 hat frech als sinnliches frisch und gesund, ein freches mensch, ein mädchen von ansehnlichem wuchs und frischem aussehen (s. ebenso keck); freche thiere, vögel, die in der brunst, begattungszeit stehen. Schmeller 1, 600 gibt freche mahlerei, frische, lebhafte. dies frech von wuchs wird auch sonst vom üppigen wachsthum der erde, von geilem, fettem erdboden gebraucht: das erdreich ist so frech und feiszt, das die ausgeworfen samen alda hundertfeltig wiederkummen. Frank weltb. 14ᵇ;
eins abends nach eim maienregen
het ich spacierens mich verwegen,
des maien wunne anzuschawen,
in felden, wälden, berg und awen
fand ich es alles frech und grön,
wolschmecket, lieblich, zart und schön.
wie wol hat gott all ding ordniert,
dacht ich, also ich umb refiert.
H. Sachs I, 349ᵃ;
dieweil (im lenz) das frech erdreich seinen rachen wider der sonnen gegenschein wird aufreiszen. Fischart groszm. 28; wie ichs auch gerne darfür halten wolte, das ein jeder frecher und guter magnet, des kraft durch demanten und knoblochsaft nit verhindert an einer seiten das eisen an sich ziehe, an der andern dasselbige von sich blase oder wegtreibe, so er gegen schwebenden nadeln oder negeln gehalten wird. Mathesius 79ᵃ; ob der grund fruchtbar, so man an den feldern, sonderlich aber an den bäumen sihet, wann sie hoch und frech auch auf den bergen aufzuwachsen pflegen. Hohberg 1, 9; dasz man die schwachen weinreben, die nicht viel holz haben, im wachsenden, die trächtigen und frechen aber im alten monden beschneide. 1, 103ᵃ; freche, schöne, grosze weinstöcke. 1, 337ᵇ; wann der stamm (des weinstocks) allzu frech treibt. 1, 338ᵃ. schweiz. ein frecher baum, ein freches gewächs. Stalder 1, 395.
die wiesen grün, die saat ist frech.
geistl. lied des 17 jh. bei Ditfurth fränk. volksl. 1, 142ᵃ.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 1 (1863), Bd. IV,I,I (1878), Sp. 90, Z. 75.

frech, n.

frech, n.
insolentia, gebildet wie 'das frei':
unbedacht ist bei gewalt. wer gewalt hat pflegt zu denken,
nachwelt musz ihm alles frech gar vergessen oder schenken.
Logau 2, 224, 87.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 1 (1863), Bd. IV,I,I (1878), Sp. 93, Z. 18.

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Zitationshilfe
„frech“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/frech>.

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