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Replay-TV vor dem Aus?

Sie sind noch bei der Arbeit, wenn Ihre Lieblingsserie läuft? Aktuell ist das noch kein Problem. Mit der kostenpflichtigen Möglichkeit des zeitversetzten Fernsehens (Replay-TV) kann sich der Konsument die Sendung zu einem späteren Zeitpunkt anschauen und dabei die Werbung vorspulen. Nun sind im Parlament Bestrebungen im Gange, diese bei der Bevölkerung sehr beliebte Art des zeitversetzten TV-Konsums grundlegend zu verändern und für den Konsumenten zu verteuern. Der Konsumentenschutz stemmt sich vehement dagegen.

Seit Jahren gehört die Möglichkeit, sich Fernsehprogramme zu einem späteren Zeitpunkt anzuschauen, zum standardmässigen TV-Konsumverhalten. Klammheimlich sind parlamentarische Bemühungen im Gange, dem beliebten Replay-TV auf Gesetzebene einen Riegel zu schieben. Im Rahmen der Revision Fernmeldegesetz (FMG) berät die zuständige Kommission des Nationalrats in diesen Tagen über eine entsprechende Gesetzesänderung: Zeitversetztes Fernsehen mit Spulfunktionen für Werbeblöcke soll nur noch mit Zustimmung des Veranstalters (beispielsweise der SRG oder einem Regionalfernsehen) möglich sein.

Gefährdet Replay-TV die Programmvielfalt und TV-Sender?

Die Gegner des Replay-TV fürchten in erster Linie wegbrechende Werbeeinnahmen, was wiederum die Qualität und Vielfalt des ausgestrahlten TV-Programms gefährde. Denn beim zeitversetzten Schauen wird eine lokale Kopie des TV-Programms angelegt, was ermöglicht, dass mit entsprechender Funktion die Werbung überspult werden kann.

Die Befürchtungen der Gegner werden von Auswertungen widerlegt, die besagen, dass das zeitversetzte Schauen den TV-Konsum insgesamt steigert. Gemäss einer Erhebung der Stiftung Werbestatistik Schweiz (PDF, Seite 18) verzeichnete der TV-Bereich trotz Einführung von Replay-TV im Jahre 2012 stetig steigende Werbeumsätze.

Folgen der gesetzlichen Attacke 

Wird die vorgesehene Ergänzung im FMG umgesetzt, so ist mit folgenden Konsequenzen zu rechnen:

  • Monopol: Die Möglichkeit von Replay-TV müsste mit dem Sendeveranstalter (beispielsweise SRG) ausgehandelt werden. Es ist zu befürchten, dass nur grosse Telekommunikations-Unternehmer die notwendigen finanziellen Mittel aufbringen könnten, um sich von den Sendern die Rechte zu erkaufen. Spezialisierte Anbieter wie Zattoo, Wilmaa oder Teleboy würden vermutlich vom Markt verschwinden.
  • Preisanstieg: Die Mehrkosten, die den Telecom-Unternehmen durch die Deals mit den Sendern entstehen, würden auf den Konsumenten überwälzt. Ein massiver Anstieg der Preise für Replay-TV-Angebote wäre die Folge.
  • Verletzung Urheberrecht: Der Konsument hat ein gesetzlich verankertes Recht auf Privatkopie von urheberrechtlich geschützten Inhalten. Diese Recht würde ihm ersatzlos weggenommen.
  • Steinzeit: Wer sich eine Sendung zu einem späteren Zeitpunkt anschauen will, müsste diese – wie vor Jahrzehnten – wieder mit dem Videorekorder aufnehmen – falls derartige Geräte noch verfügbar und einsatzbereit sind. Paradoxerweise wäre damit das Überspulen von Werbung problemlos möglich

Cécile Thomi, Leiterin Recht Konsumentenschutz: «Dass in der heutigen Zeit der Digitalisierung über die Einführung einer solchen Regelung überhaupt debattiert wird, ist abstrus. Das wäre ein regelrechter Rückfall in die Steinzeit des Medienkonsums. Diese beliebte Art des Fernsehkonsums darf unter keinen Umständen abgeschafft werden!»

Keine Einschränkung auf dem Buckel der Konsumenten

Programmvielfalt ist auf eine ausreichende Finanzierung angewiesen. Falls tatsächlich unfaire Bedingungen herrschen zwischen TV-Sendern und TV-Verbreitern, die Replay-TV anbieten, dann müssen sich diese Parteien an den Verhandlungstisch setzen. Der Kampf um den Werbekuchen darf nicht – einmal mehr – auf dem Buckel der Konsumenten ausgetragen werden.