„Walter Gröger“ – Versionsunterschied

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[[Datei:Walter Gröger.png|alternativtext=Walter Gröger (* 27. Juni 1922 † 16. März 1945)|mini|Walter Gröger]]
'''Walter Gröger''' (* [[27. Juni]] [[1922]] in [[Morów|Mohrau]], [[Landkreis Neisse]], [[Provinz Schlesien]] im damaligen [[Deutsches Reich|Deutschen Reich]]; † [[16. März]] [[1945]] in [[Oslo]], Norwegen) war [[Matrose]] der deutschen [[Kriegsmarine]] während des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkriegs]]. 1943 versuchte er, sich der weiteren Beteiligung an den Kriegshandlungen zu entziehen, wurde verhaftet und zunächst zu acht Jahren [[Zuchthaus]] verurteilt, bevor das Urteil wenige Monate vor Kriegsende in ein [[Todesstrafe|Todesurteil]] umgewandelt und Gröger daraufhin [[Erschießung|erschossen]] wurde.
'''Walter Gröger''' (* [[27. Juni]] [[1922]] in [[Morów|Mohrau]], [[Landkreis Neisse]], [[Provinz Schlesien]] im damaligen [[Deutsches Reich|Deutschen Reich]]; † [[16. März]] [[1945]] in [[Oslo]], [[Norwegen]]) war ein [[Matrose]] der deutschen [[Kriegsmarine]] während des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkriegs]].


1943 versuchte er sich der weiteren Beteiligung an den Kriegshandlungen zu entziehen, wurde verhaftet und zunächst zu acht Jahren [[Zuchthaus]] verurteilt. Wenige Monate vor Kriegsende wurde das Urteil mit dem Vorwurf der [[Fahnenflucht]] ins Ausland in ein [[Todesstrafe|Todesurteil]] umgewandelt und Gröger daraufhin [[Erschießung|erschossen]]. Den Antrag dazu stellte der damalige [[Militärgerichtsbarkeit (Nationalsozialismus)#Amts- und Dienstgradbezeichnungen|Marinestabsrichter]] des [[Zeit des Nationalsozialismus|NS-Regimes]] [[Hans Filbinger]]. Im Verlauf der [[Filbinger-Affäre]] 1978 entdeckte und veröffentlichte der Dichter [[Rolf Hochhuth]] den Fall Walter Gröger.
Das aufgrund des Vorwurfs der [[Fahnenflucht|Desertion]] gegen ihn ausgesprochene Todesurteil bzw. der Antrag dazu durch den damaligen [[Militärgericht|Marinestabsrichter]] des [[Zeit des Nationalsozialismus|NS-Regimes]], [[Hans Filbinger]], der Jahrzehnte nach dem Ende des Krieges und der Diktatur zum [[Ministerpräsident]]en von [[Baden-Württemberg]] und [[Präsident des deutschen Bundesrates|Präsidenten des deutschen Bundesrates]] werden sollte, wurde 1978 durch den Schriftsteller [[Rolf Hochhuth]] einer breiteren Öffentlichkeit bekannt gemacht. Es war einer von vier Fällen, die Filbinger im Zuge der sogenannten [[Filbinger-Affäre]] zum Rücktritt vom Ministerpräsidentenamt veranlassten.


== Leben ==
== Leben ==
[[Datei:German surrender of Akershus Fortress.jpg|miniatur|Weniger als zwei Monate nach Grögers [[Hinrichtung]] übergaben die Deutschen (hier Major Josef Nichterlein und sein Adjutant Kapitän Hamel) die [[Festung Akershus]], in der Gröger hingerichtet wurde, an Fähnrich [[Terje Rollem]] von der Norwegischen Widerstandsbewegung [[Milorg]].]]
[[Datei:German surrender of Akershus Fortress.jpg|mini|Weniger als zwei Monate nach Grögers [[Hinrichtung]] übergaben die Deutschen (hier Major [[Wilhelm Nichterlein]] und sein Adjutant Hauptmann Hamel) die [[Festung Akershus]], in der Gröger hingerichtet wurde, an den Fähnrich [[Terje Rollem]] von der Norwegischen Widerstandsbewegung [[Milorg]].]]
Walter Gröger war der Sohn eines [[Straßenwärter]]s. Er meldete sich nach einer [[Schlosserei|Schlosser]]lehre im Jahre 1940 mit 17 Jahren freiwillig zur Kriegsmarine. Auf dem Schlachtschiff [[Gneisenau (1936)|Gneisenau]] machte er den [[Unternehmen Weserübung|Norwegenfeldzug]] mit, lag kurz in [[Kiel]] und war dann 1941/42 bei der [[Leningrader Blockade]] eingesetzt.
Ende Oktober 1943 wurde er nach Sopnis bei [[Narvik]] versetzt. Er reiste mit dem Schiff nach Oslo und erfuhr dort, dass sein Weitertransport erst in etwa zehn Tage gehe. Kurz vor Ablauf dieser Frist lernte er die damals 34jährige Marie Severinsen-Lindgren kennen. Sie arbeitete als Krankenpflegehelferin in einem [[Lazarett]] der [[Organisation Todt]].


