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Hinter der gesunden Fassade ist Zucker versteckt

Clean Labeling bei Kinderlebensmitteln

„Ohne Konservierungsstoffe“ und „Mit 8 Vitaminen“: Solche Auslobungen zieren vor allem Produkte, welche zu süss, zu fettig oder zu salzig sind. Zu welchem Mitteln die Lebensmittelhersteller greifen, um Süssigkeiten, Frühstücksflocken oder Chips für Eltern als gesund und für die Kinder als verlockend darzustellen, zeigt eine kürzlich durchgeführte Marktuntersuchung der Stiftung für Konsumentenschutz SKS.

Möglichst farbig – möglichst gesund: Die Hersteller von Lebensmitteln, welche besonders Kinder ansprechen sollen, sind auffallend kreativ, wenn es darum geht, von den negativen Eigenschaften abzulenken und ein gesundes Image zu vermitteln. Wie auch der gestrige Bericht im „Kassensturz” gezeigt hat, passen viele solcher Lebensmittel nicht zu einer gesunden, ausgewogenen Ernährung. Denn trotz der angepriesenen positiven Eigenschaften sind viele dieser Produkte zu süss, zu fettig oder zu salzig.

Die SKS hat in den letzten Wochen ebenfalls die Regale verschiedener Schweizer Anbieter nach Lebensmittel-Werbetricks durchforstet und ist rasch fündig geworden: Etwa bei den Nimm2-Lutschern von Storck, auf denen prominent „Fruchtsaft und Vitamine“ beworben werden. Bloss – die Lutscher enthalten lediglich 1% konzentrierte Fruchtsäfte, bestehen aber zu mehr als drei Vierteln (78.6%) aus Zucker. Das machen auch die zugefügten Vitamine nicht wett. Geradezu aufdringlich wirbt Nestlé bei den Cereals Lion Caramel & Chocolat mit der Botschaft, dass die Frühstücksflocken 35% Vollkorn enthalten: Sieben Mal findet man den Hinweis auf der Schachtel. Dass die Flocken genauso viel Zucker, nämlich auch 35 % enthalten, muss man im Kleingedruckten suchen. Werben kann man mit Grundsätzlichem: Nestlé erdreistet sich, auf seiner Maggi Märlisuppe anzupreisen, dass ein Teller Suppe „zur täglichen Flüssigkeitszufuhr Ihres Kindes beiträgt“.

Solche Beispiele finden sich zu Hauf, wie unser detaillierter Bericht mit zahlreichen Beispielen zeigt. Die SKS kämpft gegen diese Praxis an: Es kann nicht sein, dass immer mehr Kinder und Jugendliche unter Übergewicht leiden, die Anbieter aber die Eltern mit täuschender Werbung hinters Licht führen. Zudem werden die Kinder neben einem süssen Inhalt auch mit verlockenden, farbigen Packungen, Wettbewerben und Gadgets dazu verleitet, genau diese Produkte zu verlangen.

Es ist wichtig, dass die Schweiz die EU-Regeln bezüglich nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben auf Lebensmitteln übernimmt. Es besteht aber weiterhin Handlungsbedarf:

–    Ungesunde, an Kinder gerichtete Lebensmittel dürfen nicht mit Aussagen wie „Mit Vitaminen und Mineralien“ beworben werden, welche einseitig allfällige positive Eigenschaften des Produkts anpreisen.

–    Werbung für ungesunde und an Kinder gerichtete Lebensmittel muss eingeschränkt werden.

–    Werbeanpreisungen wie „ohne Geschmacksverstärker“ oder „ohne Konservierungsmittel“ dürfen nur verwendet werden, wenn auch keine Stoffe mit gleicher oder ähnlicher Wirkung (z.B. Hefeextrakt oder Säuerungsmittel) enthalten sind.

–    Wenn Inhaltsstoffe per Gesetz in einem Lebensmittel nicht erlaubt sind, darf deren Abwesenheit nicht durch Formulierungen wie etwa „Ohne Konservierungsstoffe – laut Gesetz“ angepriesen werden.

„Das Reinwaschen von ungesunden Lebensmitteln durch raffiniertes Marketing darf nicht zu Lasten der jüngsten Konsumenten gehen,“ ist die Geschäftsleiterin Sara Stalder überzeugt. Daher setzt sich die SKS weiterhin für eine verantwortungsvolle Kinderlebensmittelwerbung ein und engagiert sich, dass auch in der Politik und bei den Anbietern das Bewusstsein wächst.

Bericht Cleanlabeling