„Finanzmarkt“ – Versionsunterschied

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
[gesichtete Version][gesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
K fixed typo
Wowo2008 (Diskussion | Beiträge)
→‎Arten: +Tabelle.
 
(40 dazwischenliegende Versionen von 27 Benutzern werden nicht angezeigt)
Zeile 1: Zeile 1:
[[Datei:Kapitalmarkt.jpg|mini|350px|Abgrenzung zwischen Geld-, Kapital- und Kreditmarkt]]
'''Finanzmarkt''' ist ein Oberbegriff für alle [[Markt|Märkte]], auf denen ein [[Handel]] mit Kapital stattfindet. Der Unterschied zum Gütermarkt liegt vor allem in der Zukunftsbezogenheit der erworbenen [[Rechtsanspruch|Rechtsansprüche]] und darin, dass ausschließlich Geldzahlungen – allenfalls ergänzt durch weitere Rechtsansprüche – getauscht werden. Der Finanzmarkt gliedert sich einerseits in nationale und internationale Finanzmärkte und andererseits, abhängig vom Gegenstand der gehandelten Finanzmittel in:
Der '''Finanzmarkt''' ist ein Oberbegriff für [[Markt (Wirtschaftswissenschaft)|Märkte]], auf denen der [[Handel]] mit [[Finanzinstrument (Deutschland)|Finanzinstrumenten]] stattfindet. Komplementärbegriff ist der [[Gütermarkt]].
* [[Geldmarkt]]
* [[Kapitalmarkt|Kapital- und Kreditmarkt]]
* [[Devisenmarkt]]


== Allgemein ==
Diese Aufgliederung wird vorgenommen, da auf den verschiedenen Teilmärkten diverse Teilnehmer sowie Marktgegebenheiten vorhanden sind. Finanzmärkte sind somit Märkte, auf denen Kapital in Form von [[Wertpapier]]en, unverbrieften Rechten, [[Zentralbankgeld]] sowie [[Darlehen]]s- und [[Kredit]]verträgen gehandelt wird<ref>Geyer, Helmut Finanzwirtschaft (Skript) 2008</ref>. Ein Nachfrager hat auf dem Finanzmarkt die Möglichkeit, sein Geld bzw. Vermögen gewinnbringend anzulegen. Der Anbieter ermöglicht sich durch den Handel am Finanzmarkt die Finanzierung von Investitionen. Finanzmärkte bringen Kapitalanleger und Kapitalgeber direkt oder aber indirekt über [[Finanzintermediär]]e zusammen.
Finanzmärkte gehören der [[Finanzwirtschaft]] an, Gütermärkte der [[Realwirtschaft]]. Beide stehen in einer komplementären [[Interdependenz]] zueinander, weil die Realwirtschaft nicht ohne das vom Finanzmarkt stammende [[Geld]] existieren kann und die Finanzmärkte auch realwirtschaftliche Einflüsse aufweisen wie etwa das [[Hedging]] aufgrund zu erwartender Rohstoffpreisveränderungen. Finanzmärkte lösen [[Zahlungsstrom|Zahlungsströme]] aus, welche teilweise für die Bezahlung der [[Güterstrom|Güterströme]] auf den Gütermärkten bestimmt sind.


Der Handel auf den Finanzmärkten findet durch [[Tausch]] der Finanzinstrumente gegen [[Geld]] oder durch Tausch von Finanzinstrumenten untereinander statt. [[Marktteilnehmer]] sind alle [[Wirtschaftssubjekt]]e ([[Privathaushalt]]e, [[Unternehmen]] und [[staat]]liche Stellen). Finanzmärkte bringen [[Kapitalnachfrage|Kapitalnehmer]] und [[Kapitalgeber]] direkt oder aber indirekt über [[Finanzintermediär]]e zusammen. Als [[Marktpreise]] fungieren – je nach Art des Teilmarktes – [[Börsenkurs]]e oder [[Zins]]en.
== Der Geldmarkt ==

== Arten ==
Der Finanzmarkt ist in vier [[Teilmarkt|Teilmärkte]] gegliedert, und zwar Geldmarkt, Kapitalmarkt, Kreditmarkt und Devisenmarkt. [[Erwin von Beckerath]] führte 1916 für Geld- und Kapitalmarkt (GKM) den gemeinschaftlichen Oberbegriff des Kreditmarktes ein.<ref>Erwin von Beckerath, ''Kapitalmarkt und Geldmarkt'', 1916, S. 52</ref>

{| class="wikitable" style="padding:1em; vertical-align:top; border:2px;"
|-
! [[Markt]]
! [[Angebot (Volkswirtschaftslehre)|Angebot]]
! [[Nachfrage]]
! [[Preis (Wirtschaft)|Preis]]
|-
| [[Geldmarkt]]
| [[Geldangebot]] || [[Geldnachfrage]] || [[Geldmarktzins]]
|-
| [[Kapitalmarkt]]
| [[Kapitalangebot]] || [[Kapitalnachfrage]] || [[Kapitalmarktzins]]
|-
| [[Kreditmarkt]]
| [[Kreditangebot]] || [[Kreditnachfrage]] || [[Kreditzins]]
|}

Geld-, Kapital- und Kreditmarkt weisen untereinander starke [[Interdependenz]]en auf.