Walter Gröger war der Sohn eines [[Straßenwärter]]s. Er meldete sich nach einer [[Schlosserei|Schlosserlehre]] 1940 als 17-Jähriger freiwillig zur Kriegsmarine. Auf dem Schlachtschiff ''[[Gneisenau (Schiff, 1936)|Gneisenau]]'' machte er den [[Unternehmen Weserübung|Norwegenfeldzug]] mit, lag kurz in [[Kiel]] und war dann 1941/42 bei der [[Leningrader Blockade]] eingesetzt.
Gröger versteckte sich vier Wochen bei Marie und plante, mit ihr ins neutrale [[Schweden]] zu fliehen. Er wurde jedoch von der [[Geheime Feldpolizei|Geheimen Feldpolizei]] (GFP) verhaftet und am 14. März 1944 zu acht Jahren Zuchthaus und dem Verlust der [[Wehrwürdigkeit]] verurteilt. Das Gericht hatte ihm in diesem Verfahren einen {{"|guten Kern}} zugesprochen, obwohl er zahlreiche militärische Vorstrafen hatte, der Stammrollenauszug zählt bis zum 10. Februar 1944 14 Strafeintragungen.


Ende Oktober 1943 wurde er nach Sopnis bei [[Narvik]] versetzt. Er reiste mit dem Schiff nach Oslo und erfuhr dort, dass sein Weitertransport erst in etwa zehn Tagen beginnen soll. Kurz vor Ablauf dieser Frist lernte er die damals 34-jährige Marie Severinsen-Lindgren kennen. Sie arbeitete als Krankenpflegehelferin in einem Lazarett der [[Organisation Todt]]. Gröger versteckte sich vier Wochen bei ihr und plante, mit ihr ins neutrale [[Schweden]] zu fliehen. Er wurde jedoch von der [[Geheime Feldpolizei (Wehrmacht)|Geheimen Feldpolizei]] (GFP) verhaftet und am 14. März 1944 von einem [[Militärgerichtsbarkeit (Nationalsozialismus)|Marinekriegsgericht]] zu acht Jahren [[Zuchthaus]] und dem Verlust der Wehrwürdigkeit verurteilt. Das Gericht hatte ihm in diesem Verfahren trotz 14 militärischer Vorstrafen einen „guten Kern“ zugesprochen, weil er seine Uniform und einen Orden geholt und augenscheinlich zur Truppe hatte zurückkehren wollen.
Generaladmiral [[Otto Schniewind (Admiral)|Otto Schniewind]] hob das Urteil am 1. Juni 1944 allerdings wieder auf, {{"|weil auf [[Todesstrafe]] hätte erkannt werden sollen}}.


