Ein mediterraner Powertrip: Vier-Länder-Tour mit Cessna 210

Mediterraner Power-Trip
Vier-Länder-Tour mit der Cessna 210

Nach ihrer Drei-Meeres-Tour im Sommer 2022 brauchten Theo Sakalis und Jochen Gajda eine neue Herausforderung. Im Sommer 2023 wurden es vier Länder, die sie mit ihrer Cessna 210 an einem Tag besuchen wollten: Deutschland, Kroatien, Italien und Frankreich. Drei Meere waren auch wieder dabei.

Vier-Länder-Tour mit der Cessna 210
Foto: Theo Sakalis

Neues Jahr, neuer Rekordversuch: Nachdem uns die Tour im Vorjahr riesigen Spaß gemacht hatte, musste für 2023 eine neue Herausforderung her. Mit der Cessna 210 soll die an einem Tag geflogene Strecke noch größer werden. Die Route: Zadar an der kroatischen Adriaküste, Palermo auf Sizilien und Figari auf Korsika. Start- und Zielflugplatz: wie immer Reichelsheim. Drei Meere sammeln wir mit der Adria, dem Thyrrenischen und dem Ligurischen Meer nebenbei mit ein.

Unsere Highlights

Um unser Ziel zu erreichen, rüsten wir auch unser Flugzeug auf: Neue aufblasbare Tür-dichtungen sollen den Druck besser drinnen halten, der Autopilot hat neue Stellmotoren, und das IFD 440 von Avidyne, unsere COM/NAV-Zentrale, ist mit der neuesten Software bestückt, die auch einen Approach auf normalen VFR-Plätzen ermöglicht.

Los geht es am Morgen des 3. Juni. Der Himmel ist strahlend blau, eine Gesamtstrecke von 1848 Nautischen Meilen liegt vor uns. Eine ambitionierte Herausforderung, die wir mit Entschlossenheit und Vorfreude angehen. Unser Zeitfenster ist eng: Die kleineren Flughäfen erlauben nach Sonnenuntergang keine Landung mehr. Unser Plan sieht vor, spätestens um 20 Uhr wieder in Reichelsheim zu landen. Als Alternative haben wir Egelsbach im Visier, da dort erst 21 Uhr Betriebsschluss ist.

In Reichelsheim verlieren wir zehn Minuten, weil unser Abflugslot 8:10 Uhr vorsieht. Um 8:06 Uhr heben wir ab. Die Sonne taucht die Landschaft unter uns in ein goldenes Licht, während wir uns auf den Weg machen. Unmittelbar nach dem Start melden wir uns bei Langen Radar und erhalten die Freigabe, auf 19 000 Fuß zu steigen. Unser Flug führt uns über München und Pula nach Zadar an der dalmatinischen Küste. Schon vor München bietet sich ein atemberaubender Blick auf die majestätischen Alpen. Auch wenn wir das als passionierte Piloten schon ein paar Mal erlebt haben, sorgt es doch immer wieder für Gänsehaut.

Theo Sakalis

Die Müdigkeit trübt diesen Anblick sicherlich nicht.

Jede Minute zählt

Schon kurz nach dem Start wird uns klar, dass wir uns einen straffen Zeitplan verordnet haben. So versuchen wir immer wieder, bei ATC Freigaben für Directs zu bekommen und so die Route zu optimieren. Doch der Erfolg bleibt vorerst aus. Wir müssen den Weg über Pula nehmen und die geplante Streckenführung einhalten. Doch dann ergibt sich eine Möglichkeit: Ein direkter Anflug auf die Landebahn 13 in Zadar. Laut ATIS ist eigentlich die 04 aktiv, doch fragen kostet nichts. Zu unserer Erleichterung erhalten wir die Freigabe und können so einige wichtige Minuten einsparen.