=== Geldmarkt ===
{{Hauptartikel|Geldmarkt}}
{{Hauptartikel|Geldmarkt}}
Dem [[Geldangebot]] steht auf dem Geldmarkt die [[Geldnachfrage]] gegenüber. [[Handelsobjekt]]e sind [[Tages- und Termingeldhandel|Tages- und Termingelder]], [[Rückkaufvereinbarung|Repo-]] und [[Wertpapierleihe|Leihegeschäfte]], kurzfristige [[Wertpapier]]e ([[Geldmarktpapier]]e), [[Fazilität]]en der Zentralbank (z.&nbsp;B. [[Hauptrefinanzierungsinstrument]] der [[EZB]]), Geldmarktderivate ([[Forward Rate Agreement]]s, [[Overnight Index Swap]]s, Geldmarkt-[[Future]]s), Schatzanweisungen oder [[Wechsel (Wertpapier)|Wechsel]]. Der [[Preis (Wirtschaft)|Preis]] auf dem Geldmarkt ist der [[Geldmarktzins]]. Der Geldmarkt unterscheidet sich vom Kapitalmarkt vor allem durch die [[Fristigkeit]] der Handelsobjekte. Diese Einteilung führte im Jahre 1909 der [[Ökonom]] [[Arthur Spiethoff]] ein.<ref>Arthur Spiethoff, ''Die äußere Ordnung des Geld- und Kapitalmarktes'', in: [[Gustav von Schmoller (Ökonom)|Gustav von Schmoller]] (Hrsg.), Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft im Deutschen Reich, Heft 2, 1909, S. 17 ff.</ref> Sie betrifft auf dem Geldmarkt [[Laufzeit (Wirtschaft)|Laufzeiten]] oder [[Fälligkeit]]en von bis zu zwei Jahren, wobei die Abgrenzung unterschiedlich vorgenommen wird. Die [[mittlere Frist]] (2–4 Jahre) wird in der [[Fachliteratur]] teilweise noch dem Geldmarkt,<ref>[[Joachim von Spindler]], ''Geldmarkt – Kapitalmarkt – Internationale Kreditmärkte'', 1960, S. 34</ref> teilweise jedoch dem Kapitalmarkt zugeordnet.<ref>[[Karl Friedrich Hagenmüller]], ''Kapitalmarkt'', in: Handwörterbuch der Betriebswirtschaft, Band II, 1962, Sp. 3008</ref>
Am Geldmarkt findet der Handel von [[Wertpapier]]en und [[Kredit]]en statt. Er grenzt sich von den anderen Teilmärkten anhand seiner Fristigkeit ab. Die hier gehandelten Kredite haben lediglich eine Laufzeit von 1 Tag bis maximal 1 Jahr (beispielsweise Tages- oder Termingeld). [[Geldmarktpapiere]] wie [[Schatzwechsel]] oder [[Commercial Papers]] werden unabhängig von ihrer Laufzeit gehandelt. Der Handel mit diesen Papieren hat vor allen Dingen die Aufgabe, kurzfristige Liquiditätsengpässe zu decken und wird im engeren Sinne hauptsächlich von Banken und der Zentralbank genutzt. Im weiteren Sinne sind aber auch Nichtbanken Teilnehmer des Marktes, beispielsweise große Industrieunternehmen<ref>http://www.uni-trier.de/fileadmin/forschung/ZES/Schriftenreihe/043.pdf</ref>. Der Zinssatz, zu dem sich Banken bei anderen Banken beziehungsweise Unternehmen Geld leihen können, wird [[Interbankenrate]] genannt.


== Der Kreditmarkt ==
=== Kapitalmarkt ===
{{Hauptartikel|Kapitalmarkt}}
{{Hauptartikel|Kapitalmarkt}}
Auf dem Kreditmarkt werden diejenigen Kredite gehandelt, welche nicht dem Geldmarkt zuzuordnen sind. Wenn man den hier gehandelten Krediten eine Laufzeit zuordnet, so ist diese mittel- bis langfristig und beträgt mindestens 1 Jahr. Betrachtet man für den Geldmarkt jedoch nur den Interbankenhandel und die [[EZB]], so wird der Handel am Kreditmarkt noch durch kurzfristige Kredite (Lombard-, Diskont- und Kontokorrentkredite) und diskontierte Wertpapiere (Commercial Papers, Certificate of Deposits) der Banken mit Nichtbanken ergänzt. Der nationale Kreditmarkt ist kaum organisiert und dadurch intransparent. Kredite sind sehr individuell und daher schlecht austausch- und handelbar, der jeweils zugrundeliegende Verwendungszweck (kurz- bis mittelfristige Überbrückung von Liquiditätsengpässen oder langfristige Finanzierung von Investitionen) bestimmt ihre unterschiedliche Fristigkeit.
Auf dem Kapitalmarkt werden diejenigen Finanzinstrumente gehandelt, welche nicht dem Geldmarkt zuzuordnen sind. Das betrifft Finanzinstrumente mit einer Laufzeit von mindestens 2 Jahren. Betrachtet man für den Geldmarkt jedoch nur den [[Interbankenhandel]] und die [[EZB]], so wird der Handel am Kapitalmarkt noch durch mittelfristige Kredite ([[Lombardkredit|Lombard-]] und [[Kontokorrentkredit]]e) und [[Geldmarktpapier]]e ([[Commercial Paper]]s, [[Certificate of Deposit]]s) der Kreditinstitute mit [[Nichtbank]]en ergänzt. Der nationale Kreditmarkt ist kaum organisiert und besitzt dadurch wenig [[Markttransparenz]]. [[Kredit]]e sind sehr individuell und daher schwer handelbar. Der [[Kredithandel]] als Teilmarkt des Kreditmarktes versucht, durch Abtretungsklauseln bisher nicht [[Übertragbarkeit|übertragbare]] Kredite in [[Transferable Loan Facilities]] zu verwandeln.


== Der Devisenmarkt ==
=== Devisenmarkt ===
{{Hauptartikel|Devisenmarkt}}
{{Hauptartikel|Devisenmarkt}}
Am Devisenmarkt findet der Tausch von fremden Währungen in [[Buchgeld]] statt. Hier sind zwei verschiedene Ausführungen möglich - zum einen die Ausführung des Geschäftes am [[Kassamarkt]] im sofortigen Tausch gegen die inländische Währung oder die zweite Möglichkeit als [[Devisentermingeschäft]]. Händler an den internationalen Devisenmärkten haben ein spezielles Kontaktsystem, durch das sie bei eventuellen Kursschwankungen die auftretenden Differenzen durch entsprechende Geschäfte sofort nutzen können ([[Arbitrage]]). Devisengeschäfte werden ganz überwiegend außerbörslich ausgeführt.<!-- wwer/wo/was? -- <ref>Jörn Altmann, a.a.O., S. 406</ref> --> Dieses Verfahren läuft mittlerweile nur noch elektronisch ab. Da anders als bei Krediten kein Zins fällig ist, erfolgt die Vergütung mittels der Differenz zwischen An- und Verkaufskurs.
Auf dem Devisenmarkt trifft das [[Devisenangebot]] auf die [[Devisennachfrage]] und wird zum ausgehandelten [[Devisenkurs]] getauscht. Der Tausch von [[Fremdwährung]]en in heimische Währung erfolgt ausschließlich durch [[Buchgeld]]. Hier gibt es zwei verschiedene Teilmärkte, einerseits die Ausführung des [[Geschäft (Wirtschaft)|Geschäftes]] am [[Kassamarkt]] im sofortigen Tausch gegen die inländische Währung oder zum anderen als [[Devisentermingeschäft]]. Händler treten durch [[Elektronisches Handelssystem|elektronische Handelssysteme]] miteinander in Kontakt, die auch eine schnelle Reaktion auf eingetretene [[Daten]]änderungen wie bei der [[Arbitrage]] ermöglichen. Devisengeschäfte werden ganz überwiegend außerbörslich ausgeführt.<ref>Heiko Schmolke/Anabel Ternès/Ian Towers, ''Forex-Devisenhandel'', 2016, S. 23</ref>

