Diagnostik allein auf der Basis von Symptomen und Symptombeschreibungen ist heute selten, war aber im 18. und 19. Jahrhundert eher die Regel.
Methoden: In diesem medizinhistorischen Projekt wurden die Todesursachen von 25 Vor- und Nachfahren des Berliner Arztes und Wissenschaftlers Dr. Carl Lüderitz (1854–1930) aus historischen Quellen zusammengetragen und mit Daten zur Todesursachenstatistik des 18. und 19. Jahrhunderts verglichen. Zehn aktiven Gastroenterologen/-innen wurde ein Tagebuchausschnitt des laienhaft beschriebenen Todes eines Berliner Kaufmanns (des Großvaters von Carl Lüderitz) im Jahr 1846 durch seinen Sohn vorgelegt mit der Bitte um eine Verdachtsdiagnose.
Ergebnisse: Vier bzw. 5 Fälle von vermutlicher Leberzirrhose unter den 26 Angehörigen der Familie Lüderitz sind überproportional im Vergleich zu Sterbestatistiken in Berlin und auf dem Lande, während die Schwindsucht (Tuberkulose) mit nur einem Fall unterrepräsentiert ist. Durchschnittlich wurden Frauen in dieser Familie 10 Jahre älter, unabhängig vom Jahr des Todes (1787 bis 2006). Acht der befragten Gastroenterologen/-innen waren der Meinung, dass der Tod aufgrund einer dekompensierten Leberzirrhose mit Blutungen aus Ösophagusvarizen eintrat, mit Ödemen auf der Basis einer daraus folgenden Herzinsuffizienz.
Schlussfolgerung: Auch historische Dokumente können zur Aus- und Fortbildung oder zur Qualitätskontrolle in der Gastroenterologie beitragen.