„Sophie Scholl“ – Versionsunterschied

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[[Datei:Gestapo photos of Sophie Scholl taken after his capture on February 18, 1943-2.jpg|mini|Sophie Scholl (1943) Fotografie von der Gestapo.]]
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[[Datei:Sophie Scholl- Eigenhändige Widmung mit Unterschrift.jpg|mini|Eigenhändige Widmung Sophie Scholls für ihre Schwester mit Unterschrift.]]
[[Datei:Büste Sophie Scholl.jpg|mini|Büste von Sophie Scholl in der [[Walhalla]] in [[Donaustauf]] (seit 2003)]]'''Sophia Magdalena „Sophie“ Scholl''' (* [[9. Mai]] [[1921]] in [[Forchtenberg]]; † [[22. Februar]] [[1943]] in [[München]]) war eine [[Deutschland|deutsche]] [[Widerstand gegen den Nationalsozialismus|Widerstandskämpferin gegen den Nationalsozialismus]]. Sie wurde aufgrund ihres Engagements in der Widerstandsgruppe ''[[Weiße Rose]]'' gemeinsam mit ihrem Bruder [[Hans Scholl]] von [[nationalsozialistisch]]en Richtern zum Tode verurteilt und am selben Tag [[Hinrichtung|hingerichtet]].
'''Sophia Magdalena „Sophie“ Scholl''' (* [[9. Mai]] [[1921]] in [[Forchtenberg]]; † [[22. Februar]] [[1943]] in [[München]]) war eine [[Deutschland|deutsche]] [[Widerstand gegen den Nationalsozialismus|Widerstandskämpferin gegen den Nationalsozialismus]]. Sie wurde aufgrund ihres Engagements in der Widerstandsgruppe ''[[Weiße Rose]]'' gemeinsam mit ihrem Bruder [[Hans Scholl]] von [[nationalsozialistisch]]en Richtern zum Tode verurteilt und am selben Tag [[Hinrichtung|hingerichtet]]. Nach der [[Aufhebung von NS-Unrechtsurteilen]] gelten das Urteil und die Hinrichtung heute als rechtswidrig.


== Leben ==
== Leben ==
[[Datei:Forchtenberg Rathaus 20130402.jpg|mini|Das Rathaus von Forchtenberg, in dem die Scholls von 1920 bis 1930 wohnten]]
[[Datei:Forchtenberg Rathaus 20130402.jpg|mini|Das Rathaus von Forchtenberg, in dem die Scholls von 1920 bis 1930 wohnten]]
Sophie Scholl wuchs in einem religiös wie politisch [[Liberalismus|liberalen]], [[Protestantismus|protestantischen]] Elternhaus zusammen mit ihren Geschwistern [[Inge Aicher-Scholl|Inge]] (1917–1998), [[Hans Scholl|Hans]] (1918–1943), [[Elisabeth Hartnagel|Elisabeth]] (1920–2020<ref>[https://www.br.de/nachrichten/meldung/letzte-scholl-schwester-gestorben,3002a15e2 ''Letzte Scholl-Schwester gestorben.''] In: ''[[BR24]].'' 1. März 2020.</ref>) und Werner (1922–1944) auf; eine 1925 geborene Schwester namens Thilde starb im Alter von 9 Monaten. Ebenfalls in der Familie lebte Robert Scholls unehelicher Sohn Ernst Gruele (geb. 1914). Die Familie lebte bis 1930 in Forchtenberg, [[Volksstaat Württemberg]], von 1930 bis 1932 in [[Ludwigsburg]] und ab 1932 in [[Ulm]]. Die Geschwister wurden durch ihre Mutter Magdalena (1881–1958), die bis zur Eheschließung [[Diakonisse]] gewesen war, und ihren Vater [[Robert Scholl]] (1891–1973), einen Liberalen, zu christlichen Werten erzogen.<ref>Bernd Aretz: ''Sophie Scholl. Ein Lebensbild.'' Neue Stadt Verlag, München 2013, ISBN 978-3-87996-987-6, S. 149.</ref> Robert Scholl war allerdings kein Befürworter der Weimarer Republik, sondern ein Anhänger der Monarchie.<ref>Robert Zoske: ''Sophie Scholl. Es reut mich nichts. Porträt einer Widerständigen'' Propyläen, Berlin 2020, ISBN 978-3-87996-987-6, S. 40.</ref> Sophie Scholl ging in den Kleinkindergarten, ab 1928 die evangelische Volksschule und ab 1930 nach dem Umzug nach Ludwigsburg in die Evangelische Mädchenvolksschule. Nach dem erneuten Umzug nach Stuttgart besuchte sie dort ab 1932 die Mädchenoberrealschule.<ref>Robert Zoske: ''Sophie Scholl. Es reut mich nichts. Porträt einer Widerständigen'' Propyläen, Berlin 2020, ISBN 978-3-87996-987-6, S. 33–34.</ref>


=== Herkunft und Familie ===
=== Mitwirkung in Jugendorganisationen ===
Sophia Magdalena Scholl wurde am 9. Mai 1921 in Forchtenberg geboren. Ihre Eltern waren die [[Diakonisse]] Magdalena Scholl (1881–1958) und [[Robert Scholl]] (1891–1973), die 1916 in der Kirche von Geißelhardt geheiratet hatten.<ref>{{Literatur |Autor=Barbara Beuys |Titel=Sophie Scholl |Verlag=Hanser Verlag |Ort=München |Datum=2010 |ISBN=978-3-446-23505-2 |Seiten=9}}</ref>

Sophie Scholl wuchs in einem religiös wie politisch [[Liberalismus|liberalen]], [[Protestantismus|protestantischen]] Elternhaus zusammen mit ihren Geschwistern [[Inge Aicher-Scholl|Inge]] (1917–1998), [[Hans Scholl|Hans]] (1918–1943), [[Elisabeth Hartnagel|Elisabeth]] (1920–2020<ref>[https://www.br.de/nachrichten/meldung/letzte-scholl-schwester-gestorben,3002a15e2 ''Letzte Scholl-Schwester gestorben.''] In: ''[[BR24]].'' 1. März 2020.</ref>) und Werner (1922–1944) auf; eine 1925 geborene Schwester namens Thilde starb im Alter von neun Monaten. Ebenfalls in der Familie lebte Robert Scholls unehelicher Sohn Ernst Gruele (1915–1991).

Die Familie lebte bis 1930 in Forchtenberg, [[Volksstaat Württemberg]], von 1930 bis 1932 in [[Ludwigsburg]] und ab 1932 in [[Ulm]]. Die Geschwister wurden von ihren Eltern mit liberalen, christlichen Werten erzogen.<ref>Bernd Aretz: ''Sophie Scholl. Ein Lebensbild.'' Neue Stadt Verlag, München 2013, ISBN 978-3-87996-987-6, S. 149.</ref>

=== Kindheit und Mitwirkung in Jugendorganisationen ===
Sophie Scholl ging in den Kleinkindergarten, ab 1928 in die evangelische Volksschule und ab 1930 nach dem Umzug nach Ludwigsburg in die Evangelische Mädchenvolksschule. Nach einem erneuten Umzug nach Stuttgart besuchte sie dort ab 1932 die Mädchenoberrealschule.<ref>Robert Zoske: ''Sophie Scholl. Es reut mich nichts. Porträt einer Widerständigen'' Propyläen, Berlin 2020, ISBN 978-3-87996-987-6, S. 33–34.</ref>

Sophie Scholl glaubte zunächst wie ihr zweieinhalb Jahre älterer Bruder Hans Scholl an das von den [[Nationalsozialismus|Nationalsozialisten]] propagierte Gemeinschaftsideal und trat 1934 dem [[Bund Deutscher Mädel]] (BDM) bei, in welchem sie bis 1941 verblieb.<ref>Robert Zoske: ''Sophie Scholl. Es reut mich nichts. Porträt einer Widerständigen'' Propyläen, Berlin 2020, ISBN 978-3-87996-987-6, S. 44.</ref> Sie engagierte sich für ihre Jungmädel-Gruppe und wurde Scharführerin.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.zeit.de/2010/07/L-P-Beuys/seite-2 |titel=Biografie von Sophie Scholl: Vom BDM in den Widerstand |werk=[[Zeit Online]] |datum=2010-02-11 |abruf=2019-08-13}}</ref> Sophie veranstaltete wie ihr Bruder Mutproben und Härtetests, um sich und den anderen das Äußerste abzuverlangen. Ihre Eltern wandten sich gegen die Beteiligung ihrer Kinder an den Jugendorganisationen des NS-Staates, gewährten den Kindern aber die Freiheit, hierüber selbst zu entscheiden.<ref>Robert Zoske: ''Sophie Scholl. Es reut mich nichts. Porträt einer Widerständigen'' Propyläen, Berlin 2020, ISBN 978-3-87996-987-6, S. 42.</ref> Später wandte sie sich von den Jugendorganisationen der [[Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei|NSDAP]] ab. Nach dem „[[Reichsparteitag]] der Ehre“ 1936 nahm sie zusammen mit ihrem Bruder Hans am Gruppenleben der [[Deutsche Jungenschaft vom 1. November 1929|Deutschen Jungenschaft vom 1. November 1929]] (kurz „dj.1.11“), eines von [[Eberhard Koebel]] gegründeten Jugendbundes, teil, der in der Frühphase des Dritten Reiches versuchte, trotz Verbot weiterzuexistieren. Im Herbst 1937 war Sophie zusammen mit ihren Geschwistern für einige Stunden in Polizeigewahrsam, weil ihr Bruder Hans wegen fortgesetzten Engagements in der [[Bündische Jugend|Bündischen Jugend]] verfolgt wurde.<ref>Vgl. Bernd Aretz: ''Sophie Scholl. Ein Lebensbild.'' S. 29–30.</ref>
Sophie Scholl glaubte zunächst wie ihr zweieinhalb Jahre älterer Bruder Hans Scholl an das von den [[Nationalsozialismus|Nationalsozialisten]] propagierte Gemeinschaftsideal und trat 1934 dem [[Bund Deutscher Mädel]] (BDM) bei, in welchem sie bis 1941 verblieb.<ref>Robert Zoske: ''Sophie Scholl. Es reut mich nichts. Porträt einer Widerständigen'' Propyläen, Berlin 2020, ISBN 978-3-87996-987-6, S. 44.</ref> Sie engagierte sich für ihre Jungmädel-Gruppe und wurde Scharführerin.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.zeit.de/2010/07/L-P-Beuys/seite-2 |titel=Biografie von Sophie Scholl: Vom BDM in den Widerstand |werk=[[Zeit Online]] |datum=2010-02-11 |abruf=2019-08-13}}</ref> Sophie veranstaltete wie ihr Bruder Mutproben und Härtetests, um sich und den anderen das Äußerste abzuverlangen. Ihre Eltern wandten sich gegen die Beteiligung ihrer Kinder an den Jugendorganisationen des NS-Staates, gewährten den Kindern aber die Freiheit, hierüber selbst zu entscheiden.<ref>Robert Zoske: ''Sophie Scholl. Es reut mich nichts. Porträt einer Widerständigen'' Propyläen, Berlin 2020, ISBN 978-3-87996-987-6, S. 42.</ref> Später wandte sie sich von den Jugendorganisationen der [[Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei|NSDAP]] ab. Nach dem „[[Reichsparteitag]] der Ehre“ 1936 nahm sie zusammen mit ihrem Bruder Hans am Gruppenleben der [[Deutsche Jungenschaft vom 1. November 1929|Deutschen Jungenschaft vom 1. November 1929]] (kurz „dj.1.11“), eines von [[Eberhard Koebel]] gegründeten Jugendbundes, teil, der in der Frühphase des Dritten Reiches versuchte, trotz Verbot weiterzuexistieren. Im Herbst 1937 war Sophie zusammen mit ihren Geschwistern für einige Stunden in Polizeigewahrsam, weil ihr Bruder Hans wegen fortgesetzten Engagements in der [[Bündische Jugend|Bündischen Jugend]] verfolgt wurde.<ref>Vgl. Bernd Aretz: ''Sophie Scholl. Ein Lebensbild.'' S. 29–30.</ref>