Filbinger beantragte anschließend die Todesstrafe wegen ''charakterlicher Schwächen'' und Grögers militärischen Vorstrafen auf Basis einer ''Führer-Richtlinie''. Diese Richtlinie aus dem Jahr 1940 sah bei {{"|Flucht oder versuchter Flucht ins Ausland}} die Todesstrafe {{"|im allgemeinen als angebracht}} an. Ein [[Gnadengesuch]] seines Verteidigers Werner Schön wurde abgelehnt.
[[Generaladmiral]] [[Otto Schniewind (Admiral)|Otto Schniewind]] hob das Urteil am 1. Juni 1944 allerdings wieder auf, „weil auf [[Todesstrafe]] hätte erkannt werden sollen“. Der damals 31-jährige Ankläger [[Hans Filbinger]] beantragte anschließend die Todesstrafe wegen „charakterlicher Schwächen“ und Grögers militärischen Vorstrafen auf Basis einer „Führer-Richtlinie“ von 1940. Diese verlangte die Todesstrafe „bei Flucht oder versuchter Flucht ins Ausland im allgemeinen als angebracht“. Marineoberstabsrichter [[Adolf Harms]] verurteilte Gröger am 22. Januar 1945 zum Tod als „einzig angemessene Sühne“. Am 27. Februar 1945 bestätigte das [[Oberkommando der Marine]] in Berlin das Todesurteil und lehnte das [[Gnadengesuch]] von Grögers Verteidiger Werner Schön ab.


Am 15. März 1945 teilte Filbinger, der im Dezember 1944 nach Oslo versetzt worden war, Gröger für den [[Gerichtsherrschaft|Gerichtsherrn]] die Ablehnung des [[Gnadenbefugnis|Gnadengesuchs]] mit. Er verkürzte die übliche Eintagesfrist bis zur [[Hinrichtung]] auf wenige Stunden. Gröger wurde am selben Tag um 16:02 Uhr in der [[Festung Akershus]] erschossen. Filbinger war dabei anwesend und erteilte als höchster Offizier den [[Erschießung|Schießbefehl]].<ref>Robert Probst (Süddeutsche Zeitung, 11. Mai 2010): [https://archive.today/20120917112852/http://www.sueddeutsche.de/politik/chronik-hans-filbinger-und-die-militaer-justiz-1.309273 ''Hans Filbinger und die Militär-Justiz'']</ref> Der 22-jährige Gröger verstarb laut Filbingers Protokoll um 16:04 Uhr.<ref name="kein Bedauern">Süddeutsche Zeitung, 17. Mai 2010: [http://www.sueddeutsche.de/politik/filbinger-und-der-fall-groeger-kein-wort-des-bedauerns-1.776259 ''Filbinger und der Fall Gröger: Kein Wort des Bedauerns'']</ref>
Marineoberstabsrichter Adolf Harms verurteilte Gröger am 22. Januar 1945 zum Tod als {{"|einzig angemessene Sühne}}. Am 27. Februar 1945 bestätigte das [[Oberkommando der Marine]] in Berlin das Todesurteil und lehnte das Gnadengesuch ab.


== Rezeption ==
Am 15. März 1945 verfügte der damals 31-jährige Filbinger, der im Dezember 1944 nach Oslo versetzt worden war, für den [[Gerichtsherrschaft|Gerichtsherrn]] die Todesstrafe. Die Erschießung fand um 16:02 Uhr am selben Tag in der Festung Akershus in Anwesenheit Filbingers statt, der auch den Schießbefehl erteilte.<ref>{{Internetquelle |url= http://www.sueddeutsche.de/politik/235/395023/text/|titel= Hans Filbinger und die Militär-Justiz|autor= Robert Probst| werk= Die ZEIT|datum= 13. April 2007|zugriff=2009-11-12}}</ref> Der 22-jährige Gröger verstarb laut Bericht von Filbinger um 16:04 Uhr.<ref name="zeit">http://www.sueddeutsche.de/politik/filbinger-und-der-fall-groeger-kein-wort-des-bedauerns-1.776259</ref>
Erst durch Recherchen Rolf Hochhuths wurden das Schicksal Grögers und die Umstände seiner Hinrichtung in der Bundesrepublik bekannt. Er informierte auch erstmals die Mutter Anna Gröger und die Freundin Marie Severinsen-Lindgren darüber. Es war das erste bekanntgewordene Todesurteil, das Hans Filbinger (CDU), damals [[Ministerpräsident]] von [[Baden-Württemberg]] und [[Präsident des deutschen Bundesrates|Präsident des deutschen Bundesrats]], als Marinerichter in der NS-Zeit beantragt oder gefällt hatte. Nachdem weitere Todesurteilsanträge Filbingers bekannt geworden waren, die er zuvor bestritten hatte, trat er 1978 als Ministerpräsident zurück. Er bestritt zeitlebens, dass er das Todesurteil für Gröger hätte abwenden können, und entschuldigte sich nie bei Grögers Angehörigen. Spätere Forschung hat jedoch ergeben, dass in vergleichbaren Fällen sehr wohl Alternativen bestanden. Nach heutiger Einschätzung von Historikern hatte Filbinger durchaus Ermessensspielraum, um die Todesstrafe für Gröger zu vermeiden. Diesen habe er nicht genutzt, weil er von deren Berechtigung überzeugt gewesen sei.<ref name="kein Bedauern" />


