Geradeausreiten: Die besten Tipps und Übungen

Die besten Tipps fürs Geradeausreiten
Auf gerader Linie

Wie am Schnürchen geradeaus zu reiten, ist nicht so leicht. Manche Pferde winden sich wie eine Schlange. Hier sind die besten Tipps für Ihre nächste Gerade.

CAVALLO Training auf gerader Linie
Foto: Lisa Rädlein

Einfach gerade bleiben?

Sie wollen mit Ihrem Pferd schön schnurgerade durch die Länge der Bahn wechseln, aber können einfach nicht die Spur halten? Vor allem, wenn das Pferd abseits der stützenden Bande durch die Bahn läuft, werden gerade Linien oft zum Eiertanz.

Dass es so schwierig ist, den Geradeaus-Kurs zu halten, liegt daran, dass wir selbst nicht ganz gerade sind. Das Problem liegt also in der Natur der Sache: Sie und Ihr Pferd sind Lebewesen – mit einem individuellen Körper, der nie völlig symmetrisch ist. Diesen Körper wiederum bewegen wir viele Jahre lang durchs Leben; er ist vielfältigen äußerlichen Einflüssen und Belastungen ausgesetzt, die wir oft als "einseitig” bezeichnen: Bei uns Menschen ist das etwa das lange Sitzen am Schreibtisch, bei den Pferden vielleicht das ständige Zupfen aus dem hängenden Heunetz, der nicht optimal sitzende Sattel oder – und damit schließt sich der Kreis wieder – der nicht optimal sitzende Reiter.

Unsere Highlights

Pferd und Reiter: Wenn schief und schief sich gesellt

Wer schief sitzt, kann nicht korrekt einwirken, denn die Hilfen kommen nicht richtig an. Fürs Pferd ist das unangenehm, denn unwillkürlich erhöhen Reiter den Druck, wenn das Tier nicht reagiert. Kann der Reiter seinen Körper zum Beispiel nicht gut genug drehen, lässt sich auch sein Pferd in der Regel schlecht abwenden, stellen und biegen. Er kompensiert mit Zügelzug, das Pferd kürzt die Wendung ab, fällt auf die Schulter und schleudert die Hinterhand nach außen. Auf Dauer wird es so nicht gerade, sondern immer schiefer.

Auch Pferde haben eine bessere Hälfte. Sie sind auf der einen Seite geschickter, besser bemuskelt und fühlen sich für den Reiter besser an. Bereits die alten Reitmeister bearbeiteten deshalb schon vor Jahrhunderten die natürliche Schiefe. Denn nur ein gerades Pferd ist in Balance, belastet alle Beine gleichmäßig und bleibt beim Reiten gesund.

Schiefe hat mehrere Ursachen: Die Vorliebe für eine bestimmte Seite, die Pferde letztlich schief macht, bezeichnen Wissenschaftler als Lateralität, also Seitigkeit. Sie gehen davon aus, dass sich diese Lateralität aus drei Teilen zusammensetzt: An erster Stelle steht die natürliche Schiefe, die wohl schon bei Fohlen durch die Lage im Mutterleib entsteht. Dadurch verkürzt sich eine Körperhälfte, die Wirbelsäule krümmt sich leicht. Hinzu kommt die sogenannte Händigkeit (motorische Lateralität). Linkshändige Pferde stellen etwa bevorzugt ihr linkes Bein beim Fressen nach vorne oder treten mit dem linken Bein zuerst über eine Stange. Der dritte Aspekt ist die sensorische Lateralität. Das bedeutet: Pferde bevorzugen eine Seite ihrer Sinnesorgane. Emotional erregte Pferde etwa betrachten Objekte lieber von links.

Die natürliche Schiefe ist angeboren, die motorische und sensorische Schiefe entwickelt sich mit der Reifung des Gehirns. Wie diese drei Seiten der Schiefe zusammenhängen oder sich gegenseitig bedingen, ist noch nicht ganz geklärt und hält Forscher weiterhin in Atem.

Sie sehen also: Ein bisschen schief ist völlig normal. Aber Reiter und Pferd als Team harmonieren am besten, wenn sie sich gemeinsam in Balance bewegen. Und wenn das gelingt, machen Sie aus geraden Linien auch keine krummen Dinger. Wir zeigen Ihnen, mit welchen Übungen Sie locker auf der Geraden bleiben und Ihr Pferd leichter gerade halten. Viel Spaß beim Ausprobieren!

