„Akzise“ – Versionsunterschied

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
[gesichtete Version][gesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
Keine Bearbeitungszusammenfassung
K form
 
(14 dazwischenliegende Versionen von 14 Benutzern werden nicht angezeigt)
Zeile 1: Zeile 1:
[[Image:Berlin vor-dem-schlesischen-tor 3 20050203 P1000106.JPG|thumb|300px|Berlin, Vor dem Schlesischen Tor; ehemaliges Steuerhaus der Wasserbauinspektion, diente der Einnahme der Akzise]]
[[Datei:Berlin vor-dem-schlesischen-tor 3 20050203 P1000106.JPG|mini|300px|Das ehemalige Steuerhaus der Wasserbauinspektion in Berlin-Kreuzberg diente der Einnahme der Akzise]]
Die '''Akzise''', auch ''Accise'' (lat./frz.) oder '''Accis'''<ref>[http://digitale.bibliothek.uni-halle.de/pon/content/pageview/519681 Über die Landt- und HandwercksAccis-Steuer von Anno 1641 biß 1682.''] Verordnung in Sachsen, 1698. Archiviert in der [[Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt|Universitäts- und Landesbibliothek (ULB) Sachsen-Anhalt]].</ref> war eine [[indirekte Steuer]], in der Regel eine [[Verbrauchssteuer]] beziehungsweise ein [[Binnenzoll]]. Akzisen wurden auf Grundnahrungsmittel (zum Beispiel Roggen, Weizen, Hopfen oder anderes Getreide beziehungsweise Mehl), auf Lebensmittel (Zucker, Salz, Fett, Fleisch), Genussmittel (Tabak, Kaffee, Tee, Bier, Sekt), auf Vieh oder auf den sonstigen Verbrauch erhoben.
Die '''Akzise''', auch ''Accise'' (französisch) oder '''Accis''' (lateinisch),<ref>[http://digitale.bibliothek.uni-halle.de/pon/content/pageview/519681 ''Über die Landt- und HandwercksAccis-Steuer von Anno 1641 biß 1682.''] Verordnung in Sachsen, 1698. Archiviert in der [[Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt|Universitäts- und Landesbibliothek (ULB) Sachsen-Anhalt]].</ref> war eine [[indirekte Steuer]], in der Regel eine [[Verbrauchssteuer]] beziehungsweise ein [[Binnenzoll]]. Akzisen wurden auf Grundnahrungsmittel (zum Beispiel Roggen, Weizen, Hopfen oder anderes Getreide beziehungsweise Mehl), auf Lebensmittel (Zucker, Salz, Fett, Fleisch), Genussmittel (Tabak, Kaffee, Tee, Bier, Sekt), auf Vieh oder auf den sonstigen Verbrauch erhoben.

Zur Kontrolle und Verhinderung von Steuerhinterziehung wurden oftmals so genannte Akzisenmauern gebaut, oder ehemals militärischen Zwecken dienende [[Stadtmauer]]n umfunktioniert. Da die dort erhobenen Steuern unbeliebt waren, erklärt sich daraus teilweise, warum – aus heutiger Sicht denkmalschützerisch unverständlich – die Stadtmauern und ihre dazugehörigen Tore oftmals kurz nach Abschaffung der Akzise beinahe restlos beseitigt wurden.


== Geschichte ==
== Geschichte ==
Die Erhebung von Akzisen ist seit dem [[11. Jahrhundert]] in Spanien (1001) und Venedig und dem [[13. Jahrhundert]] im deutschen Reich (Köln 1206) bezeugt. Im [[17. Jahrhundert]] wurde die ursprünglich städtische Steuer auch in den Ländern bedeutsam.
Die Erhebung von Akzisen ist seit dem 11. Jahrhundert in Spanien (1001) und Venedig und dem 13. Jahrhundert im Deutschen Reich (Köln 1206) bezeugt. Im 17. Jahrhundert wurde die ursprünglich städtische Steuer auch in den Ländern bedeutsam.