Hochhuth verarbeitete Filbingers Umgang mit der Kritik an seinem Todesurteil 1979 in seinem Theaterstück ''Juristen''. Der Liedermacher [[Walter Mossmann]] veröffentlichte 1979 auf seinem Album ''Frühlingsanfang'' die ''Ballade vom toten Matrosen Walter Gröger''.<ref>Thomas Rothschild: ''Liedermacher: 23 Porträts.'' Fischer-Taschenbuch-Verlag, 1980, S. 132</ref>
Seine Mutter Anna Gröger und Marie Severinsen-Lindgren wurden im Jahr 1978 durch [[Rolf Hochhuth]] über Hintergründe und Einzelheiten des Urteiles und der Vollstreckung informiert. Hochhuth verarbeitete Filbingers Umgang mit der öffentlichen Kritik am bekannt gewordenen Todesurteil über Gröger im Jahr 1979 in seinem Theaterstück ''Juristen''.


Gröger wurde 2002 im Zuge des [[Gesetz zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege|Gesetzes zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege]], das sämtliche Urteile der [[Militärgerichtsbarkeit (Nationalsozialismus)|Militärgerichte der NS-Zeit]] gegen [[Fahnenflucht|Deserteure]] der [[Wehrmacht]] aufhob, juristisch rehabilitiert.<ref>Frankfurter Rundschau, 8. September 2009: {{Webarchiv|url=http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/aktuell/1932628_NS-Unrechtsurteile-Bundestag-rehabilitiert-Kriegsverraeter.html |wayback=20090912161428 |text=''Bundestag rehabilitiert „Kriegsverräter“'' }}</ref>
== Gedenken ==
Der Liedermacher [[Walter Mossmann]] veröffentlichte 1979 auf seinem Album ''Frühlingsanfang'' die ''Ballade vom toten Matrosen Walter Gröger''.<ref>Thomas Rothschild: ''Liedermacher: 23 Porträts''. Fischer-Taschenbuch-Verlag, 1980, S. 132</ref><ref>[http://www.youtube.com/watch?v=vgslG1jkMo0&feature=related Walter Mossmann: ''Ballade vom toten Matrosen''] (auf youtube.com)</ref>

== Rehabilitierung ==

Gröger wurde im Jahr 2002 im Zuge des [[Gesetz zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege|Gesetzes zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege]], das sämtliche Urteile der [[Militärgericht]]e der NS-Zeit gegen [[Deserteur]]e der [[Wehrmacht]] aufhob, juristisch rehabilitiert.<ref>[http://replay.waybackmachine.org/20070926220116/http://www.bgblportal.de/BGBL/bgbl1f/bgbl102s2714.pdf Internet Archive Wayback Machine<!-- Automatisch generierter titel -->]</ref><ref>[http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/aktuell/1932628_NS-Unrechtsurteile-Bundestag-rehabilitiert-Kriegsverraeter.html Bundestag rehabilitiert "Kriegsverräter", fr online]</ref>

== Bewertungen ==

Nach heutiger Einschätzung der Juristen hatte es für Filbinger durchaus den Spielraum gegeben, die Todesstrafe für Gröger nicht durchzusetzen. Dies sei nicht erfolgt, weil Filbinger von der Berechtigung der Todesstrafe überzeugt gewesen sei.<ref name="zeit" />


