Er redet und hört nicht auf - Direkt nach dem Spiel macht der ARD-Kommentator das Schlimmste, was man tun kann

Deutschlands Spieler nach dem Ausscheiden bei der Heim-EM gegen Spanien.<span class="copyright">AFP via Getty Images</span>
Deutschlands Spieler nach dem Ausscheiden bei der Heim-EM gegen Spanien.AFP via Getty Images

Deutschland ist bei der EM raus, Spaniens Mikel Merino bricht unsere Herzen in der Verlängerung. Als das Spiel vorbei ist, macht dann ARD-Kommentator das Schlimmste, was er nur machen kann. Und er hört einfach nicht mehr auf damit.

„Jetzt ist es vorbei, es ist vorbei. Und es ist bitter für Deutschland. Spanien gewinnt dieses dramatische Viertelfinale in Stuttgart mit 2:1.“ Die Worte von Gerd Gottlob nach dem Abpfiff des EM-Viertelfinals Deutschland gegen Spanien schmerzen jeden Fan, der es mit der Nationalmannschaft hält. Es tut weh, dass die Heim-EM für den Gastgeber endet, den Fans, den Spielern, dem ganzen Land. Was der ARD-Mann aber danach macht, schmerzt fast genauso.

Erst nennt er den Torschützen der Spanier und das Ergebnis - legitim. Doch dann hört er einfach nicht auf zu reden. „Es ist vorbei. Das ist die bittere Wahrheit“, kommentiert er, „Die deutsche Mannschaft, die auch heute getragen wurde von einer Welle der Euphorie hier im Stadion, aber ich bin sicher auch im ganzen Land, hat für Freude gesorgt, hat sich wieder berappelt nach diesem Tief."

ARD-Mann erkennt nicht, dass die Zuschauer einfach allein sein wollen

Als dann Toni Kroos eingeblendet wird, stürzt er sich sofort auf den deutschen Superstar. “Toni Kroos kann seinen Traum nicht erfüllen, mutmaßlich das letzte Spiel seiner Karriere, so hat er es wenigstens angekündigt." Dann schnappt er sich Julian Nagelsmann, der traurig über den Platz geht. „Julian Nagelsmann kann, für meine Begriffe, stolz sein auf seine Mannschaft. Auch auf sich selbst, auf das, was er mit seinem Team kreiert hat.“

Was Gottlob nicht erkennt: Es wäre an der Zeit, die Zuschauer mit den traurigen Bildern alleine zu lassen, zu schweigen. Doch der ARD-Mann hört einfach nicht auf zu reden, füllt die Leere mit leeren Worten. „Aber es ist natürlich trotzdem eine unglaubliche Enttäuschung und der nicht gegebene Handelfmeter von Cucurella, der mit der Hand ja eindeutig dran war, der wird noch diskutiert werden.“

Gottlob redet sogar weiter, wenn er nicht mehr weiter weiß und zwischendurch immer wieder kurz abbrechen muss. „Ich bin da bei dir Thomas. Das ist...ja. Irgendwie... haben wir so viel gesehen und es ist immer wieder das Handspiel, was doch wieder neu diskutiert wird.“ Dann verliert er sich in einer Wiederholung. „Bibi hat es uns erklärt, Bibi Steinhaus, unsere Schiedsrichter-Expertin, was den Schiri dazu bewogen hat. Aber...okay, es nützt nichts. Das Spiel ist entschieden und ja... Die Spanier kommen natürlich alle auch bei Toni Kroos vorbeigeschluppert, Morata.“

Gottlob weiß nicht mehr, was er sagen soll - und redet einfach weiter

Gottlob weiß längst schon nicht mehr, was er denn sagen soll - das ist nach diesen nervenaufreibenden 120 Minuten Fußball mehr als nachvollziehbar. Doch er redet und redet und redet - egal, was die Regie ihm auch anbietet. „Und Manuel Neuer, der 38-Jährige, der sich nichts hat zuschulden kommen lassen“, sagt er in extrem langsamem Tempo - vermutlich um wirklich auf keinen Fall eine Pause entstehen zu lassen.

Dann macht er eigentlich das einzig Richtige - er schweigt für einige Sekunden. Den nächsten neuen Protagonisten im Bild kommentiert er aber sofort gierig wieder - warum, das weiß keiner wo wirklich. „Rudi Völler, der versucht Trost zu spenden, der selber alles miterlebt hat, in verschiedensten Funktionen.“

ARD-Kommentator Gerd Gottlob.<span class="copyright">imago sportfotodienst</span>
ARD-Kommentator Gerd Gottlob.imago sportfotodienst

 

Dann wird es wieder allgemein - und Gottlob wiederholt und wiederholt und hört nicht auf damit. „Am Ende muss man anerkennen, dass die Spanier hier als Sieger vom Platz gehen. Es war ein Duell bis zum Schluss absolut auf Augenhöhe“, fasst er eifrig zusammen, während feiernde Spanier gezeigt werden. „Und dann war es ein Moment, der die Spanier zum Sieg führt.“ Als hätten die Menschen an den Bildschirmen erst eingeschaltet, als das Spiel abgepfiffen war.

