Rennanalyse GP Niederlande: Muss Red Bull zittern?

Rennanalyse GP Niederlande 2024
Red Bull muss um WM zittern

GP Niederlande 2024

Muss Red Bull nun auch um die Fahrer-WM zittern? Wieso war Mercedes ein Flop und Ferrari top? Was lief bei McLaren am Start schief? Und wieso hääte Nico Hülkenberg Punkte verdient gehabt? In unserer Rennanalyse beantworten wir die offenen Fragen zum Rennen.

Lando Norris - McLaren- Formel  1 - GP Niederlande - 25. August 2024
Foto: xpb

Der GP Niederlande war drei Jahre lang fest in den Händen von Max Verstappen und Red Bull. Nach der Sommerpause hat McLaren mit Lando Norris und seinem Sieg mit 22,8 Sekunden Vorsprung aber deutlich demonstriert, dass mit Orange auch in anderer Form zu rechnen ist.

Ist die WM für Red Bull nun in Gefahr?

Das Thema schwebte schon seit einigen Rennen in der Luft. McLaren könnte Red Bull in dieser Saison ordentlich in die Suppe spucken. Zunächst sprachen alle nur vom Konstrukteurs-Titel. Da war zum einen das Problem, dass Sergio Perez nicht die nötigen Ergebnisse lieferte. Zum anderen, dass Red Bull einfach nicht mehr so überlegen ist wie zu Beginn der Saison. Mit den letzten Upgrades vergaloppierte man sich. Die Bullen waren verwundbar. Das zeigte sich jüngst in Budapest mit dem McLaren-Doppelsieg und in Spa mit der Stärke von Mercedes.

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In Zandvoort setzte Lando Norris mit seinem zweiten Karriere-Sieg ein Ausrufezeichen. Auch dank 22,8 Sekunden Vorsprung auf Max Verstappen. Nun hinkt McLaren nur noch 30 Punkte in der Konstrukteurs-WM hinter Red Bull her. In der Fahrer-WM, in der Norris 70 Punkte bei neun verbleibenden Rennen auf Verstappen fehlen, wird die Luft nun auch dünner.

McLaren- Formel  1 - GP Niederlande - 25. August 2024
xpb

McLaren ist eine ernstzunehmende Gefahr für Red Bull.

Red Bull-Teamchef Christian Horner zeigte sich nach dem GP Niederlande nicht mehr siegessicher. "McLaren ist zurzeit nicht erreichbar", sagte er. "Wenn sie das Tempo fortsetzen können, dann wird es in beiden WM-Wertungen eng." Er rechnet vor, dass McLaren mit dem Upgrade-Paket, das unter anderem aus einem modifizierten Unterboden, einem neuen High-Downforce-Heckflügel und Beamwing besteht, rund ein Zehntel gewinnen konnte. "Der Sieg wird Norris nun noch mehr Selbstvertrauen geben", ist er sich sicher. "Da können 70 Punkte schnell schwinden."

Bei McLaren sieht man in der Überlegenheit zwar auch einen großen Faktor in der Streckencharakteristik, die dem MCL38 liegt, hat neben der Teamwertung aber den Fahrertitel ebenfalls im Visier. "Wir wollen uns darauf fokussieren, dass es möglich ist. Wir haben auch darüber gesprochen, was Vettel 2013 geschafft hat", sagte Stella. Zur Erinnerung: Der siegte nach der Sommerpause bei neun Rennen in Folge.

Was lief bei McLaren am Start schief?

Es ist kein Geheimnis, dass Lando Norris bisher keinen guten Lauf mit seinen Starts hatte. In Zandvoort bestätigte sich dieser Trend. Von der Pole-Position losgefahren, sah er schon nach wenigen Metern ins Heck des RB20 von Max Verstappen. Was jedoch auffiel: Auch Oscar Piastri kam dieses Mal nicht gut vom Fleck. Der Australier fiel von Platz drei ebenfalls einen Rang zurück. Was dafür sprechen könnte, dass es ein generelles McLaren-Thema war. Manche spekulierten auch, dass die Reaktion von Norris gut war, aber die zweite Phase mit zu stark durchdrehenden Rädern problematisch war.