Akziseeinnehmer waren Steuer-(Unter)Beamte (Torschreiber), die die Akzisen direkt am Stadttor erhoben. In vielen älteren Stadtverfassungen waren für die Erhebung oder Aufsicht der Erhebung die ''Akzise-'' bzw. ''Ziesemeister'' von Amts wegen zuständig. Dabei konnte es sich auch um Personen handeln, die das Recht zur Eintreibung der Steuern von der Stadt gepachtet hatten; ihre Wahl fand traditionell am [[Petritag]] (22. Februar) „bei brennender Kerze“ statt. Diese Art der Eintreibung barg eine hohe Missbrauchsgefahr und war daher bei der Bevölkerung besonders verhasst. Auch von zeitgenössischen Experten wurde sie immer wieder kritisiert.<ref>Martin Hackenberg: ''Die Verpachtung von Zöllen und Steuern. Ein Rechtsgeschäft territorialer Finanzverwaltung im Alten Reich, dargestellt am Beispiel des Kurfürstentums Köln.'' Vittorio Klostermann, Frankfurt am Main 2002, ISBN 3-465-03177-6, S. 24 (Zugleich: Frankfurt am Main, Universität, Dissertation, 2000).</ref>
Akziseeinnehmer waren Steuer-(Unter)Beamte (Torschreiber), die die Akzisen direkt am Stadttor erhoben. In vielen älteren Stadtverfassungen waren für die Erhebung oder Aufsicht der Erhebung die ''Akzise-'' bzw. ''Ziesemeister'' von Amts wegen zuständig. Dabei konnte es sich auch um Personen handeln, die das Recht zur Eintreibung der Steuern von der Stadt gepachtet hatten; ihre Wahl fand traditionell am [[Petritag]] (22. Februar) „bei brennender Kerze“ statt. Diese Art der Eintreibung barg eine hohe Missbrauchsgefahr und war daher bei der Bevölkerung besonders verhasst. Auch von zeitgenössischen Experten wurde sie immer wieder kritisiert.<ref>Martin Hackenberg: ''Die Verpachtung von Zöllen und Steuern. Ein Rechtsgeschäft territorialer Finanzverwaltung im Alten Reich, dargestellt am Beispiel des Kurfürstentums Köln.'' Vittorio Klostermann, Frankfurt am Main 2002, ISBN 3-465-03177-6, S.&nbsp;24 (Zugleich: Frankfurt am Main, Universität, Dissertation, 2000).</ref>


Unter [[Friedrich Wilhelm I. (Preußen)|Friedrich Wilhelm I.]] wurde die Akzise in [[Preußen]] auch zum [[Schutzzoll]], indem sie auf ausländische Waren, vor allem Getränke, Kolonial- und Manufakturwaren erhoben und bei der Torkontrolle eingetrieben wurde. Im Zuge dessen wurde die [[Berliner Zollmauer|Akzisemauer]] errichtet.
Unter [[Friedrich Wilhelm I. (Preußen)|Friedrich Wilhelm I.]] wurde die Akzise in [[Preußen]] auch zum [[Schutzzoll]], indem sie auf ausländische Waren, vor allem Getränke, Kolonial- und Manufakturwaren, erhoben und bei der Torkontrolle eingetrieben wurde. Im Zuge dessen wurde die [[Berliner Zollmauer|Akzisemauer]] errichtet.


Im [[Feudalismus]], in dem bevorrechtigte [[Ständegesellschaft|Stände]] sich gegen die Auferlegung direkter Belastungen mit Erfolg wehren konnten ([[Steuerprivileg]]ien), spielten [[Verbrauchsteuer]]n und [[Zoll (Abgabe)|Zölle]] eine wesentliche Rolle bei der Umgehung der Widerstände dagegen. Dies kam besonders beim sogenannten [[Akzisenstreit]] des [[17. Jahrhundert|17.]] und [[18. Jahrhundert]]s zum Ausdruck. Nachdem die Steuerprivilegien bei den direkten Steuern in der zweiten Hälfte des [[19. Jahrhundert]]s mehr und mehr abgebaut wurden, wandelte sich die Beurteilung der Verbrauchsteuern.
Im [[Feudalismus]], in dem bevorrechtigte [[Ständegesellschaft|Stände]] sich gegen die Auferlegung direkter Belastungen mit Erfolg wehren konnten ([[Steuerprivileg]]ien), spielten [[Verbrauchsteuer]]n und [[Zoll (Abgabe)|Zölle]] eine wesentliche Rolle bei der Umgehung der Widerstände dagegen. Dies kam besonders beim sogenannten [[Akzisenstreit]] des 17. und 18. Jahrhunderts zum Ausdruck. Nachdem die Steuerprivilegien bei den direkten Steuern in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts mehr und mehr abgebaut wurden, wandelte sich die Beurteilung der Verbrauchsteuern.