=== Kreditmarkt ===
{{Hauptartikel|Kreditmarkt}}
Auf dem Kreditmarkt trifft das Kreditangebot auf die Kreditnachfrage, [[Marktpreis]] ist der [[Kreditzins]], [[Handelsobjekt]] der [[Kredit]] und [[Marktvolumen]] das [[Kreditvolumen]]. Zweck des Kreditmarktes ist die [[Finanzierung]] des [[Umsatzerlös|Umsatzbedarfs]] der [[Volkswirtschaft]], die Deckung der [[Liquidität]] anderer [[Wirtschaftssubjekt]]e ([[Unternehmen]], [[Privathaushalt]]e, [[Staat]] nebst Untergliederungen), [[Konsum]]- und [[Investition]]sfinanzierung, [[Vorfinanzierung]] oder [[Zwischenfinanzierung]].<ref>Xaver Florentz/Enrique Kassner, ''Geld und Kredit'', 1975, S. 121 f.</ref> Nicht zum Kreditmarkt im engeren Sinn gehört der [[Rentenmarkt]], auf dem in [[Anleihe]]n [[Verbriefung|verbriefte]] Kredite gehandelt werden.


== Funktionen ==
== Funktionen ==
Der Finanzmarkt erfüllt die Losgrößen-, Fristen-, Risiko- und Publizitätstransformation.


=== Losgrößentransformation ===
=== Losgrößentransformation ===
{{Hauptartikel|Losgrößentransformation}}
{{Hauptartikel|Losgrößentransformation}}
Eine Aufgabe der Finanzmärkte ist die Losgrößentransformation. Das bedeutet, dass wenn beispielsweise ein Marktteilnehmer eine relativ große Geldmenge nachfragt, diese sich aus kleineren Geldmengen der Anbieter zusammensetzt. Ein typisches Beispiel hierfür ist die Ansammlung vieler kleiner Sparbeträge, um damit große Investitionen zu finanzieren. <ref> Gräfer, Schiller, Rösner ''Finanzierung'' Erich Schmidt Verlag, Berlin 2008 S. 39</ref>
Eine Aufgabe der Finanzmärkte ist die Losgrößentransformation. Das bedeutet, dass wenn beispielsweise ein Marktteilnehmer eine relativ große Geldmenge nachfragt, diese sich aus kleineren Geldmengen der Anbieter zusammensetzt. Ein typisches Beispiel hierfür ist die Ansammlung vieler kleiner Sparbeträge, um damit große Investitionen zu finanzieren.<ref>Horst Gräfer/Bettina Schiller/Sabrina Rösner, ''Finanzierung: Grundlagen, Institutionen, Instrumente und Kapitalmarkttheorie'', 2008, S. 39</ref>


=== Fristentransformation ===
=== Fristentransformation ===
{{Hauptartikel|Fristentransformation}}
{{Hauptartikel|Fristentransformation}}
Eine weitere Aufgabe der Finanzmärkte ist die Fristentransformation. Sie hat die Aufgabe, die Fristinteressen von Anbieter und Nachfrager aufeinander abzustimmen. Dabei gibt es zwei unterschiedliche Arten von Fristentransformation:
Eine weitere Aufgabe der Finanzmärkte ist die Fristentransformation. Sie hat die Aufgabe, die Fristinteressen von Anbieter und Nachfrager aufeinander abzustimmen. Dabei gibt es zwei unterschiedliche Arten von Fristentransformation:
* Transformation bezogen auf die Kapitalbindungsfristen (auch Liquiditätsfristentransformation genannt): Die Bindungsdauer vom möglichen Kapital zur Verwendung und investiertem Kapital unterscheiden sich.
* Transformation bezogen auf die Kapitalbindungsfristen (auch ''Liquiditätsfristentransformation'' genannt): Die Bindungsdauer vom möglichen Kapital zur Verwendung und investiertem Kapital unterscheiden sich.
* Transformation bezogen auf die Zinsbindungsfristen: Der Zeitraum, für den die Zinsen des zur Verfügung stehenden Kapitals bestimmt sind, unterscheidet sich von der Zinsbindungsdauer des investierten Kapitals. Daraus können Zinsänderungsrisiken resultieren.
* Transformation bezogen auf die Zinsbindungsfristen: Der Zeitraum, für den die Zinsen des zur Verfügung stehenden Kapitals bestimmt sind, unterscheidet sich von der Zinsbindungsdauer des investierten Kapitals. Daraus können Zinsänderungsrisiken resultieren.


=== Risikotransformation ===
=== Risikotransformation ===
{{Hauptartikel|Risikotransformation}}
{{Hauptartikel|Risikotransformation}}
Die dritte Aufgabe der Finanzmärkte ist die Risikotransformation. Ihre Aufgabe ist es, die unterschiedlichen Risikobereitschaften von Anbietern und Nachfragern auf dem Kapitalmarkt in Übereinstimmung zu bringen.
Ihre Aufgabe ist es, die unterschiedlichen Risikobereitschaften von Anbietern und Nachfragern auf dem Kapitalmarkt in Übereinstimmung zu bringen.
Möglichkeiten dieser Art der Transformation sind:
Möglichkeiten dieser Art der Transformation sind:
* Risikoreduktion: Dies geschieht dadurch, dass mehrere einzelne Kapitalnehmer zusammengefasst werden und das vorhandene Risiko auf sie, unabhängig voneinander, verteilt wird. Die Reduktion wird dadurch ermöglicht, dass der Kapitalnehmer diverse Verträge hält oder neue Verträge durch die Zusammenfassung von Zahlungsverpflichtungen erstellt.
* Risikoreduktion: Dies geschieht dadurch, dass mehrere einzelne Kapitalnehmer zusammengefasst werden und das vorhandene Risiko auf sie, unabhängig voneinander, verteilt wird. Die Reduktion wird dadurch ermöglicht, dass der Kapitalnehmer diverse Verträge hält oder neue Verträge durch die Zusammenfassung von Zahlungsverpflichtungen erstellt.
* Risikoaufspaltung: Damit ist die Aufspaltung in anders aufgebaute Verträge gemeint. Die Bedürfnisse von Kapitalnehmer und den Marktteilnehmern werden dabei in Einklang gebracht. <ref> Gräfer, Schiller, Rösner ''Finanzierung'' Erich Schmidt Verlag, Berlin 2008, S. 39 </ref>
* Risikoaufspaltung: Damit ist die Aufspaltung in anders aufgebaute Verträge gemeint. Die Bedürfnisse von Kapitalnehmer und den Marktteilnehmern werden dabei in Einklang gebracht.<ref>Horst Gräfer/Bettina Schiller/Sabrina Rösner, ''Finanzierung: Grundlagen, Institutionen, Instrumente und Kapitalmarkttheorie'', 2008, S. 39</ref>