Max Verstappen - Lando Norris - Formel  1 - GP Niederlande - 25. August 2024
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Nach dem Start hatte wieder einmal Max Verstappen die Nase vorn.

"Ich kann noch nichts dazu sagen", meinte Stella direkt nach dem Rennen. "Wir müssen uns das erst anschauen." Klar ist jedoch: "Der Start ist so entscheidend wie die Leistung des Autos. Und wenn du eine gute Quali-Performance auch in einen guten Start umwandeln kannst, macht das dein Leben so viel einfacher." Das Team hat einen gewissen Einfluss auf den Start. Dabei geht es um Faktoren wie die Vorbereitung der Reifen, die Kupplungs-Konfiguration und die Gaspedalsteuerung.

Manche zogen das Fazit, dass der verpatzte Start ja am Ende ja keine Rolle mehr spielte. Schließlich fuhr Norris ja trotzdem zum Sieg. Doch das stimmte nicht ganz. "Das hat uns viel gekostet", ärgerte sich Stella. "Denn Oscar hatte die Pace, Max zu schlagen. Das ist also schon eine verpasste Möglichkeit." Am Ende kam Piastri nicht mal aufs Podium und wurde nur Vierter.

Warum war Mercedes so abgeschlagen?

In Belgien demonstrierte Mercedes noch, dass man den Weg zurück an die Spitze geschafft hat. Zwar wurde George Russell der Sieg aberkannt, weil man 1,5 Kilogramm zu wenig auf die Waage brachte. Dafür erbte Lewis Hamilton die volle Punktzahl. Aber grundsätzlich wusste man, dass man bei der Musik ist. Nach einem Beinahe-Doppelsieg schlug man nach der Sommerpause mit den Plätzen sieben und acht hart auf dem Boden der Realität auf.

Lewis Hamiltons Misere begann bereits in der Qualifikation, als er den Einzug in Q3 nur knapp verpasste. Das sollte nicht alles sein. Es ging aufgrund einer Startplatzstrafe um drei Positionen nach hinten, weil er Sergio Perez im ersten Quali-Abschnitt behinderte. So musste er das Rennen von Platz 14 in Angriff nehmen. George Russell hatte mit Platz vier bessere Voraussetzungen, machte sogar eine Position am Start gut, doch der Undercut von Ferrari-Pilot Charles Leclerc kostete ihn einen Platz. Später musste er sich auch Oscar Piastri im McLaren beugen und sich gegen Carlos Sainz wehren. Schließlich versuchte man es noch mit einem zweite Stopp und einem Wechsel von den harten Reifen auf die Soft-Variante.

Lewis Hamilton - Mercedes - Formel  1 - GP Niederlande - 25. August 2024
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Lewis Hamilton hatte mit einem verpatzten Quali schon eine schlechte Basis.

"Das Auto ist einfach manchmal eine Überraschungskiste", sagte Mercedes-Teamchef Toto Wolff. "Es ist nicht dasselbe Auto, das noch vor sechs Wochen um die Plätze 1 und 2 gefahren ist." Was sicher nicht geholfen hat: Mercedes hatte sich nach dem ersten Test des Upgrades in Spa einen neuen Versuch mit den Teilen in Zandvoort vorgenommen. Doch das wechselhafte Wetter und die begrenzte Fahrzeit in den Trainings machten die Analyse nicht leichter.

Wolff ist sich sicher, dass sich irgendwo ein Fehler versteckt haben muss. "Vielleicht war es das Setup, die Strecke oder der Unterboden. Oder sogar alles zusammen?", fragte er sich. Vor allem beim Thema Reifenabnutzung hatte man zu kämpfen. Deshalb gab es seiner Meinung auch keine Alternative zu der Zweistopp-Strategie von Russell. "Für Lewis hatten wir ein Zwei-Stopp-Rennen geplant, obwohl wir zur Rennmitte eine Ein-Stopp-Strategie in Betracht gezogen haben", erklärt Wolff. "Aber er hatte einen Verbremser auf den harten Reifen, und da von hinten keine Gefahr drohte, stellten wir ihn auf eine Zwei-Stopp-Strategie um. Seine Pace war aber durchweg gut, und das macht uns Mut."

