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Gesundheitsatlas zeigt: Unnötige medizinische Behandlungen sind ein Problem

Die neusten Daten im Schweizer Atlas der Gesundheitsversorgung zeigen, dass die Häufigkeit von Behandlungen je nach Region sehr unterschiedlich ist. Für viele dieser Unterschiede gibt es keine plausible medizinische Erklärung. Es handelt sich dabei um Beispiele von medizinischer Überversorgung.

Schätzungen zufolge sind bis zu 30% der in der Schweiz durchgeführten medizinischen Massnahmen unnötig. Dabei werden Gesundheitsschäden durch unerwünschte Nebenwirkungen oder Komplikationen in Kauf genommen und unnötige Kosten zu Lasten der Patienten und der Allgemeinheit verursacht. Die aktuellen Daten im Gesundheitsatlas geben nun Hinweise darauf, in welchen Regionen und in welchem Bereich solche Überbehandlungen oft vorkommen. Der Tages-Anzeiger (Abo-Artikel) hat über besonders markante Beispiele berichtet:

Beruhigungs- und Schlafmittel

Benzodiazepine sind Beruhigungs- und Schlafmittel, welche insbesondere bei älteren Personen nur zurückhaltend verschrieben werden sollten. Der Gesundheitsmonitor zeigt, dass Benzodiazepine im Tessin doppelt so oft wie im schweizerischen Durchschnitt und fünfmal mehr als in innerschweizer Kantonen abgegeben werden.

Benzodiazepine Gesundheitsatlas

Quelle: Gesundheitsmonitor Benzodiazepine

 

Früherkennung von Prostatakrebs (PSA-Tests)

Bei den Bluttests auf das Prostata-spezifische Antigen (PSA) handelt es sich um eine umstrittene Krebsvorsorgeuntersuchung, bei welcher der Nutzen oft überschätzt und die Risiken unterschätzt werden. Auch hier gibt es enorme regionale Unterschiede. Mit Abstand am häufigsten wird dieser in Appenzell Innerrhoden durchgeführt (bei 93 von 1000 Männern), sehr viel seltener jedoch in den Kantonen Neuenburg (4 von 1000), Zug (5 von 1000) und Nidwalden (8 von 1000).

  Quelle: Gesundheitmonitor Prostata-spezifisches Antigen (PSA)

 

Diese Beispiele zeigen, dass weitere Massnahmen notwendig sind, um unnötige Behandlungen zu vermeiden.

Ein wichtiger Fehlanreiz, der beseitigt werden muss, ist die Versicherungsdeckung. Laut dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) werden Patientinnen mit Zusatzversicherung häufiger operiert als Grundversicherte. Der Konsumentenschutz fordert, dass  die über die Zusatzversicherung abgerechneten Tarife gesenkt werden, damit sie den tatsächlich erbrachten Zusatzleistungen entsprechen. Mit dieser längst überfälligen Korrektur würde auch der Fehlanreiz, Zusatzversicherte unnötig zu behandeln, beseitigt.

Mehr dazu: Zusatzversicherungen: Überteuert und intransparent!

 

Wie können Sie verhindern, unnötig behandelt zu werden?