Ebenfalls im Jahr 1937 lernte sie [[Fritz Hartnagel]], den vier Jahre älteren Sohn eines Ulmer Kleinunternehmers, bei einer Tanzveranstaltung kennen. Während seiner Offiziersausbildung blieben beide in brieflicher Verbindung. Kurz vor Ausbruch des [[Zweiter Weltkrieg|Krieges]] verbrachten sie in Norddeutschland einen gemeinsamen Urlaub. In der Zeit zwischen Oktober 1941 und März 1942, als Sophie Scholl in [[Blumberg]] Kriegshilfsdienst leistete und Hartnagel als Ausbildungsoffizier in [[Weimar]] stationiert war, trafen sie sich an den Wochenenden in [[Konstanz]] und [[Freiburg im Breisgau|Freiburg]].
Ebenfalls im Jahr 1937 lernte sie [[Fritz Hartnagel]], den vier Jahre älteren Sohn eines Ulmer Kleinunternehmers, bei einer Tanzveranstaltung kennen. Während seiner Offiziersausbildung blieben beide in brieflicher Verbindung. Kurz vor Ausbruch des [[Zweiter Weltkrieg|Krieges]] verbrachten sie in [[Carolinensiel]] einen gemeinsamen Urlaub. In der Zeit zwischen Oktober 1941 und März 1942, als Sophie Scholl in [[Blumberg]] Kriegshilfsdienst leistete und Hartnagel als Ausbildungsoffizier in [[Weimar]] stationiert war, trafen sie sich an den Wochenenden in [[Konstanz]] und [[Freiburg im Breisgau|Freiburg]].


Nachdem sie im März 1940 ihr [[Abitur]] absolviert hatte, begann Sophie Scholl im Mai 1940 eine Ausbildung am evangelischen Kindergärtnerinnen-Seminar in Ulm-Söflingen, das von [[Emma Kretschmer]] geleitet wurde.<ref>Manfred Berger: ''Frauen in der Geschichte des Kindergartens.'' Brandes & Apsel Verlag, Frankfurt am Main 1995, ISBN 3-86099-255-4, S. 113&nbsp;f.</ref> Danach, im August 1940, absolvierte sie im [[Friedrich Fröbel|Fröbel]]-Seminar in Ulm ein vierwöchiges Praktikum im Kindersanatorium Kohlermann in [[Bad Dürrheim]]. Nachdem diese Ausbildung nicht als [[Reichsarbeitsdienst]]ersatz (RAD) anerkannt worden war, beorderte man sie im Frühjahr 1941 zum RAD nach [[Krauchenwies]] bei Sigmaringen.<ref>Joachim Sturm: ''Sophie Scholl in Blumberg.'' In: Joachim Sturm (Hrsg.): ''Die Geschichte der Stadt Blumberg.'' Dold-Verlag, Vöhrenbach 1995, ISBN 3-927677-06-X, S. 232.</ref>
Nachdem sie im März 1940 ihr [[Abitur]] absolviert hatte, begann Sophie Scholl im Mai 1940 eine Ausbildung am evangelischen Kindergärtnerinnen-Seminar in Ulm-Söflingen, das von [[Emma Kretschmer]] geleitet wurde.<ref>Manfred Berger: ''Frauen in der Geschichte des Kindergartens.'' Brandes & Apsel Verlag, Frankfurt am Main 1995, ISBN 3-86099-255-4, S. 113&nbsp;f.</ref> Danach, im August 1940, absolvierte sie im [[Friedrich Fröbel|Fröbel]]-Seminar in Ulm ein vierwöchiges Praktikum im Kindersanatorium Kohlermann in [[Bad Dürrheim]]. Nachdem diese Ausbildung nicht als [[Reichsarbeitsdienst]]ersatz (RAD) anerkannt worden war, beorderte man sie im Frühjahr 1941 zum RAD nach [[Krauchenwies]] bei Sigmaringen.<ref>Joachim Sturm: ''Sophie Scholl in Blumberg.'' In: Joachim Sturm (Hrsg.): ''Die Geschichte der Stadt Blumberg.'' dold.verlag, Vöhrenbach 1995, ISBN 3-927677-06-X, S. 232.</ref>


=== Religiöse Einflüsse ===
=== Religiöse Einflüsse ===
Sophie Scholl las im Frühjahr 1941, während sie ihren [[Reichsarbeitsdienst]] ableistete, in den Werken des [[Kirchenvater]]s [[Augustinus von Hippo]]. Diese Lektüre brachte ihr manche „spöttische Bemerkung“ der Frauen ein, die mit ihr den RAD ableisteten. Die Wende und Umkehr in Sophie Scholls Leben geschah im Frühjahr 1941,<ref>Maren Gottschalk: ''[http://www.ksta.de/region/leverkusen/stadt-leverkusen/interview-der-heiligenschein-ist-weg-5713794 Der Heiligenschein ist weg.]'' Interview mit Frank Weiffen. In: ''[[Leverkusener Anzeiger]]''. 25. September 2012, abgerufen am 8. Oktober 2016.</ref> von da an fand sie gerade in den augustinischen Schriften eine Orientierung. Auf die Glaubensentwicklung der protestantisch geprägten Sophie hatte in den Jahren 1941 bis 1943 [[Otl Aicher]] den stärksten Einfluss. Neben der Lektüre von Augustinus-Texten war sie von [[Georges Bernanos]]’ ''Tagebuch eines Landpfarrers'' beeindruckt.<ref>Vgl. Bernd Aretz: ''Sophie Scholl. Ein Lebensbild.'' S. 50–65.</ref> Sophie, ihre Geschwister und Aicher (ihr späterer Schwager) verpflichteten sich, den Glauben, den das Buch vermittelt, „für ihr Leben zu erschließen“.<ref>Barbara Beuys: ''Sophie Scholl. Biografie.'' Carl Hanser, München 2010, ISBN 978-3-446-23505-2, S. 261.</ref>
Sophie Scholl las im Frühjahr 1941, während sie ihren [[Reichsarbeitsdienst]] ableistete, in den Werken des [[Kirchenvater]]s [[Augustinus von Hippo]]. Diese Lektüre brachte ihr manche „spöttische Bemerkung“ der Frauen ein, die mit ihr den RAD ableisteten. Die Wende und Umkehr in Sophie Scholls Leben geschah im Frühjahr 1941,<ref>Maren Gottschalk: ''[http://www.ksta.de/region/leverkusen/stadt-leverkusen/interview-der-heiligenschein-ist-weg-5713794 Der Heiligenschein ist weg.]'' Interview mit Frank Weiffen. In: ''[[Leverkusener Anzeiger]]''. 25. September 2012, abgerufen am 8. Oktober 2016.</ref> von da an fand sie gerade in den augustinischen Schriften eine Orientierung. Auf die Glaubensentwicklung der protestantisch geprägten Sophie hatte in den Jahren 1941 bis 1943 der Katholik [[Otl Aicher]] den stärksten Einfluss. Neben der Lektüre von Augustinus-Texten war sie vom ''Tagebuch eines Landpfarrers'' des (ebenfalls katholischen) französischen Autors [[Georges Bernanos]] beeindruckt.<ref>Vgl. Bernd Aretz: ''Sophie Scholl. Ein Lebensbild.'' S. 50–65.</ref> Sophie, ihre Geschwister und Aicher (ihr späterer Schwager) verpflichteten sich, den Glauben, den das Buch vermittelt, „für ihr Leben zu erschließen“.<ref>Barbara Beuys: ''Sophie Scholl. Biografie.'' Carl Hanser, München 2010, ISBN 978-3-446-23505-2, S. 261.</ref>


=== Kindergärtnerin in Blumberg ===
=== Kindergärtnerin in Blumberg ===
Am 7.&nbsp;Oktober 1941 erhielt sie eine Anstellung im NSV-Kinderhort in [[Blumberg]], wo sie bis Ende März 1942 einen Kriegshilfsdienst ableisten musste, der inzwischen für Studierwillige eingeführt worden war. Während ihrer Zeit in dem von den Nationalsozialisten brachial vom Dorf in eine Bergbaustadt umgebauten Ort entwickelte sich ihre Hinwendung zum Religiösen auch zu einer sozial und politisch motivierten Haltung.<ref>Joachim Sturm: ''Sophie Scholl in Blumberg.'' In: Joachim Sturm (Hrsg.): ''Die Geschichte der Stadt Blumberg.'' Dold-Verlag, Vöhrenbach 1995, ISBN 3-927677-06-X, S. 233; vgl. ferner: Florian Kech: ''Im Schwarzwald erlebte Sophie Scholl einen Wendepunkt'', in: [https://www.badische-zeitung.de/im-schwarzwald-erlebte-sophie-scholl-einen-wendepunkt--201626502.html ''Badische Zeitung'', 1. Mai 2021].</ref>
Am 7.&nbsp;Oktober 1941 erhielt sie eine Anstellung im NSV-Kinderhort in [[Blumberg]], wo sie bis Ende März 1942 einen Kriegshilfsdienst ableisten musste, der inzwischen für Studierwillige eingeführt worden war. Während ihrer Zeit in dem von den Nationalsozialisten brachial vom Dorf in eine Bergbaustadt umgebauten Ort entwickelte sich ihre Hinwendung zum Religiösen auch zu einer sozial und politisch motivierten Haltung.<ref>Joachim Sturm: ''Sophie Scholl in Blumberg.'' In: Joachim Sturm (Hrsg.): ''Die Geschichte der Stadt Blumberg.'' dold.verlag, Vöhrenbach 1995, ISBN 3-927677-06-X, S. 233; vgl. ferner: Florian Kech: ''Im Schwarzwald erlebte Sophie Scholl einen Wendepunkt'', in: [https://www.badische-zeitung.de/im-schwarzwald-erlebte-sophie-scholl-einen-wendepunkt--201626502.html ''Badische Zeitung'', 1. Mai 2021].</ref>
{{Siehe auch|Geschichte der Stadt Blumberg#Sophie Scholl in Blumberg|titel1=Sophie Scholl in Blumberg}}
{{Siehe auch|Geschichte der Stadt Blumberg#Sophie Scholl in Blumberg|titel1=Sophie Scholl in Blumberg}}


