Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg weckte die verlockende Möglichkeit, auf verwundbare Flugplätze und große Flugzeugträger verzichten zu können, das Interesse der US Navy. Schon während des Krieges hatte es mit der Bachem Ba 349 Natter und dem projektierten Focke-Wulf-Triebflügel entsprechende Ansätze in Deutschland gegeben. Im Jahr 1947 begannen US Air Force und US Navy schließlich Studien über VTOL-fähige Fluggeräte (Vertical Take-off and Landing) im "Projekt Hummingbird". Wie der gleichnamige Kolibri sollten die Maschinen in der Lage sein, in der Luft zu schweben und punktgenau zu landen. Da zunächst kein ausreichend starker Turbojet verfügbar war und sich ein Raketenantrieb schon allein wegen des hohen Verbrauchs als unpraktisch erwies, sahen die Konstrukteure damals die Lösung im neuen Turbopropantrieb.
Aufträge an Convair und Lockheed
Nach Ausbruch des Koreakriegs im Juni 1950 flossen entsprechende Geldmittel. Innerhalb von zwei Monaten forderte das Bureau of Aeronautics der Navy die einheimischen Luftfahrtfirmen auf, ein VTOL-Forschungsflugzeug zu entwickeln, das in einen Jäger münden könnte. Aus acht Entwürfen wählte die Marine am 31. März 1951 schließlich zwei Entwürfe aus. Bei Convair bestellte man drei Exemplare der XFY-1 (BuNo 138648 bis 138650), davon eines für statische Tests. Das Unternehmen aus Kalifornien benannte das Muster später passenderweise "Pogo" nach dem damals als Freizeitsportgerät beliebten Springstab. Lockheed bekam den Auftrag über zwei XFO-1, später als XFV-1 bezeichnet (BuNo 138657/58). Im Endeffekt sollte allerdings nur jeweils ein Exemplar vollendet werden.
Riesiges Triebwerk
Als Antrieb beider Muster diente das 4101 kW starke Allison YT40, das aus einer Kombination von zwei T38-Turboprops mit je einer vierstufigen Turbine und einem 17-stufigen Axialverdichter bestand. Ein Getriebe verband die beiden Einheiten und trieb die mächtige gegenläufige Curtiss-Doppelluftschraube an, die über einen Durchmesser von 4,88 Metern und insgesamt sechs Propellerblätter aus geschmiedetem Stahl verfügte. Das Triebwerk war ganze 4,27 m lang, die Flugzeuge selbst gerade einmal knapp elf Meter. Bis dahin hatte kein Fluggerät in dieser Größenklasse jemals einen so starken Antrieb erhalten. Die geplanten Jägerversionen (FV-2 und FY-2) sollten das Allison T54 (zwei kombinierte und später in der C-130 Hercules und P-3 Orion bewährte T56-Aggregate) mit 5592 kW sowie eine Bewaffnung von je zwei beziehungsweise vier 20-mm-Kanonen oder 48 ungelenkte Raketen in Behältern an den Flügelspitzen erhalten.
Kein konventionelles Fahrwerk möglich
Bei der Convair XFY-1 Pogo fanden die Ingenieure aufgrund der Auslegung als schwanzloser Deltaflügler mit zwei großen, jeweils senkrecht zur Tragfläche stehenden Leitwerken keine Lösung für ein provisorisches konventionelles Fahrwerk. Im Gegensatz zu seinen Lockheed-Kollegen musste Testpilot James Coleman also von Anfang an in vollkommen unbekannte Flugbereiche vorstoßen. Im Vorfeld der Flugerprobung hatten Windkanalversuche des NASA-Vorgängers NACA (National Advisory Committee for Aeronautics) jedoch einige wertvolle Hinweise geliefert. So zeigten Tests mit einem ferngesteuerten und durch einen Elektromotor angetriebenen Modell im Maßstab 1:4, dass die Maschine nicht mit einer Geschwindigkeit größer als drei Meter pro Sekunde sinken durfte, da sie sonst außer Kontrolle geraten könnte.
