Fragen zu Konsum oder Recht? Hier finden Sie über 400 Antworten

Swisstransplant: Organspender wider Willen?

In einem Beitrag der SRF-Konsumsendung «Kassensturz» wurden verschiedene Sicherheitsmängel beim Organspenderegister von Swisstransplant festgehalten. Besonders gravierend: Beliebige Personen könnten ohne ihr Wissen im Register als Organspenderinnen registriert worden sein.

Update vom 07.11.2022: Swisstransplant hat am 04.11.2022 eine E-Mail mit dem Titel “Ihr Eintrag im Organspenderegister wird gelöscht” an betroffene Personen versandt. Darin teilt Swisstransplant mit, dass die Empfängerin ihren Eintrag noch bis zum 30.11.2022 herunterladen oder löschen kann. Am 31.12.2022 folge dann die Löschung durch Swisstransplant.

Update vom 20.10.2022: Swisstransplant hat sich gemäss einer Medienmitteilung dazu entschieden, eine Online-Registrierung im Organspenderegister nicht mehr anzubieten. Zeitgleich hat der EDÖB seinen Schlussbericht publiziert. Eingetragene Personen können ihre Online-Einträge nicht mehr abändern, sondern nur noch löschen. Voraussichtlich im Jahr 2024 ersetzt das eidgenössische Ja/Nein Organspenderegister das bisherige Register von Swisstransplant.

 

Im Beitrag von Kassensturz hat Sven Fassbender, Berater für Informationssicherheit, einen schweren Mangel bei Swisstransplant aufgezeigt. Er konnte den Redaktor Philippe Odermatt ohne dessen Mithilfe in das Organspenderegister eintragen. Dafür brauchte er nur Name, Adresse und ein Foto des Redaktors. Diese Angaben hat er zuvor im Internet recherchiert. Eine weitere Verifizierung (z.B. per Post oder mit Ausweisdokument) der eingetragenen Angaben fand nicht statt.

Unsichere Registrierung

Nachdem das SRF diesen Mangel an Swisstransplant gemeldet hatte, hat diese das Organspenderegister am 11. Januar 2022 offline genommen. Der Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte (EDÖB) hat eine Sachverhaltsabklärung eröffnet. Aktuell (Stand 21. Januar 2022, 16.00 Uhr) ist die Registrierung deaktiviert. Zukünftig soll laut Swisstransplant für die Online-Registrierung allenfalls ein gültiges Ausweisdokument erforderlich sein, was missbräuchliche Eintragungen erschweren würde. Falls aber schon missbräuchliche Einträge vorhanden sind, werden diese auch mit den neuen Anforderung nicht behoben.

Dass beliebige Personen gegen ihren Willen und ohne ihr Wissen als Organspender eingetragen werden konnten, ist äusserst gravierend. Umso mehr, da Personen, welche vor diesem Update unwissentlich im Organspenderegister eingetragen wurden, auch jetzt nicht über “ihren” Eintrag informiert werden. Sie können einen solchen Eintrag also auch nicht korrigieren. Diese Problematik wurde von Swisstransplant schöngeredet: Im Ernstfall würden die Angehörigen die falsche E-Mailadresse, das Foto aus dem Internet und die gefälschte Unterschrift erkennen.
Dass Angehörige in dieser extrem belastenden Situation jedes Detail überprüfen, scheint bereits realitätsfremd. Zusätzlich müssten die Angehörigen dafür alle auffindbaren Fotos und verwendeten E-Mailadressen des Verstorbenen kennen.

Gemäss Swisstransplant sind etwa ein Drittel der insgesamt 130’000 Registrierungen online erfolgt. Diese rund 44’000 Einträge muss Swisstransplant also auf ihre Authentizität überprüfen, damit Gewissheit herrscht, dass keine missbräuchlichen Einträge mehr vorhanden sind. Denkbar wäre, online-registrierte Personen zu kontaktieren, auf ihren Eintrag hinzuweisen und die nachträgliche Verifizierung mit einem Ausweis zu fordern.

Hin und Her bei Swisstransplant

Auffällig am ganzen Prozess ist, dass die Swisstransplant zum Teil widersprüchlich kommuniziert. So wird im Statement vom 18. Januar 2022 beteuert, dass die Registereinträge “absolut sicher” seien. Im zum Statement gehörenden Video hält der Direktor demgegenüber zutreffend fest, dass es bei elektronischen Registern immer ein Rest-Risiko gibt. Auch sonst entsteht der Eindruck, dass es ein Hin und Her ist. Seit dem 18. Januar 2022 wurde die Online-Registrierung fürs Organspenderegister mindestens 2 mal ab- und wieder angeschaltet. Am Morgen des 21. Januar 2022 war die ergänzte Online-Registrierung aufrufbar – zum Schluss wurde ein Ausweisdokument verlangt. Mittlerweile ist die Online-Registrierung wieder geschlossen, der Text im Mitteilungsfenster wurde stark angepasst.

Der Konsumentenschutz behält die Angelegenheit im Auge.

Den Kassensturz-Beitrag können Sie hier nachschauen: