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Datenrohstoffe zum Spottpreis

Seit gestern regeln Bestimmungen im Kleingedruckten der neuen Coop-Supercards, was mit den gesammelten Daten während einer Bearbeitungszeit von 10 Jahren gemacht wird. Wer diesem Diktat nicht zustimmt und die Löschung seiner Daten verlangt, wird von den „Supervorteilen der Woche“ – welche die Supercard vollmundig bewirbt – ausgeschlossen: Wünscht ein Supercard Teilnehmer, dass diese Daten vor diesem Zeitpunkt gelöscht werden, ist dies nur möglich, wenn der Kunde gleichzeitig aus dem Supercard Programm austritt.

Coop wird einem Löschungsbefehl aber nur teilweise nachkommen, denn die bisher gesammelten Daten des Warenkorbs werden bis zum Ende der gesetzlichen Aufbewahrungsfrist pseudonymisiert weiterverwendet.

Mit geschicktem Marketing erhält Coop – wie die Migros mit dem Cumulus-System übrigens auch – die wichtigsten Datengrundlagen zu einem Schnäppchenpreis. Teure Marktforschungen, die immer eine gewisse Ungenauigkeit enthalten, können daher getrost ausgelassen werden. Die breite Erfassung des praktischen Kaufverhaltens gibt den Marketingverantwortlichen in Echtzeit ein ausserordentlich exaktes Abbild, denn: Ein Kundenprofil setzt sich zusammen aus Kontaktdaten, Einkaufsdaten sowie allfällig gesundheitsrelevanten Daten, die im Zusammenhang mit den Einkäufen stehen. Die Kontaktdaten umfassen Angaben wie Name, Anschrift, Telefonnummer und E-Mail-Adresse. Die Einkaufsdaten setzen sich u. a. aus Ort- und Zeitangaben, den Daten zu den Produkten, Dienstleistungen und der Inanspruchnahme von Vergünstigungen zusammen, bei deren Kauf oder Inanspruchnahme die Supercard verwendet wird.

Damit Coop aus den so gewonnen Fakten das Bestmögliche herausholen kann, werden weitere Datensätze miteinander verknüpft: Weiter erlaubt der Teilnehmer der Coop Genossenschaft, die gesammelten Daten mit Daten der Coop-Gruppe und mit Daten von Supercard Partnerunternehmen sowie durch professionelle Adresshändler mit zusätzlichen Merkmalen (wie Haushaltsgrösse, Hausbesitz, Alter, Einkommensklasse etc.) zu ergänzen. Die neuen AGBs der Supercard entlocken den Konsumentinnen und Konsumenten demnach die Zustimmung, dass verschiedene Datenbanken miteinander verknüpft werden.

Damit wird der bereits gläserne Konsument noch etwas durchsichtiger – und zwar unter Umständen über die Landesgrenzen hinaus. Angesichts des unendlichen Nutzens, den Coop aus diesem Kartenprogramm zieht, ist die Entschädigung für die Datenlieferanten äusserst kleinlich. Anstelle einiger Rabattaktionen und des sehr eingeschränkten Verwendungszwecks sollte jedes Vorweisen der Karte an den Coop-Kassen mit einer deutlichen und nützlichen Gegenleistung belohnt und verdankt werden. Zudem sollten die Karten-Nutzerinnen und Nutzer an den Kassen oder über ein Userportal jederzeit die Möglichkeit haben, in ihr Datenkonto Einsicht zu erhalten – und nicht bloss schriftlich unter Vorlage einer amtlichen Ausweiskopie, wie im Kleingedruckten vorgesehen. Damit würde den Konsumentinnen und Konsumenten regelmässig vor Augen geführt, welch unendlich wichtigen Datenrohstoffe sie quasi gratis und franko den Detailhändlern fortlaufend abliefern und damit vielfach Dienstleister wider Willen sind.

Sara Stalder

Geschäftsleiterin Stiftung für Konsumentenschutz