=== Publizitätstransformation ===
=== Publizitätstransformation ===
Die vierte und somit letzte Aufgabe von Finanzmärkten ist die Publizitätstransformation. Das bedeutet, dass Kapitalanbieter und -nachfrager nie in persönlichen Kontakt treten. Eine Offenbarungspflicht besteht nur gegenüber Kreditinstituten. An der Börse gibt es ebenfalls vorgeschriebene Informationspflichten für den Emittenten.
Die vierte und somit letzte Aufgabe von Finanzmärkten ist die Publizitätstransformation. Als Publizitätstransformation wird die [[Information]]sverarbeitung der Kreditinstitute bezeichnet, welche die umfangreichen Informationen über die [[Kreditwürdigkeit]] ihrer [[Kreditnehmer]] im Rahmen professioneller [[Finanzanalyse]]n verarbeiten, so dass sich der Anleger auf die [[Bonität]] des Kreditinstituts verlassen kann.<ref>[https://books.google.de/books?id=ZfEqBgAAQBAJ&pg=PA258&dq=Publizit%C3%A4tstransformation&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwjdoaGkhuzYAhWPy6QKHQwtDuQQ6AEILzAB#v=onepage&q=Publizit%C3%A4tstransformation&f=false Wolfgang Weber/Rüdiger Kabst/Matthias Baum, ''Einführung in die Betriebswirtschaftslehre'', 2014, S. 258]</ref> Das bedeutet, dass Kapitalanbieter und -nachfrager nie in persönlichen Kontakt treten. Eine [[Offenlegungspflicht]] der Kreditnehmer besteht nur gegenüber Kreditinstituten.


=== Allgemeine Marktfunktionen ===
=== Allgemeine Marktfunktionen ===
Diese allgemeinen [[Markt (Wirtschaftswissenschaft)#Marktfunktionen|Marktfunktionen]] erfüllt der Finanzmarkt außerdem noch:
Außerdem erfüllt der Finanzmarkt noch diese allgemeinen [[Markt (Wirtschaftswissenschaft)#Marktfunktionen|Marktfunktionen]]:
* [[Allokation (Wirtschaftswissenschaft)|Allokationsfunktion]]: Darunter versteht man die Zuordnung knapper Ressourcen (Zeit, Rohstoffe, Arbeit, etc.) zum Produktionsprozess von Gütern, wobei die Maxime gilt, ein optimales Produkt bei minimalem Einsatz herzustellen.
* [[Allokation (Wirtschaftswissenschaft)|Allokationsfunktion]]: Darunter versteht man die Zuordnung knapper [[Ressource]]n (Zeit, Rohstoffe, Arbeit etc.) zum [[Produktionsprozess]] von Gütern, wobei die Maxime gilt, ein optimales Produkt bei minimalem Einsatz herzustellen.
* Koordinationsfunktion: Dadurch, dass Finanzmärkte den Kapitalgebern und Kapitalnehmern ein Forum für ihre Tätigkeiten bieten, erfolgt eine zeitliche und örtliche Koordination dieser Vorgänge.
* [[Koordination]]sfunktion: Dadurch, dass Finanzmärkte den Kapitalgebern und Kapitalnehmern ein Forum für ihre Tätigkeiten bieten, erfolgt eine zeitliche und örtliche Koordination dieser Vorgänge.
* Auswahlfunktion: Sie beschreibt vom Markt erlassene Zugangsbeschränkungen, sodass sich am Markt nur die richtigen Akteure treffen. Unter anderem wird in Finanzmärkten die [[Bonität]] der einzelnen Händler überprüft.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.karteikarte.com/card/282427/funktionen-von-maerkten |titel=Funktionen von Märkten |zugriff=2015-03-12}}</ref>
* Auswahlfunktion: Sie beschreibt vom Markt erlassene Zugangsbeschränkungen, sodass sich am Markt nur die richtigen Akteure treffen. Unter anderem wird in Finanzmärkten die [[Bonität]] der einzelnen Marktteilnehmer überprüft.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.karteikarte.com/card/282427/funktionen-von-maerkten |titel=Funktionen von Märkten |abruf=2015-03-12}}</ref>

== Marktstrukturen ==
;Allgemein
Sämtliche klassischen volkswirtschaftlichen [[Produktionsfaktor]]en werden auf [[Faktormarkt|Faktormärkten]] gehandelt, und zwar die [[Arbeit (Volkswirtschaftslehre)|Arbeit]] auf dem [[Arbeitsmarkt]], der [[Boden (Produktionsfaktor)|Boden]] auf dem [[Immobilienmarkt]], [[Geld]] auf dem [[Geldmarkt]], das [[Kapital]] auf dem [[Kapitalmarkt]] und [[Kredit]]e auf dem [[Kreditmarkt]]:

{| class="wikitable" style="padding:1em; vertical-align:top; border:2px;"
|-
! [[Markt]]
! [[Angebot (Volkswirtschaftslehre)|Angebot]]
! [[Nachfrage]]
! [[Preis (Wirtschaft)|Preis]]
|-
| [[Arbeitsmarkt]]
| [[Arbeitsnachfrage]] || [[Arbeitsangebot]] || [[Arbeitsentgelt]]
|-
| [[Gütermarkt]]
| [[Güterangebot]] || [[Güternachfrage]] || [[Marktpreis]]
|-
| [[Geldmarkt]]
| [[Geldangebot]] || [[Geldnachfrage]] || [[Geldmarktzins]]
|-
| [[Kapitalmarkt]]
| [[Kapitalangebot]] || [[Kapitalnachfrage]] || [[Kapitalmarktzins]]
|-
| [[Kreditmarkt]]
| [[Kreditangebot]] || [[Kreditnachfrage]] || [[Kreditzins]]
|-
| [[Immobilienmarkt]]
| Angebot an [[Wohnimmobilie|Wohn-]] und<br />[[Gewerbeimmobilie]]n,<br /> [[Agrarfläche|Agrar-]] und [[Waldfläche]]n || [[Nachfrage]] || [[Kaufpreis]]/[[Immobiliarmiete]]/<br /> [[Bodenrente]]/[[Pachtvertrag (Deutschland)|Pacht]]
|}


