Valentina Archipowa

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Valentina Archipowa (* 1918; † 22. August 1943 in der Strafanstalt Preungesheim, Frankfurt am Main) war ein Opfer der NS-Kriegsjustiz.

== Der Fall Archipowa kam um 1942 als Fremdarbeiterin (aller Wahrscheinlichkeit nach zwangsweise) nach Frankfurt am Main.

Nachdem sie nach einem Luftangriff bei Aufräumarbeiten zwei oder drei Meter angesengten Stoff (Damas und Linon von einem Schutthaufen entwendet hatte wurde sie verhaftet und vor einem Sondergericht in Frankfurt am Main angeklagt. Obwohl der Staatsanwalt den Vorwurf der Plünderung unter Verweis auf den Umstand verneinte, dass zwischen dem Luftangriff und der Wegnahme eine zu lange Zeitspanne gelegen hätte, um eine Grundlage für den Vorwurf der Plünderung zu begründen[1], und ihr lediglich einen einfachen Diebstahl gemäß Paragraph 4 der Volksschädlingsverordnung zur Last legte, entschied der verantwortliche Richter in dem am 21. Juli 1943 verkündeten Urteil, den Vorfall als Plünderung zu werten und verhängte die Todesstrafe.

Der Fall erlangte Anfang der 1970er Jahre Bekanntheit durch den in den 1960er Jahren angefertigten Dokumentarfilm Sondergerichtsakte 88/43 von Reinhard Ruttmann, in dem dieser Augenzeugen sowie die Justizangestellte Irmagard Kohlhaas, die sich seinerzeit geweigtert hatte, das Urteil zu unterschreiben (und hierfür selbst mit Sondergericht bedroht worden war), sowie den noch lebenden Sonderrichter, der das Urteil gefällt hatte, vor die Kamera holte und sie über die Vorgänge von 1943 befragte. Der Film wurde erstmals 1972 ausgestrahlt

Der Sonderrichter berief sich später darauf, dass sein Urteil auf eine Weisung des Reichsjustizministers zurückgegangen sei, wobei Ruttmann dieser Auffassung unter Verweis auf die in den Akten erhalten gebliebene konträre Auffassung der seinerzeitigen Staatsanwaltschaft entgegentrat und das Urteil als selbst nach der nationalsozialistischen Rechtspraxis außerordentlich scharf wertete.

Literatur

  • Archiv für Frankfurts Geschichte und Kunst, Ausgabe 65, 1999, S. 137 und 464.
  • Horst Henrichs: Ein Jahrhundert Frankfurter Justiz: Gerichtsgebäude A: 1899-1989, 1989.
  1. Gemäß damaliger Rechtsauffassung galt ein Diebstahl als Plünderung, und dmait als besonders schwerwiegend, sofern der Dieb sich die völlige Störung Lähmung der normalen Ordnung , zumal den Ausfall der Sicherheitsorgane, die den Zustand unmittelbar nach einem Luftangriff kennzeichnen, zu Nutze machte, um materielle Werte widerrechtlich an sich zu nehmen.