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Geschichte Naurus

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Die Republik Nauru im Westpazifik gehört zu den kleinsten Staaten der Welt. Die Insel, die den Europäern erst seit rund zweihundert Jahren bekannt ist, hat jedoch eine wechselvolle Geschichte durchlebt: Zunächst im Besitz wechselnder Kolonialmächte, stieg der Inselstaat nach Erlangung der Unabhängigkeit 1968 dank seiner umfangreichen Phosphatvorkommen zu einem der reichsten Staaten der Welt auf. Heute jedoch hat Nauru starke finanzielle Probleme und gilt als Entwicklungsland.

Frühgeschichte

Die Herkunft des nauruischen Volkes ist bis heute nicht endgültig geklärt. Sie kann möglicherweise aus der letzten malayo-pazifischen Völkerwanderung (etwa um 1200 v. Chr.) erklärt werden, als wahrscheinlich polynesische und melanesische Seefahrer oder Schiffbrüchige von Neuguinea aus die Insel besiedelten; eine Urbevölkerung gab es nicht, obgleich die erste Ethnie auf Nauru wohl Mikronesier waren, wobei die Mikronesier im Westpazifik mit den Melanesiern teilweise vermischt sind.

Als europäischer Entdecker Naurus gilt der britische Kapitän John Fearn, der die Insel mit dem Walfängerschiff Hunter am 8. November 1798 entdeckte. Wegen ihres attraktiven Aussehens nannte er sie "Pleasant Island" (angenehme Insel), und diesen Namen behielt sie für die nächsten neunzig Jahre, in welchen Großbritannien die Insel in Besitz hatte. Im 19. Jahrhundert war Nauru ein berüchtigter Stützpunkt ausländischer See- und Strandpiraten.

In Nauru lebten damals zwölf Stämme: die Deiboe, Eamwidamit, Eamwidara, Eamwit, Eamgum, Eano, Emeo, Eoraru, Irutsi, Iruwa, Iwi und Ranibok. Jeder dieser Stämme hatte seine eigene Abstammungsgeschichte. Vor 1888 gab es auch kein gemeinsames Oberhaupt über alle Stämme. Sie sind heute im zwölfzackigen Stern der Staatsflagge verewigt, ihre Nachkommen leben noch immer auf Nauru, ordnen sich aber nicht mehr dem Stamm, sondern dem Distrikt zu, in dem sie wohnen. Eine Besonderheit ist der Stamm Iruwa, der ursprünglich von den Gilbertinseln stammt, also nicht gebürtig nauruisch ist. Weitere Ausnahmen bilden die Stämme Irutsi und Iwi, von denen es keine Nachkommen gibt. Sie sind vermutlich während der Besetzung Naurus durch Japan in Chuuk ausgestorben. Dass dabei ausgerechnet diese zwei Stämme ausstarben, ist Zufall.

Kolonialzeit

Vor dem Ersten Weltkrieg

Rüstung eines nauruischen Kriegers im Stammeskrieg

Die ab 1830 einsetzende europäische Einwanderung, vorwiegend britische Emigranten, blieb nicht ohne Folgen für die einheimische Bevölkerung: Bis dahin unbekannte Krankheiten wie Influenza brachten vielen Nauruern den Tod. 1878 kam es außerdem zum nauruischen Stammeskrieg, bei dem es mehrfach zu kriegerischen Auseinandersetzungen verfeindeter Clans kam, ausgelöst durch Intrigen europäischer Siedler. Dieser Krieg reduzierte die damalige Bevölkerung um ein Drittel.