Während Arbeits- und Bodenangebot stark von [[Natur]]einflüssen abhängen ([[Witterung]], [[Bodenbeschaffenheit]]), wird das Geld-, Kapital- und Kreditangebot ausschließlich von wirtschaftlichen Erwägungen beeinflusst.<ref>Wolfgang Heller, ''Theoretische Volkswirtschaftslehre'', 1927, S. 144</ref> Ein [[Marktsegment]] des Kreditmarkts bildet der [[Kredithandel]], der meist zwischen [[Kreditinstitut]]en stattfindet.
== Finanzmarkttheorie ==
Finanzmarkttheorie befasst sich mit folgenden Kernthemen ''[Patrick Wegmann, 2005]''
*Preisbildung von [[Kapitalanlage]]n
*Bewertung von Investitionsprojekten von Unternehmen
*Fragen zur optimalen Wahl eines Anlagenportfolios ([[Portfoliotheorie]])
*[[Markteffizienz]] und Informationsverarbeitung der Marktteilnehmer, das heißt, sie stellt die Frage, ob der Markt planmäßig geschlagen werden kann
*Stellt sich der Frage wie die optimale [[Kapitalstruktur]]- und [[Corporate Finance#Ausschüttungsentscheid – Dividendenpolitik|Dividendenpolitik]] eines Unternehmens aussehen soll ([[Corporate Finance]])
*Beurteilt die Möglichkeit von [[Arbitrage]], das heißt stellt die Frage, ob es einen risikolosen Gewinn ohne Kapitaleinsatz gibt
*Bewertet, wie viel eine Option zum Kauf oder Verkauf einer Anlage wert ist ([[Optionspreistheorie]])
*Untersucht welche Konflikte zwischen Eigentum und Management ([[Prinzipal-Agent-Theorie|Agency-Theorie]]) bestehen können und wie sich diese auf den Wert einer Anlage auswirken


== Auswirkungen von Finanzkrisen auf die Realwirtschaft ==
Diese Fragen werden mit [[Ökonometrie|ökonometrischen]] und [[Statistik|statistischen ]] Methoden, mit [[Entscheidungstheorie]]n zu Situationen unter Unsicherheit und mit [[Wahrscheinlichkeitsrechnung|Wahrscheinlichkeitsrechnungen ]] angegangen.
Die [[Realwirtschaft]] ist [[Komplementor]] der [[Finanzwirtschaft]], weil letztere [[Wertschöpfung (Wirtschaft)|Wertschöpfungsinfrastruktur]] bereitstellt. Allerdings stammt etwa 95 % der Wertschöpfung aus der Realwirtschaft.<ref>[https://books.google.de/books?id=cxIeBAAAQBAJ&pg=PA2&dq=Realwirtschaft&hl=de&sa=X&redir_esc=y#v=onepage&q=Realwirtschaft&f=false Horst Gischer/Bernhard Herz/Lukas Menkhoff, ''Geld, Kredit und Banken: Eine Einführung'', 2012, S. 3]</ref> Die komplementäre [[Interdependenz]] zwischen Finanz- und Realwirtschaft wird häufig zur Erklärung von [[Finanzkrise]]n herangezogen. Die [[Finanzkrise ab 2007]] ist hauptsächlich durch fehlendes oder fehlerhaftes [[Risikomanagement]] innerhalb der Finanzwirtschaft entstanden. Diese Krise wirkte sich durch ein [[Spillover]] auf die Realwirtschaft aus.<ref>[https://books.google.de/books?id=qEImBgAAQBAJ&pg=PA146&dq=Finanzwirtschaft+Realwirtschaft&hl=de&sa=X&redir_esc=y#v=onepage&q=Finanzwirtschaft%20Realwirtschaft&f=false Armin Günther, ''Complementor Relationship Management'', 2014, S. 146 f.]</ref> Dabei wird in der Volkswirtschaftslehre auf die Ungleichgewichte von Real- und Finanzwirtschaft hingewiesen. War noch um 1980 die weltweite Realwirtschaft der Finanzwirtschaft quantitativ mit 2:1 überlegen, so ist sie heute mit 1:3,5 deutlich unterlegen.<ref>Pahl-Rugenstein-Verlag, ''Blätter für deutsche und internationale Politik'', Ausgaben 1–4, 2009, S. 9</ref> Diese erhebliche Disproportionalität drückt [[Risiko]]potenziale aus und zeigt, dass [[Geldkapital]] im Überfluss vorhanden ist. Während zwischen 1872 und 1950 die [[Risikoprämie]]n in Realwirtschaft und Finanzwirtschaft annähernd übereinstimmten (4,17 % bzw. 4,40 %), drifteten sie zwischen 1951 und 2000 deutlich auseinander (2,55 % bzw. 7,43 %).<ref>[[Eugene Fama]]/[[Kenneth French]], ''Business Conditions and Expected Returns on Stocks and Bonds'', in: Journal of Financial Economics vol. 25, 1989, S. 23 ff.</ref> Dies deutet auf zunehmende Marktrisiken in der Finanzwirtschaft hin. Das [[Marktrisiko]] besteht bei diesem Ungleichgewicht vor allem in einem ''Overshooting'' (Überschießen) mit der Folge [[Spekulation (Wirtschaft)|spekulativ]] verstärkter [[Spekulationsblase]]n, die so lange andauern, bis sich in der langsameren Realwirtschaft das neue [[Gleichgewicht (Wirtschaftstheorie)|Gleichgewicht]] eingestellt hat. Um diese Risiken zu vermindern, soll eine national und supranational aufgestellte [[Finanzmarktaufsicht]] zur [[Marktregulierung]] der Finanzmärkte beitragen.