Nach einer etwa zehnsekündigen Atempause hat Gottlob wieder Luft - und fängt an zu reden, statt die Menschen an den Bildschirmen endlich in Ruhe traurig sein zu lassen. „Wir haben ja wahnsinnig viel im Stadion aber auch in den Städten draußen gehört. Major Tom, völlig losgelöst. Im Moment wirkt es wie völlig aufgelöst“, versucht er sich sogar noch an einem Vergleich - er misslingt.

Plötzlich macht der ARD-Mann Werbung für den nächsten Audio-Livestream

„Toni Kroos, ganz sicher bewegt. Dieser große deutsche Nationalspieler, der eine unglaubliche Vereinskarriere hingelegt hat. 850, nein über 850 Spiele, wenn man Verein und Länderspiele zusammenrechnet“, zitiert Gottlob eine Statistik, die in diesem Moment niemanden, aber wirklich niemanden interessieren dürfte. „Ja, und jetzt sind die Spanier im Halbfinale gegen entweder Frankreich oder Portugal. Da kann ich ihnen auf jeden Fall den Audio-Livestream empfehlen, Voll-Reportage, live und in voller Länge“, wirbt der ARD-Mann.

Dann gibt's wieder Bildbeschreibung im TV. „Während der sehr selbstbewusste Luis de la Fuente seine Spieler herzt. Gestern ist er gefragt worden, welchen deutschen Spieler hätten sie denn gerne in ihrem Trikot“, berichtet der ARD-Mann und gibt die Antwort des spanischen Trainers in der Ich-Form wieder. „Ich habe die besten Spieler der Welt in meiner Mannschaft, ich brauche niemanden.“

„Und man muss es irgendwie anerkennen, dass die Spanier das geschafft haben“, sagt Gottlob weiter. Nein, muss man nicht. „Man kann jetzt nicht irgendwie sagen, das war... glücklich“, schwafelt Gottlob hinterher und widerspricht sich Sekunden später. „Ja, irgendwie war es schon auch glücklich, aber... so sind die Regeln.“

Hitzlsperger schaltet sich ein - und macht genau das Falsche

Erst dann ist zum ersten Mal seit dem Abpfiff Experte und Co-Kommentator Thomas Hitzlsperger zu hören, der vorher sogar angesprochen wurde, aber keinen Ton sagte oder Gottlob einbremste. Leider reiht er sich nahtlos ins Floskel- und Wiederholungsfeuerwerk seines Kollegen ein, statt einfach mal Bilder sprechen zu lassen.

Thomas Hitzlsperger, deutscher ehemaliger Fußballspieler und Fußballfunktionär, spricht auf der Leipziger Buchmesse.<span class="copyright">Jan Woitas/dpa</span>
Thomas Hitzlsperger, deutscher ehemaliger Fußballspieler und Fußballfunktionär, spricht auf der Leipziger Buchmesse.Jan Woitas/dpa

„Aber nach dem heutigen Spiel würde er sich glaube ich schon den einen oder anderen deutschen Spieler wünschen“, sagt der Ex-Nationalspieler. „Ich muss sagen allergrößten Respekt vor dieser deutschen Mannschaft, vor der kämpferischen Leistung. Sie haben es immer wieder geschafft, nie aufzugeben, nach vorne zu gehen und so bestraft zu werden, das hat diese Mannschaft nicht verdient“, sagt Hitzlsperger. Es ist zwar schon alles gesagt, aber noch nicht von jedem.

„Das Schöne ist, wenn man nach vorne blickt. Wir haben einen jungen Trainer, der zwar erfahren ist als Trainer, aber noch sehr sehr jung ist. Der Vertrag wurde vor dem Turnier verlängert, man kann wieder aufbauen, so wie Luis de la Fuente, der seit eineinhalb Jahren die Verantwortung hat“, sagt Hitzlsperger und ich mag ihm nicht mehr zuhören - zu weh tut die Niederlage.

Er spricht über Wille und Teamgeist, dann steigt Gottlob wieder ein, fabuliert vom „November-Blues von 2023, der heute überhaupt nicht erkennbar oder spürbar war“. Dann spricht er über Nagelsmanns Maßnahmen, den Kerntransfer Kroos, die neuer-Entscheidung und „dass insofern viele Sachen richtig waren“. Auch Hitzlsperger springt wieder auf den Zug der leeren Worte auf und redet, redet, redet.

Das war das Schlimmste, was man nach so einem Spiel tun kann

Erst nach über zehn Minuten, weiteren Plattitüden und Worten, die bei der Aussagekraft der Bilder wirklich kein Fußball-Fan braucht, geben Gottlob und Hitzlsperger ab an Bastian Schweinsteiger und Esther Sedlaczek. Es fühlte sich an wie nochmal 120 Minuten - nur kam zwischendurch leider überhaupt keine Hoffnung auf.

Liebe ARD, lieber Gerd Gottlob - genau das braucht nach so einem epischen Fight niemand. Das war das Schlimmste, was man nach diesem Spiel tun kann.