=== Studium in München ===
=== Studium in München ===
[[Datei:LMU München Hgb A086 Lichthof.jpg|mini|Lichthof der [[Ludwig-Maximilians-Universität München]], 2005]]
[[Datei:LMU München Hgb A086 Lichthof.jpg|mini|Lichthof der [[Ludwig-Maximilians-Universität München]], 2005]]
Im Mai 1942 begann Sophie Scholl ein Studium der [[Biologie]] und [[Philosophie]] an der [[Ludwig-Maximilians-Universität München|Ludwig-Maximilians-Universität]] in München.<ref>{{Internetquelle |autor=Bundeszentrale für politische Bildung |url=https://www.bpb.de/geschichte/nationalsozialismus/weisse-rose/60955/sophie-scholl |titel=Sophie Scholl {{!}} bpb |abruf=2022-01-04 |sprache=de}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=muenchen.de |url=https://www.muenchen.de/leben/typisch-muenchen/persoenlichkeiten/sophie-scholl.html |titel=Sophie Scholl: Widerstand gegen die Nazis |abruf=2022-01-04 |sprache=de}}</ref> Fritz Hartnagel, mit dem sie inzwischen verlobt war, besuchte sie dort im Mai, bevor er zum Kriegsdienst im [[Deutsch-Sowjetischer Krieg|Deutsch-Sowjetischen Krieg]] musste.<ref>Christine Hikel: [https://www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-8018 ''T. Hartnagel (Hrsg.): Damit wir uns nicht verlieren.''] In: ''[[H-Soz-Kult]].'' 16. Dezember 2005 (Rezension)</ref> In den Semesterferien im Sommer 1942 musste sie in einem Ulmer Rüstungsbetrieb arbeiten.<ref>Sie sah ihren Verlobten nicht mehr: als sie hingerichtet wurde, lag er verwundet in einem Lazarett in Lemberg.</ref> Durch ihren Bruder, der an derselben Universität Medizin studierte, lernte sie Studenten kennen, die sie in ihrer Ablehnung der NS-Herrschaft bestärkten. Ihr Bruder Hans wollte sie aus dem Zirkel der Widerständler gegen das NS-Regime heraushalten; Sophie gelang es aber, sich der Gruppe anzuschließen. Entschlossen zu öffentlicher Kritik, beteiligte sie sich an der Herstellung und Verbreitung von [[Flugblatt|Flugblättern]] der studentischen Widerstandsgruppe „[[Weiße Rose]]“, die zu klaren Entscheidungen gegen die Diktatur [[Adolf Hitler|Hitlers]] aufrief.
Im Mai 1942 begann Sophie Scholl ein Studium der [[Biologie]] und [[Philosophie]] an der [[Ludwig-Maximilians-Universität München|Ludwig-Maximilians-Universität]] in München.<ref>{{Internetquelle |autor=Bundeszentrale für politische Bildung |url=https://www.bpb.de/geschichte/nationalsozialismus/weisse-rose/60955/sophie-scholl |titel=Sophie Scholl {{!}} bpb |abruf=2022-01-04 |sprache=de}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=muenchen.de |url=https://www.muenchen.de/leben/typisch-muenchen/persoenlichkeiten/sophie-scholl.html |titel=Sophie Scholl: Widerstand gegen die Nazis |abruf=2022-01-04 |sprache=de}}</ref>
Fritz Hartnagel, mit dem sie inzwischen verlobt war, besuchte sie in München im Mai, bevor er zum Kriegsdienst im [[Deutsch-Sowjetischer Krieg|Deutsch-Sowjetischen Krieg]] musste.<ref>Christine Hikel: [https://www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-8018 ''T. Hartnagel (Hrsg.): Damit wir uns nicht verlieren.''] In: ''[[H-Soz-Kult]].'' 16. Dezember 2005 (Rezension)</ref> In den Semesterferien im Sommer 1942 musste sie in einem Ulmer Rüstungsbetrieb arbeiten.<ref>Sie sah ihren Verlobten nicht mehr: als sie hingerichtet wurde, lag er verwundet in einem Lazarett in Lemberg.</ref> Durch ihren Bruder, der an derselben Universität Medizin studierte, lernte sie Studenten kennen, die sie in ihrer Ablehnung der NS-Herrschaft bestärkten. Ihr Bruder Hans wollte sie aus dem Zirkel der Widerständler gegen das NS-Regime heraushalten; Sophie gelang es aber, sich der Gruppe anzuschließen. Entschlossen zu öffentlicher Kritik, beteiligte sie sich an der Herstellung und Verbreitung von [[Flugblatt|Flugblättern]] der studentischen Widerstandsgruppe „[[Weiße Rose]]“, die zu klaren Entscheidungen gegen die Diktatur [[Adolf Hitler|Hitlers]] aufrief.


== Im Widerstand ==
== Im Widerstand ==
=== Beginn der Aktivitäten ===
=== Beginn der Aktivitäten ===
Die Mitglieder der „Weißen Rose“ verschickten ihre Aufrufe, legten sie in Telefonzellen und in parkende Autos und gaben sie zur Verteilung an [[Kommilitone]]n in anderen Städten. Im Januar 1943 war Sophie Scholl erstmals an der Herstellung eines Flugblattes beteiligt. Die auch in [[Köln]], [[Stuttgart]], [[Berlin]] und [[Wien]] verteilten Flugschriften verursachten Aufsehen und führten zu einer intensivierten Fahndung nach den Urhebern. Im Februar vermutete die [[Geheime Staatspolizei|Gestapo]] die Autoren der Flugblätter in Münchner Studentenkreisen. Mitte Februar 1943 wurde das sechste Flugblatt<ref>Das 6. Flugblatt als Originalkopie (weitere unter Weblinks) [http://www.bpb.de/files/B2QRDK.pdf VI.] (PDF; 141&nbsp;kB).</ref> fertiggestellt und mit dem Aufruf versandt, das NS-Regime zu stürzen und ein „neues geistiges Europa“ zu errichten. Durch [[Helmuth James Graf von Moltke]] gelangte das Flugblatt nach [[Vereinigtes Königreich|Großbritannien]]. Im Herbst 1943 wurde es dort nachgedruckt, von britischen Flugzeugen über Deutschland abgeworfen und durch den Sender [[British Broadcasting Corporation|BBC]] verbreitet.
Die Mitglieder der „Weißen Rose“ verschickten ihre Aufrufe, legten sie in Telefonzellen und in parkende Autos und gaben sie zur Verteilung an [[Kommilitone]]n in anderen Städten. Zoske vermutet, dass Sophie bereits zu Beginn des Jahres 1942 mit ihrem Bruder über Widerstandsaktionen sprach.<ref>Robert Zoske: ''Sophie Scholl. Es reut mich nichts. Porträt einer Widerständigen'' Propyläen, Berlin 2020, ISBN 978-3-87996-987-6, S. 224.</ref> Im Januar 1943 war Sophie Scholl erstmals an der Herstellung eines Flugblattes beteiligt. Die auch in [[Köln]], [[Stuttgart]], [[Berlin]] und [[Wien]] verteilten Flugschriften verursachten Aufsehen und führten zu einer intensivierten Fahndung nach den Urhebern. Im Februar vermutete die [[Geheime Staatspolizei|Gestapo]] die Autoren der Flugblätter in Münchner Studentenkreisen. Mitte Februar 1943 wurde das sechste Flugblatt<ref>Das 6. Flugblatt als Originalkopie (weitere unter Weblinks) [http://www.bpb.de/files/B2QRDK.pdf VI.] (PDF; 141&nbsp;kB).</ref> fertiggestellt und mit dem Aufruf versandt, das NS-Regime zu stürzen und ein „neues geistiges Europa“ zu errichten. Durch [[Helmuth James Graf von Moltke]] gelangte das Flugblatt nach [[Vereinigtes Königreich|Großbritannien]]. Im Herbst 1943 wurde es dort nachgedruckt, von britischen Flugzeugen über Deutschland abgeworfen und durch den Sender [[British Broadcasting Corporation|BBC]] verbreitet.


=== Verhaftung ===
=== Verhaftung ===
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=== Todesurteil ===
=== Todesurteil ===
Vier Tage später, am 22.&nbsp;Februar 1943, verurteilte sie der [[Volksgerichtshof]] in München unter Vorsitz des aus Berlin angereisten Richters [[Roland Freisler]] wegen „landesverräterischer Feindbegünstigung, Vorbereitung zum Hochverrat [und] [[Wehrkraftzersetzung]]“ [[Todesstrafe#Zeit des Nationalsozialismus|zum Tode]].<ref>[http://www.mythoselser.de/texts/scholl-urteil.htm ''Todesurteil Sophie Scholl''] auf mythoselser.de.</ref> Gegen 17 Uhr desselben Tages wurde sie im [[Justizvollzugsanstalt München|Strafgefängnis München-Stadelheim]] unter Aufsicht des Leiters der Vollstreckungsabteilung des Münchner Landgerichts [[Walter Roemer]] gemeinsam mit Hans Scholl und ihrem am 20.&nbsp;Februar festgenommenen Studienkollegen [[Christoph Probst]] vom Scharfrichter [[Johann Reichhart]] mit der [[Guillotine]] enthauptet. Reichhart äußerte später, er habe noch nie jemanden so tapfer sterben sehen wie Sophie Scholl.<ref>''Hinrichtungen im Dreiminutentakt.'' In: ''[[Augsburger Allgemeine]].'' 14. November 1996 (Artikel über Johann Reichart).</ref> Die [[Nationalsozialistische Propaganda|NS-Propaganda]] berichtete in sehr knapper Form über die Hinrichtung:
Vier Tage später, am 22.&nbsp;Februar 1943, fand der Prozess gegen sie, ihren Bruder [[Hans Scholl]] und den Kommilitonen [[Christoph Probst]] vor dem [[Volksgerichtshof]] in München statt. Die Anklageschrift hatte der Reichsanwalt [[Albert Weyersberg (Jurist)|Albert Weyersberg]] verfasst, als Beisitzer fungierten der Landgerichtsdirektor [[Martin Stier (Jurist)|Martin Stier]], der Erste Staatsanwalt [[Adolf Bischoff (Jurist)|Adolf Bischoff]] als Sachbearbeiter, der SS-Gruppenführer und Chef des SS-Gerichts in München [[Franz Breithaupt]], der Staatssekretär im bayerischen Justizministerium [[Max Köglmaier]] und der SA-Gruppenführer [[Hanns Bunge]]. Den Vorsitz führte der eigens aus Berlin angereiste Richter [[Roland Freisler]], der die drei Angeklagten wegen „landesverräterischer Feindbegünstigung, Vorbereitung zum Hochverrat [und] [[Wehrkraftzersetzung]]“ [[Todesstrafe#Zeit des Nationalsozialismus|zum Tode]] verurteilte.<ref>[http://www.mythoselser.de/texts/scholl-urteil.htm ''Todesurteil Sophie Scholl''] auf mythoselser.de.</ref> Ein eilig gestelltes Gnadengesuch wurde vom „zufällig“ in München weilenden Justizminister [[Otto Thierack]] umgehend abgelehnt. Gegen 17 Uhr desselben Tages wurde Sophie Scholl im [[Justizvollzugsanstalt München|Strafgefängnis München-Stadelheim]] unter Aufsicht des Leiters der Vollstreckungsabteilung des Münchner Landgerichts [[Walter Roemer]] gemeinsam mit Hans Scholl und ihrem am 20.&nbsp;Februar festgenommenen Studienkollegen Christoph Probst vom Scharfrichter [[Johann Reichhart]] mit der [[Guillotine]] enthauptet. Reichhart äußerte später, er habe noch nie jemanden so tapfer sterben sehen wie Sophie Scholl.<ref>''Hinrichtungen im Dreiminutentakt.'' In: ''[[Augsburger Allgemeine]].'' 14. November 1996 (Artikel über Johann Reichart).</ref> Die [[Nationalsozialistische Propaganda|NS-Propaganda]] berichtete in sehr knapper Form über die Hinrichtung:
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|Text=Der Volksgerichtshof verurteilte am 22. Februar 1943 im Schwurgerichtssaal des Justizpalastes in München den 24 Jahre alten Hans Scholl, die 21 Jahre alte Sophia Scholl, beide aus München, und den 23 Jahre alten Christoph Probst aus [[Aldrans]] bei [[Innsbruck]] wegen Vorbereitung zum Hochverrat und wegen Feindbegünstigung zum Tode. Das Urteil wurde am gleichen Tag vollzogen.
|Text=Der Volksgerichtshof verurteilte am 22. Februar 1943 im Schwurgerichtssaal des Justizpalastes in München den 24 Jahre alten Hans Scholl, die 21&nbsp;Jahre alte Sophia Scholl, beide aus München, und den 23 Jahre alten Christoph Probst aus [[Aldrans]] bei [[Innsbruck]] wegen Vorbereitung zum Hochverrat und wegen Feindbegünstigung zum Tode. Das Urteil wurde am gleichen Tag vollzogen.
|Quelle=Bericht in der ''[[Salzburger Chronik|Salzburger Zeitung]]'' vom 24. Februar 1943
|Quelle=Bericht in der ''[[Salzburger Chronik|Salzburger Zeitung]]'' vom 24. Februar 1943
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Sophie Scholls Briefe und Tagebuch-Aufzeichnungen spiegeln das Bild einer jungen Frau von hoher Empfindsamkeit für die Schönheiten der Natur und von tiefem christlichen Glauben wider. Das folgende Zitat von [[Jacques Maritain]] kommt in ihren Briefen mehrmals vor: „Il faut avoir l’esprit dur et le cœur tendre“ („Man muss einen harten Geist und ein weiches Herz haben“). Sie beschäftigte sich intensiv mit der Harmonie der Seele: „Ich merke, dass man mit dem Geiste (oder dem Verstand) wuchern kann, und dass die Seele dabei verhungern kann.“<ref>''Briefe und Aufzeichnungen'', S. 245.</ref>
Sophie Scholls Briefe und Tagebuch-Aufzeichnungen spiegeln das Bild einer jungen Frau von hoher Empfindsamkeit für die Schönheiten der Natur und von tiefem christlichen Glauben wider. Das folgende Zitat von [[Jacques Maritain]] kommt in ihren Briefen mehrmals vor: „Il faut avoir l’esprit dur et le cœur tendre“ („Man muss einen harten Geist und ein weiches Herz haben“). Sie beschäftigte sich intensiv mit der Harmonie der Seele: „Ich merke, dass man mit dem Geiste (oder dem Verstand) wuchern kann, und dass die Seele dabei verhungern kann.“<ref>''Briefe und Aufzeichnungen'', S. 245.</ref>

