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Nein zu unkontrollierter Sozialspionage

Am 25. November steht eine Gesetzänderung im Bereich der Sozialversicherungen zur Abstimmung. Der Konsumentenschutz spricht sich für ein klares Nein aus. Die Vorlage gibt vor, eine ausreichende gesetzliche Grundlage für die Missbrauchsbekämpfung bei Bezügen von Sozialversicherungsleistungen zu schaffen. In Tat und Wahrheit wird damit aber Tür und Tor geöffnet für unkontrolliertes Ausspionieren der Versicherten.

Missbräuche im Sozialversicherungsbereich müssen bekämpft werden. Dies steht ausser Diskussion. 2016 hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte geurteilt, Sozialversicherungen in der Schweiz dürften nicht weiter ohne spezifische gesetzliche Grundlage Versicherte überwachen, um allfällige missbräuchliche Leistungsbezüge aufzudecken. Mit der Gesetzesvorlage soll diese Lücke nun geschlossen werden.

Der vorliegende Gesetzestext lässt jedoch zu viel Interpretationsspielraum. Anstatt den erlaubten Überwachungsmassnahmen klare Leitlinien vorzugeben, erteilt die Gesetzesvorlage in Teilbereichen einen Freipass. Es bleibt offen, was genau eine Überwachungsperson wann und wo beobachten bzw. überprüfen darf.

Im Rahmen von Überwachungsmassnahmen können massive Eingriffe in die Privatsphäre einer versicherten Person stattfinden. Beispielsweise wenn diese in ihren eigenen vier Wänden beobachtet, fotografiert oder abgehört wird. An eine gesetzliche Grundlage, welche derartige Eingriffe erlaubt, sind daher hohe Ansprüche zu stellen. Insbesondere braucht es einen klaren, eng begrenzten Wortlaut, welcher keinerlei Interpretationsspielraum offen lässt. Da die Vorlage diese Anforderungen nicht erfüllt, wird sie auch von namhaften Sozialversicherungsexperten und Rechtsprofessoren abgelehnt.

Die Fragestellung ist von grosser Relevanz, da nicht nur IV-Bezüger betroffen sind, sondern beispielsweise auch Bezüger von Krankenkassen-Taggeldern oder Unfallversicherte. Ins Fadenkreuz von privaten Schnüfflern können somit wir alle geraten. Deshalb muss die vorgeschlagene Gesetzesänderung abgelehnt werden, verbunden mit dem Auftrag an den Gesetzgeber, über die Bücher zu gehen und einen Gesetzestext vorzulegen, der den rechtsstaatlichen Ansprüchen genügt.

Hier finden Sie die detaillierten Argumente, welche gegen die Gesetzesänderung sprechen:

Änderung ATSG