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Das Ende einer Ära

Solartechnik Made in Germany? Schaut man sich die Ausstellerliste der diesjährigen Intersolar Messe in München an, dann lässt sich eine klare Tendenz ablesen: Nur noch rund 500 der insgesamt ca. 1.800 Aussteller kommen aus dem Gastgeberland. Die Gründe dafür sind klar: 

  1. Deutschland hat mit der EEG-Förderung ab dem Jahr 2000 die Entwicklung der Solartechnik massiv finanziert und vorangetrieben. Bezahlt haben das die Verbraucher über die EEG-Umlage. Der Erfolg war durchschlagend. Allein 2012 gingen Solaranlagen mit der Gesamtleistung von fünf großen Atomkraftwerken ans Netz. Das jagte den etablierten Energieversorgern aber einen gehörigen Schreck ein. Es folgten massive Streichungen bei der Förderung unter FDP Wirtschaftsminister Philipp Rösler und in der Folge ein Massensterben der deutschen Solarindustrie, das auch nachfolgende Regierungen nicht verhinderten. 120.000 Arbeitsplätze gingen in den Folgejahren verloren. Das Know-How und zum Teil die gesamten Fertigungsstrecken der deutschen Marktführer wurden verkauft, auch nach Asien. Auch der jüngste Versuch, der heimischen Solarindustrie wieder auf die Beine zu helfen, nämlich der für 2024 geplante Resilienzbonus, scheiterte erneut am Widerstand der FDP.
     
  2. China hat bereits heute den mit Abstand größten Energiebedarf aller Länder der Welt. Zwei Drittel davon werden durch Kohle gedeckt. Diese ist endlich und die enormen Umweltauswirkungen sind auch in China ein Problem. Darum hat das Land ab der Jahrtausendwende durch gigantische Förderungen und Subventionen (z.T. weit über eine Milliarde Euro im Jahr) die heimische Solarindustrie stark unterstützt. Auch wenn die Förderung 2018 gekürzt und die Ausbauziele gesenkt wurden, ist China heute das globale Zentrum aller relevanten Bereiche der Solartechnik. Das hat z.T. mit dem Lohnniveau zu tun, aber auch mit der von einigen Ländern als bewusst gesteuertes Preisdumping empfundenen Subventionspolitik im Reich der Mitte.
     
  3. Auch die USA, das Land mit dem zweitgrößten Energieverbrauch der Welt, haben großen Bedarf an Solartechnik. Dennoch will man dort nicht auf die günstigen Produkte aus China setzen – auch um den heimischen Markt zu schützen. Donald Trump verhängte 2018 Zölle von 30% auf Solarpanels und Solarzellen aus China mit der Begründung, das Land verhalte sich beim Handel mit diesen und weiteren Technologien unfair und schütze geistiges Eigentum wie Patente etc. nicht ausreichend. Auch eine lange Reihe weiterer Produkte war betroffen. 2022 folgte unter Joe Biden ein Anti-Zwangsarbeitsgesetz, das spezifisch die Ausbeutung der Minderheit der Uiguren in der chinesischen Provinz Xinjiang unterbinden soll. Auch dort erzeugtem Polysilizium, dem wichtigsten Rohstoff für die Produktion von Solarzellen, ist so der Zugang zum US-Markt verwehrt. Vor wenigen Tagen setzte Biden sogar noch einen drauf und erhöhte die Zölle auf chinesische Solarzellen auf satte 50%. Er begründete das mit “Chinas erzwungenen Technologietransfers und dem Diebstahl von geistigem Eigentum“.
     
  4. Für die großen Mengen an Rohstoffen und Solarkomponenten aus China, welche nun nicht mehr auf den amerikarnischen Markt kommen können, werden händeringend Abnehmer gesucht. Ein noch nie dagewesener Preisverfall ist die Folge. Der Industriekontinent Europa will bis 2050 klimaneutral werden. Sonnenenergie spielt dabei eine zentrale Rolle. Das bedeutet einen enormen Absatzmarkt. Folgerichtig wurden die Lagerhallen in den europäischen Häfen schon seit Monaten mit chinesischen Solarprodukten gefüllt und die Märkte mit der billigen Technik geflutet. Bislang hat Europa dem nichts entgegenzusetzen. Die im April unterzeichnete europäische Solar-Charta zum Schutz und zur Förderung der europäischen Solarindustrie soll binnen eines Jahres die ersten Resultate bringen. Wie diese aussehen, ist aber mehr als unklar.

Für viele deutsche Unternehmen kommt das ohnehin viel zu spät. Neben Solarmodulherstellern betrifft das auch die Hersteller von Wechselrichtern. Der vielen Balkonsolar-Nutzern der ersten Stunde gut bekannte Hersteller AEconversion aus dem westfälischen Bad Sassendorf etwa hat im Gespräch mit uns angekündigt, noch in diesem Sommer die Produktion von Mikrowechselrichtern vollständig einzustellen. Das Qualitätsargument, so Geschäftsführer Dr. Stefan Grösbrink, konnte sich am Ende nicht gegen den Preisdruck durchsetzen. Auch das noch immer wegweisende Design des jüngsten AEconversion Wechselrichters INV315-50 mit seinen schmalen und klaren Formen, kam gegen die klobigeren, zum Teil problematischen (Stichworte: “Relaisgate” und “EMV“) aber dafür eben günstigeren Wettbewerbsprodukte aus Asien nicht an. 

Für AEConversion selbst bedeutet das zum Glück kaum Veränderungen. Das Unternehmen hatte von Beginn an ein zweites Standbein als Entwicklungs- und Produktionspartner für Leistungselektronik, welches die Wechselrichterfertigung im Umsatz ohnehin bereits überholt hat. So werden nun in Bad Sassendorf künftig mehr hochwertige Batterielader für E-Fahrzeuge, Netzteile für hochempfindliche Messtechnik oder auch Stromrichter für automatische Türöffner gefertigt – auf Wunsch auch individuelle Wechselrichter für besondere Anforderungen. Der Mitarbeiterstamm und die gewohnte Servicequlität bleiben dabei gleich. Für den Balkonsolar-Markt geht damit allerdings eine Ära zuende.

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