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Zwangswerbung beim Replay-TV

Seit dem 4. Oktober 2022 können Konsumentinnen beim Replay-TV die Werbung nur noch überspringen, wenn sie dafür einen massiven Aufpreis bezahlen. Schuld daran ist eine neue Branchenvereinbarung – und die SRG.

Noch 2018 lehnte der Nationalrat im Rahmen der Revision des Urheberrechtsgesetzes einen Antrag der Fernsehsender zur Einschränkung des Werbevorspulens im Replay TV ab. Im Rahmen der Verhandlungen zum neuen Replay-TV-Tarif setzte sich die SRG jedoch durch.

Zwangswerbung oder massiv höhere Kosten

Die neue Branchenvereinbarung sieht eine grundlegende Änderung der bisherigen Replay-TV-Angebote vor. Die Konsumentin «kann» sich entscheiden zwischen aufgezwängtem Konsum von Werbung oder einem massiven Aufpreis beim bestehenden Replay-Abo. Wer also keine Zwangswerbung konsumieren will, wird zur Kasse gebeten.

In der Regel kostet ein werbefreies Replay-Abo neu 7 bis 8 Franken mehr. Der Anbieter SAK verlangt im Moment noch keinerlei Aufpreis für werbefreies Replay. Aufpreise von 4 respektive 4.50 Franken verlangen Teleking und iWay.

Da Replay-TV meistens Teil eines Internet- oder TV-Packets ist, lohnt sich auch ein Blick auf die jeweiligen Gesamtkosten. Unter dschungelkompass.ch findet sich eine entsprechende Auswertung, in der die monatlichen Gesamtkosten der einzelnen Angebote sowie die entsprechenden Aufschläge für werbefreies Replay-TV ersichtlich sind. Zusätzlich können in einem Tarifrechner Angebote mit oder ohne werbefreie Replay-Funktion gefunden werden.

SRG: Kompromisslose Preistreiberin

Als Kompromiss für die Zwangswerbung bzw. erheblich höheren Kosten sah die ursprüngliche Version der Branchenvereinbarung vor, dass die Endverbraucher das TV-Programm anstatt wie bisher der letzten 7 Tage neu rückwirkend das Programm der letzten 14 Tage abrufen können soll. Diese Änderung scheiterte aber am Widerstand der SRG.

Besonders stossend an der Situation ist zudem, dass die SRG als vorwiegend gebührenfinanziertes Sendeunternehmen Treiberin dieser Preisentwicklung war. Trotzdem ist sie der neuen Branchenvereinbarung bisher gar noch nicht beigetreten.

Bärendienst

Mit den massiv unattraktiveren Replay-TV-Angeboten erweisen sich die TV-Sender vermutlich einen Bärendienst. Der Weggang des TV-Publikums hin zu Streamingdiensten wird sich nur noch verstärken.

Wesentliche Vertragsänderung

Die Konsumentin wird bei laufendem Vertragsverhältnis vor die Wahl gestellt, entweder Werbung zu konsumieren oder massive Aufpreise zu bezahlen. Dies stellt eine wesentliche Änderung des Vertragsverhältnisses dar. Eine solche muss man sich aber nicht bieten lassen, wenn die Änderung von einer Vertragspartei einseitig vorgenommen worden ist. Dies trifft beim Replay-TV zu.

Deshalb haben die Kundinnen und Kunden das Recht auf vorzeitige Vertragskündigung ohne Konventionalstrafe, allenfalls mit anteilsmässiger Kostenrückerstattung.

Dieser Meinung sind auch Rechtsprofessor Frédéric Krauskopf und der Ombudsmann der Telecombranche Oliver Sidler.