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Ist der Datenausbau der SBB mit dem Service Public vereinbar?

Die SBB bauen ihr «Kundenfrequenz-Messsystem» aus und entfachen damit eine Debatte über den Datenschutz im öffentlichen Raum. Das neue Messsystem des Staatsunternehmens soll persönliche Merkmale von Besucherinnen erkennen können und zugleich datenschutzkonform sein. Der Konsumentenschutz ist der Meinung, dass dieses Vorgehen nicht mit dem öffentlichen Auftrag der SBB vereinbar ist.

Gemäss verschiedenen Medienberichten möchten die SBB an ihren Bahnhöfen Daten über die Bewegungsmuster und das Kaufverhalten von Kundinnen und Besuchern erfassen. Laut den Anforderungen in den Ausschreibungsunterlagen sollen Rückschlüsse auf persönliche Merkmale wie das Alter, Geschlecht und Grösse möglich sein. Wie die SBB das technisch lösen wollen, ist scheinbar noch unklar, ebenso die datenschutzrechtlichen Auswirkungen. Den Einsatz von Gesichtserkennung zumindest hat das Staatsunternehmen dementiert, nachdem es einen medialen Aufschrei gab. Der Konsumentenschutz hat mit den SBB einen Gesprächstermin zur Klärung der Sachlage vereinbart.

Kundendaten sind nicht relevant für den Service Public

Allem voran stellt sich für den Konsumentenschutz die Frage, wie die Kundenfrequenz-Messungen mit dem öffentlich-rechtlichen Auftrag der SBB zu vereinbaren sind. Konkret: Der Konsumentenschutz ist der Meinung, dass das geplante Kundenfrequenz-Messsystem für den Transport von Passagieren oder die Gewährleistung der Sicherheit von Bahnhofsbesucherinnen nicht relevant ist. Es ist also kein Beitrag an den Service Public der SBB. Zudem ist die Datenstrategie der SBB schon heute alles andere als zurückhaltend. Warum also noch weiter ausbauen?

Es liegt auf der Hand, dass das Projekt aus wirtschaftlichen Gründen angestossen worden ist. Kundenmetriken machen die Verkaufsflächen in den Bahnhöfen für Händler noch attraktiver und sind damit ein interessantes Geschäftsmodell für den unternehmensinternen Bereich SBB Immobilien.

Konsumenten müssen das Tracking ablehnen können

Die SBB hat dem Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) zugesichert, eine Datenschutzfolgenabschätzung für das Projekt vorzunehmen. Fällt die Datenbearbeitung unter das Bundesgesetz über den Datenschutz (DSG), stellt sich konsequenterweise die Frage nach einer sogenannten «Opt-Out»-Möglichkeit: Wie können Reisende sicherstellen, dass die SBB sie im Bahnhof nicht gegen ihren Willen tracken? Wie können sie Einspruch gegen das Tracking erheben? Und allem voran: Wie werden Personen über das Tracking und ihre diesbezüglichen Rechte informiert? Diese Fragen müssen die SBB konkret beantworten.

Der Fall zeigt: Datenschutz ist auch offline ein Thema

Tracking wird vor allem im digitalen Raum thematisiert. Die SBB führen mit ihrem Kundenfrequenz-Messsystem vor, dass diese Wahrnehmung verkürzt ist: überall werden Daten gesammelt. Mit den neuen technischen Möglichkeiten (z.B. Einsatz von biometrischer Überwachung) braucht es eine neue Debatte um Personentracking im öffentlichen und öffentlich zugänglichen Raum. Eine striktere Regulierung drängt sich insbesondere auf, weil die Betroffenen das Tracking an öffentlich zugänglichen Orten kaum verhindern können. Oftmals bemerken Konsumentinnen und Konsumenten nicht einmal, dass Daten gesammelt werden, da die Messtechniken in der Regel versteckt installiert sind. So auch im Fall der SBB.