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Reisen in unsicheren Zeiten

Wenn Sie eine Reise lange im Voraus gebucht haben, können sich die Umstände rund um die Destination bis zum Antritt der Reise erheblich verändern. Ihre Reisedestination liegt beispielsweise plötzlich in einem Gebiet, das von kriegerischen Ereignissen heimgesucht wird, so dass der Antritt der Reise nicht mehr möglich oder zumutbar ist. Welche Rechte stehen Ihnen zu – insbesondere, wenn Sie die Reise im Voraus bezahlt haben?

Individuell gebuchte Flugreisen

Wird Ihr individuell gebuchter Flug wegen kriegerischen Ereignissen abgesagt (etwa wegen Luftraumsperrungen oder faktischer Unmöglichkeit der Durchführung), kommt auch in der Schweiz die europäische „Fluggastrechte-Verordnung“ (VO (EG) Nr. 261/2004) zur Anwendung. Gestützt auf die Verordnung haben Sie ein Recht auf Ticketrückerstattung oder wahlweise eine alternative Beförderung, falls die Destination überhaupt grundsätzlich bereist werden kann.

Sie sind nicht verpflichtet, Gutscheine zu akzeptieren. Zudem haben Sie Anspruch darauf, dass Ihnen der volle Betrag ohne Abzüge rückerstattet wird.

Entschädigungszahlungen werden Airlines vermutlich nicht leisten müssen. Es ist anzunehmen ist, dass sie sich auf „aussergewöhnliche Umstände“, beziehungsweise auf höhere Gewalt für den Flugausfall berufen können.

Können Sie mit der Airline keine Lösung finden, so wenden Sie sich an das Bundesamt für Zivilluftfahrt. Am einfachsten geschieht dies per Email unter [email protected]. Auf der Internetseite des BAZL finden Sie zudem viele weitere nützliche Informationen.

Buchung über das Reisebüro

Einfacher sind Kundenrechte durchsetzbar, wenn die Reise über ein Reisebüro gebucht worden ist. Sobald Sie zwei Leistungen über Ihr Reisebüro gebucht haben – etwa Transport und Unterbringung vor Ort – dann kommt das Pauschalreisegesetz PRG zur Anwendung. In diesem Fall ist der Anbieter verpflichtet, nach Möglichkeit ein alternatives Reiseprogramm anzubieten, wenn eine Reise nicht wie geplant stattfinden kann. Eine solche Alternative müssen Sie akzeptieren, wenn die ursprünglich gebuchte Reise nur geringfügig geändert wird.

Eine Reise beispielsweise in die Ukraine wird sich im Normalfall durch spezifische Merkmale auszeichnen, so dass sie kaum durch eine Reise an eine andere Destination ersetzt werden kann. Bei Reiseabsage liegt somit eine wesentliche Vertragsänderung der gebuchten Reise vor. Auch eine Verschiebung der Reise auf einen späteren Zeitpunkt dürfte im Normalfall eine wesentliche Vertragsänderung darstellen.

In einem solchen Fall können Sie wählen, ob Sie diese Änderung annehmen wollen oder die Rückerstattung aller bereits getätigten Zahlungen einfordern möchten. Sie haben mit anderen Worten ein Recht auf die Rückerstattung Ihrer Zahlungen.

Auch hier gilt: Gutscheine müssen Sie nicht akzeptieren.

Kein Recht auf Schadenersatz

Wenn die Reise in ein Kriegsgebiet abgesagt wird, dürfte dennoch kein Recht auf auf Schadenersatz geltend gemacht werden. Das PRG schliesst Entschädigungszahlungen für Fälle aus, in denen eine Reise wegen höherer Gewalt nicht stattfinden kann. Bei kriegerischen Ereignissen dürfte diese Voraussetzung zutreffen.

PRG-Anwendung trotz theoretischer Durchführbarkeit der Reise

Die Rechte gemäss PRG stehen Ihnen unserer Ansicht nach auch dann zu, wenn die geplante Reise zwar theoretisch durchführbar wäre (Flüge werden durchgeführt und Unterkünfte sind geöffnet), der Antritt der Reise aber unzumutbar ist. Die Kundenrechte sollten insbesondere dann vollständig zur Anwendung kommen, wenn beispielsweise das EDA von Reisen in ein bestimmtes Gebiet abrät. Dies war Anfang März 2022 für die Ukraine der Fall.

Versicherung

Bei Reiseausfällen wegen kriegerischen Ereignissen sollten Sie im Normalfall nicht auf Leistungen einer allenfalls abgeschlossenen Reiseannullationsversicherung angewiesen sein. Denn Ihre Ansprüche sind grundsätzlich über die Fluggastrechte-VO und das PRG gut gedeckt.

Allenfalls könnte eine Versicherung bei den wegen höherer Gewalt nicht geschuldeten Entschädigungszahlungen (siehe oben) zum Zug kommen.

Jedoch: Auch Versicherungen schliessen über ihre allgemeinen Versicherungsbedingungen AVB ihre Leistungspflicht bei kriegerische Ereignissen meistens aus.