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Plattformregulierung: Social Media soll reguliert werden

Geht es nach dem Bundesrat, sollen grosse Kommunikationsplattformen wie Facebook, Twitter und Intermediäre wie Google reguliert werden. Er hat das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) angewiesen, eine entsprechende Vernehmlassungsvorlage zu erarbeiten.

Das Bundesamt für Kommunikation BAKOM publizierte im November 2021 einen 111 Seiten starken Bericht, der sich mit den Intermediären (Vermittlungsdiensten) und Kommunikationsplattformen befasst. Darunter fallen Social-Media-Plattformen wie Twitter, Facebook oder Instagram aber auch Suchmaschinen wie Google.

Das BAKOM kommt im Bericht zum Schluss, dass die Plattformen zwar wichtig für den gesellschaftlichen Diskurs sind, allerdings auch Gefahren mit sich bringen. So kritisiert es, dass die sozialen Medien ihre Entscheidungen intransparent fällen und nicht genug gegen Hassreden und Falschinformationen unternehmen.

Die breite Diskussion zur Plattformregulierung, die der Bundesrat und das BAKOM gefordert haben, fand kaum statt. Ausser einem Joint Statement, das der Konsumentenschutz mitunterzeichnete, passierte nicht viel – bis jetzt: Am 5. April 2023 teilte der Bundesrat mit, dass er dem UVEK den Auftrag für das Erstellen einer Vernehmlassungsvorlage erteilt hat.

Wie soll die Plattformregulierung aussehen?

Der Bundesrat äussert sich in seiner Medienmitteilung vage. Die Stossrichtung ist aber klar: der europäische Digital Services Act (DSA) soll bei der Plattformregulierung als Vorbild dienen. Für Nutzerinnen wohl der wichtigste Aspekt: Grosse Plattformen müssen eine Kontaktstelle und Rechtsvertreter in der Schweiz benennen. Bei Streitigkeiten mit einem digitalen Dienst könnten Konsumenten zudem an eine unabhängige Schlichtungsstelle gelangen, die die Kommunikationsplattformen und Intermediären finanzieren.

Der Konsumentenschutz begrüsst diesen Vorschlag sehr. Aktuell ziehen die Konsumentinnen und Konsumenten bei Streitigkeiten mit den digitalen Diensten den Kürzeren. Die Erfahrungen aus der Beratung zeigen: das Lösen von Problemen mit Social Media ist heute nahezu unmöglich und Gerichtsverfahren kommen aus Kostengründen nicht in Frage.

Ausserdem sollen die Plattformen Werbe-Anzeigen deutlich kennzeichnen und den Nutzern mitteilen, weshalb ihnen diese Werbung angezeigt wird. Ein explizites Verbot gewisser zielgerichteter Werbung, wie es der Digital Services Act zum Beispiel für politische Werbung vorsieht, fehlt in der Auflistung des Bundesrats.

Einen Teil dieser Forderungen erfüllen die grossen digitalen Plattformen bereits. Nutzende können schon heute illegale Inhalte melden oder eine Überprüfung einer Sperre oder Löschung anfordern. Allerdings bringt dies wenig, wenn die Handhabung solcher Meldungen durch die Moderatorinnen willkürlich und unter Zeitdruck erfolgt.

Ist es sinnvoll, den Digital Services Act der EU zu übernehmen?

In der Medienmitteilung vom 5. April 2023 schreibt der Bundesrat:

“Die neuen Bestimmungen sollen sich, wo sinnvoll, an den Regeln des Digital Services Act der Europäischen Union orientieren.”

Der Digital Services Act ist nicht perfekt. Der Einsatz von Upload-Filtern, also der automatischen Überprüfung von Inhalten beim Hochladen, ist unter dem DSA erlaubt. Damit öffnet der DSA den Kommunikationsplattformen eine neue Tür für willkürliche Entscheidungen.

Upload-Filter erlauben de facto eine Vorab-Zensur durch die digitalen Dienste, woraus das Risiko entsteht, dass unliebsame Inhalte (etwa auf Geheiss eines Staates) gefiltert werden. In solchen Fällen könnten Userinnen diese Inhalte nicht mehr hochladen. Upload-Filter können also genau den vom BAKOM gelobten positiven Effekten für die Gesellschaft schaden. Falls auch in der Schweiz Upload-Filter zur Anwendung kommen sollen, soll dieser transparent erfolgen. Dafür braucht es im Gesetz klare Regeln für deren Einsatz.

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