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* [[Finanzmarkttheorie]]
*[[Finanzdienstleistung]], teilweise identisch mit ''Finanzindustrie'', in Medien häufig verwendeter Begriff
* [[Finanzmarkt-Kapitalismus]]
* [[Finanzdienstleistung]], teilweise identisch mit ''Finanzindustrie'', in Medien häufig verwendeter Begriff


== Literatur ==
== Literatur ==
* Lydia Krüger, ''Finanzmärkte und Entwicklung'', in: Attac (Hg.), ''Crash statt Cash'', Wien, OGBVerlag, 2008, S. 101 - 121 m.w.N.
* Lydia Krüger, ''Finanzmärkte und Entwicklung'', in: Attac (Hrsg.): ''Crash statt Cash'', Wien, OGBVerlag, 2008, S. 101–121 m.w.N.
* [[Helmut Schmidt#Familie und Persönliches|Susanne Schmidt]]: ''Markt ohne Moral  −  Das Versagen der internationalen Finanzelite'', Vlg. Droemer Knaur, München 2010, ISBN 978-3-426-27541-2
* [[Helmut Schmidt#Familie|Susanne Schmidt]]: ''Markt ohne Moral  −  Das Versagen der internationalen Finanzelite'', Vlg. Droemer Knaur, München 2010, ISBN 978-3-426-27541-2
* Georg von Wallwitz, ''Odysseus und die Wiesel. Eine fröhliche Einführung in die Finanzmärkte'', Berlin, Berenberg Verlag 2011, ISBN 978-3-937834-48-1.
* Georg von Wallwitz, ''Odysseus und die Wiesel. Eine fröhliche Einführung in die Finanzmärkte'', Berlin, Berenberg Verlag 2011, ISBN 978-3-937834-48-1.
* Gischer, Horst, Bernhard Herz und Lukas Menkhoff, ''Geld, Kredit und Banken'', Berlin und Heidelberg, Springer-Verlag 2012, ISBN 978-3-642-23256-5.
* Gischer, Horst, Bernhard Herz und Lukas Menkhoff, ''Geld, Kredit und Banken'', Berlin und Heidelberg, Springer-Verlag 2012, ISBN 978-3-642-23256-5.


== Weblinks ==
== Weblinks ==
{{Wiktionary}}
* Grafiken zum Thema: [http://www.bpb.de/52583 Finanzmärkte], aus: [http://www.bpb.de/wissen/Y6I2DP Zahlen und Fakten: Globalisierung], Bundeszentrale für politische Bildung/bpb
* Grafiken zum Thema: [http://www.bpb.de/52583 Finanzmärkte], aus: [http://www.bpb.de/wissen/Y6I2DP Zahlen und Fakten: Globalisierung], Bundeszentrale für politische Bildung/bpb
* Friederike Sattler: ''[http://docupedia.de/zg/Geschichte_der_Banken_und_Finanzm%C3%A4rkte Geschichte der Banken und Finanzmärkte]'', Version: 1.0, in: [[Docupedia Zeitgeschichte]], 27. Juli 2010
* [[Friederike Sattler]]: ''[http://docupedia.de/zg/Geschichte_der_Banken_und_Finanzm%C3%A4rkte Geschichte der Banken und Finanzmärkte].'' Version: 1.0, in: [[Docupedia-Zeitgeschichte]], 27. Juli 2010.


== Quellen ==
== Einzelnachweise ==
<references/>
<references />


[[Kategorie:Handelszweig]]
[[Kategorie:Finanzmarkt| ]]
[[Kategorie:Finanzmarkt| ]]
[[Kategorie:Wertpapierrecht]]
[[Kategorie:Bankwesen]]
[[Kategorie:Betriebswirtschaftslehre]]
[[Kategorie:Volkswirtschaftslehre]]

Aktuelle Version vom 14. August 2023, 10:17 Uhr

Abgrenzung zwischen Geld-, Kapital- und Kreditmarkt

Der Finanzmarkt ist ein Oberbegriff für Märkte, auf denen der Handel mit Finanzinstrumenten stattfindet. Komplementärbegriff ist der Gütermarkt.

Finanzmärkte gehören der Finanzwirtschaft an, Gütermärkte der Realwirtschaft. Beide stehen in einer komplementären Interdependenz zueinander, weil die Realwirtschaft nicht ohne das vom Finanzmarkt stammende Geld existieren kann und die Finanzmärkte auch realwirtschaftliche Einflüsse aufweisen wie etwa das Hedging aufgrund zu erwartender Rohstoffpreisveränderungen. Finanzmärkte lösen Zahlungsströme aus, welche teilweise für die Bezahlung der Güterströme auf den Gütermärkten bestimmt sind.

Der Handel auf den Finanzmärkten findet durch Tausch der Finanzinstrumente gegen Geld oder durch Tausch von Finanzinstrumenten untereinander statt. Marktteilnehmer sind alle Wirtschaftssubjekte (Privathaushalte, Unternehmen und staatliche Stellen). Finanzmärkte bringen Kapitalnehmer und Kapitalgeber direkt oder aber indirekt über Finanzintermediäre zusammen. Als Marktpreise fungieren – je nach Art des Teilmarktes – Börsenkurse oder Zinsen.

Der Finanzmarkt ist in vier Teilmärkte gegliedert, und zwar Geldmarkt, Kapitalmarkt, Kreditmarkt und Devisenmarkt. Erwin von Beckerath führte 1916 für Geld- und Kapitalmarkt (GKM) den gemeinschaftlichen Oberbegriff des Kreditmarktes ein.[1]

Markt Angebot Nachfrage Preis
Geldmarkt Geldangebot Geldnachfrage Geldmarktzins
Kapitalmarkt Kapitalangebot Kapitalnachfrage Kapitalmarktzins
Kreditmarkt Kreditangebot Kreditnachfrage Kreditzins

Geld-, Kapital- und Kreditmarkt weisen untereinander starke Interdependenzen auf.

Dem Geldangebot steht auf dem Geldmarkt die Geldnachfrage gegenüber. Handelsobjekte sind Tages- und Termingelder, Repo- und Leihegeschäfte, kurzfristige Wertpapiere (Geldmarktpapiere), Fazilitäten der Zentralbank (z. B. Hauptrefinanzierungsinstrument der EZB), Geldmarktderivate (Forward Rate Agreements, Overnight Index Swaps, Geldmarkt-Futures), Schatzanweisungen oder Wechsel. Der Preis auf dem Geldmarkt ist der Geldmarktzins. Der Geldmarkt unterscheidet sich vom Kapitalmarkt vor allem durch die Fristigkeit der Handelsobjekte. Diese Einteilung führte im Jahre 1909 der Ökonom Arthur Spiethoff ein.[2] Sie betrifft auf dem Geldmarkt Laufzeiten oder Fälligkeiten von bis zu zwei Jahren, wobei die Abgrenzung unterschiedlich vorgenommen wird. Die mittlere Frist (2–4 Jahre) wird in der Fachliteratur teilweise noch dem Geldmarkt,[3] teilweise jedoch dem Kapitalmarkt zugeordnet.[4]

