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Qualitätszentrum: Gesundheitswesen unter der Lupe

Seit Jahren fordert die Stiftung für Konsumentenschutz (SKS), dass die Leistungen in der Gesundheitsversorgung konsequent auf ihre Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit überprüft werden. Die SKS begrüsst daher die Absicht des Bundesrates, ein nationales Zentrum zu schaffen, welches den Nutzen der Leistungen im Gesundheitswesen systematisch unter die Lupe nimmt.

Dass unser Gesundheitssystem eines der teuersten weltweit ist, wird jährlich mit Zahlen belegt. 2012 kostete es uns 68 Milliarden Franken und machte damit knapp 12 Prozent des Bruttoinlandprodukts aus! Dass das viele Geld, welches zu den verschiedenen Akteuren im Gesundheitssystem fliesst, wirklich Nutzen erzeugt, dafür stehen die Beweise bislang aber aus. Denn trotz dieser enormen Ausgaben hatte die Schweiz bisher kein systematisches Qualitätsmanagement für das Gesundheitswesen.

Bisher war weder von der Politik noch von den Akteuren im Gesundheitswesen erwünscht, dass eine Kosten/Nutzen-Analyse gemacht wird. Denn: die Anreize sind in unserem Gesundheitssystem so ausgestaltet, dass sich eine Mengenausweitung – also mehr Untersuchungen und Vorabklärungen, mehr Behandlungen, unbeschränkte Medikamentenabgabe – für jeden einzelnen Arzt, Apotheker und auch für jedes Spital finanziell lohnt.
Dass diese falschen Anreize zu Überbehandlungen führten, ist eine logische Konsequenz. Diese unnötigen Behandlungen lassen aber nicht nur die Kosten ins Unermessliche steigen, sie gefährden letztendlich auch die Gesundheit der Bevölkerung. Es ist unwahrscheinlich, dass sich Patientinnen und Patienten gegen unangebrachte Behandlungsweisen wehren und damit die Leistungserbringer in die Schranken weisen können. Das Wissensgefälle gegenüber den Gesundheitsexperten ist zu gross und das Einholen einer Zweitmeinung vielfach aus Zeitgründen unmöglich. Daher braucht es zwingend einen übergeordneten Schutz vor unnötiger Behandlung.

Das vom Bundesrat heute verabschiedete Qualitätsprogramm zielt in die richtige Richtung. Es ist wichtig, dass eine neutrale und national tätige Stelle die Gesundheitsleistungen für die ganze Schweiz systematisch überprüft. Aufgrund der Resultate müssen Verbesserungen erfolgen und unnötige Behandlungsvorgänge gestoppt werden.
Ein Wermutstropfen bleibt: Obschon die Leistungserbringer – Spitäler, Ärzte, Apotheker – das System seit vielen Jahren im Übermass ausreizen, muss der Prämien- und Steuerzahler für die Kosten des Monitorings aufkommen. Die Verursacher bleiben unbehelligt.
Die SKS wird sich dafür einsetzen, dass das neue Qualitätssystem möglichst schnell umgesetzt werden kann und dass zudem eine Mitwirkungspflicht für alle Akteure im Gesundheitswesen eingeführt wird.
Es bleibt zu hoffen, dass das Qualitätsprogramm eine preissenkende Wirkung entfalten wird. Auf den ersten Blick eine schier aussichtslose Aufgabe, wenn man sich das finanzielle Kräfteverhältnis vor Augen führt: Die für das Projekt veranschlagten 32 Millionen Franken machen gerade mal ein halbes Promille der gesamten Gesundheitskosten aus!