Deutsche Annexionszeremonie in Nauru; in der Mitte König Auweyida
Auweyida und Eigamoiya inmitten ihrer Untertanen

Die Konflikte konnten erst beigelegt werden, nachdem Nauru per 16. April 1888 von Deutschland erworben wurde und am 2. Oktober 1888 zum deutschen Protektorat der Marshallinseln annektiert wurde. Deutschland erwarb Nauru vor allem aus strategischen Gründen, um seinen Kolonialbesitz im Pazifik zu festigen. Der deutsche Kommissar setzte als Vertreter des Kaisers den Häuptling von Boe, Auweyida, und dessen Gemahlin Eigamoiya als Inselregenten (König) ein. Nauru gehörte bis 1920 zum vormaligen Deutsch-Neuguinea.

1900 wurden die auf 42 Millionen Tonnen geschätzten Phosphatvorkommen entdeckt, wobei diese Schätzung wohl weit untertrieben war. Die Phosphate aus Nauru wurden „Nauruit“ genannt, da sie ein eigentümliches Aussehen hatten und außerdem Fluor enthielten. 1905 wurde in deutsch-britischer Zusammenarbeit die Pacific Phosphate Company gegründet, die seit 1906 mit den Abbau der Phosphatvorkommen kontrollierte. Hierfür wurden ausländische Arbeiter aus China und den Gilbertinseln angeworben.

1907 fanden die ersten Phosphatverschiffungen statt. Die Pacific Phosphate Company baute neben den Anlagen für den Phosphatabbau auch ein Spital, eine Kanalisationsanlage, eine Kondensationsanlage zur Süßwassergewinnung in Trockenzeiten und eine Sodawasserfabrik sowie auch Eismaschinen und Kühlräume; auch elektrisches Licht konnte erzeugt werden. Außerdem wurden breite, wohlgepflegte Wege angelegt, die die sauber gehaltenen Siedlungen verbanden. 1913 wurden 46 Schiffe abgefertigt, die insgesamt 138.725 Tonnen Phosphat geladen hatten.

Die protestantische Mission Boston sandte 1899 als Unterstützung für den seit 1887 tätigen gilbertinischen Missionar den Deutschamerikaner Philip Delaporte nach Nauru; ab 1908 wurden einige evangelische Missionarstellen zur Christianisierung der Insel errichtet, sodass Deutsch die Schulsprache wurde; auch die katholische Kirche gründete 1902 ihre erste Missionarstation in Nauru. Die bis anhin gestattete Polygamie wurde durch die christliche Ehe ersetzt. Um 1920 wurden erstmals Spuren von Totemismus nachgewiesen. Von den ursprünglich 168 Dörfern existierten damals noch 110.

Nauru während des 1. Weltkrieges

Zu Beginn des Ersten Weltkriegs wurde Nauru wie die anderen deutschen Kolonien im Pazifik kampflos aufgegeben und von australischen Truppen am 4. August 1914 besetzt; Australien verwaltete Nauru nach dem Krieg ab dem 17. Dezember 1920 im Auftrag Großbritanniens und Neuseelands als Mandatsgebiet und sicherte sich die Rechte am Abbau der 1900 entdeckten Phosphatvorkommen, wobei die australischen Verwalter den nauruischen Häuptlingen umgerechnet nur wenige Euro dafür bezahlten. Die Pacific Phosphate Company wurde in British Phosphate Corporation umbenannt. 1927 wurde mit dem "Rat der Stammeshäuptlinge" die erste nauruische politische Instanz gebildet.

1919 wurde der Angam Day verkündet, der Tag, an dem die nauruische Bevölkerung 1.500 Personen umfasst hatte. Es wurde verkündet, dass mindestens 1.500 Nauruer leben müssten, um die nauruische Bevölkerung von der Angst des Aussterbens zu befreien. 1932 wurde der Angam Day gefeiert.

Nauru während des 2. Weltkrieges

Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs war Nauru nicht in den Krieg involviert. Es wurde Ende Dezember 1940 von einem deutschen Kriegsschiff, dem Hilfskreuzer Komet beschossen und die Phosphatförderanlagen waren darauf für einige Zeit lahmgelegt. Am 8. Dezember 1941 kam die Nachricht über den japanischen Angriff auf Pearl Harbor an. Während der vorangegangenen Woche bombardierte ein japanisches Flugzeug die Telegrammstation der Insel. Man hörte in Nauru, dass die Japaner schneller vorankommen als erwartet, auf Grund ihrer Besetzung der benachbarten Gilbertinseln. Viele ausländische Bewohner Naurus begannen, sich unsicher zu fühlen.