In Zadar angekommen, stellen wir fest, dass wir unseren Flugplan zwei Mal um jeweils 15 Minuten nach hinten verschieben müssen, da die Abfertigung länger dauert als geplant. Doch von solchen Kleinigkeiten lassen wir uns nicht entmutigen und starten auf der Piste 31 Richtung Norden zu unserem nächsten Ziel: Palermo auf der wunderschönen Insel Sizilien. Direkt nach dem Abflug erhalten wir die Freigabe, auf unseren geplanten Kurs nach Südwesten zu wechseln und auf 21 000 Fuß zu steigen. Nun haben wir die Adria vor uns, und von der Küste Kroatiens bis Italien sind es 110 Nautische Meilen, die uns die 210er über offenes Wasser trägt.

Mit Freude stellen wir fest, dass der Druckausgleich dank der neuen Türdichtung funktioniert. Wir prüfen zudem regelmäßig unseren Sauerstoffgehalt im Blut – einen Mangel bemerkt man nicht gleich selbst. Die Zeit, die wir auf unserem ersten Leg verloren haben, wollen wir unbedingt wieder reinholen. Nach mehrmaligem Nachfragen erhalten wir endlich ein "direct" zum Wegpunkt SQR. So können wir 41 Meilen und damit etwa 13 Minuten einsparen. Was zunächst wie ein Booster für den Zeitplan erscheint, stellt uns kurz darauf jedoch vor Probleme: Durch das Direct steuern wir plötzlich auf eine große Front vor uns zu, deren Ausmaße vertikal und horizontal gewaltig sind. Doch wir bleiben stoisch auf Kurs. Zunächst passiert nichts, dann trommelt etwas Graupel aufs Blech, der aber fliegerisch keinerlei Auswirkungen hat. Wir sind zu diesem Zeitpunkt auf Flight Level 210 unterwegs, draußen herrschen minus 17 Grad Celsius. Doch plötzlich ändert sich die Situation: Eisregen setzt ein und "verziert" Scheibe und Nasenleisten mit einer klaren Schicht.

Theo Sakalis

So schön die "Verziehrung" auch ist, schnell aus dem ekligen Wetter raus!

Doch unsere umfangreichen Vorbereitungen und unsere Erfahrung lässt uns die Situation meistern. Nach Freigabe durch ATC können wir den Kurs ändern und sind ruckzuck aus dem Gröbsten raus. Kaum ist die Situation überstanden, überkommt uns der Hunger. Das Menü an Bord: leckere Sandwiches.

Sizilien: Wo bleibt nur der Lotse?

Am Flughafen Palermo-Boccadifalco auf Sizilien erwartet uns eine weitere Schwierigkeit: Es ist kein Fluglotse verfügbar! Doch nach mehrmaligen Funkversuchen erhalten wir schließlich den Hinweis, dass die Landebahn 17 aktiv ist – eine Erleichterung, wenn man bereits über dem Flugplatz kreist und einen Zeitplan einhalten will. Nach der Landung erwartet uns ein Follow-Me-Fahrzeug, das uns direkt zur Tankstelle führt. Angesichts der neuen Situation heißt es nun schnell tanken, um nicht noch mehr Zeit zu verlieren und den Plan unnötig auszudehnen.

Wir optimieren unsere Route weiter und organisieren neue Slots, um unsere Verspätung aufzuholen. Der Mann vor Ort erklärt uns, dass der Abflug auf der RW 35 erfolgt. Direkt nach dem Start kontaktieren wir Palermo Approach. Auch den Flugplan nach Figari auf Korsika schalten wir scharf. Das folgende Leg führt uns ausschließlich über Wasser: 280 Nautische Meilen. Der Ausblick ist atemberaubend: Im Osten die malerische Toskana, im Westen die idyllische Insel Sardinien.

Theo Sakalis

Die Aussicht macht fast Lust auf einen Sommerurlaub.