== Literatur ==
== Literatur ==
* Norbert Haase, [[Otl Aicher]]: ''Deutsche Deserteure''. Rotbuch Verlag, 1987, S. 40
* Norbert Haase, [[Otl Aicher]]: ''Deutsche Deserteure''. Rotbuch Verlag, Berlin 1987, ISBN 3-88022-328-9, S. 40
* {{Internetquelle |url=http://www.sueddeutsche.de/politik/664/398449/text/ |titel=Kein Wort des Bedauerns |autor=Robert Probst| werk=Süddeutsche Zeitung |datum=17. April 2007 |zugriff=12. November 2009}}
* {{Internetquelle |url=http://www.zeit.de/online/2007/16/filbinger-historie/protokoll-verstrickung-filbinger |titel=Erschießen, Sargen, Abtransportieren |werk=Die ZEIT |datum=2007 |zugriff=12. November 2009}}
* {{Internetquelle |url=http://www.zeit.de/online/2007/16/filbinger-historie/protokoll-verstrickung-filbinger |titel=Erschießen, Sargen, Abtransportieren |werk=Die ZEIT |datum=2007 |zugriff=12. November 2009}}
* {{Internetquelle |autor=Sonja Mangold |url=http://akj.rewi.hu-berlin.de/zeitung/07-15/pdf/fs15-12-filbinger.pdf |titel=Was damals rechtens war, kann heute nicht unrecht sein |zugriff=31. Dezember 2009 |werk=Freischüßler, Ausgabe 15, 2007 |kommentar=ca. 275 kB; Seite 2 enthält die Verfügung über die Hinrichtung |format=PDF}}
* {{Internetquelle |autor=Sonja Mangold |url=http://akj.rewi.hu-berlin.de/zeitung/07-15/pdf/fs15-12-filbinger.pdf |titel=Was damals rechtens war, kann heute nicht unrecht sein |zugriff=31. Dezember 2009 |werk=Freischüßler, Ausgabe 15, 2007 |kommentar=ca. 275 kB; Seite 2 enthält die Verfügung über die Hinrichtung |format=PDF}}
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== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
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[[Kategorie:Deutscher]]
[[Kategorie:Mann]]
[[Kategorie:Mann]]



Version vom 27. Dezember 2023, 16:02 Uhr

Walter Gröger (* 27. Juni 1922 † 16. März 1945)
Walter Gröger

Walter Gröger (* 27. Juni 1922 in Mohrau, Landkreis Neisse, Provinz Schlesien im damaligen Deutschen Reich; † 16. März 1945 in Oslo, Norwegen) war ein Matrose der deutschen Kriegsmarine während des Zweiten Weltkriegs.

1943 versuchte er sich der weiteren Beteiligung an den Kriegshandlungen zu entziehen, wurde verhaftet und zunächst zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt. Wenige Monate vor Kriegsende wurde das Urteil mit dem Vorwurf der Fahnenflucht ins Ausland in ein Todesurteil umgewandelt und Gröger daraufhin erschossen. Den Antrag dazu stellte der damalige Marinestabsrichter des NS-Regimes Hans Filbinger. Im Verlauf der Filbinger-Affäre 1978 entdeckte und veröffentlichte der Dichter Rolf Hochhuth den Fall Walter Gröger.

Leben

Weniger als zwei Monate nach Grögers Hinrichtung übergaben die Deutschen (hier Major Wilhelm Nichterlein und sein Adjutant Hauptmann Hamel) die Festung Akershus, in der Gröger hingerichtet wurde, an den Fähnrich Terje Rollem von der Norwegischen Widerstandsbewegung Milorg.

Walter Gröger war der Sohn eines Straßenwärters. Er meldete sich nach einer Schlosserlehre 1940 als 17-Jähriger freiwillig zur Kriegsmarine. Auf dem Schlachtschiff Gneisenau machte er den Norwegenfeldzug mit, lag kurz in Kiel und war dann 1941/42 bei der Leningrader Blockade eingesetzt.

Ende Oktober 1943 wurde er nach Sopnis bei Narvik versetzt. Er reiste mit dem Schiff nach Oslo und erfuhr dort, dass sein Weitertransport erst in etwa zehn Tagen beginnen soll. Kurz vor Ablauf dieser Frist lernte er die damals 34-jährige Marie Severinsen-Lindgren kennen. Sie arbeitete als Krankenpflegehelferin in einem Lazarett der Organisation Todt. Gröger versteckte sich vier Wochen bei ihr und plante, mit ihr ins neutrale Schweden zu fliehen. Er wurde jedoch von der Geheimen Feldpolizei (GFP) verhaftet und am 14. März 1944 von einem Marinekriegsgericht zu acht Jahren Zuchthaus und dem Verlust der Wehrwürdigkeit verurteilt. Das Gericht hatte ihm in diesem Verfahren trotz 14 militärischer Vorstrafen einen „guten Kern“ zugesprochen, weil er seine Uniform und einen Orden geholt und augenscheinlich zur Truppe hatte zurückkehren wollen.