Die Britische Phosphatgesellschaft entschied, es wäre das Beste, die Insel zu evakuieren. Das französische Kampfschiff Le Triomphant segelte von den Neuen Hebriden nach Nauru und nahm 61 Europäer, 391 Chinesen und 49 Mitglieder der Militärgarnison an Bord. Die übrigen 191 Europäer blieben zurück, welche hofften, später ebenfalls evakuiert zu werden, was jedoch nie geschah.

Am 26. August 1942 landeten 300 Soldaten des mit dem Deutschen Reich verbündeten japanischen Kaiserreiches auf Nauru, obwohl diese später erwartet wurden. Sie nahmen umgehend die übrigen Europäer fest und machten sie zu Gefangenen. Die etwa 1.850 gebürtigen Nauruer mussten den Invasoren Nahrung zubereiten. Eine Anzahl Verteidigungskanonen wurde an der Küste errichtet, dazu viele Bunker entlang der Küste und an strategisch wichtigen Punkten im Inselinneren sowie ein unterirdisches Spital.

Später begannen etwa 1.500 japanische und koreanische Arbeiter mit der Errichtung eines Flugplatzes. Weitere 300 Nauruer und Kiribatier unterstützten die Arbeiter. Die Start- und Landebahn des Flugplatzes wurde im Januar 1943 fertig gestellt und in Betrieb genommen. Dieser Flugplatz ist heute der Nauru International Airport.

Während Experten aus Japan versuchten, den Phosphatabbau wiederaufzunehmen, bombardierten Amerikanische Flugzeuge Nauru am 25. März 1943, wodurch 15 japanische Flugzeuge zerstört und der Flugplatz beschädigt wurden. In Folge dessen exekutierten die Japaner fünf britische Gefangene. Der Versuch der Wiederaufnahme des Phosphatabbaus und -exports war erfolglos und Nauru blieb ein wichtiger Standort im japanischen Verteidigungssystem im Pazifik. Die US-Luftangriffe verursachten eine Unterbrechung der Nahrungslieferungen zur überbevölkerten Insel, was den japanischen Kommandanten dazu zwang, 1.200 Nauruer und zwei Missionare (darunter der Elsässer Alois Kayser) in Arbeitslager nach Truk und andere Inseln der Karolinen zu deportieren.

Die Zustände auf Nauru waren streng. Torpedierte Versorgungsschiffe und anhaltende Luftangriffe machten das Überleben von Erwerbsmitteln abhängig. Bis zum Ende des Kriegs verhungerten etwa 300 Japaner; viele griffen zum Kannibalismus, um zu überleben. Niedrige Moral und die Isolation dämpfte die Gemüter der Japaner. Die japanische Auslieferungserklärung Naurus geschah am 13. September 1945 an Bord des australischen Kriegsschiffs HMAS Dimantina. 3.745 Japaner und Koreaner kehrten in ihre Heimat zurück; einige Japaner wurden vor das Kriegsverbrechentribunal wegen Exekution europäischer und nauruischer Gefangener gestellt. Im Januar 1946 kehrten lediglich 737 Nauruer aus den Arbeitslagern in Truk zurück. Dort war mehr als ein Drittel an Unterernährung und bakteriellen Krankheiten gestorben. Dieser zwangsweise starke Bevölkerungsrückgang machte 1949 einen weiteren Angam Day möglich.

