Moderne Fliegeruhren und ihre klassischen Vorbilder

Wie im Flug
Moderne Fliegeruhren und ihre klassischen Vorbilder

So vergeht tatsächlich manchmal die Zeit. Gute Entwürfe haben aber Bestand und lassen sich auch nach Jahrzehnten mit etwas Kreativität in die Neuzeit übersetzen. Wir zeigen moderne Pilotenuhren und ihre klassischen Vorbilder.

Moderne Fliegeruhren und ihre klassischen Vorbilder
Foto: Hersteller

Mehr als 100 Jahre ist es her: 1919 rollte das erste Ganzmetall-Verkehrsflugzeug aus der Werft- halle derJunkersFlugzeugwerke in Dessau. Am 25. Juni jenes Jahres absolvierte das Modell F13 seinen Erstflug. Charakteristisch war die tragende Wellblechbeplankung. Dieses Merkmal zeichnete auch ihre deutlich berühmtere Schwester Ju 52 aus, die legendäre "Tante Ju".So wurde das Wellblech förmlich zu einem Markenzeichen von Junkers. Da wundert es nicht, dass der Uhrenhersteller Junkers die "Tante Ju" auch in seinen aktuellen Fliegeruhren zitiert. Das Zifferblatt des modernen Chronographen, der ebenfalls Ju 52 heißt, ziert ein Wellblechmuster. Im Übrigen zeigt er sich klassisch-modern mit pilzförmigen Chronographendrückern und robustem Kronenschutz. Charlotte Junkers, Urenkelin des Firmengründers und fortschrittlichen Erfinders Hugo Junkers, hat die Leitung der Uhrenmarke übernommen und definiert die Kundschaft als Männer über 40 Jahre. Künftig soll die Marke aber auch jüngere Interessenten ansprechen. Man darf gespannt sein, wie das gestalterische Erbe von Hugo Junkers künftig in die Neuzeit übersetzt wird.

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Inspiriert von der legendären "Tante Ju": Junkers setzt bei seinem Chronographen Ju 52 auf die Wellblechoptik.

Junghans und die Faszination Fliegen

Auch bei Junghans hat die Faszination Fliegen eine langjährige Tradition. Mit den neuen Modellen Meister Pilot Chronoscope und Meister Pilot Automatic begibt sich die Uhrenfabrik nun auf eine emotionale Zeitreise durch die eigene Geschichte, bis an die Anfänge der motorisierten Luftfahrt. Bereits im frühen 20. Jahrhundert fertigte Junghans mechanische Borduhren, die in Luftschiffen und Flugzeugen der Bestimmung der Flugdauer dienten und damit unverzichtbare Navigationsinstrumente waren. Einen weiteren Meilenstein erreichte die Uhrenfabrik in den 1950er Jahren, als das Unternehmen im Auftrag der neu gegründeten Bundeswehr seine erste Armbanduhr für Piloten entwickelt – und seinen bis heute legendären Flieger-Chronographen vorstellt. Der diente gestalterisch als Vorbild für die jüngsten Kreationen, bei denen der Uhrenbauer aus dem Schwarzwald aber deutlich mehr Farbe ins Spiel gebracht hat. In Marineblau und mit einer handgezeichneten Nose-Art-Gravur auf dem Gehäuseboden erinnert die auf 300 Exemplare limitierte Meister Pilot Chronoscope Navy Blue an legendäre Muster aus der Geschichte der US-Streitkräfte. Dieses Farbschema nimmt die Meister Pilot Automatic auf, die im folgenden Katalogteil zu sehen ist. Den Geist der Flugpioniere von einst soll die gezeigte Meister Pilot Chronoscope Desert im Hier und Jetzt vermitteln – mit einem sandfarbenen Zifferblatt und braunschwarzem Gehäuse.

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Die jüngste Variante der Meister Pilot Chronoscope von Junghans kann ihre Herkunft als funktionelle Fliegeruhr nicht leugnen.

