„Archivwesen“ – Versionsunterschied

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== Benutzung ==
== Benutzung ==
Das Archivgut steht zumindest in den öffentlich-rechtlichen Archiven für die allgemeine [[Archiv#Benutzung|Benutzung]] zur Verfügung. Bei jeder Benutzung ist im Voraus die jeweilige Zuständigkeit des Archivs für die Fragestellung zu klären.
Das Archivgut steht in öffentlich-rechtlichen Archiven für die allgemeine [[Archiv#Benutzung|Benutzung]] zur Verfügung. Bei jeder Benutzung ist im Voraus die jeweilige Zuständigkeit des Archivs für die Fragestellung zu klären (Provenienzprinzip).
Die Benutzung erfolgt im Regelfall vor Ort in den Lesesälen der Archive.
Die Benutzung erfolgt im Regelfall vor Ort in den Lesesälen der Archive.
Die Recherche nach Quellen und Materialien in einem Archiv sollten Benutzer nach Beratung zu einschlägigen Beständen selbst vornehmen.
Eine tiefergehende schriftliche Auskunftserteilung für den Benutzer kann in vielen Archiven wegen fehlender Personalressourcen nicht stattfinden.
Eine Benutzung kann über [[Findbuch|Findbücher]] oder Repertorien vor Ort im Archiv selbst vorbereitet und durchgeführt werden, darüber hinaus bieten publizierte [[Repertorium|Repertorien]] oder archivische [[Online-Findmittel]] Hilfestellungen.
Eine Benutzung kann über [[Findbuch|Findbücher]] oder Repertorien vor Ort im Archiv selbst vorbereitet und durchgeführt werden, darüber hinaus bieten publizierte [[Repertorium|Repertorien]] oder archivische [[Online-Findmittel]] Hilfestellungen.
Eine tiefergehende schriftliche Auskunftserteilung für den Benutzer kann in vielen Archiven wegen fehlender Personalressourcen nicht stattfinden.


[[Archivportal]]e unterstützen den Benutzern dabei, das oder die Archive zu ermitteln, die Quellen zur eigenen Fragestellung enthalten. Archivportale ermöglichen heute die übergreifende Recherche nach Archivalien in unterschiedlichen Archiven.
[[Archivportal]]e unterstützen den Benutzern dabei, das oder die Archive zu ermitteln, die Quellen zur eigenen Fragestellung enthalten. Archivportale ermöglichen heute die übergreifende Recherche nach Archivalien in unterschiedlichen Archiven.

Version vom 26. Oktober 2018, 11:01 Uhr

Das Archivwesen ist das organisatorische Geflecht der Archive. Prägend sind im deutschsprachigen Bereich die öffentlichen Archive des Bundes, der Länder und der Kommunen, in denen hauptamtliche Archivare mit fachlicher Ausbildung beschäftigt sind. Das Berufsbild wird in Deutschland traditionell stark bestimmt von Beamten oder Angestellten des höheren und gehobenen Dienstes, Archivaren, die ihre Ausbildung an den Archivschulen in Marburg, München und Potsdam erhalten haben. Neben den öffentlichen Archiven bestehen auch zahlreiche Privatarchive, z. B. Adels-, Familien-, Wirtschafts- und Firmenarchive (siehe auch: Archivsparten).

Als wichtigste Aufgabenfelder in den „klassischen“ Archiven gelten:

Beratung bei der Schriftgutverwaltung und archivische Bewertung

Eine wichtige Aufgabe der Archive ist die Beratung der Verwaltung bzw. der ihnen zugeordneten Provenienzstellen (auch Registraturbildner) hinsichtlich der Organisation der Schriftgutverwaltung. Wichtige Normen und Standards in diesem Bereich sind das DOMEA-Konzept, die DIN ISO 15489 und die Model Requirements for the Management of Electronic Records (MoReq). Die Bewertung entscheidet über die Archivwürdigkeit der in den Registraturen oder im Zwischenarchiv vorhandenen Unterlagen, die den Archiven angeboten werden. Unterlagen, denen durch die Archivare kein dauerhafter Wert zugemessen wird, müssen vernichtet werden – man spricht im Archivwesen von Kassation, in Österreich von Skartierung.

Die Bewertungsvorgänge werden in einem Bewertungsprotokoll dokumentiert.

Im Ablieferungsverzeichnis werden die an ein Archiv übergebenen Akten, Vorgänge oder Dokumente aufgeführt.

Bestandserhaltung

Zur Bestandserhaltung zählen in Archiven die vorbeugende (passive) Konservierung und die Restaurierung. Konservierungsmaßnahme kann zum Beispiel die Wahl eines Magazin-Zweckgebäudes sein, das den konservatorischen Anforderungen an Luftfeuchtigkeit und Temperatur (Klima) genügt. Hierzu gehört auch die Wahl von geeigneten, säurefreien Verpackungsmaterialien in Form von Mappen oder Boxen. Auch die Benutzungsordnungen, die den Umgang mit den Archivalien regeln, sollen längstmögliche Verwendbarkeit von Archivgut sicherstellen. Die Restaurierung dient der Behebung von bereits eingetretenen Schäden wie z. B. durch Schimmelpilze, Säurefraß, Wasser etc. Restauratorische Maßnahmen können Massenentsäuerungen, Papierstabilisation u. Ä. sein.