Nauru seit der Unabhängigkeit

Phase des Reichtums

Nach dem Zweiten Weltkrieg fiel Nauru wieder an Australien zurück; 1947 genehmigte die UNO Australien die Kontrolle über die Insel als UN-Treuhänderschaft, welche von Großbritannien, Australien und Neuseeland verwaltet wurde. Am 18. Dezember 1951 erhielt Nauru weitgehende Autonomie und die nun politisierte Regierung ernannte den 1956 zum Oberhäuptling gewählten Timothy Detudamo zum Regierungsvorsitzenden.

Raymond Gadabu (links) und Hammer DeRoburt (Mitte) im Januar 1968

Nachdem Raymond Gadabu von 1953 bis 1955 dieses Amt übernommen hatte, arbeitete Hammer DeRoburt als Regierungsvorsitzender streng für die Unabhängigkeit. 1966 war die allmähliche Zerstörung und Unnutzbarkeit der Insel bereits ersichtlich. Australien hatte darauf Nauru eine der Queensland vorgelagerten Inseln angeboten. Doch das nauruische Wahlvolk hatte bei der entsprechenden Volksabstimmung sich für die von DeRoburt empfohlene Unabhängigkeit entschieden; Nauru wurde ein hohes Maß an innerer Autonomie zugestanden, wodurch die Gründung des Nauru Local Government Council, des Vorläufers des heutigen nauruischen Parlaments, ermöglicht wurde. 1967 erklärte Australien den Nauru Independent Act, der die Beendigung der UN-Treuhänderschaft in Kürze ankündigte. Auf den 31. Januar 1968 hin erhielt Nauru von der UNO und Australien die politische Unabhängigkeit und völkerrechtliche Souveränität als Republik zugesprochen; erster Präsident wurde DeRoburt. Er blieb für lange Zeit Präsident, wurde dann aber vom jungen Bernard Dowiyogo abgelöst. Dowiyogo machte sich international bemerkbar, indem er die Atomversuche Frankreichs scharf kritisierte.

Verladekräne beladen in Aiwo ein Schiff mit Phosphat (1975)
Ein Zug auf der zweispurigen Schmalspurbahn im Inselinnern (1975)

Vom Phosphatabbau profitieren konnte Nauru selber erst seit 1970, als die Nauruische Phosphatgesellschaft gegründet wurde und die British Phosphate Corporation übernahm. Durch die Erträge aus dem Abbau konnte die Infrastruktur mit modernsten Technologien ausgestattet werden; ein Straßensystem, welches eine Insel umrundende Asphaltstraße und eine Straße nach Buada und um die Buada-Lagune beinhaltete, sowie zwei australische Elektrizitätshäuser in Aiwo wurden errichtet. Nauru wurde zum zweitreichsten Staat der Welt hinter Saudi-Arabien (nach dem BIP pro Kopf). Täglich wurde mit mechanischen Greifern das Phosphat vom Kalkboden abgetragen und über Transportbänder und eine Schmalspurbahn auf die vor dem Riff ankernden Schiffe in Aiwo verladen, jährlich etwa 2 Millionen Tonnen. Übrig ist eine öde, unbewohnbare Mondlandschaft aus Korallenresten und Geröll sowie ein 150 bis 300 Meter breiter bewohnbarer Küstenstreifen geblieben. Der australische Bund hat Nauru wiederholt an das Angebot jener Insel vor Queensland erinnert, bislang hat die Regierung aber abgelehnt; damit wäre auch der erneute Verlust der politischen Unabhängigkeit verbunden.

Nauru verklagte Australien beim Internationalen Gerichtshof (IGH) wegen der Ausbeutung des Phosphats vor der Unabhängigkeit. Am 9. August 1993 sagte Australien 107 Millionen Dollar zur Renaturierung Naurus zu. Das Renaturierungsprogramm enthielt unter anderem die Auffüllung der Korallenruinen, die nach dem Phosphatabbau übrig geblieben waren, mit importiertem Humus. Zum Teil wachsen auch schon wieder viele Pflanzen aus der Korallenlandschaft, aber wegen der doch großen Fläche wurde das Vorhaben wieder aufgegeben und das Geld wurde für die weitere Modernisierung der Infrastruktur verwendet. Nauru verzichtete damals im Gegenzug darauf, seine Klage gegen Australien beim Internationalen Gerichtshof (IGH) weiterzuverfolgen.