Boxenstopp auf Korsika

Angesichts dieser Eindrücke merken wir kaum, wie die Zeit vergeht und wir Strecke machen. Der Anflug auf die 23 von Figari Sud Corse wird begleitet von bestem Wetter und hervorragender Sicht. Nach dem Abrollen dürfen wir direkt zur Tankstelle rollen, wo wir vom "Spritmeister" in Empfang genommen werden und der kostbare Saft in die Tanks rauscht. Die Abfertigung auf Korsika gleicht in ihrer Geschwindigkeit einem Boxenstopp bei der Formel 1. Wir sind wieder im Zeitplan und startbereit. Doch dann bekommen wir einen neuen Slot, der uns um zehn Minuten nach hinten wirft. Der Abflug indes klappt auf die Minute. Korsika stellt mit hohen Bergen und einigen Sperrgebieten Anforderungen bezüglich des Abflugs. Wir müssen mit 1000 Fuß pro Minute steigen, um keine Extrarunde drehen zu müssen. Auf Anweisung von ATC gehen wir auf dem Leg bis auf 22 000 Fuß – kein Problem für unsere Cessna 210.

Endspurt nach Reichelsheim

Die Route führt über Genua, Mailand, Lugano und Stuttgart. Südlich der Alpen brauen sich Gewitter zusammen, die wir diesmal recht-zeitig mit leichten Kurskorrekturen umfliegen. Kurz vor Mailand kommt uns ein Passagierjet entgegen – deutlich unterhalb! Der Versuch, diese Begegnung im Foto festzuhalten, ist wegen der hohen Geschwindigkeiten gar nicht so einfach. Dennoch haben wir den Jet im Kasten. Mit fortschreitender Zeit stellt sich die Frage, ob wir es vor 20 Uhr nach Reichelsheim schaffen oder doch nach Egelsbach ausweichen müssen. Über den Alpen versuchen wir, per Telefon und Funk Kontakt mit dem Turm in Reichelsheim aufzunehmen, jedoch ohne Erfolg. Glücklicherweise nimmt unser Fliegerkamerad Klaus ab, der uns auch bei den Startvorbereitungen geholfen und mit uns den Flugplan und das Wetter noch einmal besprochen hatte. Er versichert uns, dass er uns im Worst Case in Egelsbach abholen würde. Jochen probiert es unterdessen weiter und erreicht schließlich doch noch den Turm in Reichelsheim über Funk. Zu diesem Zeitpunkt sind wir noch mehr als 100 Nautische Meilen vom Flugplatz entfernt – in Flight Level 220! Holger, der bereits bei unserem Start am Funk war und uns eine Stunde vor der offiziellen Öffnungszeit herausgelassen hatte, erklärt sich bereit, auf uns zu warten. Kumpel halt. Über Deutschland gibt es in dieser Flughöhe kaum noch Telefonempfang, aber via SMS beordern wir Klaus zurück, der sich nun die Tour nach Egelsbach sparen kann.

ATC genehmigt uns ein Direct nach Reichelsheim, wo wir um 20.19 Uhr einschweben. Die 19 Minuten Zeitüberziehung schlagen mit rund 130 Euro zu Buche. Was macht man nicht alles für den Rekord! Klaus erwartet uns mit einer Flasche Sekt. Die Gläser klingen, wir stoßen auf unsere erfolgreiche Challenge an.

Theo Sakalis

Der Feierabend-Sekt schmeckt noch besser, nach dieser überaus erfolgreichen Tour.

Während wir einhallen, erzählen wir von unserem Erlebnis. Die Landschaften der vier Länder beeindruckten in ihrer Unterschiedlichkeit auch aus großer Höhe. Von den grandiosen Alpen über die malerischen Küsten Italiens bis hin zu den idyllischen Dörfern in Frankreich: Jeder Abschnitt unserer Route offenbarte neue Schönheiten. Die Tour war zweifellos ein unvergessliches Abenteuer, und die Herausforderungen auf dem Weg haben uns als eingespieltes Team noch fester zusammengeschweißt. Wenn man einander vertraut, trifft man einfach die besseren Entscheidungen. Was kommt als Nächstes? Wir werden sehen …