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Bundesrat verwässert Anlegerschutz weiter

20130820-Anlegerschutz-003Der Bundesrat hat heute die Botschaft zum Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) verabschiedet. Dabei hat er den Anlegerschutz, insbesondere die Rechte der Privatkläger, gegenüber dem im Sommer 2014 vorgestellten Gesetzesentwurf deutlich abgebaut. Dennoch gibt es aus Sicht der Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) ein paar wesentliche Punkte, die – im Vergleich zur heutigen Rechtslage – die Rechte der Anleger zumindest in bescheidenem Rahmen verbessern würden.

Der Bundesrat hat heute die Botschaft zum Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) verabschiedet. Gegenüber der Variante, die er im Sommer 2014 in die Vernehmlassung schickte, wurde der Anlegerschutz deutlich abgebaut: Die Beweislastumkehr (ein Finanzdienstleister muss beweisen, dass er korrekt beraten hat) soll fallengelassen werden, zudem soll das Instrument der kollektiven Rechtsdurchsetzung (Verbandsklagen und Gruppenvergleichsverfahren) zu einem späteren Zeitpunkt in der Zivilprozessordnung geregelt werden. Die SKS befürchtet, dass – sobald das FIDLEG angenommen wurde – die Bereitschaft von Bundesrat und Parlament zu einer entsprechenden Revision der Zivilprozessordung gering sein wird.

Prozesskostenfonds gestrichen

Der Bundesrat will zudem nichts mehr wissen von einem Prozesskostenfonds für Klagen von geschädigten Anlegern gegen Banken und Vermögensverwaltern und einem Schiedsgericht, das Streitigkeiten um kleine und mittlere Summen unbürokratisch und kostengünstig hätte regeln können. Immerhin schlägt der Bundesrat vor, dass Prozesskostenvorschüsse und Sicherheiten als klagender Privatkunde nicht geleistet werden müssen und unter gewissen Voraussetzungen die Prozesskosten der gegnerischen Partei nicht getragen werden müssen, auch wenn ein Privatkläger den Prozess gegen ein Finanzinstitut verliert.

Kein Verbot von Retrozessionen

Nicht eingetreten ist der Bundesrat auf die Forderung der SKS, sogenannte Retrozessionen (Provisionen von Dritten, z.B. Verkäufern von standardisieren Finanzprodukten) zu verbieten. Aus Sicht der SKS sind Retrozessionen die Ursache der allermeisten Probleme bei Finanzdienstleistungen: „Locken hohe Provisionen, sind Anlageberater und Vermögensverwalter in der Versuchung, diese Finanzprodukte zu verkaufen, anstatt diejenigen Produkte, die für den Kunden am besten geeignet sind“, sagt SKS-Präsidentin Prisca Birrer-Heimo. Der Bundesrat hat zudem einen Gesetzesartikel aus der Vorlage entfernt, der den Begriff „unabhängig“ geschützt hätte: Nun dürfen Vermögensverwalter und Banken sich weiterhin als unabhängig bezeichnen, auch wenn sie Retrozessionen entgegennehmen.

Verbesserungen im Anlegerschutz

Trotz diesem Abbau beim Anlegerschutz gegenüber der ursprünglichen Vorlage würde das FIDLEG einige Verbesserungen im Vergleich zur heutigen Gesetzgebung bringen: So wäre zum Beispiel ein Basisinformationsblatt Pflicht, das dem Anleger einen einfachen und standardisierten Vergleich von Finanzprodukten ermöglicht. Ausserdem müssten bei der Anlageberatung und der Vermögensverwaltung geprüft werden, ob die empfohlenen Finanzinstrumente für den Kunden geeignet sind. Kriterien wären zum Beispiel die finanziellen Verhältnisse, die Anlageziele und die Erfahrung des Kunden im Umgang mit Finanzprodukten. Eine solche Eignungsprüfung ist zwar heute schon durch das Obligationenrecht vorgeschrieben, könnte aber besser durchgesetzt werden, weil die Regulierungsbehörde (FINMA), gestützt auf das FIDLEG, bei fehlbaren Banken und Vermögensverwaltern direkt intervenieren könnte.

Der gleiche Sachverhalt wie bei der Eignungsprüfung trifft auch auf die Dokumentationspflicht zu: Eigentlich ist heute schon vorgeschrieben, dass ein Kunde Anrecht auf die Aushändigung seines Dossiers hat, dennoch musste ein Kunde einer Grossbank bis vor Bundesgericht, nur um überhaupt eine Kopie der Vereinbarungen zwischen ihm und dem Kundenberater zu erhalten. Demzufolge stellt die heute vorgestellte Regelung auch bei diesem Aspekt eine Verbesserung dar.