Am 9. Oktober 1997 schloss die Regierung einen Vertrag mit dem Internationalen Diabetesinstitut (IDI) über ein Langzeitprojekt zur Diabetesforschung ab. Der Vertrag beinhaltet, dass sich Nauruer für einen Zeitraum von 20 Jahren für genetische Untersuchungen zur Verfügung stellen und dass der Staat an wirtschaftlich verwertbaren Ergebnissen der Studie beteiligt würde. Am 1. Mai 1999 wurde die Republik Nauru Vollmitglied beim Commonwealth, am folgenden 14. September wurde sie Vollmitglied der UNO.

Korruption und Finanzkrise

Im Januar 2000 stellten die Deutsche Bank und Bankers Trust, die weltweit Geld transferieren, sämtliche US-Dollar-Zahlungen an die nauruische Zentralbank (Bank of Nauru) ein. Auch die G8 erwogen Sanktionen gegen die Steueroase wegen Geldwäsche der russischen Mafia und südamerikanischer Drogenkartelle. Nauru hatte sich Ende der 1990er Jahre zu einem Paradies für internationale Drogenhändler und Geldwäsche entwickelt. Wie das amerikanische Außenministerium Anfang März 2000 in seinem Jahresbericht zur Kontrolle des Drogenhandels feststellte, nutzen vor allem Mitglieder der russischen Mafia Nauru zum Waschen von Geld aus dem Drogenhandel. Nach Angaben der russischen Zentralbank sind im Jahr 1999 rund 80 Milliarden US-Dollar durch Banken in Nauru, meist Briefkastenfirmen, geflossen. Der Inselstaat hatte sich als Steuer- und Finanzparadies etabliert und wurde nur noch von den britischen Kaimaninseln übertroffen, was die Zahl der Finanzinstitutionen pro Kopf der Bevölkerung angeht. Doch während es auf den Kaimaninseln regulatorische Mechanismen zur Eindämmung des illegalen Geldflusses gab, fehlte auf Nauru jegliche Kontrolle. Die Vereinigten Staaten von Amerika verlangten deshalb von Nauru die Einführung eines Anti-Geldwäsche-Gesetzes nach internationalem Standard. Auf weiteren Druck der UNO ließ Nauru die Geldwäscherei unterbinden, auch wenn sie für Nauru eine lohnende Einnahmequelle war. Am 19. April 2002 veröffentlichte die OECD eine neue schwarze Liste der Staaten, die schädliche Steuerpraktiken dulden; mitaufgeführt auf dieser Liste ist auch Nauru. Seit Mai 2004 steht Nauru nicht mehr auf dieser Liste. Auf der Schwarzen Liste unkooperativer Staaten in Bezug auf Geldwäscherei der FATF ist Nauru jedoch noch eingetragen. Im September 2004 wurden neue Gesetze gutgeheißen, um von der Liste gestrichen zu werden.

