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Umfrage zum geplanten myRIDE-Ticketsystem

Die Alliance SwissPass informierte im April die Medien über das geplante Ticketsystem «myRIDE» im Öffentlichen Verkehr. Die Billettpreise basieren bei myRIDE auf einem Digitaltarif und werden entsprechend dem Fahrverhalten der Kundinnen und Kunden dynamisch berechnet. Das heutige Sortiment wird schrittweise ersetzt. Im Klartext heisst dies: Halbtax, Strecken- und Generalabonnements werden mittelfristig zugunsten von myRIDE abgeschafft.

Die Allianz SuissePass liess am 26. April 2023 an die Medien durchsickern, dass sie ernsthaft darüber nachdenkt, ein neues Tarifsystem namens myRIDE einzuführen. Nach der aktuellen Pilotphase mit Testerinnen und Testern soll nächstes Jahr der Grundsatzentscheid über die Umsetzung erfolgen. Die gestaffelte Einführung folgt ab 2025. Die Kommunikation der SBB rief auch die Politik aufs öffentliche Parkett. Ein Vorstoss von Nationalrat Matthias Aebischer beauftragt den Bund abzuklären, ob das neue Tarifsystem die gesetzlichen Vorgaben erfüllt.

So soll myRIDE funktionieren

Das sind die wichtigsten Punkte zu myRIDE zusammengefasst:

  • Reisende kaufen vor der Fahrt keinen Fahrausweis mehr.
  • Die Reisen der ÖV-Nutzerinnen und Nutzer werden in einem digitalen «Reisetagebuch» aufgezeichnet. Die Daten werden im Normalfall über das Handy übermittelt. Wie Reisende ohne Mobiltelefon oder mit ausgeschalteter Handyortung zu Tickets kommen, ist noch nicht definiert.
  • Die Ticketgebühren werden anhand eines landesweit einheitlichen Tarifs erhoben, der sich an den gefahrenen Streckenkilometern orientiert.
  • Der Ticketpreis wird dynamisch berechnet: Er wird günstiger, je öfter und je weiter man fährt. Die Abrechnung erfolgt erst nach der Reise.
  • Berechnet wird der Ticketpreis also durch einen Algorithmus aufgrund der Nutzungsintensität der vergangenen Tage.
  • Das neue Tarifsystem soll mittelfristig alle Abonnemente wie Halbtax-, Zonen- und Generalabonnements ablösen.

Umfrage zeigt Bedenken bei Preispolitik und Privatsphäre

Der Konsumentenschutz hat Konsumentinnen und Konsumenten nach ihrer Meinung zum neuen Tarif-System befragt. 672 Personen haben an der Umfrage teilgenommen. 18 % der Teilnehmenden befürworten den neuen öV-Tarif, 82 % lehnen die Pläne grundsätzlich ab. Zu den wichtigsten Gründen für die Ablehnung des neuen Systems zählen folgende:

  • Ich verliere die Kontrolle, denn ich kann nicht nachvollziehen, wie der Preis zustande kommt und ob der korrekte Preis erhoben wurde. Ich verliere damit die Basis, um Fehler zu reklamieren.
  • Mir ist meine Privatsphäre wichtig und ich will nicht, dass meine Bewegungen aufgezeichnet werden.
  • Die öV-Tarife steigen, weil sie quasi unbemerkt in die Höhe getrieben werden können.
  • Ich verliere Planungssicherheit, weil ich nicht berechnen kann, wie viel mich der Transport nächstes Jahr kosten wird.
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Einschätzung: SBB müssen Bedenken ernst nehmen

Die Umfrage zeigt also, dass Konsumentinnen und Konsumenten dem neuen, hauptsächlich digitalen System skeptisch gegenüber stehen. Insbesondere die Preistransparenz und die damit verbundene Kostensicherheit und Nachvollziehbarkeit der Ticketpreise wird in Frage gestellt. Die Skepsis ist nicht unbegründet, wenn man den Bericht von Kassensturz vom 16. Mai 2023 berücksichtigt. Kassensturz zeigt darin auf, dass es bereits heute beim digitalen Ticketing easyRIDE wiederholt zu technischen Problemen kommt und beispielsweise teurere Tickets verrechnet werden. Es ist also an den SBB in ihrem Digitalisierungsbestreben sicherzustellen, dass die technische Funktionalität, die Preistransparenz und die Privatsphäre der Reisenden gewährleistet werden.

Auch ein analoger Zugang zu öV-Tickets, ohne Handy und Kreditkarte, wurde von den Umfrage-Teilnehmenden mehrfach verlangt. Die SBB hat in ihren Gesprächen mit den Medien und dem Konsumentenschutz zugesichert, für die digital kritischen Zielgruppen einen alternativen Zugang sicherzustellen. Es ist zwingend notwendig, dass die SBB als Teil des Service Public die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger ernst nimmt. Deshalb wird der Konsumentenschutz das Projekt der SBB kritisch beobachten.

Wichtigste Gründe für die Befürwortung von myRIDE

Eine Minderheit der Umfrage-Teilnehmenden hat sich für das neue Ticketsystem ausgesprochen. Hier finden Sie die meistgenannten Gründe dafür:

  • Einfach, bargeldlos, praktisch.
  • myRIDE räumt auf mit dem unübersichtlichen Tarif-Dschungel.
  • Das neue Ticketsystem orientiert sich an der effektiven Nutzung, entspricht dem Verursacherprinzip und ist gerechter.
  • Vielfahrer werden nicht mehr subventioniert.

 

Tariferhöhungen 2024 im öffentlichen Verkehr