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Raiffeisen-AGB: Zuerst die Bank, dann der Kunde

Für Raiffeisenkunden hat sich per 1. Januar 2021 das Kleingedruckte geändert. Diese Änderungen in den AGB und der Datenschutzerklärung zeigen exemplarisch, wie pauschal und uneingeschränkt sich die Banken Berechtigungen und Befugnisse zuschanzen. Die Kundschaft stellt automatisch Blankovollmachten aus, wenn sie nicht innerhalb einer bestimmten Frist widerspricht. Die Bank ist zu allem und jedem und jederzeit berechtigt. Ausweichmöglichkeiten gibt es fast keine.  

Kaum eine Bank, die nicht längst auf den Zug der einseitigen und unfairen Geschäftsbedingungen aufgesprungen ist. Ob entsprechende AGB und Reglemente vor dem Richter (insbesondere in Anwendung von Art. 8 Lauterkeitsgesetz) standhalten würden, ist höchst fraglich. Mit Sicherheit widerspricht aber das neue Raiffeisen-Profiling dem verabschiedeten neuen Datenschutzgesetz, falls keine explizite Zustimmung des Kunden eingeholt wird.

Nachfolgend wird an zwei Beispielen gezeigt, dass der Kunde gemäss der Raiffeisen-AGB, beziehungsweise der Datenschutzerklärung möglichst umfassend und pauschal auf seine Rechte verzichten soll. Umgekehrt lässt sich die Bank mittels undefinierten Begriffen und Formulierungen umfassende Rechte zukommen.

Datenschutz

Ziff. 13 der AGB lässt sich grundsätzlich in zwei Themenbereiche unterteilen: Die Offenlegung von Kundendaten gegenüber Dritten im In- und Ausland (etwa aufgrund von gesetzlichen Pflichten oder im Rahmen der Ausführung von Dienstleistungsaufträgen) sowie die Bearbeitung von Kundendaten zu Marketing- oder anderen Zwecken.

Neu stimmen die Kundinnen und Kunden über Ziffer 13 einem umfassenden Verzicht auf das Bankkundengeheimnis zu. Zudem entbindet sich die Bank jeglicher Verantwortung für eine korrekte Datenbearbeitung durch Involvierte im Ausland, indem sie schreibt, «dass sich Daten nach der Offenlegung nicht mehr unter der Kontrolle der Bank befinden, dass die Daten bei einer Offenlegung ins Ausland nicht mehr dem Schutz des schweizerischen, sondern des jeweiligen ausländischen Rechts unterliegen».

Neu schreibt sich Raiffeisen explizit das Recht zur Profilbildung zu. Dabei handelt es nicht etwa um ein Segmentieren der Kundschaft auf Grund der vorhandenen Informationen, um den Kunden beispielsweise typenspezifische Werbung zuzustellen. Nein, es geht um das Erstellen von Kundenprofilen mit Hilfe von personenbezogene Daten aus diversen Quellen für Marketing – und Werbezwecke. Raiffeisen gibt sich das Recht, die eigenen Kundendaten mit Daten aus öffentlichen Quellen (zum Beispiel Handelsregister, Grundbuch, soziale Medien) oder von Kooperationspartnern zu kombinieren.  Ein derartiges Profiling ergibt ein präzises Bild von Personen, etwa über persönliche Vorlieben und Aktivitäten, politische Ansichten und anderes mehr.

Derartiges Anreichern und Kombinieren von Daten stellt gemäss neuem Datenschutzgesetz (voraussichtliches Inkrafttreten 2022) Profiling mit hohen Risiko dar und wird ab dann nur noch mit ausdrücklicher Einwilligung der betroffenen Personen zulässig sein.

 Konditionen (Zinsen, Preise)

Ziff. 7 der AGB wird ergänzt. Neu soll es Raiffeisen erlaubt sein, sogenannte Guthabengebühren zu erheben. Eine solche Gebühr werde «analog der bereits geregelten Möglichkeit der Erhebung von Negativzinsen – insbesondere für den Fall eingeführt, dass die veränderten Marktverhältnisse solche Guthabengebühren notwendig machen sollten».

Keine der angefragten Raiffeisen-Mitarbeitenden konnte auf Nachfrage hin erklären, was mit diesem undefinierbaren und schwammigen Begriff gemeint ist.

Raiffeisen bleibt also Erklärungen schuldig, lässt aber keinen Zweifel daran, dass sie mehr denn je Kostenrisiken und negative Folgen von Marktschwankungen auf ihre Kundschaft übertragen wird.