Generaladmiral Otto Schniewind hob das Urteil am 1. Juni 1944 allerdings wieder auf, „weil auf Todesstrafe hätte erkannt werden sollen“. Der damals 31-jährige Ankläger Hans Filbinger beantragte anschließend die Todesstrafe wegen „charakterlicher Schwächen“ und Grögers militärischen Vorstrafen auf Basis einer „Führer-Richtlinie“ von 1940. Diese verlangte die Todesstrafe „bei Flucht oder versuchter Flucht ins Ausland im allgemeinen als angebracht“. Marineoberstabsrichter Adolf Harms verurteilte Gröger am 22. Januar 1945 zum Tod als „einzig angemessene Sühne“. Am 27. Februar 1945 bestätigte das Oberkommando der Marine in Berlin das Todesurteil und lehnte das Gnadengesuch von Grögers Verteidiger Werner Schön ab.

Am 15. März 1945 teilte Filbinger, der im Dezember 1944 nach Oslo versetzt worden war, Gröger für den Gerichtsherrn die Ablehnung des Gnadengesuchs mit. Er verkürzte die übliche Eintagesfrist bis zur Hinrichtung auf wenige Stunden. Gröger wurde am selben Tag um 16:02 Uhr in der Festung Akershus erschossen. Filbinger war dabei anwesend und erteilte als höchster Offizier den Schießbefehl.[1] Der 22-jährige Gröger verstarb laut Filbingers Protokoll um 16:04 Uhr.[2]

Rezeption

Erst durch Recherchen Rolf Hochhuths wurden das Schicksal Grögers und die Umstände seiner Hinrichtung in der Bundesrepublik bekannt. Er informierte auch erstmals die Mutter Anna Gröger und die Freundin Marie Severinsen-Lindgren darüber. Es war das erste bekanntgewordene Todesurteil, das Hans Filbinger (CDU), damals Ministerpräsident von Baden-Württemberg und Präsident des deutschen Bundesrats, als Marinerichter in der NS-Zeit beantragt oder gefällt hatte. Nachdem weitere Todesurteilsanträge Filbingers bekannt geworden waren, die er zuvor bestritten hatte, trat er 1978 als Ministerpräsident zurück. Er bestritt zeitlebens, dass er das Todesurteil für Gröger hätte abwenden können, und entschuldigte sich nie bei Grögers Angehörigen. Spätere Forschung hat jedoch ergeben, dass in vergleichbaren Fällen sehr wohl Alternativen bestanden. Nach heutiger Einschätzung von Historikern hatte Filbinger durchaus Ermessensspielraum, um die Todesstrafe für Gröger zu vermeiden. Diesen habe er nicht genutzt, weil er von deren Berechtigung überzeugt gewesen sei.[2]

Hochhuth verarbeitete Filbingers Umgang mit der Kritik an seinem Todesurteil 1979 in seinem Theaterstück Juristen. Der Liedermacher Walter Mossmann veröffentlichte 1979 auf seinem Album Frühlingsanfang die Ballade vom toten Matrosen Walter Gröger.[3]

Gröger wurde 2002 im Zuge des Gesetzes zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege, das sämtliche Urteile der Militärgerichte der NS-Zeit gegen Deserteure der Wehrmacht aufhob, juristisch rehabilitiert.[4]

Literatur

Einzelnachweise

  1. Robert Probst (Süddeutsche Zeitung, 11. Mai 2010): Hans Filbinger und die Militär-Justiz
  2. a b Süddeutsche Zeitung, 17. Mai 2010: Filbinger und der Fall Gröger: Kein Wort des Bedauerns
  3. Thomas Rothschild: Liedermacher: 23 Porträts. Fischer-Taschenbuch-Verlag, 1980, S. 132
  4. Frankfurter Rundschau, 8. September 2009: Bundestag rehabilitiert „Kriegsverräter“ (Memento vom 12. September 2009 im Internet Archive)