„Die Spiegel-Affäre“ – Versionsunterschied

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
[gesichtete Version][gesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
Markierungen: Mobile Bearbeitung Bearbeitung von einer mobilen Anwendung
link
Zeile 21: Zeile 21:
* [[Francis Fulton-Smith]]: [[Franz Josef Strauß]]
* [[Francis Fulton-Smith]]: [[Franz Josef Strauß]]
* [[David Rott]]: [[Conrad Ahlers]]
* [[David Rott]]: [[Conrad Ahlers]]
* [[Johann von Bülow]]: Hans Detlev Becker
* [[Johann von Bülow]]: [[Hans Detlev Becker]]
* [[Franz Dinda]]: [[Claus Jacobi (Journalist)|Claus Jacobi]]
* [[Franz Dinda]]: [[Claus Jacobi (Journalist)|Claus Jacobi]]
* [[Max Hopp (Schauspieler)|Max Hopp]]: [[Leo Brawand]]
* [[Max Hopp (Schauspieler)|Max Hopp]]: [[Leo Brawand]]

Version vom 15. November 2014, 22:10 Uhr

Film
Titel Die Spiegel-Affäre
Produktionsland Deutschland
Originalsprache Deutsch
Erscheinungsjahr 2014
Länge 100 Minuten
Stab
Regie Roland Suso Richter
Drehbuch Johannes Betz
Produktion Gabriela Sperl
Quirin Berg
Max Wiedemann
Musik Matthias Klein
Kamera Clemens Messow
Schnitt Bernd Schlegel
Besetzung

Die Spiegel-Affäre ist ein deutsches Fernseh-Drama aus dem Jahr 2014 von Regisseur Roland Suso Richter. Das Drehbuch des Politthrillers wurde von Johannes Betz verfasst und behandelt die Spiegel-Affäre aus dem Jahr 1962, welche als wichtiger Meilenstein für die Pressefreiheit in Deutschland angesehen wird.

Handlung

Am 26. Oktober 1962 werden im Hamburger Pressehaus die Redaktionsräume des Nachrichtenmagazins Der Spiegel von der Polizei besetzt und durchsucht. Bundesverteidigungsminister Franz Josef Strauß fühlte sich von den Journalisten so unter Druck gesetzt, dass er bei Bundeskanzler Konrad Adenauer die Durchsuchung erwirkte. In der Spiegel-Ausgabe vom 8. Oktober 1962 erschien ein von Conrad Ahlers verfasster Artikel unter dem Titel Bedingt abwehrbereit, in dem dargestellt wird, dass das von Strauß vertretene Verteidigungskonzept der Bundeswehr einen potentiellen Angriff des Warschauer Pakts nicht abwehren könnte. Die Erkenntnis stützt sich unter anderen auf Ergebnisse des NATO-Manövers Fallex 62. Mehrere Spiegel-Redakteure werden wegen Landesverrat und Bestechung festgenommen, da man vermutete, dass die Journalisten ihre Informationen durch Geldzahlungen erhalten haben. Der Angriff auf die Pressefreiheit führt zu heftigen Protesten aus der Bevölkerung und im Laufe der Affäre kommt es zum Bruch des aus CDU, CSU und FDP bestehenden Kabinetts Adenauer. Die verhafteten Redakteure des Spiegel werden sukzessive entlassen und nach insgesamt 103 Tagen in Untersuchungshaft ist schließlich auch Spiegel-Herausgeber Rudolf Augstein wieder frei.

Unterschiede zur Realität

Franziska Augstein, die Tochter von Rudolf Augstein, wies auf zahlreiche Punkte hin, in denen der Film von der Wirklichkeit abweicht und diese zum Teil auch grob verfälscht. Neben Oberflächlichkeiten, wie der Tatsache, dass es in der Redaktion immer sehr förmlich zuging und Sprücheklopfen und kumpelhaftes Benehmen verpönt war, waren die Redakteure auch nicht so überheblich wie dargestellt, sondern hatten bei Stürmung der Redaktionsräume Angst um ihr Leben, da es sich um Männer handelte, die alle noch in der NS-Zeit aufgewachsen waren und nur zu gut wussten, was die Staatsmacht und ihre Sicherheitskräfte anstellen könnten.

Besonders kritisiert Frau Augstein, dass sich der Film lediglich am Rande mit der tatsächlichen Spiegel-Affäre beschäftigt und sich extrem auf den Personenkonflikt zwischen Rudolf Augstein und Franz Josef Strauß zuspitzt, als hätte es sich um eine Privatfehde zweier Männer gehandelt. Die eigentliche Affäre spielte sich jedoch im Bundestag sowie zwischen dem Spiegel und der Bundesanwaltschaft ab. Im Film wird die Bundesanwaltschaft von Siegfried Buback vertreten, wichtige Personen, welche gegen die Journalisten vorgingen, kommen im Film nicht vor oder hätten darin kaum eine Bedeutung, darunter Bundesanwalt Albin Kuhn, Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium Volkmar Hopf, Bundesanwalt Walter Wagner und der Leiter des Referats für Hoch- und Landesverrat Theo Saevecke.

