Reiten aus der Mitte: So findest du deine Balance im Sattel

Wie Sie Ihre Mitte im Sattel finden
Balance-Akt: Wie Sie im Sattel die Mitte finden

Unser Schwerpunkt ist Dreh- und Angelpunkt beim Reiten. Wenn der aus dem Ruder läuft, kommt auch das Pferd ins Schwimmen. Wie Sie Ihre Mitte im Sattel finden und in allen Lagen im Lot bleiben.

CAVALLO Wie Sie Ihre Mitte im Sattel finden und in allen Lagen im Lot bleiben
Foto: Lisa Rädlein

Schwerpunkt im Sattel finden

Erinnern Sie sich noch an Ihre ersten Reitstunden? Jeder Reitanfänger kennt das Gefühl, haltlos auf dem Pferderücken herumzurutschen. Mit ein bisschen Übung haben wir gelernt, uns an die Pferdebewegungen anzupassen und unser Gleichgewicht so auszurichten, dass wir nicht aus dem Sattel kippen. Doch das war nur die erste Etappe!

Das Suchen nach dem Gleichgewicht ist für viele Reiter ein langer Prozess, "vor allem deshalb, weil die Basis des mittigen Sitzes im Unterricht so oft vernachlässigt wird”, betont Dressurausbilderin Marcella Becker. Beim Reiten ist unser Schwerpunkt und die aktive Nutzung der Gewichtshilfen das, was am effektivsten ist. Nur wenn wir in allen Gangarten ausbalanciert im Sattel sitzen, können wir Gewichtshilfen auch gezielt einsetzen. Das ebnet den Weg zu feinen Schenkel- und Zügelhilfen.

Dass Reiter auf dem Pferd ein Gefühl für ihre Mitte finden, ist aber nicht nur die Basis für feine Kommunikation, sondern auch dafür, dass das Pferd verschleißfrei geritten werden kann. "Reiter, die im Schwerpunkt sitzen, können gezielter und damit effektiver das Pferd bei der Geraderichtung unter sich unterstützen”, sagt Becker.

Das wichtigste Ziel im Sattel: das Pferd so wenig wie möglich zu stören. Und das gelingt, wenn Sie und Ihr Pferd gemeinsam im Gleichgewicht sind. Wie Sie da hinkommen? Das verraten Ihnen unsere Experten im kompletten Artikel:

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Mit dem Pferd im Gleichgewicht
So finden Sie Ihre Mitte im Sattel
CAVALLO Wie Sie Ihre Mitte im Sattel finden und in allen Lagen im Lot bleiben
  • Gleichgewicht als Schlüssel zum feinen Reiten
  • Störfaktoren für den Sitz
  • Wie finde ich meine Mitte im Sattel?
  • 9 Übungen für einen ausbalancierten Sitz
  • Schiefe Pferde korrigieren
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Der mittige Sitz macht es möglich, dass Sie Ihr Pferd in all seinen Bewegungen optimal begleiten können. Im zentralen Grundsitz nimmt das Becken eine neutrale Position ein, die Stabilität gibt, ohne dass Sie sich dabei anstrengen müssen. "Die Wirbelsäule ist natürlich aufgerichtet, Kreuzbein und Brustbein stehen parallel zueinander und die Sitzbeinhöcker sind so platziert, dass sie im gleichen Abstand links und rechts von der Pferdewirbelsäule liegen”, erklärt Pferdewirtschaftsmeisterin Anke Recktenwald, die sich als Feldenkrais- und Tellington-Trainerin sowie im "Reiten aus der Körpermitte” weitergebildet hat.

Sie überrascht ihre Schüler immer wieder, indem sie zeigt, wie stark sich selbst minimale Sitzoptimierungen auf die Bewegungsqualität des Pferds auswirken. "Das aufrechte Sitzen ist komfortabler, als viele Reiter sich das vorstellen”, betont sie. "Wir brauchen zum Reiten gar nicht so viel Spannung. Die Position, die sich am entspanntesten anfühlt, ist richtig.” Dann sitzt der Reiter so im Lot, dass er die meiste Haltearbeit an die Knochen abgeben kann und die Muskeln frei sind für Bewegung. Übrigens auch eine Vorraussetzung für feines Reiten, "denn nur wer losgelassen sitzt und seine Muskulatur entspannt, kann feine Hilfen geben”, sagt die Feldenkrais-Trainerin.

