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Das neue Finanzdienstleistungsgesetz soll Anleger besser schützen

In diesen Tagen endet die Vernehmlassung zum Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) und dem Finanzinstitutsgesetz (FINIG). Diese beiden Gesetze sollen den Anlegerschutz verbessern und verhindern, dass künftig Schweizer Anleger nicht mehr mit falschen Versprechungen geprellt werden können, so wie dies 2008 mit den Lehman-Brothers-Papieren geschehen ist.

Dass beim Anlegerschutz dringender Handlungsbedarf besteht, kann spätestens seit den Ereignissen rund um die Finanzkrise 2008 niemand ernsthaft bestreiten. Damals verloren Schweizer Anleger wegen ungeeigneten Finanzprodukten und Falschberatungen Milliarden. Besonders in Erinnerung geblieben sind die Lehman-Brothers-Papiere, die damals von der Credit Suisse mit dem Vermerk „100% kapitalgeschützt“ verkauft wurden, und trotzdem über Nacht praktisch wertlos wurden.
Auch beim Streit um Kommissionen (sogenannte Retrozessionen) verhalten sich Banken und Vermögensverwalter – mit wenigen Ausnahmen – wenig kundenfreundlich: Obwohl zwei Bundesgerichtsurteile klar festhalten, dass Retrozessionen (ohne rechtsgültigen Verzicht) den Kunden gehören, weigern sich die meisten Finanzinstitute, diese vollumfänglich zurückzuerstatten.

Ein neues Gesetz, das Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG), soll nun solche Gesetzeslücken schliessen. Vorgesehen sind unter anderem folgende Regelungen:

• Verhalten der Finanzdienstleister
Positiv zu werten ist, dass Vermögensverwalter und Anlageberater künftig die Gründe für jede Empfehlung zum Kauf oder Verkauf von Finanzprodukten schriftlich festhalten müssen. Zusätzlich sieht das neue Finanzdienstleistungsgesetz je nach Finanzdienstleistung eine Eignungsprüfung, bzw. Eignungs- und Angemessenheitsprüfung vor. Dabei muss die Bank oder der Vermögensverwalter überprüfen, ob ein Kunde ausreichende Kenntnisse und Erfahrungen hat, um ein Finanzgeschäft (z.B. der Kauf von Wertpapieren) zu verstehen und ob ein solches Geschäft überhaupt für ihn geeignet ist – wichtige Kriterien sind dabei die Vermögensverhältnisse des Kunden und die Anlageziele (was will der Kunde mit seiner Geldanlage erreichen?).

• Basisinformationsblatt
Das Basisinformationsblatt ist eine Art Beipackzettel für ein Finanzprodukt. Da dieses Basisinformationsblatt standardisiert sein wird, kann ein Anleger die Risiken/Renditeerwartung, die Kosten und andere wichtige Angaben von verschiedenen Finanzprodukten miteinander vergleichen. Heute fehlt eine solche Vergleichsmöglichkeit.

•Kollektive Rechtsdurchsetzung / Gruppenklagen
Das Finanzdienstleistungsgesetz sieht vor, dass Konsumentenschutz-Organisationen – wie zum Beispiel die SKS – klageberechtigt sind, wenn Finanzdienstleister die Pflichten gegenüber ihren Kunden verletzen. Ausserdem kann ein Gericht einen Vergleich einer solchen Organisation mit einem Finanzdienstleister für eine Gruppe von Klägern für allgemein verbindlich erklären (Gruppenvergleichsverfahren). Die SKS begrüsst diese Instrumente. Zusätzlich fordert die SKS, dass sich Anleger auch selbständig zusammenschliessen und klagen können, ohne dass sie dazu einen Verein oder eine Stiftung gründen müssen. Ausserdem sollen die Anleger bei solchen Klagen auch Schadenersatz fordern können, dies ist derzeit nicht vorgesehen.

• Retrozessionen
Artikel 26 FIDLEG sieht vor, dass Banken und Vermögensverwalter die Provisionen, die sie beim Kauf von Finanzprodukten erhalten (sogenannte Retrozessionen oder Kickbacks), entweder an ihre Kunden weiterleiten oder einbehalten dürfen, falls der Kunde vorher ausdrücklich auf die Herausgabe verzichtet hat.
Die SKS fordert, dass das Einbehalten von Retrozessionen künftig nicht mehr gestattet ist, denn die Annahme von Vorteilen ist die Ursache der allermeisten Probleme bei Finanzdienstleistungen. Locken hohe Provisionen, sind Anlageberater und Vermögensverwalter dauernd in der Versuchung, bzw. unter Druck, diese Finanzprodukte zu verkaufen, anstatt diejenigen Produkte, die für den Kunden am besten geeignet sind. Ohne Kickbacks hätte es den Fall Lehman Brothers / Credit Suisse in dieser Form nicht gegeben. Verbietet man das Einbehalten von Vorteilen, haben alle Finanzdienstleister die gleichen Karten und können sich auf die optimale Beratung und Betreuung ihrer Kunden konzentrieren. Die entgangenen Einnahmen können kompensiert werden, beispielsweise durch einen fixen jährlichen Betrag am Anteil des verwalteten Vermögens oder durch Beratungen, die kostenpflichtig sind, aber wirklich den Namen „Beratung“ verdienen und keine reinen Verkaufsgespräche sind.

Die vollständige Stellungnahme der SKS zum FIDLEG und FINIG finden Sie hier.