Als Blödsinn bezeichnete sie, dass Augstein im Film so dargestellt wird, als ob er nur das Ziel gehabt hätte, Strauß zu entmachten. Tatsächlich sah Augstein Konrad Adenauer als größeres Problem an, da dieser sich nicht aktiv um die Wiedervereinigung kümmern würde und nur die stärkere Bindung von Westdeutschland an den Westen vorantrieb. Augstein respektierte und schätze Strauß als Privatmann, nur seine Politik hielt er für hochgefährlich. Auch die Darstellung, dass Augstein Redakteure zu Recherchen gegen Strauß gedrängt hätte, entspricht nicht der Realität. Die Recherchen zum Artikel Bedingt abwehrbereit gingen von Conrad Ahlers aus, Augstein hatte den Artikel lediglich überflogen und hielt ihn auch nicht für besonders wichtig.

Die Politik von Strauß hielt Augstein unter anderem deshalb für gefährlich, da dieser das Geld des Verteidigungshaushalts entgegen der Überzeugung von Offizieren der Bundeswehr nicht in konventionelle Verteidigung, sondern in Atomsprengköpfe stecken wollte. Auf sein Betreiben hin hat die Bundeswehr auch fehleranfällige Starfighter bestellt und diese zum Transport von Atomraketen umrüsten lassen. Als üble Nachrede bezeichnet Frau Augstein die Darstellung, dass Oberst Alfred Martin Journalisten nur deshalb kontaktierte, weil er nicht befördert wurde. Tatsächlich hatte der Heeresoffizier ausschließlich aus Gewissensgründen die – aus seiner Sicht auch unsinnigen – Pläne von Strauß zur Atomaufrüstung im Land bekannt machen wollen.

Als eklatante Fehlinformationen kritisiert Franziska Augstein die Texteinblendung am Ende des Films, in der zu lesen ist: „Hätte man die geheimen Dokumente im Safe oder das Original mit Quellenangaben gefunden, wäre der Tatbestand des Landesverrats gegeben gewesen.“ Tatsächlich haben die Behörden das Exposé des Artikels gefunden und mit Oberst Martin wurde auch der Informationsgeber entdeckt und inhaftiert.[1]

Auch Rudolf Augsteins Ex-Frau Gisela Stelly Augstein stellte fest: „Tatsächlich ist an dieser Filmfigur Augstein so ziemlich alles falsch. Sie beansprucht in keiner Weise auch nur die geringste Ähnlichkeit mit dem richtigen Augstein zu haben. Nicht im Erscheinungsbild und nicht als Charakter.“[2]

Im Jahr 1965 hat es der Bundesgerichtshof auch abgelehnt, gegen die Hauptverdächtigen Rudolf Augstein und Conrad Ahlers ein Gerichtsverfahren zu eröffnen, da keine Beweise für einen Geheimnisverrat vorliegen würden. Und das Bundesverfassungsgericht stellte 1966 heraus, dass die Presse eine öffentliche Aufgabe erfüllt und die Pressefreiheit für den Staat eine enorme Bedeutung habe.[3]

Hintergrund

  • Produzentin Gabriela Sperl bezweifelte, dass die Menschen in Deutschland heutzutage in einer vergleichbaren Situation wie damals auf die Straße gehen würden. Angesichts einer gefühlten Ohnmacht gegenüber Politikern und politischen Entscheidungen, würde sie den Film deshalb auch als eine Art Aufruf verstehen, dass Bürger sich wieder einmischen sollten.[4]
  • Drehbuchautor Johannes Betz wurde bei seiner Arbeit von Gabriela Sperl, Michael Stürmer und Stefan Aust unterstützt. Allerdings wurde die klassische Sichtweise mit Augstein als Vorkämpfer der Demokratie und Strauß als unsympathischer Machtpolitiker absichtlich durchbrochen. Betz wörtlich: „Rein historisch hätten die negativen Seiten von Strauß sicherlich stärker gezeigt werden müssen. Aber wir haben uns die Freiheit rausgenommen zu sagen: Das ist kein Dokudrama.“[5] Darüber hinaus erklärte Betz, dass die beteiligten Sender bei der Drehbuchentwicklung wiederholt die Frage aufwarfen, ob man nicht stärkere Frauenfiguren darstellen könne. Da es zur Zeit, in der die Handlung spielt, in den Redaktionen keine einzige Frau in leitender Position gab, sondern nur „Tippsen“, die einem Chefreporter oder Ressortleiter bestenfalls den Kaffee bringen durften, wäre dies allerdings zu weit hergeholt gewesen. Auch Franziska Augstein bestätigte in Bezug auf die damalige Zeit: „Frauen hatten in der Text-Redaktion nur als Tippse etwas verloren“.[4][1]
  • Francis Fulton-Smith hatte für die Rolle des Franz Josef Strauß unter ärztlicher Aufsicht innerhalb weniger Monate 20 Kilogramm zugenommen und die Rolle mit krankhaftem Übergewicht gespielt.[6]
  • Der von Sperl Film und Wiedemann & Berg Television für WDR, BR, ARD Degeto, ARTE und Telepool produzierte Film wurde erstmals am 2. Mai 2014 auf ARTE ausgestrahlt. Fünf Tage darauf sendete die ARD den Film am 7. Mai 2014 im Rahmen eines Themenabends zur Spiegel-Affäre und zeigte im Anschluss daran die Dokumentation Bedingt abwehrbereit von Stefan Aust mit der Geschichte hinter der Affäre.