Auf dem Kapitalmarkt werden diejenigen Finanzinstrumente gehandelt, welche nicht dem Geldmarkt zuzuordnen sind. Das betrifft Finanzinstrumente mit einer Laufzeit von mindestens 2 Jahren. Betrachtet man für den Geldmarkt jedoch nur den Interbankenhandel und die EZB, so wird der Handel am Kapitalmarkt noch durch mittelfristige Kredite (Lombard- und Kontokorrentkredite) und Geldmarktpapiere (Commercial Papers, Certificate of Deposits) der Kreditinstitute mit Nichtbanken ergänzt. Der nationale Kreditmarkt ist kaum organisiert und besitzt dadurch wenig Markttransparenz. Kredite sind sehr individuell und daher schwer handelbar. Der Kredithandel als Teilmarkt des Kreditmarktes versucht, durch Abtretungsklauseln bisher nicht übertragbare Kredite in Transferable Loan Facilities zu verwandeln.

Auf dem Devisenmarkt trifft das Devisenangebot auf die Devisennachfrage und wird zum ausgehandelten Devisenkurs getauscht. Der Tausch von Fremdwährungen in heimische Währung erfolgt ausschließlich durch Buchgeld. Hier gibt es zwei verschiedene Teilmärkte, einerseits die Ausführung des Geschäftes am Kassamarkt im sofortigen Tausch gegen die inländische Währung oder zum anderen als Devisentermingeschäft. Händler treten durch elektronische Handelssysteme miteinander in Kontakt, die auch eine schnelle Reaktion auf eingetretene Datenänderungen wie bei der Arbitrage ermöglichen. Devisengeschäfte werden ganz überwiegend außerbörslich ausgeführt.[5]

Auf dem Kreditmarkt trifft das Kreditangebot auf die Kreditnachfrage, Marktpreis ist der Kreditzins, Handelsobjekt der Kredit und Marktvolumen das Kreditvolumen. Zweck des Kreditmarktes ist die Finanzierung des Umsatzbedarfs der Volkswirtschaft, die Deckung der Liquidität anderer Wirtschaftssubjekte (Unternehmen, Privathaushalte, Staat nebst Untergliederungen), Konsum- und Investitionsfinanzierung, Vorfinanzierung oder Zwischenfinanzierung.[6] Nicht zum Kreditmarkt im engeren Sinn gehört der Rentenmarkt, auf dem in Anleihen verbriefte Kredite gehandelt werden.

Der Finanzmarkt erfüllt die Losgrößen-, Fristen-, Risiko- und Publizitätstransformation.

Losgrößentransformation

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine Aufgabe der Finanzmärkte ist die Losgrößentransformation. Das bedeutet, dass wenn beispielsweise ein Marktteilnehmer eine relativ große Geldmenge nachfragt, diese sich aus kleineren Geldmengen der Anbieter zusammensetzt. Ein typisches Beispiel hierfür ist die Ansammlung vieler kleiner Sparbeträge, um damit große Investitionen zu finanzieren.[7]

Fristentransformation

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine weitere Aufgabe der Finanzmärkte ist die Fristentransformation. Sie hat die Aufgabe, die Fristinteressen von Anbieter und Nachfrager aufeinander abzustimmen. Dabei gibt es zwei unterschiedliche Arten von Fristentransformation:

  • Transformation bezogen auf die Kapitalbindungsfristen (auch Liquiditätsfristentransformation genannt): Die Bindungsdauer vom möglichen Kapital zur Verwendung und investiertem Kapital unterscheiden sich.
  • Transformation bezogen auf die Zinsbindungsfristen: Der Zeitraum, für den die Zinsen des zur Verfügung stehenden Kapitals bestimmt sind, unterscheidet sich von der Zinsbindungsdauer des investierten Kapitals. Daraus können Zinsänderungsrisiken resultieren.

Risikotransformation

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ihre Aufgabe ist es, die unterschiedlichen Risikobereitschaften von Anbietern und Nachfragern auf dem Kapitalmarkt in Übereinstimmung zu bringen. Möglichkeiten dieser Art der Transformation sind:

  • Risikoreduktion: Dies geschieht dadurch, dass mehrere einzelne Kapitalnehmer zusammengefasst werden und das vorhandene Risiko auf sie, unabhängig voneinander, verteilt wird. Die Reduktion wird dadurch ermöglicht, dass der Kapitalnehmer diverse Verträge hält oder neue Verträge durch die Zusammenfassung von Zahlungsverpflichtungen erstellt.
  • Risikoaufspaltung: Damit ist die Aufspaltung in anders aufgebaute Verträge gemeint. Die Bedürfnisse von Kapitalnehmer und den Marktteilnehmern werden dabei in Einklang gebracht.[8]

Publizitätstransformation

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die vierte und somit letzte Aufgabe von Finanzmärkten ist die Publizitätstransformation. Als Publizitätstransformation wird die Informationsverarbeitung der Kreditinstitute bezeichnet, welche die umfangreichen Informationen über die Kreditwürdigkeit ihrer Kreditnehmer im Rahmen professioneller Finanzanalysen verarbeiten, so dass sich der Anleger auf die Bonität des Kreditinstituts verlassen kann.[9] Das bedeutet, dass Kapitalanbieter und -nachfrager nie in persönlichen Kontakt treten. Eine Offenlegungspflicht der Kreditnehmer besteht nur gegenüber Kreditinstituten.