Seit dem Tod DeRoburts bis in die Gegenwart ist die politische Situation sehr instabil: Viele Misstrauensvoten und häufig wechselnde Präsidenten sowie unterschiedlichste Ansichten im Parlament bezüglich der Verwendung des großen Reichtums ließen die finanzielle Lage außer Kontrolle geraten. Die Situation spitzte sich zusätzlich zu, als das Phosphat zur Neige ging: Zwischen 1999 und 2003 gab es eine Serie von Misstrauensvoten und Wahlen, nach denen René Harris und Bernard Dowiyogo das Land für verschiedene Perioden führten. Dowiyogo starb während seiner Amtszeit am 10. März 2003 in Washington D.C. an Diabetes; sein Nachfolger Derog Gioura erlitt einen Herzinfarkt. Ludwig Scotty wurde am 29. Mai 2003 als neuer Präsident gewählt, und es schien damals durchaus möglich, dass die Jahre der politischen Instabilität zu Ende gingen. Indes gab es im August 2003 eine erneute Misstrauens-Abstimmung. Harris gewann an Unterstützung zurück und wurde wieder zum Präsidenten gewählt. Am 22. Juni 2004 erlangte Scotty die Präsidentschaft wieder, nachdem Harris durch ein erneutes Misstrauensvotum abgesetzt wurde. Kinza Clodumar, einer der Minister unter Harris, stimmte dabei gegen Harris und bewirkte dadurch dessen Abwahl. Clodumars Begründung für den Seitenwechsel war, dass er die von Harris angedrohte Auflösung des Parlaments abwenden wollte. Er wurde von Scotty als Zeichen der Anerkennung zum Finanzminister wiederernannt.

2001 richtete die Regierung unter Harris das Nauru Detention Centre ein, um nach dem Ende des Phosphatabbaus dem wirtschaftlichen Kollaps entgegenzuwirken. Die australische Regierung unter John Howard lässt hier Flüchtlinge festhalten und bezahlt Nauru dafür sehr großzügig. Jedoch führte dieser Umstand zu heftigen Protesten seitens der Opposition und der Bevölkerung: Demonstranten brannten 2003 das State House, die Residenz Harris', nieder. Am 23. April 2004 gab es Demonstrationen auf dem Flughafen, als Harris zu Verhandlungen nach China fliegen wollte. Bei diesen Protesten waren auch einige Parlamentarier der Oppositionspartei Naoero Amo zugegen, die dafür mit 14 Jahren Haft bestraft wurden. Diese Haftstrafen wurden mit dem Amtsantritt Scottys widerrufen. Im Mai 2004 starteten einige australische Menschenrechtsaktivisten die Flotilla of Hope, eine Segelreise zweier australischer Yachten von Sydney nach Nauru, um friedlich gegen das australische Flüchtlingslager in Nauru zu protestieren.
Die neue Regierung unter Scotty befindet sich in einem Dilemma: Sie setzte sich zum Ziel, das Flüchtlingslager zu schließen, jedoch warnte Harris kurz nach seiner Abwahl vor diesem Schritt, da sonst keine Einnahmen mehr bestünden. Die Wirtschaft wäre dann am Boden, der Staat bankrott. Harris, der Parlamentsmitglied blieb, forderte vorgezogene Neuwahlen des Parlaments, denn damals reichte ein unsicherer Parlamentarier, um die ganze Situation wieder umzukehren. Im Juni 2004 wurden drei australische Berater nach Nauru entsandt, um die neuen Regierung bei der Erstellung eines neuen Staatsbudgets zu unterstützen.

Aktuell

Im August 2004 wurde eine australische Studie veröffentlicht, die besagt, Nauru habe zwei Möglichkeiten: es könne "ein von Armut und Krankheit geplagter Bettler und Aussätziger im Pazifik werden oder sich für ein gesundes und bescheidenes Leben entscheiden". Das ist so zu interpretieren, dass Nauru die Souveränität als Republik aufgeben und Teil Australiens, Neuseelands oder Fidschis werden solle. Die Studienverfasserin Helen Hughes befand Nauru indes für erledigt, wenn nicht drastische strukturelle Änderungen auf den Weg gebracht werden, die entscheidend sind, um den wirtschaftlichen Niedergang abzuwenden und wieder politische Stabilität herzustellen.
Derweil erklärten sich beim Pacific Islands Forum die Nachbarstaaten bereit, Nauru bei seiner schwersten Krise seiner Geschichte finanziell zu unterstützen. Im September 2004 wurde aus Bodenuntersuchungen entdeckt, dass noch weit mehr Phosphat im Abbaugebiet vorhanden wäre als bisher angenommen; weitere Tests wurden durch den damaligen UNO-Botschafter Vinci Clodumar veranlasst.