Ausbalancierte Reiter sind leichtes Gepäck

Reiter, die ihre Mitte noch nicht gefunden haben, entwickeln typische Sitzfehler: etwa einen Stuhlsitz, ein Hohlkreuz oder unruhige Schenkel. Oft haben sie ein Leben lang damit zu kämpfen. "Trainer müssen erkennen, warum ein Reiter nicht in der Lage ist, nach Lehrbuch auf dem Pferd zu sitzen”, betont Claudia Butry, Dressurausbilderin und Bewegungstrainerin nach Eckart Meyners. Sie weiß, dass Reiter stumpfe Haltungskorrekturen à la "Oberkörper mehr aufrichten” oder "Unterschenkel mehr nach hinten” nicht weiterbringen. "Wer ein Körperteil nur mit Anstrengung ruhig und gerade halten kann, muss das irgendwo anders kompensieren. Dann wird zwar etwa der Oberkörper aufrechter, aber dafür werden die Beine unruhig.”

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Lisa Rädlein

Hier ist der gemeinsame Schwerpunkt aus dem Ruder gelaufen. Wer oder was ist hier schief – Reiterin, Pferd oder Sattel?

Damit Sitzkorrekturen wirklich helfen, müssen Reiter selbst ein Gespür für die korrekte Balance entwickeln. "Das funktioniert, indem man mit verschiedenen Positionen spielt und experimentiert, was sich schlechter und was besser anfühlt”, so die Ausbilderin. Oder aber, indem man sich selbst mithilfe innerer Bilder korrigiert. Anke Recktenwalds Schüler lernen, sich in anderen Bewegungssituationen vorzustellen, wenn sie auf dem Pferd sitzen. "Wenn Sie das Gefühl haben, dass Sie aus Ihrer aktuellen Position heraus umfallen würden, wenn das Pferd sich in Luft auflösen würde, sitzen Sie nicht ausbalanciert. Stellen Sie sich vor, Sie würden zum Beispiel gerade joggen. Dann richten Sie sich automatisch so aus, dass Sie mehr ins Gleichgewicht kommen.”

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Von der Seite betrachtet: alles im Lot.

Besonders hilfreich ist die Kraft der Gedanken auch dann, wenn Sie Ihren Sitz verändern. Wenn Sie im entlastenden oder leichten Sitz reiten, sollten Sie genauso über dem Schwerpunkt bleiben wie mit Ihrem Gesäß im Sattel.

Störfaktoren für den Sitz

Die eigene Mitte finden Sie auf Ihrem Pferd leichter, wenn Sie beide gut zusammenpassen, was Größe und Körperbau angeht. Denn sonst kann es schwierig werden: Schwere Reiter finden auf Pferden mit kurzen Rücken oft keinen Platz im Sattel. "Dann müsste der Reiter direkt hinter dem Widerrist sitzen, um im Schwerpunkt zu sein”, erklärt Anke Recktenwald. "Das gibt der Sattel aber meistens nicht her.”

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Wer im Schwerpunkt sitzt, muss sich über das Geraderichten kaum noch Gedanken machen.

Eine Herausforderung für den Reitersitz sind auch Pferde mit einem sehr breiten Rücken – vor allem dann, wenn der Reiter klein ist. Dann muss das Hüftgelenk sich sehr stark aufdehnen. Und diese Dehnfähigkeit hat Grenzen: "Da bräuchte man ein zweites Gelenk mitten im Oberschenkel. Diese Reiter können nicht nach Lehrbuch im Sattel sitzen, sondern müssen einen leichten Stuhlsitz einnehmen und das Knie weiter nach vorne bringen, damit sie aufrecht sitzen können”, betont Feldenkrais-Trainerin Anke Recktenwald.

Auch der Sattel spielt eine wichtige Rolle: Er muss selbstverständlich so liegen, dass der Reiter im richtigen Schwerpunkt sitzen kann. Ist er schief gepolstert oder passt der Schwung nicht zum Pferderücken, ist der korrekte Sitz unmöglich.