Das Todesurteil und dessen Vollstreckung gegen Sophie Scholl und andere Mitglieder der Weißen Rose wurde formal erst 1998 durch das [[Gesetz zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege]] aufgehoben und für rechtswidrig erklärt.


Anlässlich des 60.&nbsp;Todestages von Sophie Scholl wurde der Briefwechsel zwischen ihr und ihrem Verlobten Fritz Hartnagel, der 1945 ihre Schwester Elisabeth heiratete, veröffentlicht.
Anlässlich des 60.&nbsp;Todestages von Sophie Scholl wurde der Briefwechsel zwischen ihr und ihrem Verlobten Fritz Hartnagel, der 1945 ihre Schwester Elisabeth heiratete, veröffentlicht.
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== Würdigung ==
== Würdigung ==
[[Datei:Büste Sophie Scholl.jpg|mini|hochkant|Büste von Sophie Scholl in der [[Walhalla]] in [[Donaustauf]] (seit 2003)]]
[[Datei:Scholl-Denkmal, München.jpg|mini|hochkant|Mahnmal für die ''[[Weiße Rose]]'' vor der LMU München, 2005]]
[[Datei:Scholl-Denkmal, München.jpg|mini|hochkant|Mahnmal für die ''[[Weiße Rose]]'' vor der LMU München, 2005]]
[[Datei:Hans u Sophie Scholl Platz Bozen.jpg|mini|hochkant|Gedenktafel am Hans-und-Sophie-Scholl-Platz in [[Bozen]]]]
[[Datei:Schulgasse 8 Ludwigsburg DSC 5695.jpg|mini|hochkant|Die frühere Mädchenvolksschule in [[Ludwigsburg]], die Sophie Scholl 1930–1932 besuchte, seit 2019 ''Sophie-Scholl-Schule'']]
* Etliche Straßen, Wege und Plätze in Deutschland wurden nach den Geschwistern Scholl benannt. Eine besondere Häufung ist in der ehemaligen [[Deutsche Demokratische Republik|DDR]] feststellbar.<!-- Beleg? -->
* Etliche Straßen, Wege und Plätze in Deutschland wurden nach den Geschwistern Scholl benannt. Eine besondere Häufung ist in der ehemaligen [[Deutsche Demokratische Republik|DDR]] feststellbar.<!-- Beleg? -->
* [[Briefmarken-Jahrgang 1961 der Deutschen Post der DDR|1961]] gab die [[Deutsche Post der DDR]] eine Briefmarke zu Ehren von Sophie und Hans Scholl heraus (Nennwert: 25+10 Pfennig, Erstausgabetag: 7. September 1961, Auflage: 2.000.000). [[Briefmarken-Jahrgang 1961 der Deutschen Bundespost|1964]] widmete die [[Deutsche Bundespost]] Sophie Scholl eine von E. und [[Gerd Aretz]] gestaltete Briefmarke aus einem Briefmarkenblock zum 20. Jahrestag des [[Attentat vom 20. Juli 1944|20. Juli 1944]] (Nennwert: 20 Pfennig, Erstausgabetag: 20. Juli 1964, Auflage: 6.941.000). Von Gerd Aretz stammt auch der Entwurf zur [[Briefmarken-Jahrgang 1991 der Deutschen Bundespost|1991]] erschienenen Marke der Briefmarkenserie ''[[Frauen der deutschen Geschichte]]'' (Nennwert: 150 Pfennig, Erstausgabetag: 15. Februar 1991, Auflage: 35.436.000).
* [[Briefmarken-Jahrgang 1961 der Deutschen Post der DDR|1961]] gab die [[Deutsche Post der DDR]] eine Briefmarke zu Ehren von Sophie und Hans Scholl heraus (Nennwert: 25+10 Pfennig, Erstausgabetag: 7. September 1961, Auflage: 2.000.000). [[Briefmarken-Jahrgang 1961 der Deutschen Bundespost|1964]] widmete die [[Deutsche Bundespost]] Sophie Scholl eine von E. und [[Gerd Aretz]] gestaltete Briefmarke aus einem Briefmarkenblock zum 20. Jahrestag des [[Attentat vom 20. Juli 1944|20. Juli 1944]] (Nennwert: 20 Pfennig, Erstausgabetag: 20. Juli 1964, Auflage: 6.941.000). Von Gerd Aretz stammt auch der Entwurf zur [[Briefmarken-Jahrgang 1991 der Deutschen Bundespost|1991]] erschienenen Marke der Briefmarkenserie ''[[Frauen der deutschen Geschichte]]'' (Nennwert: 150 Pfennig, Erstausgabetag: 15. Februar 1991, Auflage: 35.436.000).
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* Im Dezember 1945 wurde die renommierte, 1886 gegründete Königliche Augusta-Schule, Berlin, in [[Sophie-Scholl-Schule (Berlin)|Sophie-Scholl-Schule]] umbenannt.<ref>Informationsflyer der Dokumentationstafeln zur Geschichte des Hochbunkers Pallasstraße, September 2009, Herausgeber frag doch! Verein für Begegnung und Erinnerung e.&nbsp;V.</ref>
* Im Dezember 1945 wurde die renommierte, 1886 gegründete Königliche Augusta-Schule, Berlin, in [[Sophie-Scholl-Schule (Berlin)|Sophie-Scholl-Schule]] umbenannt.<ref>Informationsflyer der Dokumentationstafeln zur Geschichte des Hochbunkers Pallasstraße, September 2009, Herausgeber frag doch! Verein für Begegnung und Erinnerung e.&nbsp;V.</ref>
* Im Jahr 2008 wurde in [[Wien]]-[[Donaustadt]] (22. Bezirk) die ''Sophie-Scholl-Gasse'' nach ihr benannt.
* Im Jahr 2008 wurde in [[Wien]]-[[Donaustadt]] (22. Bezirk) die ''Sophie-Scholl-Gasse'' nach ihr benannt.
* Ein Wagen der [[Straßenbahn_Ulm#Combino|Straßenbahn Ulm]] trägt ihren Namen.<ref>[https://www.ulmereisenbahnen.de/strassenbahn/strassenbahn_fahrzeuge_combino_tw-48.htm Straßenbahn Ulm: Combino Tw 48 Sophie Scholl]</ref>
* Bei der [[Straßenbahn Ulm]] trägt ein Wagen ihren Namen.
* 2014 wurde ein neusprachliches Gymnasium in [[Trient]] nach ihr benannt.<ref>[https://www.linguisticotrento.it/index.php/2-non-categorizzato/333-sophie-scholl?highlight=WyJzb3BoaWUiLCJzY2hvbGwiLCJzb3BoaWUgc2Nob2xsIl ''Liceo Linguistico Sophie M. Scholl''] auf linguisticotrento.it (italienisch).</ref>
* 2014 wurde ein neusprachliches Gymnasium in [[Trient]] nach ihr benannt.<ref>[https://www.linguisticotrento.it/index.php/2-non-categorizzato/333-sophie-scholl?highlight=WyJzb3BoaWUiLCJzY2hvbGwiLCJzb3BoaWUgc2Nob2xsIl ''Liceo Linguistico Sophie M. Scholl''] auf linguisticotrento.it (italienisch).</ref>
* Die frühere, am ''Schulbückele'' gelegene Mädchenvolksschule in der [[Ludwigsburg]]er Schulgasse 8,<ref>Diese Schule wurde 1936 in [[Hans Schemm|Hans-Schemm]]-Schule umbenannt, 1945 wurde daraus die [[Wolfgang Amadeus Mozart|Mozart]]<nowiki />schule, 1966 die [[Anton Bruckner|Anton-Bruckner]]-Schule.</ref> in der Sophie Scholl in den Jahren 1930–1932 die dritte und vierte Klasse besuchte, wurde 2019 anlässlich einer Fusionierung in ''Sophie-Scholl-Schule'' umbenannt.<ref>[https://www.sophie-scholl-schule-ludwigsburg.de/schulprofil/geschichte-der-schule ''Wie alles begann …''] Website der Sophie-Scholl-Schule Ludwigsburg.</ref>
* Die frühere, am ''Schulbückele'' gelegene Mädchenvolksschule in der [[Ludwigsburg]]er Schulgasse 8,<ref>Diese Schule wurde 1936 in [[Hans Schemm|Hans-Schemm]]-Schule umbenannt, 1945 wurde daraus die [[Wolfgang Amadeus Mozart|Mozart]]<nowiki />schule, 1966 die [[Anton Bruckner|Anton-Bruckner]]-Schule.</ref> in der Sophie Scholl in den Jahren 1930–1932 die dritte und vierte Klasse besuchte, wurde 2019 anlässlich einer Fusionierung in ''Sophie-Scholl-Schule'' umbenannt.<ref>[https://www.sophie-scholl-schule-ludwigsburg.de/schulprofil/geschichte-der-schule ''Wie alles begann …''] Website der Sophie-Scholl-Schule Ludwigsburg.</ref>
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=== Theater ===
=== Theater ===
* 2006: ''Sophie Scholl – Die letzten Tage'', Bühnenfassung nach dem Filmdrehbuch von Fred Breinersdorfer, Uraufführung: 28. Februar 2008 am [[Schauspielhaus Salzburg]] unter der Regie von Betty Hensel, die auch die Dramatisierung des Drehbuchs vorgenommen hatte.<ref>{{Webarchiv |url=http://www.betty-hensel.de/regie/sophie_scholl/foto.php |text=''Fred Breinersdorfer: Sophie Scholl – Die letzten Tage'' |wayback=20170904155226}}. In: Betty Hensel. Regie.</ref><ref>[http://www.erinnern.at/bundeslaender/salzburg/termine/sophie-scholl-die-letzten-tage ''Sophie Scholl – Die letzten Tage.''] In: ''erinnern.at''.</ref>
* 2006: ''Sophie Scholl – Die letzten Tage'', Bühnenfassung nach dem Filmdrehbuch von Fred Breinersdorfer, Uraufführung: 28. Februar 2008 am [[Schauspielhaus Salzburg]] unter der Regie von Betty Hensel, die auch die Dramatisierung des Drehbuchs vorgenommen hatte.<ref>{{Webarchiv |url=http://www.betty-hensel.de/regie/sophie_scholl/foto.php |text=''Fred Breinersdorfer: Sophie Scholl – Die letzten Tage'' |wayback=20170904155226}}. In: Betty Hensel. Regie.</ref><ref>[http://www.erinnern.at/bundeslaender/salzburg/termine/sophie-scholl-die-letzten-tage ''Sophie Scholl – Die letzten Tage.''] In: ''erinnern.at''.</ref>
* 2014: ''Name: Sophie Scholl'', Theaterstück von [[Rike Reiniger]], Uraufführung am 29. Oktober 2014 im Landesgericht Wien, Regie: Melika Ramic, Produktion: werk 89/ Dschungel Wien, Deutsche Erstaufführung am 9. Juni 2015 im [[Memorium Nürnberger Prozesse]], Regie: Silke Würzberger, Produktion: [[Gostner Hoftheater]], Schweizer Erstaufführung am 25. und 30. September 2017 im Jungen Theater Solothurn. Das Stück verknüpft den Gewissenskonflikt einer heutigen Jura-Studentin mit dem Leben der historischen Sophie Scholl. Es wurde ausgezeichnet mit dem Preis der Juristischen Fakultät der [[Universität Regensburg]].<ref>{{Internetquelle |autor=Rike Reiniger |url=https://www.theaterstueckverlag.de/theatertexte/data/theaterstueckverlag/o_378659638/tsvshow?ini=N |titel=Name: Sophie Scholl |hrsg=Theaterstückverlag München |datum=2009 |abruf=2021-01-25}}</ref> ''Name: Sophie Scholl'' ist im Klak-Verlag Berlin als Buch erschienen.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.klakverlag.de/produkt/name-sophie-scholl-theatermonolog-und-materialien/ |titel=Name: Sophie Scholl. Theatermonolog und Materialien |hrsg=KLAK Verlag |abruf=2021-01-25}}</ref>
* 2014: ''Name: Sophie Scholl'', Theaterstück von [[Rike Reiniger]], Uraufführung am 29. Oktober 2014 im Landesgericht Wien, Regie: Melika Ramic, Produktion: werk 89/ [[Dschungel Wien]], Deutsche Erstaufführung am 9. Juni 2015 im [[Memorium Nürnberger Prozesse]], Regie: Silke Würzberger, Produktion: [[Gostner Hoftheater]], Schweizer Erstaufführung am 25. und 30. September 2017 im Jungen Theater Solothurn. Das Stück verknüpft den Gewissenskonflikt einer heutigen Jura-Studentin mit dem Leben der historischen Sophie Scholl. Es wurde ausgezeichnet mit dem Preis der Juristischen Fakultät der [[Universität Regensburg]].<ref>{{Internetquelle |autor=Rike Reiniger |url=https://www.theaterstueckverlag.de/theatertexte/data/theaterstueckverlag/o_378659638/tsvshow?ini=N |titel=Name: Sophie Scholl |hrsg=Theaterstückverlag München |datum=2009 |abruf=2021-01-25}}</ref> ''Name: Sophie Scholl'' ist im Klak-Verlag Berlin als Buch erschienen.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.klakverlag.de/produkt/name-sophie-scholl-theatermonolog-und-materialien/ |titel=Name: Sophie Scholl. Theatermonolog und Materialien |hrsg=KLAK Verlag |abruf=2021-01-25}}</ref>
* 2017: ''Sophie/Clara'', Theaterstück für Jugendliche von [[Christoph Busche]], Uraufführung am 25. März 2017 am [[Theater Kiel]] (Werftparktheater) in der Regie von Astrid Großgasteiger. Das Stück besteht aus zwei Teilen und stellt die Biografie von Sophie Scholl jener der gleichaltrigen Clara Sabrowski gegenüber, einer überzeugten Nationalsozialistin. Es thematisiert unterschiedliche Lebenswege und die Bedeutung von Gewissensentscheidungen während der Nazizeit.<ref>[https://www.theater-kiel.de/oper-kiel/repertoire/produktion/titel/sophie-clara/ Beschreibungen und Fotos zum Theaterstück ''Sophie/Clara''] auf der Website des Theaters Kiel.</ref>
* 2017: ''Sophie/Clara'', Theaterstück für Jugendliche von [[Christoph Busche]], Uraufführung am 25. März 2017 am [[Theater Kiel]] (Werftparktheater) in der Regie von Astrid Großgasteiger. Das Stück besteht aus zwei Teilen und stellt die Biografie von Sophie Scholl jener der gleichaltrigen Clara Sabrowski gegenüber, einer überzeugten Nationalsozialistin. Es thematisiert unterschiedliche Lebenswege und die Bedeutung von Gewissensentscheidungen während der Nazizeit.<ref>[https://www.theater-kiel.de/oper-kiel/repertoire/produktion/titel/sophie-clara/ Beschreibungen und Fotos zum Theaterstück ''Sophie/Clara''] auf der Website des Theaters Kiel.</ref>