Fliegeruhren aus dem Hause Sinn

Sinn Spezialuhren in Frankfurt am Main wurde von dem Piloten und Fluglehrer Helmut Sinn gegründet. Einer seiner ersten Entwürfe war das Modell 356 Flieger, ein klar gezeichneter Chronograph mit schwarz-weißem Zifferblatt. Gute Ablesbarkeit war schon immer – und ist bis heute – ein wesentliches Merkmal der instrumentellen Uhren aus dem Hause Sinn. Davon zeugt auch die Navigationsborduhr NaBo, die der heutige Sinn-Inhaber Dipl.-Ing. Lothar Schmidt in den Armbandchronographen 717 übersetzt hat. Jüngstes Mitglied der Sinn-Fliegeruhren-Kollektion ist die 356 Flieger Klassik, die das Design der historischen 356 aufnimmt und sogar noch weiter auf das Wesentliche reduziert. Der Einsatz des modernen Chronographenwerks Sellita SW510 ermöglicht die sogenannte Bicompax-Anzeige mit zwei horizontal angeordneten Totalisatoren, die das Zifferblatt noch aufgeräumter wirken lässt. Mit Lederband ist sie ab 2390 Euro zu haben.

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Manchmal ist weniger auch mehr. Die jüngste Interpretation des Sinn-Klassikers 356 erscheint mit den wenigen Anzeigen auf dem Zifferblatt deutlich aufgeräumter.

"Große Fliegeruhr"

Eine Legende unter den Pilotenuhren ist das, was heute unter dem neuen Begriff "Große Fliegeruhr" subsummiert wird. Diese Bezeichnungist sehr treffend, denn diese Uhren, die von 1941 an von den Firmen A. Lange & Söhne, Laco, Stowa, Wempe und IWC für die deutsche Luftwaffe gebaut wurden, hatten einen Gehäusedurchmesser von 55 Millimetern. Zwei Zifferblattvarianten waren vorgesehen. Das Baumuster A mit 12er-Skala außen war für Piloten gedacht. Hier standen die Stunden oben in der Informationshierarchie. Das Baumuster B sollte Navigatoren ihre Arbeit erleichtern. Auf dem Zifferblatt dominieren die Minuten. Die große Minuterie mit aufgedruckten Ziffern von 5 bis 55 sowie ein langer und breiter Minutenzeiger bestimmen das Geschehen. Die Stunden sind in einem kleinen konzentrischen Kreis mittels eines kurzen Stundenzeigers abzulesen. Beide Zifferblattvarianten setzt Laco bis heute in ihren Armbanduhren um, allerdings meist in tragbareren Größen zwischen 39 und 45 Millimeter. Wer sich ein bisschen in der Zeit zurückversetzen lassen will, wählt ein sogenanntes "Erbstück", neue Uhren in verschiedenen Varianten, die künstlich gealtert wurden und ab 1950 Euro zu haben sind. IWC pflegt nach wie vor das Baumuster A und nennt dieses Big Pilot’s Watch. Mit einem Durchmesser von 46,2 Millimetern kommt sie nahe ans Original heran. Aufgrund des Einsatzes eines Automatikwerks aus eigener Manufaktur – mit erstaunlichen acht Tagen Gangautonomie – verlangen die Schaff-hauser für den Boliden inzwischen stattliche 13900 Euro. Die hier gezeigte Big Pilot’s Watch 43, ebenfalls mit einem hauseigenen Werk ausgestattet, erscheint etwas schlichter und ist ab 9500 Euro zu haben.

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Die jüngste Interpretation der "Großen Fliegeruhr" von IWC Schaffhausen.

Tutimas legendärer Additionsstopper

Auch Tutima weiß aus seiner Geschichte, wie man Fliegeruhren baut. Der Fliegerchronograph aus dem Jahr 1941, den der Uhrenhersteller für die deutsche Luftwaffe entwickelte, ist heute eine technische Legende. Der Additionsstopper aus Glashütte war seinerzeit mit dem Kaliber UROFA 59 ausgestattet. Es verfügte über eine Flyback-Funktion, die man in Deutschland als Tempostopp bezeichnete. Darunter versteht man die Möglichkeit, den Chronographen auf Null zu stellen und sofort wieder anlaufen zu lassen, ohne ihn zu stoppen. Sein aktuelles Pendant heißt Grand Flieger Classic, ist im Grunde ein moderner Chronograph mit historischen Wurzeln – und liegt mit Stahlband immer noch unter 4000 Euro.