Kritiken

„Politik spannend erzählen – das ist eine Kunst, die im deutschen Fernsehen wenig gepflegt wird. Um so bemerkenswerter also, wenn es dann doch einmal gelingt. Der Film „Die Spiegel-Affäre“ ist ein herausragendes Beispiel, wie ein Jahrzehnte zurückliegendes, kompliziertes historisches Ereignis spannend, mitreißend und aufklärerisch im Fernsehen präsentiert werden kann. [..] Obwohl als Machtkampf zwischen Strauß und Augstein angelegt, zeigt der Film sehr klar die Bedeutung des Kampfes um die Pressefreiheit. [..] Durch die NSA-Affäre und die staatlichen Versuche in den USA und Großbritannien, Informanten und Medien an der Veröffentlichung der Machenschaften der Geheimdienste zu hindern, hat er eine ungeahnte Aktualität bekommen.“

- Holger Schmale – Frankfurter Rundschau [7]

„Als Analogie bringen die Macher die US-Serie "Mad Men" ins Spiel, diese Serie über eine Werbeagentur im New York der 50er und 60er Jahre. "Gab es in Deutschland ,Mad Men'? Natürlich gab es sie, man muss sie nur imaginieren", meint Johannes Betz, der Drehbuchautor. "Die Spiegel-Affäre" ist zwar ein teilweise unterhaltsamer, aber kein anregender Film.“

- René Martens – Die Tageszeitung [4]

„Selbst wenn es Autor Johannes Betz im Presseheft beschwört: Rufolf Augstein ist dann doch nicht Don Draper und „Die Spiegel-Affäre“ nicht „Mad Men“. [..] Und so geschieht etwas Verblüffendes: So überzeugend wie Fulton-Smith seinen Strauß spielt, vermag er tatsächlich beim Publikum so etwas wie Mitleid zu erzeugen. Dieses Sentiment steht freilich quer zu allem, wofür die „Spiegel-Affäre“ im allgemeinen Bewusstein steht.“

„Der Film „Die Spiegel-Affäre“, die fiktionale Rekonstruktion jener fast vergessenen Ereignisse, weil die Rettung der Demokratie im Schatten des Mauerbaus und der Kuba-Krise steht, ist ein Meisterstück aus der Historienwerkstatt des Fernsehens, glänzend geschrieben, glänzend inszeniert, mit glänzenden Schauspielern.“

- Nikolaus von Festenberg – Der Tagesspiegel [9]

„Der Film vermag nicht, eine Brücke zu schlagen zwischen dem Neuen, der Protestbereitschaft auf den Straßen, und dem Alten, dem Fingerhakeln zwischen Politikern und Journalisten, das hier einmal jedes Maß verloren hatte. Dass Augstein im Doppelbett, wo er vom Mauerbau in Berlin erfährt, zuerst einfällt, wie sehr das Strauß nützen mag, charakterisiert die politikferne Grundstruktur dieses Films am besten. Die Schauspieler können wenig tun, um nicht wie im Fliegenden Klassenzimmer zu wirken. Gymnasiasten gegen Oberrealschüler. Nur dass in diesem Fall Strauß der Gymnasiast ist und die Oberrealschüler die Guten sind.“

Einzelnachweise

  1. a b Verfilmung der "Spiegel"-Affäre: Das Duell in Süddeutsche Zeitung vom 26. April 2014
  2. TV-Film "Die Spiegel-Affäre": Spiegelverkehrt in Zeit Online vom 7. Mai 2014
  3. "Spiegel"-Affäre: Angriff auf die Pressefreiheit auf NDR.de vom 26. Oktober 2012
  4. a b c Die Mad Men aus Hamburg in Die Tageszeitung vom 2. Mai 2014
  5. ARD bringt "Spiegel"-Affäre ins Fernsehen auf NDR.de vom 2. Mai 2014
  6. Francis Fulton-Smith futtert sich zu Strauß in Express vom 24. April 2014
  7. "Spiegel-Affäre": Machtkampf zweier Alphatiere in Frankfurter Rundschau vom 1. Mai 2014
  8. Fernsehfilm „Die Spiegel-Affäre“ auf Tittelbach.tv vom 11. April 2014
  9. Unbedingt angriffsbereit in Der Tagesspiegel vom 1. Mai 2014
  10. Mann, das waren noch Zeiten! in Der Freitag vom 1. Mai 2014