Auch der Ort oder das Gebäude, in dem diese Abgaben erhoben wurden, konnte als Akzise bezeichnet sein (z. B. „Alte Akzise“ in Hamburg-Horn).
Auch der Ort oder das Gebäude, in dem diese Abgaben erhoben wurden, konnte als Akzise bezeichnet sein (z. B. „Alte Akzise“ in Hamburg-Horn). In manchen Städten bildete sich ein typisches Gebäudeensemble heraus, das aus je einem kleinen Haus zu beiden Seiten des Stadttores bestand, so beispielsweise das [[Ratinger Tor]] in Düsseldorf und die Gebäude des heutigen [[Museum für Photographie (Braunschweig)|Museums für Photographie]] in Braunschweig.


==Siehe auch==
== Literatur ==
* Andreas Schwennicke: ''„Ohne Steuer kein Staat“. Zur Entwicklung und politischen Funktion des Steuerrechts in den Territorien des Heiligen Römischen Reichs (1500–1800)'' (= ''Studien zur europäischen Rechtsgeschichte,'' Bd. 90). Vittorio Klostermann, Frankfurt am Main 1996, ISBN 3-465-02904-6.

== Siehe auch ==
* [[Ungeld]]
* [[Ungeld]]
* [[Ziese (Begriffsklärung)]]
* [[Ziese (Begriffsklärung)]]

== Literatur ==
* Andreas Schwennicke: ''„Ohne Steuer kein Staat“. zur Entwicklung und politischen Funktion des Steuerrechts in den Territorien des Heiligen Römischen Reichs (1500–1800)'' (= ''Studien zur europäischen Rechtsgeschichte.'' Bd. 90). Vittorio Klostermann, Frankfurt am Main 1996, ISBN 3-465-02904-6.


== Weblinks ==
== Weblinks ==
* [http://digital.slub-dresden.de/id358376688 ''Sr. Königl. Majest. Und Churfürstl. Durchlaucht. zu Sachsen General-Consumtions-Accis-Ordnung, In Denen Städten und Marck-Flecken des Churfürstenthums Sachsen und sämtlicher Lande (1707)]''
* [http://digital.slub-dresden.de/id358376688 ''Sr. Königl. Majest. Und Churfürstl. Durchlaucht. zu Sachsen General-Consumtions-Accis-Ordnung, In Denen Städten und Marck-Flecken des Churfürstenthums Sachsen und sämtlicher Lande'' (1707)]


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references />
<references />

{{Normdaten|TYP=s|GND=4191662-1}}


[[Kategorie:Steuerrechtsgeschichte]]
[[Kategorie:Steuerrechtsgeschichte]]

Aktuelle Version vom 10. Februar 2023, 19:06 Uhr

Das ehemalige Steuerhaus der Wasserbauinspektion in Berlin-Kreuzberg diente der Einnahme der Akzise

Die Akzise, auch Accise (französisch) oder Accis (lateinisch),[1] war eine indirekte Steuer, in der Regel eine Verbrauchssteuer beziehungsweise ein Binnenzoll. Akzisen wurden auf Grundnahrungsmittel (zum Beispiel Roggen, Weizen, Hopfen oder anderes Getreide beziehungsweise Mehl), auf Lebensmittel (Zucker, Salz, Fett, Fleisch), Genussmittel (Tabak, Kaffee, Tee, Bier, Sekt), auf Vieh oder auf den sonstigen Verbrauch erhoben.