Wie trumpfte Ferrari plötzlich so auf?

Während man sich bei Mercedes wunderte, warum es so schlecht lief, war Ferrari nach der schwachen Qualifikation der Phönix aus der Asche. "Wir haben gesagt, wir brauchen ein Wunder und genau das ist passiert", fasste Charles Leclerc seinen Rennsonntag in Zandvoort zusammen. Er schaffte von Startplatz sechs den Sprung auf das Podium und wurde Dritter. Carlos Sainz machte den positiven Tag für die Italiener wenige Tage vor ihrem Heimrennen in Monza mit dem fünften Platz perfekt. Der Spanier schied wie Hamilton im Quali schon in Q2 aus.

"Der Undercut, eine günstige Reifenabnutzung und ein guter Start beider Fahrer haben geholfen", brachte es Ferrari-Teamchef Fred Vasseur auf den Punkt. Der Strategie-Streich mit Leclerc war eindrücklich. In Runde 24 steuerte er die Garage zum Reifenwechsel von Medium auf Hart an. Mit diesem Manöver schnappte er sich sowohl George Russell als auch Oscar Piastri. Eigentlich war der Stopp erst eine Runde später geplant, doch dann schwenkte man vorsichtshalber um.

Carlos Sainz - Sergio Perez - Formel  1 - GP Niederlande - 25. August 2024
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Carlos Sainz zwang Sergio Perez in die Knie.

Sainz kam erst sechs Runden später zum Service und reihte sich anschließend hinter Sergio Perez auf Platz sieben ein. Rund 15 Runden wehrte sich der Red Bull-Pilot, ehe Sainz in Runde 47 vorbei ging. Das Problem Russell erledigte sich mit dessen zweitem Stopp von selbst. "Wenn das Auto funktioniert, dann überfahren es die Fahrer nicht und das hilft wiederum beim Thema Reifen", sagte Vasseur. Er mahnt jedoch auch: "Wir müssen positiv denken und das zu schätzen wissen. Wir dürfen aber nicht vergessen dürfen, dass Norris weit voraus war und wir uns wirklich auf Siege konzentrieren müssen, nicht auf P3."

Wieso wurde Nico Hülkenberg unter Wert geschlagen?

Nico Hülkenberg lieferte im Haas bis kurz vor Ende des Rennen eine glanzvolle Vorstellung ab. Der 37-Jährige schaffte es, die harten Reifen über 57 Runden lang am Leben zu halten. Länger war niemand mit den Pirelli-Gummis unterwegs. Lange Zeit lag er sogar auf dem neunten Platz und hätte beinahe Punkte mitgenommen. Doch dann musste er sich zum Ende des Rennens hin noch Pierre Gasly im Alpine und Fernando Alonso im Aston Martin mit 18 beziehungsweise 17 Runden frischeren Reifen beugen und verpasste die Punkte als Elfter nur knapp.

Die Punkte wären bei Haas sehr willkommen gewesen. Schließlich hatte man bis dahin ein schwieriges Wochenende. Im Training kam Hülkenberg mit blockierenden Hinterrädern mehrmals von der Strecke ab und zerlegte unter anderem einen Frontflügel. Ein Glück nicht die neue Version, die zum Haas-Upgrade gehörte. Kevin Magnussen musste aufgrund eines außerplanmäßigen Batterie-Wechsels das Rennen aus der Boxengasse aufnehmen. Zudem hatte man Ärger, weil Ex-Sponsor Uralkali auf ausstehende Zahlungen drängte und am Donnerstagabend die Polizei vor der Haas-Garage auflief.

"Ich bin ein bisschen enttäuscht", sagte Hülkenberg. "Es sah über weite Strecken des Rennens sehr vielversprechend aus. Aber ich glaube, wir haben die Strategie nicht richtig gewählt. Oder wir waren vielleicht zu aggressiv beim Boxenstopp. Aber ich muss mir das erst anschauen. Es ist schade, denn vielleicht wären heute ein oder zwei Punkte möglich gewesen."

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