Eine professionelle Restaurierung ist immer teuer, weshalb stets auf optimale konservatorische Bedingungen geachtet werden sollte.

Zudem gehört der Schutz gegen Diebstahl von Archivgut zur Bestandserhaltung.

Archivische Erschließung und Bestandsgliederung

Die Gesamtgliederung der Archivbestände eines Archivs wird als Tektonik bezeichnet. Unterhalb der übergeordneten Tektonikgruppen des Archivs, wird die Gesamtübersicht der Bestände (Bestandsübersicht) eingegliedert. In weiteren Untergliederungen innerhalb der Bestandsübersicht werden die einzelnen Bestände kurz vorgestellt und deren zeitlicher Umfang. Mit einer Bestandssignatur wird der einzelne Bestand eindeutig innerhalb der Tektonik und der Bestandsgliederung eines Archivs eingeordnet. Auf der Ebene der Bestände werden die Archivalien durch Erstellung von Findmitteln erschlossen, in denen der Inhalt der einzelnen Archivalieneinheiten durch eine treffende Inhaltsangabe beschrieben wird (siehe Archivische Verzeichnung). Die Erschließung von Schrift- und Archivgut gehört damit zu den Kernaufgaben der archivischen Tätigkeit. Eine fachgerechte und für die spätere Nutzerführung eindeutige Titelbildung erfordert umfassende Kenntnisse der Aufgaben und der Strukturen des jeweiligen Registraturbildners, die sich der Archivar vor der Bearbeitung des Bestandes aneignen muss.

Übernommene Unterlagen werden überwiegend nach dem Provenienzprinzip inhaltlich erschlossen und dokumentiert. Wichtige Elemente der archivischen Erschließung von Akten oder Dokumenten innerhalb eines Bestandes sind die Signatur, die Bildung eines aussagekräftigen Titels, die Laufzeit sowie Enthält-Vermerke. Zudem können bei Neuverzeichnungen die geltende Schutzfristen hinterlegt werden. Weitere Metadaten können zur Materialbeschaffenheit, dem Erhaltungszustand und Verweisen im Archivierungsprogramm aufgenommen werden.

Traditionell entstanden Repertorien, Karteien oder Findbücher im Zuge der Erschließung von Akten- oder Urkundenbeständen. Heute werden in der Regel in einem Findbuch neben den Klassifikationsgruppen (Gliederung) des Bestandes, die Bestands- und Behördengeschichte, Abkürzungsverzeichnisse und Register (Indexe) sowie zusätzliche Literatur- und Quellenverweise aufgenommen. Der Aufbau eines Findbuches folgt somit dem genormten Aufbau einer gängigen wissenschaftlichen Arbeit. Internationale Normen und Standards wie ISAD(G) und ISAAR(CPF) erleichtern und vereinheitlichen die Erschließung. Oft werden weiterhin die Ordnungs- und Verzeichnungsgrundsätze für die Staatlichen Archive der Deutschen Demokratischen Republik (OVG) als wertvolle Hilfestellung zu Rate gezogen.

Heute werden in den meisten Archiven die Bestände mit spezieller Software EDV erschlossen. Professionelle Software enthält einen OPAC zur browsergestützten Präsentation im Intranet oder Internet.

Archivische Sammlungen

In der Regel gibt es in allen Archiven Sammlungen von Materialien, die das „klassische“ Archivgut, das von den abgebenden Stellen übernommen wird, auf wertvolle Weise ergänzen und zusätzliche Informationen liefern können. Sammlungen sind in der Regel nach dem Pertinenzprinzip aufgebaut und bestandsübergreifend durch das Archiv angelegt. Als spezielle Sammlungen können auch Nachlässen gezählt werden, die auch hier im Rahmen der Zuständigkeit des Archivs gesammelt werden. Fast alle Archive haben mehr oder minder große Dienstbibliotheken (Präsenzbibliotheken), die u. a. im Bereich landes- und regionalgeschichtlicher Literatur nicht selten hervorragende Bestände aufweisen. Auch diese Bibliotheken werden im Rahmen des Zuständigkeitsbereichs des Archivs aufgebaut und geführt.

Benutzung

Das Archivgut steht in öffentlich-rechtlichen Archiven für die allgemeine Benutzung zur Verfügung. Bei jeder Benutzung ist im Voraus die jeweilige Zuständigkeit des Archivs für die Fragestellung zu klären (Provenienzprinzip). Die Benutzung erfolgt im Regelfall vor Ort in den Lesesälen der Archive. Eine Benutzung kann über Findbücher oder Repertorien vor Ort im Archiv selbst vorbereitet und durchgeführt werden, darüber hinaus bieten publizierte Repertorien oder archivische Online-Findmittel Hilfestellungen. Eine tiefergehende schriftliche Auskunftserteilung für den Benutzer kann in vielen Archiven wegen fehlender Personalressourcen nicht stattfinden.