Allgemeine Marktfunktionen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Außerdem erfüllt der Finanzmarkt noch diese allgemeinen Marktfunktionen:

  • Allokationsfunktion: Darunter versteht man die Zuordnung knapper Ressourcen (Zeit, Rohstoffe, Arbeit etc.) zum Produktionsprozess von Gütern, wobei die Maxime gilt, ein optimales Produkt bei minimalem Einsatz herzustellen.
  • Koordinationsfunktion: Dadurch, dass Finanzmärkte den Kapitalgebern und Kapitalnehmern ein Forum für ihre Tätigkeiten bieten, erfolgt eine zeitliche und örtliche Koordination dieser Vorgänge.
  • Auswahlfunktion: Sie beschreibt vom Markt erlassene Zugangsbeschränkungen, sodass sich am Markt nur die richtigen Akteure treffen. Unter anderem wird in Finanzmärkten die Bonität der einzelnen Marktteilnehmer überprüft.[10]

Marktstrukturen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Allgemein

Sämtliche klassischen volkswirtschaftlichen Produktionsfaktoren werden auf Faktormärkten gehandelt, und zwar die Arbeit auf dem Arbeitsmarkt, der Boden auf dem Immobilienmarkt, Geld auf dem Geldmarkt, das Kapital auf dem Kapitalmarkt und Kredite auf dem Kreditmarkt:

Markt Angebot Nachfrage Preis
Arbeitsmarkt Arbeitsnachfrage Arbeitsangebot Arbeitsentgelt
Gütermarkt Güterangebot Güternachfrage Marktpreis
Geldmarkt Geldangebot Geldnachfrage Geldmarktzins
Kapitalmarkt Kapitalangebot Kapitalnachfrage Kapitalmarktzins
Kreditmarkt Kreditangebot Kreditnachfrage Kreditzins
Immobilienmarkt Angebot an Wohn- und
Gewerbeimmobilien,
Agrar- und Waldflächen
Nachfrage Kaufpreis/Immobiliarmiete/
Bodenrente/Pacht

Während Arbeits- und Bodenangebot stark von Natureinflüssen abhängen (Witterung, Bodenbeschaffenheit), wird das Geld-, Kapital- und Kreditangebot ausschließlich von wirtschaftlichen Erwägungen beeinflusst.[11] Ein Marktsegment des Kreditmarkts bildet der Kredithandel, der meist zwischen Kreditinstituten stattfindet.

Auswirkungen von Finanzkrisen auf die Realwirtschaft

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Realwirtschaft ist Komplementor der Finanzwirtschaft, weil letztere Wertschöpfungsinfrastruktur bereitstellt. Allerdings stammt etwa 95 % der Wertschöpfung aus der Realwirtschaft.[12] Die komplementäre Interdependenz zwischen Finanz- und Realwirtschaft wird häufig zur Erklärung von Finanzkrisen herangezogen. Die Finanzkrise ab 2007 ist hauptsächlich durch fehlendes oder fehlerhaftes Risikomanagement innerhalb der Finanzwirtschaft entstanden. Diese Krise wirkte sich durch ein Spillover auf die Realwirtschaft aus.[13] Dabei wird in der Volkswirtschaftslehre auf die Ungleichgewichte von Real- und Finanzwirtschaft hingewiesen. War noch um 1980 die weltweite Realwirtschaft der Finanzwirtschaft quantitativ mit 2:1 überlegen, so ist sie heute mit 1:3,5 deutlich unterlegen.[14] Diese erhebliche Disproportionalität drückt Risikopotenziale aus und zeigt, dass Geldkapital im Überfluss vorhanden ist. Während zwischen 1872 und 1950 die Risikoprämien in Realwirtschaft und Finanzwirtschaft annähernd übereinstimmten (4,17 % bzw. 4,40 %), drifteten sie zwischen 1951 und 2000 deutlich auseinander (2,55 % bzw. 7,43 %).[15] Dies deutet auf zunehmende Marktrisiken in der Finanzwirtschaft hin. Das Marktrisiko besteht bei diesem Ungleichgewicht vor allem in einem Overshooting (Überschießen) mit der Folge spekulativ verstärkter Spekulationsblasen, die so lange andauern, bis sich in der langsameren Realwirtschaft das neue Gleichgewicht eingestellt hat. Um diese Risiken zu vermindern, soll eine national und supranational aufgestellte Finanzmarktaufsicht zur Marktregulierung der Finanzmärkte beitragen.

  • Lydia Krüger, Finanzmärkte und Entwicklung, in: Attac (Hrsg.): Crash statt Cash, Wien, OGBVerlag, 2008, S. 101–121 m.w.N.
  • Susanne Schmidt: Markt ohne Moral  −  Das Versagen der internationalen Finanzelite, Vlg. Droemer Knaur, München 2010, ISBN 978-3-426-27541-2
  • Georg von Wallwitz, Odysseus und die Wiesel. Eine fröhliche Einführung in die Finanzmärkte, Berlin, Berenberg Verlag 2011, ISBN 978-3-937834-48-1.
  • Gischer, Horst, Bernhard Herz und Lukas Menkhoff, Geld, Kredit und Banken, Berlin und Heidelberg, Springer-Verlag 2012, ISBN 978-3-642-23256-5.
Wiktionary: Finanzmarkt – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Erwin von Beckerath, Kapitalmarkt und Geldmarkt, 1916, S. 52
  2. Arthur Spiethoff, Die äußere Ordnung des Geld- und Kapitalmarktes, in: Gustav von Schmoller (Hrsg.), Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft im Deutschen Reich, Heft 2, 1909, S. 17 ff.
  3. Joachim von Spindler, Geldmarkt – Kapitalmarkt – Internationale Kreditmärkte, 1960, S. 34
  4. Karl Friedrich Hagenmüller, Kapitalmarkt, in: Handwörterbuch der Betriebswirtschaft, Band II, 1962, Sp. 3008
  5. Heiko Schmolke/Anabel Ternès/Ian Towers, Forex-Devisenhandel, 2016, S. 23
  6. Xaver Florentz/Enrique Kassner, Geld und Kredit, 1975, S. 121 f.
  7. Horst Gräfer/Bettina Schiller/Sabrina Rösner, Finanzierung: Grundlagen, Institutionen, Instrumente und Kapitalmarkttheorie, 2008, S. 39
  8. Horst Gräfer/Bettina Schiller/Sabrina Rösner, Finanzierung: Grundlagen, Institutionen, Instrumente und Kapitalmarkttheorie, 2008, S. 39
  9. Wolfgang Weber/Rüdiger Kabst/Matthias Baum, Einführung in die Betriebswirtschaftslehre, 2014, S. 258
  10. Funktionen von Märkten. Abgerufen am 12. März 2015.
  11. Wolfgang Heller, Theoretische Volkswirtschaftslehre, 1927, S. 144
  12. Horst Gischer/Bernhard Herz/Lukas Menkhoff, Geld, Kredit und Banken: Eine Einführung, 2012, S. 3
  13. Armin Günther, Complementor Relationship Management, 2014, S. 146 f.
  14. Pahl-Rugenstein-Verlag, Blätter für deutsche und internationale Politik, Ausgaben 1–4, 2009, S. 9
  15. Eugene Fama/Kenneth French, Business Conditions and Expected Returns on Stocks and Bonds, in: Journal of Financial Economics vol. 25, 1989, S. 23 ff.