Erste Tests an der Leine
Um das Risiko zu minimieren, hängte man die Pogo kurzerhand an einem Kabel von der 59,4 m hohen Decke des Luftschiffhangars auf der Naval Air Station Moffett Field bei San Francisco auf. So erfolgte der erste angeleinte Schwebeflug am 4. Juni 1954. Aus Sicherheitsgründen wurden die Versuche an einem besonderen Gestell bald ins Freie verlegt, da es in der Halle zu Luftturbulenzen durch die gigantischen Propellerverwirbelungen kam. Am 1. August 1954 war es dann so weit. Ohne Netz und doppelten Boden flog Coleman bis in zwölf Meter Höhe und kehrte dann wieder langsam rückwärts zurück auf die kleinen Räder mit Stoßdämpfern, die als Fahrwerk an den Enden der Tragflächen und Leitwerke saßen. Die Ehre des ersten Senkrechtflugs, ausgenommen mit Hub- und Tragschraubern, gebührt allerdings dem Flying Bedstead von Rolls-Royce, das am 3. Juli 1953 geflogen war. Am 2. November 1954 gelang Coleman dafür ein kompletter Zyklus mit Übergang in den Geradeausflug. Solche Flüge muteten äußerst spektakulär an: Nach dem Start befand er sich schon in 60 m Höhe in vertikaler Fluglage. Der horizontale Anflug zur Landung erfolgte in nur 15 m Höhe. Coleman zog dann hoch und versuchte in der geringstmöglichen Höhe in den vertikalen Schwebeflug zu kommen, um möglichst wenig Distanz zum Boden zurücklegen zu müssen. Außerdem musste er seinen Schleudersitz, der nicht über Zero-Zero-Eigenschaften verfügte, um 20 Grad nach vorne neigen.
Keine Sicht bei der Landung
Bei der Landung zeigte sich auch das Hauptproblem des "Tailsitters". Der Pilot hatte keine Sicht nach hinten und konnte daher seine Höhe nicht einschätzen. Außerdem besaß er nur die Motorleistung als Steuerelement. Eine digitale Triebwerkssteuerung, wie sie heute zum Standard gehört, stand damals noch in den Sternen. So musste der Flugzeugführer mit viel Gefühl den Schubhebel bedienen, während die Maschine am Propeller hing.
Trotzdem lautete Colemans Kommentar zur Pogo in der damaligen Presseerklärung positiv: "Es ist das problemloseste Flugzeug, das ich jemals geflogen habe. Es fliegt sich wie ein Traum." Auch Chefingenieur Raymond Sebold war voll des Lobes: "Die Pogo hat die Vorteile des Hubschraubers und konventionellen Jagdflugzeugs zusammengefasst – in einem Flugzeug mit einem Geschwindigkeitsbereich in der Luft von 0 bis 800 km/h." Trotz dieser euphorischen Äußerungen hatte das Konzept keine Zukunft. Antriebs- und Steuerungsprobleme ließen die Navy beide Programme im Juni 1955 einstellen. Die Pogo hatte zu diesem Zeitpunkt gerade einmal 40 Flugstunden auf dem Buckel. Die Lockheed XFV-1, die niemals in den VTOL-Betrieb gegangen war, konnte gar nur 23 Stunden verbuchen. Trotz aller Herausforderungen und Widrigkeiten war es fast überraschenderweise zu keinen Unfällen gekommen. Seit den 70er Jahren ist die Pogo beim Smithsonian in Silver Hill, Maryland, eingelagert.
Technische Daten
Hersteller: Consolidated Vultee Aircraft Corporation, San Diego
Verwendung: einsitziges Forschungsflugzeug
Antrieb: 1 Turboprop-Triebwerk Allison XT40-A-6
Leistung: 4101 kW (5579 PS)
Länge: 10,66 m
Spannweite: 8,43 m
Flügelfläche: 32,98 m²
Leermasse: 5326 kg
Startmasse: 7371 kg
Treibstoffkapazität: 2182 l
Höchstgeschwindigkeit: 763 km/h
Reichweite: 805 km (geschätzt)
Steigleistung: 2 min 42 s auf 6096 m