=== Musical ===

* [[SCHOLL – Die Knospe der Weißen Rose]] Musical<ref>[https://www.schollmusical.com ''schollmusical.com'' ]</ref> von [[Titus Hoffmann]] und [[Thomas Borchert (Sänger)|Thomas Borchert]]. Uraufführung am [[Stadttheater Fürth]] am 14. April 2023<ref>[https://www.br.de/nachrichten/kultur/widerstand-gegen-nazis-musical-zeigt-anfaenge-der-weissen-rose,TbP5MdN/ ''BR Nachrichten Kultur''] Widerstand gegen Nazis Musical zeigt Anfänge der Weissen Rose</ref>


=== Bühnenwerke (Opern) ===
=== Bühnenwerke (Opern) ===
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=== Social Media ===
=== Social Media ===
Unter dem Titel ''@ichbinsophiescholl'' starteten der [[Südwestrundfunk]] und der [[Bayerischer Rundfunk|Bayerische Rundfunk]] Anfang Mai 2021 ein [[Instagram]]-Projekt anlässlich Scholls 100. Geburtstag. Die letzten Lebensmonate wurden mit Instagram-Postings nachgestellt, als ob Scholl selbst sie gepostet hätte.<ref>[https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/medien/hommage-an-die-widerstandskaempferin-ichbinsophiescholl/27158812.html ''Hommage an die Widerstandskämpferin.''] In: ''[[Der Tagesspiegel]].'' 4. Mai 2021, abgerufen am 6. Mai 2021.</ref> Dabei trat Schauspielerin [[Luna Wedler]] in die Rolle der Sophie Scholl und stellte im Stil eines aktuellen [[Influencer]]-Kanals auf Instagram das letzte Jahr im Leben der Widerstandskämpferin dar. Das Projekt wurde sowohl aufgrund seiner Innovation und gesellschaftlichen Relevanz gelobt als auch wegen historischer Ungenauigkeiten kritisiert.<ref>{{Internetquelle |autor=Nora Hespers |url=https://uebermedien.de/60159/sophie-scholl-als-insta-freundin-das-heikle-spiel-mit-einer-historischen-figur/ |titel=Sophie Scholl als Insta-Freundin: Das heikle Spiel mit einer historischen Figur |hrsg=Übermedien |datum=2021-05-28 |abruf=2021-11-02 |sprache=de}}</ref> Die Redaktionsleitung übernahm [[Suli Kurban]], die das Projekt als Social-Media-Serie bezeichnete.<ref>{{Internetquelle |autor=Manuel Weis |url=https://www.dwdl.de/magazin/82897/sophie_scholl_auf_instagram_ebenso_fordernd_wie_echt/ |titel=Sophie Scholl auf Instagram: Ebenso fordernd wie echt |hrsg=DWDL Medienmagazin |datum=2021-05-26 |abruf=2021-11-02 |sprache=de}}</ref> Das Konzept orientierte sich stark an dem zwei Jahre zuvor auf Instagram umgesetzten Projekt ''@eva.stories'' aus Israel, das von einem jüdisches Mädchen aus Ungarn handelt, das in Auschwitz ermordet wurde.<ref>[https://www.nzz.ch/feuilleton/ich-bin-sophie-scholl-durchbruch-eines-neuen-instagram-formats-ld.1626045 NZZ.ch: «Ich bin Sophie Scholl»: Geschichtsunterricht funktioniert auch auf Instagram] vom 24. Mai 2021; abgerufen am 19. Februar 2022</ref> Die Problematik der halb-fiktionalen Vorgehensweise des Projekts ''@ichbinsophiescholl'' wurde in der [[ZDF Magazin Royale/Episodenliste#ZMR 2022-02-18|Folge vom 18. Februar 2022]] des [[ZDF Magazin Royale]] thematisiert.
Unter dem Titel ''@ichbinsophiescholl'' starteten der [[Südwestrundfunk]] und der [[Bayerischer Rundfunk|Bayerische Rundfunk]] Anfang Mai 2021 ein [[Instagram]]-Projekt anlässlich Scholls 100. Geburtstag. Die letzten Lebensmonate wurden mit Instagram-Postings nachgestellt, als ob Scholl selbst sie gepostet hätte.<ref>[https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/medien/hommage-an-die-widerstandskaempferin-ichbinsophiescholl/27158812.html ''Hommage an die Widerstandskämpferin.''] In: ''[[Der Tagesspiegel]].'' 4. Mai 2021, abgerufen am 6. Mai 2021.</ref> Dabei trat Schauspielerin [[Luna Wedler]] in die Rolle der Sophie Scholl und stellte im Stil eines aktuellen [[Influencer]]-Kanals auf Instagram das letzte Jahr im Leben der Widerstandskämpferin dar. Das Projekt wurde sowohl aufgrund seiner Innovation und gesellschaftlichen Relevanz gelobt als auch wegen historischer Ungenauigkeiten kritisiert.<ref>{{Internetquelle |autor=Nora Hespers |url=https://uebermedien.de/60159/sophie-scholl-als-insta-freundin-das-heikle-spiel-mit-einer-historischen-figur/ |titel=Sophie Scholl als Insta-Freundin: Das heikle Spiel mit einer historischen Figur |hrsg=Übermedien |datum=2021-05-28 |abruf=2021-11-02 |sprache=de}}</ref> Die Redaktionsleitung übernahm [[Suli Kurban]], die das Projekt als Social-Media-Serie bezeichnete.<ref>{{Internetquelle |autor=Manuel Weis |url=https://www.dwdl.de/magazin/82897/sophie_scholl_auf_instagram_ebenso_fordernd_wie_echt/ |titel=Sophie Scholl auf Instagram: Ebenso fordernd wie echt |hrsg=DWDL Medienmagazin |datum=2021-05-26 |abruf=2021-11-02 |sprache=de}}</ref> Das Konzept orientierte sich stark an dem zwei Jahre zuvor auf Instagram umgesetzten Projekt ''@eva.stories'' aus Israel, das von einem jüdisches Mädchen aus Ungarn handelt, das in Auschwitz ermordet wurde.<ref>[https://www.nzz.ch/feuilleton/ich-bin-sophie-scholl-durchbruch-eines-neuen-instagram-formats-ld.1626045 NZZ.ch: «Ich bin Sophie Scholl»: Geschichtsunterricht funktioniert auch auf Instagram] vom 24. Mai 2021; abgerufen am 19. Februar 2022.</ref> Die Problematik der halb-fiktionalen Vorgehensweise des Projekts ''@ichbinsophiescholl'' wurde in der [[ZDF Magazin Royale/Episodenliste#ZMR 2022-02-18|Folge vom 18. Februar 2022]] des [[ZDF Magazin Royale]] thematisiert.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.zdf.de/uri/2025eb65-aca7-45c4-b7dd-71b1a4936f3f |titel=Deutsche Erinnerungskultur. ZDF Magazin Royale vom 18. Februar 2022 |werk=Zweites Deutsches Fernsehen (ZDF) |datum=2022-02-18 |abruf=2022-12-27}}</ref>


