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Anlegerschutz: Finma schlägt griffige Massnahmen vor

Stellungnahme der SKS zum „Finma-Positionspapier Vertriebsregeln“

Im heute publizierten „Finma-Positionspapier Vertriebsregeln“ werden mehrere langjährige Forderungen der Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) für einen besseren Anlegerschutz aufgenommen. Allerdings gibt es auch den einen oder anderen Pferdefuss.

Die Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) begrüsst es, dass mehrere ihrer langjährigen Forderungen im heute publizierten „Finma-Positionspapier Vertriebsregeln“ berücksichtigt werden. Dazu gehören insbesondere

•    die Einführung einer einheitlichen Prospektpflicht für sämtliche standardisierte Finanzprodukte

•    eine verbesserte Aufklärung der Kunden über Kosten, Chancen und Risiken vor Vertragsabschluss

•    die zwingende Prüfung der Angemessenheit von Finanzprodukten aufgrund der Erfahrung und Kenntnisse des Kunden

•    die Bewilligungspflicht für sämtliche Finanzdienstleister

•    die Schaffung einer neuen gesetzlichen Grundlage für Finanzdienstleistungen

Damit würden einige der wichtigsten Gesetzeslücken geschlossen, die bisher hauptverantwortlich waren für die teilweise sehr grossen Vermögensverluste von privaten Kleinanlegern. Erwähnenswert ist auch der Vorschlag, dass bei zusammengesetzten Produkten zu deklarieren ist, ob der Produktanbieter gleichzeitig der Produzent des Produktes ist. „Mit einer solchen Regelung hätten sicher deutlich weniger Credit-Suisse-Kunden mit Lehman-Papieren Geld verloren“, meint SKS-Präsidentin Prisca Birrer-Heimo.

Nach Ansicht der SKS sind folgende Punkte im „Finma-Positionspapier Vertriebsregeln“ kritisch zu beurteilen:

•    Zwar schlägt die Finma vor, dass die Ergebnisse des Verkaufsgesprächs dokumentiert werden müssen, eine Protokollpflicht – wie sie in Deutschland bereits eingeführt wurde – wird von der Finma aber leider nicht in Betracht gezogen.

•    Der grösste Pferdefuss des Positionspapiers betrifft allerdings die Entschädigungen, die Finanzprodukte-Verkäufer von Dritten erhalten (Retrozessionen / Finder’s Fees). Die Finma kommt zwar zum Schluss, dass eine klare und umfassende Regelung für solche Zahlungen fehlt, schlägt aber merkwürdigerweise keine konkreten Massnahmen vor, wie dieser Missstand bei allen Verkaufsgeschäften zu beheben sei. Die SKS hat ihre diesbezüglichen Forderungen in ihrer Stellungnahme (Seite 4) zum „Finma Vertriebsbericht 2010“ dargelegt.

•    Etwas seltsam mutet zudem an, dass sich die Finma nicht näher zu einer verbesserten Rechtsdurchsetzung von Ansprüchen der Privatkunden gegenüber Finanzdienstleistern äussern will, während sie im „Finma Vertriebsbericht 2010“ (Seiten 58-60) noch im Detail darauf eingegangen ist. Für die SKS sind folgende Massnahmen zentral: Beweislastumkehr (der Kläger muss nicht ein Fehlverhalten des Bankverkäufers nachweisen), Zulassung von Gruppenklagen und optional die Einführung eines Schiedsgerichtes oder Einzelrichters, der – ohne grosse Kostenfolgen für den Kläger – abschliessend über Streitfälle von kleinen und mittleren Beträgen entscheidet.

Trotz diesen Mängeln zieht Prisca Birrer-Heimo grundsätzlich ein positives Fazit aus dem „Finma-Positionspapier Vertriebsregeln“: „Die Finma hat ihre Hausaufgaben endlich gemacht. Wichtig ist nun, dass der Bundesrat umgehend einen Gesetzesentwurf präsentiert, der einen wirksamen Anlegerschutz bringt, so wie ich dies mit der Motion 11.3716 schon lange gefordert habe.“