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Neue Studie: Beschwerden über unerwünschte Werbeanrufe gehen deutlich zurück

Die Beschwerden über unerwünschte Werbeanrufe haben in den letzten sieben Jahren um über 80% abgenommen – dies zeigt eine aktuelle Auswertung. Der Konsumentenschutz führt diese positive Entwicklung insbesondere auf den Einsatz von Werbeanruf-Filtern und schärfere Gesetze zurück.

Die Anzahl Beschwerden über Werbeanrufe trotz Sterneintrag im Telefonbuch, die beim Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) eingehen, haben in den letzten Jahren deutlich abgenommen. Waren es im Jahr 2015 noch fast 28’000 Beschwerden, gingen diese kontinuierlich zurück. Im ersten Halbjahr 2022 gab es nur noch 2’714 Meldungen – hochgerechnet auf das ganze Jahr rund 5500 (siehe Abbildung 1). «In den letzten sieben Jahren haben sich die Beschwerden über unerwünschte Werbeanrufe um über 80% reduziert», konstatiert Nadine Masshardt, Präsidentin des Konsumentenschutzes.

Abbildung 1: Anzahl Beschwerden über Werbeanrufe trotz Sterneintrag 2015-2022

Werbeanrufe

Quelle: SECO

*Hochgerechnet auf das ganze Jahr. Anzahl Meldungen 1. Januar – 30. Juni 2022: 2714.

 

Illegale Anrufe als Hauptproblem

Seit 2012 sind Werbeanrufe trotz Sterneintrag strafbar. Gestattet sind Anrufe, wenn sich jemand damit einverstanden erklärt oder wenn eine Geschäftsbeziehung vorliegt. Die Durchsetzung dieser Bestimmung erwies sich jedoch in der Praxis als schwierig. «Viele Callcenter operieren vom Ausland aus, was die Strafverfolgung erschwert. Zudem kann man sie oft gar nicht identifizieren, weil sie unter Angabe einer falschen Nummer anrufen», sagt Masshardt.

 

Ruhe dank Werbeanruf-Filtern

Angesichts der zahlreichen Beschwerden über Werbeanrufe organisierte die Allianz der Konsumentenschutz-Organisationen (Konsumentenschutz, FRC und ACSI) 2015 einen runden Tisch mit den Telekom-Anbietern, dem Bund sowie Callnet, dem Branchenverband der Call-Center. Dabei schlug der Konsumentenschutz im Kampf gegen illegale Werbeanrufe unter anderem der Einsatz von Werbeanruf-Filtern vor. Pioniere in diesem Bereich waren die beiden Anbieter net+ und VTX, die damit gute Erfahrungen gesammelt hatten.

Werbeanruf-Filter funktionieren ähnlich wie E-Mail-Spam-Filter. Unerwünschte Werbeanrufe werden bereits vom Telekom-Anbieter blockiert und gar nicht mehr zu den Kundinnen und Kunden durchgestellt. Je nach Ausgestaltung der Software können auch die Angerufenen selbst besonders lästige Callcenter sperren. Nicht gesperrt werden Callcenter, die sich an die gesetzlichen Regelungen halten.

Swisscom setzte die Idee Ende 2016 mit der Lancierung des «Callfilters» für ihre Festnetz-Kunden um. Laut Swisscom blockiert der Filter täglich über 200’000 unerwünschte Anrufe. Dies spiegelte sich auch bei den Beschwerden: Sie halbierten sich 2017 beinahe im Vergleich zum Vorjahr. Ende 2017 stellte Swisscom den Callfilter auch ihren Handykunden mit Abo zur Verfügung, was nochmals zu einer deutlichen Abnahme der Beschwerden führte.

 

Kunden von Swisscom und Sunrise müssen Werbeanruf-Filter einschalten

Der Konsumentenschutz setzte sich erfolgreich dafür ein, dass alle Telekom-Anbieter ihren Kunden einen Schutz vor illegalen Werbeanrufen anbieten müssen. Dies ist dank der revidierten Fernmeldeverordnung seit 1. Juli 2021 der Fall. Während Salt und Quickline den Werbeanruf-Filter für alle Kunden eingeschaltet haben, müssen bei Swisscom und Sunrise die Kunden aktiv werden: «Viele Kunden von Swisscom und insbesondere Sunrise wissen noch nicht, dass sie den Werbeanruf-Filter einschalten müssen, um sich vor lästigen Anrufen zu schützen. Es wäre aus Konsumentensicht wünschenswert, wenn diese Filter standardmässig aktiviert sind, denn sie sind das beste Mittel gegen illegale Werbeanrufe und auch Telefonbetrug», so Masshardt.

 

Anpassungen im Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)

Neben der obligatorischen Einführung von Werbeanruffiltern gab es 2021 weitere Verbesserungen auf Gesetzesebene: Seit 1. Januar 2021 brauchen die Konsumenten nicht mehr zwingend einen Sterneintrag, um sich vor unerwünschten Werbeanrufen zu schützen, es reicht, wenn die Telefonnummer nicht mehr im Telefonbuch eingetragen ist – dies ist vor allem bei Handynummern der Fall. Rechtlich hat dieser Nichteintrag die gleiche Wirkung wie ein Eintrag mit Stern. Zudem können seit der Gesetzesänderung nicht nur Callcenter bestraft werden, die den Sterneintrag missachten, sondern auch Unternehmen, die von solchen Anrufen profitieren. «Vor allem Versicherungen und Krankenkassen, die notabene für den grössten Teil der Werbeanrufe verantwortlich sind, müssen seither nun genauer hinschauen, mit welchen Callcentern und Maklern sie zusammenarbeiten», meint Masshardt. Die Krankenkassen ihrerseits haben auf die neue Situation bereits reagiert. Seit 1. Januar 2021 ist eine Branchenvereinbarung in Kraft, die einerseits die Tätigkeit von Vermittlern regelt, andererseits auch verbindliche Standards zu Werbeanrufen setzt.

 

Weitere Informationen:

Werbeanrufen vorbeugen

Werbeanrufe vermeiden

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