Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

jmdn., etw. scheel ansehen

Lesezeichen zitieren/teilen ausklappen
GrammatikMehrwortausdruck
Aussprache 
Hauptbestandteile scheel ansehen
ZDL-Vollartikel

Bedeutungen

1.
jmd. sieht jmdn. scheel anjmds. Verhalten, Lebensweise, Meinung, Herkunft o. Ä. als störend oder bedrohlich empfinden, ablehnen, verachten (und das durch Mimik, Körpersprache, Haltung zum Ausdruck bringen)
Beispiele:
Sie [die Bauern im Landkreis] haben es satt, als Insektenkiller beschimpft zu werden. Sie wollen nicht mehr scheel angesehen werden, nur weil ihre Traktoren auch am Sonntag rollen müssen. Sie wollen […] faire Preise für ihre Produkte. [Schweriner Volkszeitung, 15.06.2018]
Es stimmt nicht, dass junge Leute, die nicht im »Dresscode« des gehobenen Bürgertums zu einem Konzert erscheinen, von diesem scheel angesehen werden. [Süddeutsche Zeitung, 03.02.2014]
Es ist kein Racial Profiling und kein Rassismus zu sagen, dass unter den Tätern [in der Dealerszene] vor allem Schwarzafrikaner sind. Viele Migranten, die hier seit Langem leben, fühlen sich wegen des Fehlverhaltens einer kleinen Minderheit plötzlich scheel angesehen und diskriminiert. [Hamburger Abendblatt, 21.09.2018]
Manches hat sich [beim Alkoholkonsum in Österreich] gebessert: Wenn ich heute auf einer Veranstaltung keinen Alkohol trinke, werde ich nicht mehr so scheel angesehen wie noch vor 20 Jahren. Unter Jugendlichen ist das Komatrinken heute seltener als vor zehn Jahren […]. Die schlechte Nachricht ist: Egal, ob problematischer Konsum, Konsum unter Jugendlichen, Zahl der Alkoholkranken – überall sind wir im Spitzenfeld. […] [Kurier, 13.09.2016]
Der Berufsstand [der Richter] pflegt – selbstverliebt in seine Anonymität – nach wie vor den Korpsgeist und sieht jeden scheel an, der »aus der Schule plaudert«. D[…]s ungeschützte Offenheit [in seinem Buch] hat daher Seltenheitswert. Kollegenschelte nimmt er billigend in Kauf. »Wie alle Amtsträger müssen sie sich der Kritik stellen.« [Süddeutsche Zeitung, 13.06.2016]
Der Unternehmensberater läuft dem Banker derzeit den Rang ab als die Berufsgruppe, die derzeit am scheelsten angesehen wird. [Berliner Morgenpost, 22.05.2014]
Ich weiß bei beiden Terminen [Opferfest, Weihnachten], dass es sich um religiöse Feste handelt, […] aber ich lege weder auf den einen noch auf den anderen Ritus einen besonderen Wert. Meine Verwandten würden mich sehr scheel ansehen, wenn ich so von der Religion redete, aber manchmal habe ich den Verdacht, dass viele von ihnen in Wirklichkeit auch nicht stärker engagiert sind. [Frankfurter Rundschau, 15.03.2007]
Mustafa […] wird [im Film] Fotograf und hat mit seinen Bildern vom Alltag türkischer Kumpel einigen Erfolg. Bei deutschen Betrachtern. Seine Landsleute sehen ihn scheel an. Er gehört weder hier‑ noch dorthin. [Die Welt, 12.01.2005]
selten, veraltet jmdn. neidisch, missgünstig ansehen; neidisch auf jmdn. sein
Beispiele:
[…] so lächerlich es klingt, aber noch heute werden wir [als Autofahrer] von vielen Nichtautofahrern scheel angesehen als die Leute, die »so reich sind, daß sie sich sogar ein Auto leisten können«. Dieses Ressentiment sollten wir nicht durch Rücksichtslosigkeit gegenüber den Straßenbahn‑ und Omnibusbenutzern noch steigern! [Dillenburger, Helmut: Das praktische Autobuch, Gütersloh: Bertelsmann 1965 [1957], S. 108]