== Ausstellungen ==
== Ausstellungen ==
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* Simone Frieling: ''Sophie Scholl. Aufstand des Gewissens.'' Ebersbach & Simon, Berlin, 2021, ISBN 978-3-86915-227-1.
* Simone Frieling: ''Sophie Scholl. Aufstand des Gewissens.'' Ebersbach & Simon, Berlin, 2021, ISBN 978-3-86915-227-1.
* [[Maren Gottschalk]]: ''Schluss. Jetzt werde ich etwas tun. Die Lebensgeschichte der Sophie Scholl.'' Beltz & Gelberg, Weinheim/Basel 2016, ISBN 978-3-407-81122-6.
* [[Maren Gottschalk]]: ''Schluss. Jetzt werde ich etwas tun. Die Lebensgeschichte der Sophie Scholl.'' Beltz & Gelberg, Weinheim/Basel 2016, ISBN 978-3-407-81122-6.
* Maren Gottschalk: ''Wie schwer ein Menschenleben wiegt. Sophie Scholl. Eine Biografie.'' C.H.Beck, München 2020, ISBN 978-3-406-75560-6.
* [[Maren Gottschalk]]: ''Wie schwer ein Menschenleben wiegt. Sophie Scholl. Eine Biografie.'' C.H.Beck, München 2020, ISBN 978-3-406-75560-6.
* {{NDB|23|445|446|Scholl, Sophie Magdalena|[[Michael Kißener]]|118610317}}
* {{NDB|23|445|446|Scholl, Sophie Magdalena|[[Michael Kißener]]|118610317}}
* Johannes Kleinwächter: ''Sophie Scholl. Mystik und Politik.'' In: ders.: ''Frauen und Männer des christlichen Widerstands. 13 Profile.'' Friedrich Pustet, Regensburg 1990, ISBN 3-7917-1258-6, S. 77–90 (Anmerkungen S. 141).
* Johannes Kleinwächter: ''Sophie Scholl. Mystik und Politik.'' In: ders.: ''Frauen und Männer des christlichen Widerstands. 13 Profile.'' Friedrich Pustet, Regensburg 1990, ISBN 3-7917-1258-6, S. 77–90 (Anmerkungen S. 141).

Aktuelle Version vom 18. Juni 2024, 02:43 Uhr

Sophie Scholl (1943) Fotografie von der Gestapo.
Eigenhändige Widmung Sophie Scholls für ihre Schwester mit Unterschrift.

Sophia Magdalena „Sophie“ Scholl (* 9. Mai 1921 in Forchtenberg; † 22. Februar 1943 in München) war eine deutsche Widerstandskämpferin gegen den Nationalsozialismus. Sie wurde aufgrund ihres Engagements in der Widerstandsgruppe Weiße Rose gemeinsam mit ihrem Bruder Hans Scholl von nationalsozialistischen Richtern zum Tode verurteilt und am selben Tag hingerichtet. Nach der Aufhebung von NS-Unrechtsurteilen gelten das Urteil und die Hinrichtung heute als rechtswidrig.

Leben

Das Rathaus von Forchtenberg, in dem die Scholls von 1920 bis 1930 wohnten

Herkunft und Familie

Sophia Magdalena Scholl wurde am 9. Mai 1921 in Forchtenberg geboren. Ihre Eltern waren die Diakonisse Magdalena Scholl (1881–1958) und Robert Scholl (1891–1973), die 1916 in der Kirche von Geißelhardt geheiratet hatten.[1]

Sophie Scholl wuchs in einem religiös wie politisch liberalen, protestantischen Elternhaus zusammen mit ihren Geschwistern Inge (1917–1998), Hans (1918–1943), Elisabeth (1920–2020[2]) und Werner (1922–1944) auf; eine 1925 geborene Schwester namens Thilde starb im Alter von neun Monaten. Ebenfalls in der Familie lebte Robert Scholls unehelicher Sohn Ernst Gruele (1915–1991).

Die Familie lebte bis 1930 in Forchtenberg, Volksstaat Württemberg, von 1930 bis 1932 in Ludwigsburg und ab 1932 in Ulm. Die Geschwister wurden von ihren Eltern mit liberalen, christlichen Werten erzogen.[3]

Kindheit und Mitwirkung in Jugendorganisationen

Sophie Scholl ging in den Kleinkindergarten, ab 1928 in die evangelische Volksschule und ab 1930 nach dem Umzug nach Ludwigsburg in die Evangelische Mädchenvolksschule. Nach einem erneuten Umzug nach Stuttgart besuchte sie dort ab 1932 die Mädchenoberrealschule.[4]

Sophie Scholl glaubte zunächst wie ihr zweieinhalb Jahre älterer Bruder Hans Scholl an das von den Nationalsozialisten propagierte Gemeinschaftsideal und trat 1934 dem Bund Deutscher Mädel (BDM) bei, in welchem sie bis 1941 verblieb.[5] Sie engagierte sich für ihre Jungmädel-Gruppe und wurde Scharführerin.[6] Sophie veranstaltete wie ihr Bruder Mutproben und Härtetests, um sich und den anderen das Äußerste abzuverlangen. Ihre Eltern wandten sich gegen die Beteiligung ihrer Kinder an den Jugendorganisationen des NS-Staates, gewährten den Kindern aber die Freiheit, hierüber selbst zu entscheiden.[7] Später wandte sie sich von den Jugendorganisationen der NSDAP ab. Nach dem „Reichsparteitag der Ehre“ 1936 nahm sie zusammen mit ihrem Bruder Hans am Gruppenleben der Deutschen Jungenschaft vom 1. November 1929 (kurz „dj.1.11“), eines von Eberhard Koebel gegründeten Jugendbundes, teil, der in der Frühphase des Dritten Reiches versuchte, trotz Verbot weiterzuexistieren. Im Herbst 1937 war Sophie zusammen mit ihren Geschwistern für einige Stunden in Polizeigewahrsam, weil ihr Bruder Hans wegen fortgesetzten Engagements in der Bündischen Jugend verfolgt wurde.[8]

Ebenfalls im Jahr 1937 lernte sie Fritz Hartnagel, den vier Jahre älteren Sohn eines Ulmer Kleinunternehmers, bei einer Tanzveranstaltung kennen. Während seiner Offiziersausbildung blieben beide in brieflicher Verbindung. Kurz vor Ausbruch des Krieges verbrachten sie in Carolinensiel einen gemeinsamen Urlaub. In der Zeit zwischen Oktober 1941 und März 1942, als Sophie Scholl in Blumberg Kriegshilfsdienst leistete und Hartnagel als Ausbildungsoffizier in Weimar stationiert war, trafen sie sich an den Wochenenden in Konstanz und Freiburg.

Nachdem sie im März 1940 ihr Abitur absolviert hatte, begann Sophie Scholl im Mai 1940 eine Ausbildung am evangelischen Kindergärtnerinnen-Seminar in Ulm-Söflingen, das von Emma Kretschmer geleitet wurde.[9] Danach, im August 1940, absolvierte sie im Fröbel-Seminar in Ulm ein vierwöchiges Praktikum im Kindersanatorium Kohlermann in Bad Dürrheim. Nachdem diese Ausbildung nicht als Reichsarbeitsdienstersatz (RAD) anerkannt worden war, beorderte man sie im Frühjahr 1941 zum RAD nach Krauchenwies bei Sigmaringen.[10]

Religiöse Einflüsse

Sophie Scholl las im Frühjahr 1941, während sie ihren Reichsarbeitsdienst ableistete, in den Werken des Kirchenvaters Augustinus von Hippo. Diese Lektüre brachte ihr manche „spöttische Bemerkung“ der Frauen ein, die mit ihr den RAD ableisteten. Die Wende und Umkehr in Sophie Scholls Leben geschah im Frühjahr 1941,[11] von da an fand sie gerade in den augustinischen Schriften eine Orientierung. Auf die Glaubensentwicklung der protestantisch geprägten Sophie hatte in den Jahren 1941 bis 1943 der Katholik Otl Aicher den stärksten Einfluss. Neben der Lektüre von Augustinus-Texten war sie vom Tagebuch eines Landpfarrers des (ebenfalls katholischen) französischen Autors Georges Bernanos beeindruckt.[12] Sophie, ihre Geschwister und Aicher (ihr späterer Schwager) verpflichteten sich, den Glauben, den das Buch vermittelt, „für ihr Leben zu erschließen“.[13]

Kindergärtnerin in Blumberg

Am 7. Oktober 1941 erhielt sie eine Anstellung im NSV-Kinderhort in Blumberg, wo sie bis Ende März 1942 einen Kriegshilfsdienst ableisten musste, der inzwischen für Studierwillige eingeführt worden war. Während ihrer Zeit in dem von den Nationalsozialisten brachial vom Dorf in eine Bergbaustadt umgebauten Ort entwickelte sich ihre Hinwendung zum Religiösen auch zu einer sozial und politisch motivierten Haltung.[14]

Studium in München

Lichthof der Ludwig-Maximilians-Universität München, 2005

Im Mai 1942 begann Sophie Scholl ein Studium der Biologie und Philosophie an der Ludwig-Maximilians-Universität in München.[15][16]

Fritz Hartnagel, mit dem sie inzwischen verlobt war, besuchte sie in München im Mai, bevor er zum Kriegsdienst im Deutsch-Sowjetischen Krieg musste.[17] In den Semesterferien im Sommer 1942 musste sie in einem Ulmer Rüstungsbetrieb arbeiten.[18] Durch ihren Bruder, der an derselben Universität Medizin studierte, lernte sie Studenten kennen, die sie in ihrer Ablehnung der NS-Herrschaft bestärkten. Ihr Bruder Hans wollte sie aus dem Zirkel der Widerständler gegen das NS-Regime heraushalten; Sophie gelang es aber, sich der Gruppe anzuschließen. Entschlossen zu öffentlicher Kritik, beteiligte sie sich an der Herstellung und Verbreitung von Flugblättern der studentischen Widerstandsgruppe „Weiße Rose“, die zu klaren Entscheidungen gegen die Diktatur Hitlers aufrief.

