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Advergames: Man spielt nicht mit dem Essen!

Kinderhand-mit-ComputermausMit dem Essen spielen ist verpönt, hiess es früher. Heute macht sich die Lebensmittelindustrie den Spieltrieb der Kinder zunutze und bietet online auf ihren Webseiten Spiele an, welche die Lebensmittel und Marken bei den jungen Konsumentinnen und Konsumenten einprägen sollen. Die Allianz der Konsumentenschutz Organisationen – die SKS, FRC und ACSI – sind gegen die Bewerbung von ungesunden Produkten vorgegangen und konnten erste Erfolge erzielen.

Advergames (advertising games oder Werbespiele) sind interaktive Video-Spiele und sollen bei den unter Zwölfjährigen gezielt Lebensmittel oder Marken bekannt machen. Zu den Unternehmen, welche dieses Marketinginstrument verwenden, gehören insbesondere auch acht der dreizehn Unterzeichner des „Swiss Pledge“ und zwei des „EU Pledge“, deren Produkte auch auf dem Schweizer Markt zu finden sind.

Die Unternehmen verpflichten sich im Rahmen des „Pledge“, nur Werbung für ausreichend gesunde Lebensmittel (evaluiert nach bestimmten Nährwertkriterien) an Kinder zu richten. Da die meisten Advergames allerdings eine Marke oder Produktelinie und nicht ein spezifisches Lebensmittel bewerben, besteht die Gefahr, dass Kinder im Supermarkt dank dieser Spiele auch andere, weniger gesunde Lebensmittel derselben Marke nachfragen. Aus diesem Grund braucht es unbedingt eine Ausweitung der Kriterien auf alle Produkte eines Markennamens.

Von den acht Unternehmen, welche den „Swiss Pledge“ unterzeichnet haben, erfüllen lediglich drei das versprochene Engagement: Danone (Actimel, Danonino), Kellogg’s (Choco Krispies) und Intersnack (Pom-Bär). Die Werbung der übrigen fünf Unterzeichner (Coop, McDonald’s, Mondelez, Nestlé, Unilever) umfasst hingegen eine Reihe von Produkten, welche die ernährungstechnischen Anforderungen nicht erfüllen. Unter den Produkten der zwei Unterzeichner des „EU Pledges“ (Bel, Ferrero) befindet sich sogar kein einziges Produkt, welches die Richtlinien respektiert.

Im Rahmen der Strategie für den Kampf gegen nicht ansteckende Krankheiten hat das WHO-Regionalbüro für Europa verschiedene Grenzwerte identifiziert, welche als effizienter als diejenigen der „Pledges“ betrachtet werden. Werden diese Werte auf die Lebensmittel und Mahlzeiten in den Advergames angewandt, stellt sich heraus, dass keines der beworbenen Produkte diesem Standard entspricht. Nur einige Produkte einer einzigen Unternehmung (Coop) dürften nach diesen Kriterien an Kinder beworben werden. Alle anderen Produkte bräuchten eine Änderung der Rezeptur, um den Anforderungen gerecht zu werden. Entsprechend den Kriterien der WHO dürfte also keines der Spiele für Kinder zugänglich sein, es sei denn, das Sortiment und die Zusammensetzung der beworbenen Produkte würde einer gründlichen Prüfung unterzogen.

Erste Erfolge erzieltoreo_game_kinderwerbung

Die Konsumentenschutz-Organisationen sind deshalb an die Anbieter gelangt und haben bei den Online-Spielen Korrekturen verlangt. Das Advergame zu den Cookie Crisps von Nestlé ist nun nicht mehr online aufgeschaltet. Auch die Gruppen Bell und Mondelez Schweiz haben ihre Spiele rund um die Marke Kiri und Prince gelöscht. Mondelez will zudem die Alterslimite für das Oreo-Spiel einer Prüfung unterziehen. Diese positiven Beispiele zeigen, dass unsere Forderungen durchaus realistisch sind. Die Allianz der Konsumentenschutz-Organisationen erwartet nun, dass auch die restlichen Unternehmen diesen Weg weitergehen.

Um das Problem an der Wurzel zu packen, empfiehlt die Allianz folgendes Vorgehen von Lebensmittelindustrie, Kontrollorganen und Behörden

  1. Hersteller, welche Internetwerbungen und Apps für Smartphones und Tablets veröffentlichen, müssen von unabhängigen Instanzen regelmässig kontrolliert und bei Verstössen gegen die festgelegten Kriterien sanktioniert werden.
  1. Die Nährwertkriterien, welche von der WHO festgelegt wurden, müssen auf die ganze Bandbreite der Produkte einer Marke angewendet werden. Nur so kann garantiert werden, dass einzig gesunde Produkte gegenüber Kindern beworben werden.
  1. Die Publikation von Advergames, welche Nahrungsmittel und Produkte bewerben und den erwähnten Kriterien nicht entsprechen, muss untersagt werden. Für ein glaubwürdiges Engagement braucht es zudem eine regelmässige Überprüfung von neu aufgeschalteten Advergames.
  1. Die Zusammensetzung und Herstellung der beworbenen Produkte muss verbessert werden. Gegenstand der Werbungen sollten nur wirklich gesunde Lebensmittel sein, wie beispielsweise Früchte oder Gemüse.
  1. Es braucht eine Kooperation mit Ländern, welche die schweizerischen Landessprachen sprechen. Weil das Internet über Grenzen hinweg verfügbar ist, braucht es auch gemeinsame Absprachen über Anforderungen, Kontrolle und Sanktionen.