Der geschickte Arbeiter, der von sieben bis zwei Uhr an der Werkbank steht und nachmittags als freier Handwerker seinen Lohn aufbessert, wird nicht scheel angesehen, wenn er seine Ersparnisse zur Bank trägt und sich davon eines Tages ein Eigenheim baut. [Das jugoslawische Wirtschaftswunder, 27.11.1958, aufgerufen am 18.08.2015]
»Sicherlich wird mancher Motorenschlosser, der im Maschinenraum des Loggers mit öligen Händen am Dieselmotor steht« oder der Hilfsarbeiter, der tagein, tagaus Material transportiert, den Kollegen etwas scheel ansehen, der, sauber angezogen mit Schlips und Kragen, sich nur kurze Zeit an der Arbeitsstelle wichtig tut und dann wieder verschwindet. [Neues Deutschland, 11.11.1949]
2.
jmd. sieht etw. scheel anetw. als störend oder bedrohlich empfinden, ablehnen, verachten (und das durch die eigene Mimik, Körpersprache, Haltung zum Ausdruck bringen)
Beispiele:
Auslaufmodell Buch? Die US‑Buchhandelskette Borders gibt auf [Überschrift] Die grossen Buchhandelsketten werden von Bibliophilen meist eher scheel angesehen. Aber das Ende von Borders ist ein schlechtes Omen für die Zukunft der gesamten Branche. [Neue Zürcher Zeitung, 22.07.2011]
Bis dahin (= bis zur Vergrößerung des Raums) gilt es die […] Jazzkeller‑Atmosphäre auszuhalten, eine Reminiszenz an Zeiten, als der Jazz in Deutschland noch scheel angesehen, als US‑Import und irgendwie subversiv galt. Das ist ein für allemal vorbei. Jazz ist heute eine Kunstmusik[…]. [Fränkischer Tag, 28.01.2020]
Sie [die Regisseurin] wäre […] schon sehr traurig, wenn ihr neuer Film nur 100.000 Zuschauer hätte. »Das würde mich wirklich sehr treffen.« Sie steht für etwas, was […] im […] deutschen Film eher scheel angesehen wird: Mainstream. [Berliner Morgenpost, 19.02.2015]
»Der Motorboot‑Rennsport wird leider von den ›segellastigen‹ Klubs noch immer scheel angesehen, dabei fahren wir nur mit zugelassen, umweltfreundlichen 4‑Takt‑Motoren – was übrigens viele Segler bei Flaute auch stundenlang machen«, macht sich G[…] einmal richtig Luft. [Südkurier, 12.04.2012]
[…] Popularisierung [wissenschaftlicher Themen wurde] bei uns scheeler angesehen […] als in den USA oder England, wo sich Wissenschaft einfach mehr verkaufen muss. Unsere Medien sind […] viel stärker als im angloamerikanischen Raum von Leuten geprägt, die geisteswissenschaftlich denken, die also schon mal die Augenbrauen zusammenziehen, wenn ein Hirnforscher das Denken erklärt. [Der Standard, 19.12.2006]

letzte Änderung:

Zitationshilfe
„jmdn., etw. scheel ansehen“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/jmdn.%2C%20etw.%20scheel%20ansehen>.

Weitere Informationen …

Diesen Artikel teilen:

alphabetisch vorangehend alphabetisch nachfolgend
jmdn., etw. nicht aus den Fingern lassen
jmdn., etw. nicht mehr aus dem Kopf bekommen
jmdn., etw. nicht mehr aus den Fängen lassen
jmdn., etw. nicht mehr aus den Fingern lassen
jmdn., etw. nicht mit dem Arsch angucken
jmdn., etw. schief ansehen
jmdn., etw. schlecht dastehen lassen
jmdn., etw. sein Eigen nennen
jmdn., etw. soll der Teufel holen
jmdn., etw. über den gleichen Leist schlagen