Zur Kontrolle und Verhinderung von Steuerhinterziehung wurden oftmals so genannte Akzisenmauern gebaut, oder ehemals militärischen Zwecken dienende Stadtmauern umfunktioniert. Da die dort erhobenen Steuern unbeliebt waren, erklärt sich daraus teilweise, warum – aus heutiger Sicht denkmalschützerisch unverständlich – die Stadtmauern und ihre dazugehörigen Tore oftmals kurz nach Abschaffung der Akzise beinahe restlos beseitigt wurden.

Die Erhebung von Akzisen ist seit dem 11. Jahrhundert in Spanien (1001) und Venedig und dem 13. Jahrhundert im Deutschen Reich (Köln 1206) bezeugt. Im 17. Jahrhundert wurde die ursprünglich städtische Steuer auch in den Ländern bedeutsam.

Akziseeinnehmer waren Steuer-(Unter)Beamte (Torschreiber), die die Akzisen direkt am Stadttor erhoben. In vielen älteren Stadtverfassungen waren für die Erhebung oder Aufsicht der Erhebung die Akzise- bzw. Ziesemeister von Amts wegen zuständig. Dabei konnte es sich auch um Personen handeln, die das Recht zur Eintreibung der Steuern von der Stadt gepachtet hatten; ihre Wahl fand traditionell am Petritag (22. Februar) „bei brennender Kerze“ statt. Diese Art der Eintreibung barg eine hohe Missbrauchsgefahr und war daher bei der Bevölkerung besonders verhasst. Auch von zeitgenössischen Experten wurde sie immer wieder kritisiert.[2]

Unter Friedrich Wilhelm I. wurde die Akzise in Preußen auch zum Schutzzoll, indem sie auf ausländische Waren, vor allem Getränke, Kolonial- und Manufakturwaren, erhoben und bei der Torkontrolle eingetrieben wurde. Im Zuge dessen wurde die Akzisemauer errichtet.

Im Feudalismus, in dem bevorrechtigte Stände sich gegen die Auferlegung direkter Belastungen mit Erfolg wehren konnten (Steuerprivilegien), spielten Verbrauchsteuern und Zölle eine wesentliche Rolle bei der Umgehung der Widerstände dagegen. Dies kam besonders beim sogenannten Akzisenstreit des 17. und 18. Jahrhunderts zum Ausdruck. Nachdem die Steuerprivilegien bei den direkten Steuern in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts mehr und mehr abgebaut wurden, wandelte sich die Beurteilung der Verbrauchsteuern.

Auch der Ort oder das Gebäude, in dem diese Abgaben erhoben wurden, konnte als Akzise bezeichnet sein (z. B. „Alte Akzise“ in Hamburg-Horn). In manchen Städten bildete sich ein typisches Gebäudeensemble heraus, das aus je einem kleinen Haus zu beiden Seiten des Stadttores bestand, so beispielsweise das Ratinger Tor in Düsseldorf und die Gebäude des heutigen Museums für Photographie in Braunschweig.

  • Andreas Schwennicke: „Ohne Steuer kein Staat“. Zur Entwicklung und politischen Funktion des Steuerrechts in den Territorien des Heiligen Römischen Reichs (1500–1800) (= Studien zur europäischen Rechtsgeschichte, Bd. 90). Vittorio Klostermann, Frankfurt am Main 1996, ISBN 3-465-02904-6.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Über die Landt- und HandwercksAccis-Steuer von Anno 1641 biß 1682. Verordnung in Sachsen, 1698. Archiviert in der Universitäts- und Landesbibliothek (ULB) Sachsen-Anhalt.
  2. Martin Hackenberg: Die Verpachtung von Zöllen und Steuern. Ein Rechtsgeschäft territorialer Finanzverwaltung im Alten Reich, dargestellt am Beispiel des Kurfürstentums Köln. Vittorio Klostermann, Frankfurt am Main 2002, ISBN 3-465-03177-6, S. 24 (Zugleich: Frankfurt am Main, Universität, Dissertation, 2000).