Im Widerstand

Beginn der Aktivitäten

Die Mitglieder der „Weißen Rose“ verschickten ihre Aufrufe, legten sie in Telefonzellen und in parkende Autos und gaben sie zur Verteilung an Kommilitonen in anderen Städten. Zoske vermutet, dass Sophie bereits zu Beginn des Jahres 1942 mit ihrem Bruder über Widerstandsaktionen sprach.[19] Im Januar 1943 war Sophie Scholl erstmals an der Herstellung eines Flugblattes beteiligt. Die auch in Köln, Stuttgart, Berlin und Wien verteilten Flugschriften verursachten Aufsehen und führten zu einer intensivierten Fahndung nach den Urhebern. Im Februar vermutete die Gestapo die Autoren der Flugblätter in Münchner Studentenkreisen. Mitte Februar 1943 wurde das sechste Flugblatt[20] fertiggestellt und mit dem Aufruf versandt, das NS-Regime zu stürzen und ein „neues geistiges Europa“ zu errichten. Durch Helmuth James Graf von Moltke gelangte das Flugblatt nach Großbritannien. Im Herbst 1943 wurde es dort nachgedruckt, von britischen Flugzeugen über Deutschland abgeworfen und durch den Sender BBC verbreitet.

Verhaftung

Am 18. Februar 1943 wurde Sophie Scholl während einer Flugblattaktion, bei der sie zusammen mit ihrem Bruder Hans in der Münchner Universität ca. 1700 Flugblätter verteilte, vom Hausschlosser und Hörsaaldiener Jakob Schmid, einem SA-Mann, um ca. 11:15 Uhr entdeckt und dem Rektorat übergeben. Nach mehrstündigem Verhör durch den Universitätssyndikus Ernst Haeffner und den Rektor der Universität, Professor Walther Wüst, nahm die Gestapo beide fest und inhaftierte sie.

Sophie Scholl auf einem Foto von 1942, angebracht am Zaun, vor dem das Foto entstand

In der Münchner Gestapo-Zentrale im Wittelsbacher Palais in der Brienner Straße verhörte Kriminalobersekretär Robert Mohr Sophie Scholl vom 18. bis 20. Februar. Wie sich aus dem Vernehmungsprotokoll[21] der Gestapo ergibt, versuchte sie konsequent, ihre Freunde zu schützen, indem sie sich und Hans als die Hauptakteure darstellte.

Todesurteil

Vier Tage später, am 22. Februar 1943, fand der Prozess gegen sie, ihren Bruder Hans Scholl und den Kommilitonen Christoph Probst vor dem Volksgerichtshof in München statt. Die Anklageschrift hatte der Reichsanwalt Albert Weyersberg verfasst, als Beisitzer fungierten der Landgerichtsdirektor Martin Stier, der Erste Staatsanwalt Adolf Bischoff als Sachbearbeiter, der SS-Gruppenführer und Chef des SS-Gerichts in München Franz Breithaupt, der Staatssekretär im bayerischen Justizministerium Max Köglmaier und der SA-Gruppenführer Hanns Bunge. Den Vorsitz führte der eigens aus Berlin angereiste Richter Roland Freisler, der die drei Angeklagten wegen „landesverräterischer Feindbegünstigung, Vorbereitung zum Hochverrat [und] Wehrkraftzersetzungzum Tode verurteilte.[22] Ein eilig gestelltes Gnadengesuch wurde vom „zufällig“ in München weilenden Justizminister Otto Thierack umgehend abgelehnt. Gegen 17 Uhr desselben Tages wurde Sophie Scholl im Strafgefängnis München-Stadelheim unter Aufsicht des Leiters der Vollstreckungsabteilung des Münchner Landgerichts Walter Roemer gemeinsam mit Hans Scholl und ihrem am 20. Februar festgenommenen Studienkollegen Christoph Probst vom Scharfrichter Johann Reichhart mit der Guillotine enthauptet. Reichhart äußerte später, er habe noch nie jemanden so tapfer sterben sehen wie Sophie Scholl.[23] Die NS-Propaganda berichtete in sehr knapper Form über die Hinrichtung:

„Der Volksgerichtshof verurteilte am 22. Februar 1943 im Schwurgerichtssaal des Justizpalastes in München den 24 Jahre alten Hans Scholl, die 21 Jahre alte Sophia Scholl, beide aus München, und den 23 Jahre alten Christoph Probst aus Aldrans bei Innsbruck wegen Vorbereitung zum Hochverrat und wegen Feindbegünstigung zum Tode. Das Urteil wurde am gleichen Tag vollzogen.“

Bericht in der Salzburger Zeitung vom 24. Februar 1943[24]
Die Gräber von Hans und Sophie Scholl sowie Christoph Probst

Die Gräber von Sophie und Hans Scholl sowie Christoph Probst befinden sich auf dem neben der Justizvollzugsanstalt Stadelheim gelegenen Friedhof am Perlacher Forst (Grab Nr. 73-1-18/19).

Sophie Scholls Briefe und Tagebuch-Aufzeichnungen spiegeln das Bild einer jungen Frau von hoher Empfindsamkeit für die Schönheiten der Natur und von tiefem christlichen Glauben wider. Das folgende Zitat von Jacques Maritain kommt in ihren Briefen mehrmals vor: „Il faut avoir l’esprit dur et le cœur tendre“ („Man muss einen harten Geist und ein weiches Herz haben“). Sie beschäftigte sich intensiv mit der Harmonie der Seele: „Ich merke, dass man mit dem Geiste (oder dem Verstand) wuchern kann, und dass die Seele dabei verhungern kann.“[25]

Das Todesurteil und dessen Vollstreckung gegen Sophie Scholl und andere Mitglieder der Weißen Rose wurde formal erst 1998 durch das Gesetz zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege aufgehoben und für rechtswidrig erklärt.

Anlässlich des 60. Todestages von Sophie Scholl wurde der Briefwechsel zwischen ihr und ihrem Verlobten Fritz Hartnagel, der 1945 ihre Schwester Elisabeth heiratete, veröffentlicht.

Schriften

  • Inge Jens (Hrsg.): Hans Scholl und Sophie Scholl. Briefe und Aufzeichnungen. Fischer, Frankfurt am Main 1984, ISBN 3-10-036402-3.
  • Thomas Hartnagel (Hrsg.): Sophie Scholl und Fritz Hartnagel. Damit wir uns nicht verlieren. Briefwechsel 1937–1943. Fischer, Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-10-000425-6.

Würdigung

Büste von Sophie Scholl in der Walhalla in Donaustauf (seit 2003)
Mahnmal für die Weiße Rose vor der LMU München, 2005
Gedenktafel am Hans-und-Sophie-Scholl-Platz in Bozen
  • Etliche Straßen, Wege und Plätze in Deutschland wurden nach den Geschwistern Scholl benannt. Eine besondere Häufung ist in der ehemaligen DDR feststellbar.
  • 1961 gab die Deutsche Post der DDR eine Briefmarke zu Ehren von Sophie und Hans Scholl heraus (Nennwert: 25+10 Pfennig, Erstausgabetag: 7. September 1961, Auflage: 2.000.000). 1964 widmete die Deutsche Bundespost Sophie Scholl eine von E. und Gerd Aretz gestaltete Briefmarke aus einem Briefmarkenblock zum 20. Jahrestag des 20. Juli 1944 (Nennwert: 20 Pfennig, Erstausgabetag: 20. Juli 1964, Auflage: 6.941.000). Von Gerd Aretz stammt auch der Entwurf zur 1991 erschienenen Marke der Briefmarkenserie Frauen der deutschen Geschichte (Nennwert: 150 Pfennig, Erstausgabetag: 15. Februar 1991, Auflage: 35.436.000).
  • 1968 wurde das politikwissenschaftliche Institut der Ludwig-Maximilians-Universität München in Geschwister-Scholl-Institut umbenannt. Der Platz vor dem LMU-Hauptgebäude trägt den Namen Geschwister-Scholl-Platz.
  • 60 Jahre nach ihrem Tod, am 22. Februar 2003, wurde Sophie Scholl mit einer Büste in der Walhalla in Donaustauf geehrt. Der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber würdigte sie in einem Festakt als „weltweites Symbol für den Aufstand des Gewissens gegen nationalsozialistisches Unrecht“.
  • Am 21. Juli 2006 erhielt der Platz nördlich des Ulmer Rathauses den Namen „Hans-und-Sophie-Scholl-Platz“.
  • Der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) der LMU München wählte ihr Bild als Logo und fordert die Umbenennung der Universität in „Geschwister-Scholl-Universität“.
  • Geschwister-Scholl-Schulen sowie nach den Geschwistern benannte Kindergärten und Kindertagesstätten
  • Im Dezember 1945 wurde die renommierte, 1886 gegründete Königliche Augusta-Schule, Berlin, in Sophie-Scholl-Schule umbenannt.[26]
  • Im Jahr 2008 wurde in Wien-Donaustadt (22. Bezirk) die Sophie-Scholl-Gasse nach ihr benannt.
  • Ein Wagen der Straßenbahn Ulm trägt ihren Namen.[27]
  • 2014 wurde ein neusprachliches Gymnasium in Trient nach ihr benannt.[28]
  • Die frühere, am Schulbückele gelegene Mädchenvolksschule in der Ludwigsburger Schulgasse 8,[29] in der Sophie Scholl in den Jahren 1930–1932 die dritte und vierte Klasse besuchte, wurde 2019 anlässlich einer Fusionierung in Sophie-Scholl-Schule umbenannt.[30]
  • Auf Beschluss der deutschen Bundesregierung wurde 2021 anlässlich des 100. Geburtstages von Sophie Scholl eine 20-Euro-Gedenkmünze, gestaltet von Olaf Stoy, herausgegeben.[31]
  • Mit dem Erstausgabetag 6. Mai 2021 gab die Deutsche Post AG anlässlich des 100. Geburtstags von Sophie Scholl ein Sonderpostwertzeichen im Nennwert von 80 Eurocent heraus. Der Entwurf stammt vom Grafiker Detlef Bär aus Köln. Abgedruckt ist dort neben einem Porträt ein Zitat, das von ihrem Todestag überliefert ist: „So ein herrlicher, sonniger Tag, und ich soll gehen. Was liegt an meinem Tod, wenn durch unser Handeln Tausende von Menschen aufgerüttelt und geweckt werden.“[32]

Film, Theater, Bühnenwerke (Opern), Multimedia

Die Lebensgeschichte der Widerstandskämpferin wurde mehrfach filmisch und auch in Theaterstücken dargestellt.

