Kollerschlager Dokument

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Das Kollerschlager Dokument ist ein Schriftstück, das genaue Anweisungen für das Vorgehen der Nationalsozialisten für den Juliputsch im Jahre 1934 in den österreichischen Bundesländern enthält.[1][2]

Geschichte

Am 26. Juli 1934 wurde um 3 Uhr morgens von dem Schutzkorps Angehörigen Leopold Reisetbauer und dem Zollwacheinspektor Fischer am Rand des Ortes Kollerschlag ein Mann aus Deutschland kommend gestellt, der sich später als nationalsozialistischer Kurier herausstellte. Diesem wurde eine Pistole und Munition abgenommen und er wurde zum Gendarmerieposten Kollerschlag gebracht. Der Mann hatte keinen Ausweis bei sich und verweigerte auch jede Aussage. Deshalb wurde er zu weiteren Vernehmungen nach Linz / Donau gebracht, wo er zuerst wieder ergebnislos verhört und genauer durchsucht wurde [3] .

In seiner Krawatte fand man eingenäht (nach anderen Darstellungen „in den Schuhen“) das sog. Kollerschlager Dokument. Unter dem Hemd trug er einen Chiffrenschlüssel für telegraphische Meldungen, wobei die Chiffren in Bezug auf Dollfuß lauteten: „Alte Besteckmuster eingetroffen = Dollfuß ist tot; Alte Besteckmuster nicht eingetroffen = Dollfuß ist frei; Alte Besteckmuster unterwegs = Dollfuß ist gefangen“.

Der Name des Kuriers wird mit Franz Heel aus München angegeben. Er hatte die Papiere von dem Stabschef der österreichischen SA-Führung in München, Kirchbach, erhalten und sollte sie an den Industriellen Hamburger, der wieder ein enger Vertrauter des Führers der SA-Brigade in Wien und Niederösterreich, Oskar Türk, war, weiterleiten.[4] Allerdings ist es schwer erklärlich, warum der Kurier losgeschickt worden ist, da der Putsch in Wien zu dem Zeitpunkt bereits niedergeschlagen war. Zudem muss der Inhalt des Dokuments der österreichischen SA-Führung seit Längerem bekannt gewesen sein, da die Aufstände in den österreichischen Bundesländern dem im Kollerschlager Dokument beschriebenen Muster folgten. Auch die gedruckte Version des Dokumentes könnte ein Indiz dafür sein, dass es kein Einzelstück war, obwohl keine weiteren Exemplare bekannt sind.

Inhalt

In dem Kollerschlager Dokument wird davon gesprochen, dass unter dem Stichwort „Sommerfest“ unbewaffnete Propagandamärsche der SA veranstaltet werden sollten, wobei Waffen aber versteckt mitgenommen oder bereitgestellt werden sollten. Dann sollten öffentliche Gebäude besetzt und mit Hakenkreuzfahnen bestückt werden. Bei Widerstand von Seiten der Exekutive sollte das „Sommerfest“ in ein „Preisschießen“ bzw. eine „Italienische Nacht“ umgewandelt werden, wobei mit äußerster Entschlossenheit gegen die Exekutive vorzugehen sei; als Form des Kleinkrieges sollte bei größerem Widerstand der Exekutive – gefürchtet wurde vor allem das Bundesheer – ausgewichen werden.

Wirkung

Für die österreichische Regierung war das Dokument der Beleg für die These, dass der Juliputsch auf reichsdeutschem Boden geplant und von dort aus geleitet wurde. Das Dokument war auch wichtig für die Moskauer Erklärung vom 1. November 1943, in der die Regierungen des Vereinigten Königsreiches von England, der Sowjetunion und der Vereinigten Staaten von Amerika Österreich als das erste freie Land bezeichnen, das Hitlers Angriffspolitik zum Opfer fiel.[5] Das gefundene Kollerschlager Dokument wird auch von Winston Churchill in seinen Kriegserinnerungen erwähnt [6].

Einzelnachweise

  1. Franz Winkler: Grenzland. Chronik einer bewegten Zeit. Mühlviertel – Bayern – Böhmerwald. Kollerschlag: Bezirksheimatverein Rohrbach. 2004.
  2. Wolfgang Quatember: Der nationalsozialistische Putschversuch im Juli 1934 in der Region Salzkammergut
  3. Saxinger, Franz (Schriftleitung). Kollerschlag 1934. Eigenverlag: Herausgegeben von der Gemeinde Kollerschlag.
  4. Kurt Bauer: Sozialgeschichtliche Aspekte des nationalsozialistischen Juliputsches 1934. Dissertation Universität Wien, Wien 2001.
  5. http://www.mediathek.at/staatsvertrag/Zum_Staatsvertrag/1943/seite1_23.htm
  6. Churchill, Winston (1954). Der 2. Weltkrieg. Bern: Scherz Verlag.