Übungen: So reiten Sie geradeaus

"Häufig verpassen Reiter den richtigen Punkt zum Abwenden oder bremsen das Pferd vor lauter Konzentration so sehr aus, dass es ins Schwanken kommt", erklärt Dressurausbilderin Ulrike Maak. Auch unausbalancierte Reiter und ungleichmäßige Hilfen können ein Pferd aus der Spur bringen, ergänzt sie. Hat es dazu noch sehr mit seiner eigenen natürlichen Schiefe zu kämpfen, fällt es ihm umso schwerer, sich auf einer schnurgeraden Linie zu bewegen. Um eine gerade Linie einzuhalten, müssen Sie aber noch nicht unbedingt an Geraderichtung denken, so die Ausbilderin. "Durch die Länge der Bahn reiten oder durch die ganze Bahn wechseln sind klassische Hufschlagfiguren, die bereits auf E-Niveau geritten werden." Damit Sie sich trotz aller Herausforderungen nicht auf Mittellinien oder Diagonalen durch die Bahn schlängeln müssen, hat Ulrike Maak einige Tipps auf Lager:

1. Vom richtigen Punkt aus starten

Wenn Sie auf die Mittellinie abwenden möchten, ist es wichtig, dass Sie die Ecke voll ausnutzen und tief ausreiten. "Zwischen der Ecke und dem Punkt, an dem Sie abwenden müssen, ist nämlich nicht viel Platz", betont Ulrike Maak. Wer hier abkürzt, bekommt also wortwörtlich die Kurve nicht mehr. Damit Sie die Mittellinie treffen, wenden Sie also früh genug ab. Der richtige Punkt dafür liegt genau zwischen der Ecke und der Mitte der kurzen Seite. Möchten Sie durch die ganze Bahn wechseln, reiten Sie ebenfalls zunächst tief in die Ecke, damit Sie Ihr Pferd schon am Wechselpunkt abwenden können. Richten Sie die Pferdenase am Wechselpunkt in Richtung des gegenüberliegenden Wechselpunkts aus, den Sie ansteuern möchten. So gelangen Sie sauber zum Wechselpunkt der anderen Seite, an dem Sie wieder an der Bande ankommen. So gelingt es Ihnen, die darauffolgende Ecke sauber auszureiten.

2. Fokus setzen und zügig anpeilen

Richten Sie Ihren Blick auf den Punkt aus, den Sie beim Queren durch die Bahn ansteuern möchten. "Lassen Sie sich von den Punkt anziehen, als würden Sie einem Sog folgen", rät Ulrike Maak.

CAVALLO Training auf gerader Linie
Lisa Rädlein

Beim Geradeaus-Reiten abseits der Bande hilft es, wenn Sie Orientierungspunkte ansteuern.

Vergessen Sie vor lauter Konzentration auf die perfekte Linie das Tempo nicht. "Reiten Sie Ihr Pferd vorwärts. Wenn Sie zu langsam werden, gerät Ihr Pferd viel leichter ins Schwanken", so Maak. Probieren Sie es selbst mal aus: Folgen Sie zu Fuß einer geraden Linie auf dem Boden. Wenn Sie ganz langsam einen Fuß vor den anderen setzen, verlieren Sie schnell die Balance und kommen ins Rudern. Gehen Sie aber zügig voran, werden Sie die Linie viel leichter halten können. Oder nehmen Sie einen Stift in die Hand und versuchen Sie, eine gerade Linie zu zeichnen. Gelingt Ihnen das besser, wenn Sie den Strich ganz langsam ziehen oder wenn Sie den Stift flott übers Papier gleiten lassen?

Weiterlesen im PDF:

Kompletter Artikel als PDF-Download
Geradeausreiten: Experten-Tipps und Übungen
So gelingt das Reiten auf einer geraden Linie
CAVALLO Training auf gerader Linie
  • Probleme auf geraden Linien beheben und ein Schwanken verhindern
  • Pferd und Reiter im Gleichgewicht: So finden Sie heraus, ob es an Ihnen oder Ihrem Pferd liegt
  • Fünf Übungen, um das Geradeausreiten zu verbessern
  • Vier Übungen für eine bessere Geraderichtung des Pferds
  • Mit Expertentipps zum richtigen Reitersitz
  • 7 Seiten PDF
nur3,59 €

Nach dem Kauf erhältst du eine E-Mail mit einem Link zum PDF-Datei Download oder kannst die Datei direkt hier auf der Webseite herunterladen.

Die Expertinnen:

CAVALLO Claudia Butry
Lisa Rädlein

Claudia Butry ist Dressurausbilderin und Bewegungstrainerin nach Eckhart Meyners. Sie lehrt klassische Dressur mit besonderem Fokus auf den Reitersitz. (neues-reiten.de)

Expertin Ulrike Maak mit zwei braunen Pferden
Wedekind

Ulrike Maak ist Berufsreiterin und Pilates-Trainerin. In ihrem Online-Kurs "Lieblingsreiter-Trainingsprogramm" vermittelt sie korrektes Reiten. (lieblingsreiter.de)