Fragen zu Konsum oder Recht? Hier finden Sie über 400 Antworten

Aufgezwängte Debitkarte mit Kostenfolgen

Die Finanzindustrie hat mit den neuen Debitkarten einmal mehr einen Weg gefunden, ohne Mehraufwand mehr Gewinn zu generieren. Hauptleidtragende sind kleine und mittlere Betriebe. Es droht eine Kostenüberwälzung auf die Kunden. Die Kundin bezahlt aber bereits eine höheren Grundgebühr für die neue Karte, die ihr ungefragt zugestellt wird.

Die bisherige Debitkarte (“EC-Karte”) wird nach und nach durch eine neue Debitkarte abgelöst. So wird die Maestro-Karte von Mastercard zur Debit Mastercard und die V-Pay-Karte von Visa zu Visa Debit. Obwohl die neue Karte im Stile einer Kreditkarte daher kommt (z.B. mit einer 16-stelligen Kartennummer), ist sie keine Kreditkarte. Es können keine Einkäufe auf Pump getätigt werden. Der Zahlungsvorgang funktioniert nur, wenn das hinterlegte Konto ein ausreichendes Guthaben ausweist. Neu kann die Karte jedoch für Online-Einkäufe genutzt werden. Zudem kann die Karte virtualisiert werden, das heisst, z.B. in der SBB-App für Billeteinkäufe als Zahlungsmittel hinterlegt werden. Oder sie soll mit Zahllösungen wie Apple Pay oder Samsung Pay zusammengeführt werden. Allerdings integrieren auch im Rahmen der neuen Debitkarten nicht alle Banken Apple Pay & Co. in ihr System.

Einseitige Vertragsänderung

Dass die Konsumentin neu nicht mehr zwingend eine teure Kreditkarte braucht, um einfache Online-Einkäufe zu tätigen, ist grundsätzlich positiv zu bewerten. Mancher Kreditkarteninhaber stellt sich vielleicht sogar die Frage, ob er die Kreditkarte überhaupt noch benötigt.

Gleichzeitig ist mit der Einführung der neuen Debitkartengeneration ein altbekanntes Muster zu beobachten: Der Bankkundin bleibt keine Wahl. Die neuen Karten mit ihren neuen Funktionen – und neuen Gebühren – sind beschlossene Sache. Ein weiteres Mal, dass Banken einseitig und ohne explizites Einverständnis ihrer Kundschaft die Spielregeln ändern. Wer nicht auf das bargeldlose Zahlen mit Karte verzichten und trotzdem keine Kreditkarte nutzen will (oder kann), dem bleibt nichts anderes übrig, als sich dem Diktat der Finanzindustrie einmal mehr (siehe auch diesen Beitrag) zu unterwerfen.

Neues Gebührenmodell: Finanzindustrie profitiert

Die bisher vorliegenden Zahlen lassen vermuten, dass die Jahresgebühr für die neue Debitkarte höher sein wird als die Gebühr für die bisherige EC-Karte. Die Freiburger Kantonalbank etwa verlangt für die Debitkarte 40 Franken, 10 Franken mehr als für die Maestro-Karte. Auch bei der Aargauischen und der Basler Kantonalbank werden die neuen Debitkarten teurer sein als die Maestro-Karte.

Bei einer Bezahlung mit der Maestro-Karte verlangt der Zahlungsabwickler (Worldline, früher Six Payment) vom Händler eine Grundgebühr von 28 Rappen. Mit der neuen Debitkarte sinkt diese Grundgebühr zwar auf 10 Rappen. Hinzu kommt jedoch eine prozentuale Transaktionsgebühr. Bei Mastercard sind das jeweils 0,49 Prozent vom Transaktionsbetrag, bei Visa ganze 0,95 Prozent.

Bei Einkaufsbeträgen bis zu 36 Franken (Bezahlung mit Debit Mastercard) bzw. 29 Franken (Bezahlung mit Visa Debit) fallen für den Händler mit dem neuen System weniger Gebühren an.

Deckelung der Gebühren dank Preisüberwacher

Bei höheren Überweisungsbeträgen hätte das neue Gebührenmodell aber zu einer x-fach höheren Gebührenbelastung geführt. In einer einvernehmlichen Regelung mit dem Preisüberwacher vom 19. August 2021 wurden maximale Transaktionsgebühren von 2 Franken bei Mastercard und 3.50 Franken bei Visa vereinbart.

Diese Deckelung ist zwar grundsätzlich als positiv zu werten. Trotzdem sieht die Rechnung folgendermassen aus:

Die Gebührenhöhe von 2 Franken wird bei einem Transaktionsbetrag (also einem Einkauf) von rund 450 Franken erreicht. Anstatt 28 Rappen muss der Händler somit dem Zahlungsabwickler künftig bei Rechnungsbeträge ab 450 Franken, die mit der Debit Mastercard bezahlt werden, 2.10 Franken (2 Franken plus 10 Rappen Grundgebühr) bezahlen. Also den rund 7,5-fachen Betrag bzw. rund 650 Prozent mehr als bisher.

Gemäss Berechnungen werden so Millionenbeträge zu Gunsten der Finanzindustrie geschaffen – ohne dass diese dafür irgendeinen Mehraufwand leisten müsste. Auch die Banken gehören zu den gierigen Profiteuren der neuen Einnahmequelle (Interbankengebühren/Interchange Fees).

Was das Ganze für den Endkonsumenten bedeuten wird, ist noch unklar. Eine gravierende Folge wäre, wenn Händler den Kundinnen die Zahlung mit einer Debitkarte verwehren würden, um allfällige Mehrkosten zu vermeiden.

Keine Überraschung wäre es, wenn die neuen Kosten einmal mehr auf den Konsumenten überwälzt werden.

Wie läuft die Umstellung von der bisherigen EC-Karte auf die Debitkarte ab?

Die meisten Kunden können die Maestro-Karte ihrer Bank noch mindestens bis zum Ablaufdatum nützen. Bei einigen Banken werden abgelaufene Maestro-Karten bereits heute mit der neuen Debitkarte ersetzt; bei der Freiburger Kantonalbank ist das z.B. bereits seit 2018 der Fall. Andere Banken sind mit der Umstellung noch nicht so weit und stellen immer noch neue Maestro-Karten aus.

CS-Kunden können die neue Karte gegen eine Gebühr von 20 Franken bereits vor Ablauf der aktuellen EC-Karte beziehen.