Film

Theater

  • 2006: Sophie Scholl – Die letzten Tage, Bühnenfassung nach dem Filmdrehbuch von Fred Breinersdorfer, Uraufführung: 28. Februar 2008 am Schauspielhaus Salzburg unter der Regie von Betty Hensel, die auch die Dramatisierung des Drehbuchs vorgenommen hatte.[34][35]
  • 2014: Name: Sophie Scholl, Theaterstück von Rike Reiniger, Uraufführung am 29. Oktober 2014 im Landesgericht Wien, Regie: Melika Ramic, Produktion: werk 89/ Dschungel Wien, Deutsche Erstaufführung am 9. Juni 2015 im Memorium Nürnberger Prozesse, Regie: Silke Würzberger, Produktion: Gostner Hoftheater, Schweizer Erstaufführung am 25. und 30. September 2017 im Jungen Theater Solothurn. Das Stück verknüpft den Gewissenskonflikt einer heutigen Jura-Studentin mit dem Leben der historischen Sophie Scholl. Es wurde ausgezeichnet mit dem Preis der Juristischen Fakultät der Universität Regensburg.[36] Name: Sophie Scholl ist im Klak-Verlag Berlin als Buch erschienen.[37]
  • 2017: Sophie/Clara, Theaterstück für Jugendliche von Christoph Busche, Uraufführung am 25. März 2017 am Theater Kiel (Werftparktheater) in der Regie von Astrid Großgasteiger. Das Stück besteht aus zwei Teilen und stellt die Biografie von Sophie Scholl jener der gleichaltrigen Clara Sabrowski gegenüber, einer überzeugten Nationalsozialistin. Es thematisiert unterschiedliche Lebenswege und die Bedeutung von Gewissensentscheidungen während der Nazizeit.[38]

Musical

Bühnenwerke (Opern)

  • 1986: Weiße Rose, Kammeroper, Szenen für zwei Sänger und 15 Instrumentalisten von Udo Zimmermann, nach Texten von Wolfgang Willaschek, Uraufführung am 27. Februar 1986, Opera Stabile, Hamburg.

Social Media

Unter dem Titel @ichbinsophiescholl starteten der Südwestrundfunk und der Bayerische Rundfunk Anfang Mai 2021 ein Instagram-Projekt anlässlich Scholls 100. Geburtstag. Die letzten Lebensmonate wurden mit Instagram-Postings nachgestellt, als ob Scholl selbst sie gepostet hätte.[41] Dabei trat Schauspielerin Luna Wedler in die Rolle der Sophie Scholl und stellte im Stil eines aktuellen Influencer-Kanals auf Instagram das letzte Jahr im Leben der Widerstandskämpferin dar. Das Projekt wurde sowohl aufgrund seiner Innovation und gesellschaftlichen Relevanz gelobt als auch wegen historischer Ungenauigkeiten kritisiert.[42] Die Redaktionsleitung übernahm Suli Kurban, die das Projekt als Social-Media-Serie bezeichnete.[43] Das Konzept orientierte sich stark an dem zwei Jahre zuvor auf Instagram umgesetzten Projekt @eva.stories aus Israel, das von einem jüdisches Mädchen aus Ungarn handelt, das in Auschwitz ermordet wurde.[44] Die Problematik der halb-fiktionalen Vorgehensweise des Projekts @ichbinsophiescholl wurde in der Folge vom 18. Februar 2022 des ZDF Magazin Royale thematisiert.[45]

Ausstellungen

Zeitzeugenberichte

Literatur (Auswahl)

Commons: Sophie Scholl – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Barbara Beuys: Sophie Scholl. Hanser Verlag, München 2010, ISBN 978-3-446-23505-2, S. 9.
  2. Letzte Scholl-Schwester gestorben. In: BR24. 1. März 2020.
  3. Bernd Aretz: Sophie Scholl. Ein Lebensbild. Neue Stadt Verlag, München 2013, ISBN 978-3-87996-987-6, S. 149.
  4. Robert Zoske: Sophie Scholl. Es reut mich nichts. Porträt einer Widerständigen Propyläen, Berlin 2020, ISBN 978-3-87996-987-6, S. 33–34.
  5. Robert Zoske: Sophie Scholl. Es reut mich nichts. Porträt einer Widerständigen Propyläen, Berlin 2020, ISBN 978-3-87996-987-6, S. 44.
  6. Biografie von Sophie Scholl: Vom BDM in den Widerstand. In: Zeit Online. 11. Februar 2010, abgerufen am 13. August 2019.
  7. Robert Zoske: Sophie Scholl. Es reut mich nichts. Porträt einer Widerständigen Propyläen, Berlin 2020, ISBN 978-3-87996-987-6, S. 42.
  8. Vgl. Bernd Aretz: Sophie Scholl. Ein Lebensbild. S. 29–30.
  9. Manfred Berger: Frauen in der Geschichte des Kindergartens. Brandes & Apsel Verlag, Frankfurt am Main 1995, ISBN 3-86099-255-4, S. 113 f.
  10. Joachim Sturm: Sophie Scholl in Blumberg. In: Joachim Sturm (Hrsg.): Die Geschichte der Stadt Blumberg. dold.verlag, Vöhrenbach 1995, ISBN 3-927677-06-X, S. 232.
  11. Maren Gottschalk: Der Heiligenschein ist weg. Interview mit Frank Weiffen. In: Leverkusener Anzeiger. 25. September 2012, abgerufen am 8. Oktober 2016.
  12. Vgl. Bernd Aretz: Sophie Scholl. Ein Lebensbild. S. 50–65.
  13. Barbara Beuys: Sophie Scholl. Biografie. Carl Hanser, München 2010, ISBN 978-3-446-23505-2, S. 261.
  14. Joachim Sturm: Sophie Scholl in Blumberg. In: Joachim Sturm (Hrsg.): Die Geschichte der Stadt Blumberg. dold.verlag, Vöhrenbach 1995, ISBN 3-927677-06-X, S. 233; vgl. ferner: Florian Kech: Im Schwarzwald erlebte Sophie Scholl einen Wendepunkt, in: Badische Zeitung, 1. Mai 2021.
  15. Bundeszentrale für politische Bildung: Sophie Scholl | bpb. Abgerufen am 4. Januar 2022.
  16. muenchen.de: Sophie Scholl: Widerstand gegen die Nazis. Abgerufen am 4. Januar 2022.
  17. Christine Hikel: T. Hartnagel (Hrsg.): Damit wir uns nicht verlieren. In: H-Soz-Kult. 16. Dezember 2005 (Rezension)
  18. Sie sah ihren Verlobten nicht mehr: als sie hingerichtet wurde, lag er verwundet in einem Lazarett in Lemberg.
  19. Robert Zoske: Sophie Scholl. Es reut mich nichts. Porträt einer Widerständigen Propyläen, Berlin 2020, ISBN 978-3-87996-987-6, S. 224.
  20. Das 6. Flugblatt als Originalkopie (weitere unter Weblinks) VI. (PDF; 141 kB).
  21. Vernehmungsprotokoll Sophie Scholl auf mythoselser.de.
  22. Todesurteil Sophie Scholl auf mythoselser.de.
  23. Hinrichtungen im Dreiminutentakt. In: Augsburger Allgemeine. 14. November 1996 (Artikel über Johann Reichart).
  24. Todesurteile vollstreckt. In: Salzburger Zeitung. Salzburger Landeszeitung. Salzburger Volksblatt, 24. Februar 1943, S. 5 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/szt
  25. Briefe und Aufzeichnungen, S. 245.
  26. Informationsflyer der Dokumentationstafeln zur Geschichte des Hochbunkers Pallasstraße, September 2009, Herausgeber frag doch! Verein für Begegnung und Erinnerung e. V.
  27. Straßenbahn Ulm: Combino Tw 48 Sophie Scholl
  28. Liceo Linguistico Sophie M. Scholl auf linguisticotrento.it (italienisch).
  29. Diese Schule wurde 1936 in Hans-Schemm-Schule umbenannt, 1945 wurde daraus die Mozartschule, 1966 die Anton-Bruckner-Schule.
  30. Wie alles begann … Website der Sophie-Scholl-Schule Ludwigsburg.
  31. 20-Euro-Sammlermünze „100. Geburtstag Sophie Scholl“. Bundesministerium der Finanzen.
  32. Briefmarken. Jahresprogramm 2021. Bundesfinanzministerium, abgerufen am 7. Mai 2021.
  33. Sophie Scholl – Das Gesicht des besseren Deutschlands. Deutschland, ARD, 3sat, 2021, abgerufen am 22. September 2021.
  34. Fred Breinersdorfer: Sophie Scholl – Die letzten Tage (Memento vom 4. September 2017 im Internet Archive). In: Betty Hensel. Regie.
  35. Sophie Scholl – Die letzten Tage. In: erinnern.at.
  36. Rike Reiniger: Name: Sophie Scholl. Theaterstückverlag München, 2009, abgerufen am 25. Januar 2021.
  37. Name: Sophie Scholl. Theatermonolog und Materialien. KLAK Verlag, abgerufen am 25. Januar 2021.
  38. Beschreibungen und Fotos zum Theaterstück Sophie/Clara auf der Website des Theaters Kiel.
  39. schollmusical.com
  40. BR Nachrichten Kultur Widerstand gegen Nazis Musical zeigt Anfänge der Weissen Rose
  41. Hommage an die Widerstandskämpferin. In: Der Tagesspiegel. 4. Mai 2021, abgerufen am 6. Mai 2021.
  42. Nora Hespers: Sophie Scholl als Insta-Freundin: Das heikle Spiel mit einer historischen Figur. Übermedien, 28. Mai 2021, abgerufen am 2. November 2021.
  43. Manuel Weis: Sophie Scholl auf Instagram: Ebenso fordernd wie echt. DWDL Medienmagazin, 26. Mai 2021, abgerufen am 2. November 2021.
  44. NZZ.ch: «Ich bin Sophie Scholl»: Geschichtsunterricht funktioniert auch auf Instagram vom 24. Mai 2021; abgerufen am 19. Februar 2022.
  45. Deutsche Erinnerungskultur. ZDF Magazin Royale vom 18. Februar 2022. In: Zweites Deutsches Fernsehen (ZDF). 18. Februar 2022, abgerufen am 27. Dezember 2022.
  46. DenkStätte Weiße Rose am Lichthof der LMU, München
  47. Wanderausstellung ist in mehreren Sprachen ausleihbar
  48. Weiße-Rose-Ausstellung modernisiert. In: BR24. 18. Februar 2017.
  49. Ulmer DenkStätte Weiße Rose
  50. Die Weiße Rose – Gesichter einer Freundschaft
  51. Sophie Scholls Wachsfigur bei Madame Tussauds in Berlin (Memento vom 28. Oktober 2013 im Internet Archive).
  52. Sophie Scholl – Allen Gewalten zum Trotz auf programm.ard.de