Archivportale unterstützen den Benutzern dabei, das oder die Archive zu ermitteln, die Quellen zur eigenen Fragestellung enthalten. Archivportale ermöglichen heute die übergreifende Recherche nach Archivalien in unterschiedlichen Archiven.

Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit

Als Oberbegriff der Bildungsarbeit hat sich Archivpädagogik etabliert. Öffentlichkeitsarbeit erfolgt meist durch Führungen, Ausstellungen, eigene Publikationen und zunehmend auch im Internet. Schwerpunkt der Publikationstätigkeit von Archivaren sind Quelleneditionen, Arbeiten zu den Historischen Hilfswissenschaften oder zur Archivgeschichte. Wie intensiv Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit in den Archiven durchgeführt wird, ist unterschiedlich. Oft genießen die anderen der oben beschrieben Aufgaben Vorrang, da sie – im Gegensatz zur Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit- das primäre Ziel der Archive- die Überlieferungsbildung- verfolgen.

Aus- und Fortbildung

Die Archivausbildung des öffentlichen Dienstes für den höheren und gehobenen Dienst erfolgt für die meisten Bundesländer in Rahmen der Beamtenlaufbahn an der Archivschule Marburg. Daneben bietet der Fachbereich Informationswissenschaften der Fachhochschule Potsdam seit 1993 ein verwaltungsexternes Studium zum Archivar an. Grundlage der Ausbildung bildet die Integration der drei informationswissenschaftlichen Disziplinen Archiv-, Bibliotheks- und Dokumentationswissenschaft. Der Fachbereich bildet Archivare für alle Archivsparten im Angestelltenverhältnis aus. Zum WS 2004/2005 erfolgte die Umstellung auf einen Bachelor-Abschluss.

Seit 2008 kann aller 2 Jahre im Fernstudium – bisher nur für Seiteneinsteiger mit Hochschulabschluss – ein fachbezogener Master erworben werden.

Die Ausbildung für den mittleren, gehobenen und höheren Archivdienst in Bayern erfolgt an der Bayerischen Archivschule in München. Die bundesweit staatlich anerkannte Ausbildung für den mittleren Dienst ist die duale Ausbildung zum „Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste – Fachrichtung Archiv“, kurz FaMI Archiv.

Die Archivschulen, die FU und die HU Berlin bieten kostenpflichtige Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen an, ebenso wie die Vereinigung deutscher Wirtschaftsarchivare e. V. Integrierte Ausbildungsgänge existieren auch in der Schweiz; Berufsausbildungen zu Fachfrau/Fachmann Information und Dokumentation,[1] Hochschulstudien zu Informations- und Dokumentations-Spezialisten in Genf und Chur. Beide Fachhochschulen und die Universität Bern bieten Nachdiplomausbildungen auf Masterstufe an.

Die Aufgabenerfüllung der Archive wirft in sämtlichen Aufgabenbereichen eines Archivs eine Fülle von Rechtsfragen auf. Archivare kennen sich daher auf dem Gebiet des archivischen Rechts aus. Neben den grundlegenden Archivgesetzen des Bundes und der Länder, gehören zum Bereich des archivischen Rechts u. A. das Urheberrecht, das Datenzugangsrecht, der Bereich des Registerrechts und weitere einschlägige Rechtsbereiche. Die meist von den Staatsarchiven betriebene Archivische Denkmalpflege kümmert sich um wertvolle Privatarchive, etwa um Adelsarchive.

Archivpersonal

Der Anteil der „Quereinsteiger“ ohne Fachausbildung liegt in den Archiven (bezogen auf alle Archivsparten) bei knapp 30 Prozent. Weiterhin gibt es 32,7 Prozent wissenschaftliche Archivare (höherer Dienst), 25,2 Prozent mit Fachhochschulausbildung für den gehobenen Dienst. Nicht ins Gewicht fällt mit 2,7 Prozent der (Münchner) mittlere Dienst. (Keine Angaben: 8,7 Prozent; Stand der Umfrage: 2000). In den staatlichen Archiven ist eine Einstellung ohne Laufbahnqualifikation allerdings eher selten.

Siehe auch

Portal: Archivwesen – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Archivwesen

Literatur

  • Sabine Brenner-Wilczek, Gertrude Cepl-Kaufmann, Max Plassmann: Einführung in die moderne Archivarbeit. Darmstadt 2006.
  • Eckhart G. Franz: Einführung in die Archivkunde. Darmstadt 2007.
  • Evelyn Kroker, Renate Köhne-Lindenlaub, Wilfried Reininghaus (Hrsg.): Handbuch für Wirtschaftsarchive. Theorie und Praxis. R. Oldenbourg Verlag München 1998. ISBN 3-486-56365-3
  • Marcus Stumpf (Hrsg.): Praktische Archivkunde. Ein Leitfaden für Fachangestellte für Medien- und Informationsdienste – Fachrichtung Archiv. 4. überarbeitete Auflage, Ardey-Verlag, Münster 2018. ISBN 978-3-87023-434-8.
Wikisource: Archivwesen – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

  1. Ausbildungsdelegation Information & Dokumentation (Memento des Originals vom 13. Januar 2012 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.ausbildung-id.ch