Am 1. Oktober 2004 rief Scotty den nationalen Notstand auf Grund ökonomischer Krisen aus und löste zugleich das Parlament auf; er setzte die Neuwahlen auf den folgenden 23. Oktober. Zudem suspendierte er Parlamentssprecher Russell Kun von seinem Amt, um weitere parlamentarische Handlungen bis zu den Neuwahlen zu unterbinden. Scotty und seine liberal-reformistische Gefolgschaft gewannen die Parlamentswahlen deutlich und erreichten eine historische Mehrheit von 16 zu 2. Nauru ist nun auf gutem Weg, die seit Jahren anhaltende politische Instabilität zu überwinden und somit auch die wirtschaftliche Krise zu überstehen. Im Dezember 2004 wurde erstmals seit Monaten wieder eine größere Menge Phosphat exportiert; die Schiffslieferung nach Südkorea betrug etwa 10.000 Tonnen.

Ende Januar 2005 kündigte der australische Wissenschaftsminister Brendan Nelson an, dass Australien seinen Atommüll außerhalb seines Staatsgebiets endlagern würde. Dabei hielt man Nauru für einen sehr geeigneten Standort für die Errichtung eines Endlagers. Per 15. Juni 2005 trat Nauru der Internationale Walfangkommission (IWC) bei; womöglich wurde Nauru von Japan, das als große Walfängernation gilt, mit finanzieller Hilfe zum Beitritt gelockt, um es bei der Abstimmung über Wiederaufnahme des kommerziellen Walfangs, welche am 20. Juni 2005 im südkoreanischen Ulsan stattfand, zu unterstützen; die Walfangbefürworter unterlagen jedoch in der Abstimmung. Der Beitritt Naurus zur IWC löste in Australien Kontroversen aus, worauf die australische Regierung mit diplomatischen Konsequenzen drohte; der nauruische IWC-Abgesandte Marcus Stephen dementierte jedoch die Vorwürfe Australiens.

Nachdem seit 2004 nochmals Verschärfungen des Antigeldwäschegesetzes vorgenommen wurde, wodurch alle in Nauru eingetragenen Banken, welche als Briefkastenfirmen bestanden, annulliert worden waren, ist Nauru im Oktober 2005 von der Schwarzen Liste unkooperativer Staaten in Bezug auf Geldwäscherei der FATF gestrichen worden. Während eines Treffens der Mitgliedsstaaten des Pacific Islands Forum liessen Scotty und Außenminister David Adeang verkünden, das im September 2004 entdeckte übrige Phosphat würde Naurus Exportrate innert sechs Monaten um 300 Prozent steigern; zudem wurde eine National Development Strategy (nationale Entwicklungsstrategie) mit Unterstützung des Pacific Islands Forum ausgearbeitet.

Literatur

  • Ehrhart, S. (1993): Nauru. In: Die Südsee, Inselwelten im Pazifik; Köln: S. 276ff (ISBN 3-77012-705-6)
  • Hambruch, P. (1914): III. Die Siedlungen. In: NAURU 1. Halbband; Hamburg: S. 56f
  • McDaniel, C./Gowdy, J. (2000): "Paradise for Sale: A Parable of Nature"; Kalifornien (ISBN 0-52022-229-6)
  • Kayser, A. (1936): "Nauru Grammar"; Botschaft der Bundesrepublik Deutschland, Melbourne, 1993 (ISBN 0-64612-854-X)
  • Kreisel, W. (1991): 9.3.3.3 Die Bedeutung des Phosphatabbaus für Nauru. In: Die pazifische Inselwelt; Darmstadt: S. 284f (ISBN 3-53402-237-8)
  • Thilenius, G./Reche, O. (1914): Ergebnisse der Südsee-Expedition 1908-1910, L. Friederichsen, Hamburg