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Stinkt zum Himmel

In sage und schreibe drei Plastiksäcken eingepackt transportierten wir im Herbst die Feriengeld-Investition unserer Tochter vom Mittelmeer heim. Den doch eher bescheidenen Ferienbatzen tauschte sie am drittletzten Urlaubstag gegen zwei Paar modische Stoffschuhe. Der Marktfahrer unterbreitete ihr ein 2für1 Angebot, das sie vollends überzeugte.

Bis zum Moment, als sie die Schuhe aus dem Plastiksäckli nahm. War es ein Klebstoff oder das Sohlenmaterial? Die beiden Schuhe stanken entsetzlich und verbrachten daher die letzten Ferientage im Garten. Zurück in der Schweiz kündigte sich bereits der Winter an und die beiden Schuhpaare lagerten während der letzten Monate notgedrungen draussen. Mit dem zögerlichen Frühlingserwachen kam auch die Lust auf die leichten Stoffschuhe: doch diese stinken -unbeeindruckt durch die lange und kalte Lüftungstortur- in alter Manier.

Die Enttäuschung ist gross. Das Feriengeld in Stinkware eintauschen will die Tochter kein weiteres Mal. Sie werde zukünftig vor dem Kauf an den Kleidern, Schuhen, modischen Accessoires riechen, dieser Entschluss steht fest.

Wir Eltern erklären ihr, dass in den vergangenen Monaten stinkende Geldanlagen sehr vielen Leuten zum Verhängnis geworden sind. Diese würden wahrscheinlich zukünftig auch alle Sinne einsetzen, bevor sie sauer verdientes Erspartes oder die Altersvorsorge in verlockende Angebote der Finanzinstitute umtauschten.

Auf die Anlage-Ratingagenturen und ihre Risikoeinschätzungen war wenig Verlass. Wie wäre es, wenn anstelle der Risikostufen eine für jedermann sofort verständliche Bewertung eingeführt würde? Von “stinkt zum Himmel” über “neutraler Geruch” zu “lieblichem Frühlingsblumen-Bergduft”?

Wer einmal erlebt hat, dass ein übelriechendes Produkt auch nach langer Zeit nicht besseren Geruch verströmt, würde bestimmt die Hände von demselben lassen. Wie von Billigschuhen aus Taiwan oder Lehman-Zertifikaten aus Amerika…

Sara Stalder

Geschäftsleiterin Stiftung für Konsumentenschutz