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Ein Sattel kann den Schwerpunkt des Reiters verändern.

Der Sattel muss zudem nicht nur zum Pferd, sondern auch zu dessen Reiter passen. Vor allem große Reiter brauchen mehr Bewegungsfreiheit und Platz im Sattel, um ihr Bein korrekt winkeln zu können. Zu gerade Sattelblätter und zu dicke Pauschen stören die Bewegungsfreiheit und damit auch die Balance.

Wie finden Sie Ihre Mitte?

Vielen Reitern fällt es schwer, ihre Mitte im Sattel zu fühlen. Wie Sie ihr auf die Spur kommen und das gemeinsame Gleichgewicht mit Ihrem Pferd genießen.

Übung 1: Vier Augen sehen mehr

Im Unterricht läuft Dressurausbilderin Marcella Becker gerne hinter Reiter und Pferd her, statt in der Mitte zu stehen. Sie begleitet ihre Schüler mit Argusaugen. "Wenn wir reiten, müssen wir unseren Sitz immer ein klein wenig anpassen – so wie das Pferd uns gerade braucht”, betont sie.

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Dreh- und Angelpunkt beim Reiten: Ihr Becken soll sich dreidimensional bewegen.

Der Grundsitz aber ist mittig, die Schultern sind parallel zu denen des Pferds, die Hüften ebenso, die Wirbelsäule ist natürlich und spannungsfrei aufgerichtet. "Nur so können sich Pferd und Reiter verschleißfrei gemeinsam bewegen”, weiß Trainerin Marcella Becker.

Ob Sie mittig sind, können Sie ganz einfach überprüfen: Bitten Sie eine andere Person, von hinten zu schauen, wie Sie im Sattel sitzen. Sie kann erkennen, auf welcher Seite Sie etwas mehr Gewicht haben. Experimentieren Sie dann mit Ihrer optisch richtigen Mitte und der Gewichtsverteilung, die Sie dafür herstellen müssen. Sagt Ihnen Ihr Helfer, Sie sitzen mittig, verlagern Sie Ihr Gewicht bewusst mehr nach links oder nach rechts. Danach setzen Sie sich immer wieder in die neutrale, korrekte Position. Mit der Zeit stellt sich so das Gefühl für Ihre Mitte ein.

Ihre korrekte Mitte kann sich am Anfang so anfühlen, als ob Sie auf einer Seite fast herunterhängen. "Deswegen ist es so wichtig, wenigstens ab und zu Unterricht zu nehmen”, empfiehlt Marcella Becker. Denn auch bei fortgeschrittenen Reitern schleichen sich kleine Asymmetrien ein.

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Hintern in die Höh’: Mit inneren Bildern schaffen Sie es leichter, dabei im Gleichgewicht zu bleiben.

"Würden Ausbilder bereits bei Reitanfängern darauf achten, dass sie mittig sitzen, würden extreme Asymmetrien beim Reiter, aber vor allem beim Pferd gar nicht erst entstehen”, meint Becker. "Dann wäre die so wichtige relative Geraderichtung des Pferds beim Reiten verhältnismäßig einfach zu erreichen.”

Die Expertinnen

CAVALLO Wie Sie Ihre Mitte im Sattel finden und in allen Lagen im Lot bleiben, Marcella Becker
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Marcella Becker lernte u.a. bei Dr. Thomas Ritter und bildet Reiter sowie Pferde in klassischer Dresssur aus. Immer im Fokus: der Reitersitz. marcella-becker-dressur.de

CAVALLO Wie Sie Ihre Mitte im Sattel finden und in allen Lagen im Lot bleiben, Claudia Butry
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Claudia Butry ist Bewegungstrainerin nach Eckart Meyners, OsteoConcept Coach nach Barbara Welter-Böller und Neuroathletik-Trainerin für Reiter. neuesreiten.de

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Anke Recktenwald ist Pferdewirtschaftsmeisterin, Tellington-Trainerin, Centered Riding- und Feldenkrais-Lehrerin. feldenkrais-recktenwald.de