Fragen zu Konsum oder Recht? Hier finden Sie über 400 Antworten

Schwarzer Tag für den Anlegerschutz

Das Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) und Finanzinstitutsgesetz (FINIG) hätten die grossen Lücken im Schweizer Anlegerschutz schliessen sollen. Bundesrat und Parlament strichen jedoch auf Druck von Banken und Vermögensverwaltern praktisch alle Verbesserungen für die Anleger wieder aus dem Gesetz. Heute hat der Nationalrat die letzten verbliebenen Differenzen zwischen National- und Ständerat beraten, am Ergebnis änderte sich dadurch nichts: FIDLEG und FINIG sind zwei Gesetze, die den Anlegern wenig Substanzielles bringen und sie teilweise sogar noch schlechter stellen als heute.

Der Nationalrat hat heute über die letzten Differenzen beim Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) beraten. Das Parlament dürfte dieses Gesetz und auch das parallel dazu behandelte Finanzinstitutsgesetz (FINIG) bei der Schlussabstimmung vom Freitag annehmen. Die beiden Gesetze hätten eigentlich die Lücken im Anlegerschutz, die insbesondere in der Finanzkrise 2008 deutlich zu Tage traten, schliessen sollen. Der Bundesrat strich jedoch bereits nach der Vernehmlassung zahlreiche Verbesserungen des Anlegerschutzes: Die Beweislastumkehr (ein Finanzdienstleister muss beweisen, dass er korrekt beraten hat) wurde fallengelassen, ebenso die kollektive Rechtsdurchsetzung (Verbandsklagen und Gruppenvergleichsverfahren) und auch ein Prozesskostenfonds für Klagen von geschädigten Anlegern gegen Banken und Vermögensverwaltern und ein Schiedsgericht, das Streitigkeiten um kleine und mittlere Summen unbürokratisch und kostengünstig hätte regeln können. Zudem dürfen sich Vermögensverwalter auch weiterhin als «unabhängig» bezeichnen, auch wenn sie Provisionen (sogenannte Retrozessionen) von Banken und Finanzprodukt-Verkäufern annehmen.

Parlament streicht Massnahmen zum Anlegerschutz
Doch damit nicht genug: Unter dem Druck der Finanzbranche reduzierten die bürgerlichen Parlamentarier die Massnahmen für einen besseren Anlegerschutz weiter: So wurden zum Beispiel die Versicherungen vom Gesetz ausgenommen, obwohl auch sie Finanzprodukte verkaufen. Zudem wurde auch ein moderater Vorschlag des Bundesrates, der die Kunden in einem Zivilprozess gegenüber heute bessergestellt hätte, gestrichen. Ebenfalls abgelehnt wurde ein Antrag, dass Banken und Vermögensverwalter nur dann Retrozessionen entgegennehmen dürfen, wenn sie diese vollumfänglich an die Kunden weiterleiten.

Widerrufsrecht wird aufgeweicht
Die Nationalräte von SVP, FDP und CVP stimmten sogar praktisch geschlossen dafür, dass das 14-tägige Widerrufsrecht für alle Finanzdienstleistungen aufgehoben werden soll. Da der Ständerat dies aber ablehnte, einigten sich die beiden Räte nun darauf, dass das Widerrufsrecht «nur» bei bestehenden Mandaten aufgehoben wird: «Gegenüber dem heutigen Gesetz ist dies sogar ein Rückschritt beim Anlegerschutz. Und dies bei einem Gesetzesprojekt, das dezidiert den Anlegerschutz hätte verbessern sollen», sagt Prisca Birrer-Heimo, Präsidentin der Stiftung für Konsumentenschutz. Sie ist höchst unzufrieden mit dem FIDLEG und FINIG und konstatiert ernüchtert: «Die paar wenigen Verbesserungen im Anlegerschutz können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die beiden Gesetze primär der Finanzbranche dienen, die Anlegerinnen und Anleger gehen praktisch leer aus.»