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Wie manipulieren Dark Patterns Sie in Spiele-Apps?

Der Konsumentenschutz hat beliebte Spiele-Apps auf Dark Patterns durchleuchtet. Die Untersuchung zeigt: wo In-App-Käufe angeboten werden, sind Dark Patterns nicht weit. Wie diese funktionieren, zeigen wir Ihnen hier.

Dark Patterns sind manipulative bzw. täuschende Designs, die Unternehmen bei der Gestaltung ihrer Webseiten und Spiele-Apps nutzen. Damit wollen sie Sie dazu bringen, gegen Ihre eigenen Interessen zu handeln – oft drängen die Entwickler:innen Ihnen dabei etwas auf, das Sie ohne Dark Patterns nicht kaufen würden. Das können wenige Franken sein oder in eine regelrechte Form der Spielsucht führen. Auch Kinder sind für solche manipulative Designs anfällig, was für die Eltern zu hohen Kosten durch In-App-Käufe führen kann. Und auch Kindern können die Dark Patterns bei den Mobile Games in eine Spielsucht führen.

Mit etwas Hintergrundwissen zu Dark Patterns durchschauen Sie das Spiel der Entwickler:innen. Denn sobald Sie die Funktionsweisen der Dark Patterns verstehen und sie als manipulative Designs wahrnehmen, wird die Erfolgsquote dieser Täuschungsversuche abgeschwächt.

Arten von Dark Patterns in Spiele-Apps

Dark Patterns lassen sich in unterschiedliche Arten (unten finden Sie die Wichtigsten für Mobile Games) einteilen. Die manipulativen Designs werden dadurch unterschieden, wie sie auf die Nutzer:innen einwirken bzw. versuchen diese zu manipulieren. Die Unterscheidung in mehrere Kategorien bedeutet aber nicht, dass in einem Spiele-App nur eine Art von Dark Pattern vorkommt. Tatsächlich setzen Entwickler:innen quasi immer eine Kombination mehrerer täuschender Designs ein, die sich gegenseitig in ihrer Wirkung verstärken. Und oft verwendet eine einzige manipulative Benutzeroberfläche gleich mehrere der nachfolgenden Dark Patterns.

Zeitbasierte Dark Patterns in Mobile Games

Mit diesen Dark Patterns sorgen Entwickler:innen dafür, dass Spieler:innen möglichst viel und regelmässig spielen. Denn so ist die Chance am grössten, dass Sie als Spieler:in In-App-Käufe tätigen und damit zu den gigantischen Umsätzen der Entwickler:innen beitragen. Dabei greifen die Entwickler:innen tief in die Trickkiste um die Konkurrent:innen auszustechen. So erhalten Spieler:innen tägliche Belohnungen und Zusatzbelohnungen wenn sie zu bestimmten Zeiten spielen.

Spielen nach Termin & Battle Pass

Statt Ihnen die Entscheidung zu überlassen, wann Sie spielen möchten, haben einige Spiele-Apps fixe Zeiten, zu denen Sie spielen sollen. Oft ist das im Rahmen von sogenannten Events der Fall, bei denen besondere Belohnungen winken. Das Spiel konditioniert Spieler:innen so dazu, auf Abruf während den Events zu spielen.
Ähnlich beim Battle Pass: Spieler:innen erhalten einen Pass mit mehreren Stufen, ähnlich einer Stempelkarte. Beim Erreichen jeder Stufe wird diese als erreicht abgestempelt und es winkt eine virtuelle Belohnung. Die Gratisversion bringt weniger Belohnungen, die Premium-Variante mit mehr Belohnungen kostet oft 5 bis 10 Franken. Spieler:innen können den Pass nur innerhalb einer gewissen Zeit (1 bis 3 Monate) vervollständigen. Dann kommt der nächste Battle Pass. Die Spieler:innen werden so dauernd ermutigt, möglichst viel zu spielen, um Belohnungen zu erhalten.
Screenshot manipulative Benachrichtigungen der Spiele-App Coin Master. Die täuschenden Benachrichtigungen versuchen, Spieler:innen rund um die Uhr zum Spielen zu bringen.   Screenshot aus dem Mobile Game Candy Crush Saga, zeigt eines der vielen Events, mit denen Spieler:innen zum intensiveren Spielen animiert werden

Tägliche Belohnungen & Grinding

Die täglichen Belohnungen erhalten Sie an jedem Tag, an dem Sie spielen. Das Spiel belohnt sie als Spieler:in zudem mit besser werdenden Vorteilen dafür, wenn Sie mehrere Tage hintereinander spielen – verpassen Sie einen Tag, wird Ihre Belohnungsserie zurückgesetzt und Sie fangen wieder von vorne an.
Gleichzeitig sorgen repetitive Aufgaben (Grinding) dafür, dass Sie immer länger spielen müssen, um im Spiel fortzuschreiten. Um rasch vorwärts zu kommen, müssen Sie früher oder später Geld für virtuelle Spielwährungen ausgeben. Danach geht es wieder vorwärts, bis die erkauften Vorteile enden und die Stagnation wiedereinsetzt. Ein Teufelskreis, bei dem Spieler:innen immer mehr Geld ausgeben.
Manipulatives Design im Game Coin Master: Täglich kann das Glücksrad einmal kostenlos gedreht werden.   Screenshot aus dem Mobile Game Subway Surfers. Wer jeden Tag spielt, erhält einen kostenlosen virtuellen Gegenstand.

Monetäre manipulative Designs

Bei diesen täuschenden Designs geht es direkt ums Geld der Spieler:innen. Dabei geht es um das Kaufen von direkten Vorteilen im Spiel. Damit die Käufe überhaupt möglich sind muss das Geld zuerst in eine Spielwährung umgewandelt werden.

Wartezeiten überspringen & Bezahlen, um zu Gewinnen

Besonders in sogenannten Aufbau-Spielen (wie Hay Day oder Clash of Clans), aber auch in Casual-Games (wie Candy Crush) ist Warten ein Teil des Spiels. Dabei ist es egal, ob Sie für neue Spielzüge oder bis zum vollständigen Aufbau Ihres Gebäudes warten müssen. Sie erhalten meist eine Möglichkeit, diese Wartezeit zu verkürzen: entweder indem Sie eine Werbung schauen oder mit einer virtuellen Währung bezahlen.
In den von uns getesteten Spielen wurden die Spieler:innen von Anfang daran gewöhnt, die Wartzeiten zu überspringen. Während das zu Spielbeginn noch kostenlos ist, fallen dafür später Kosten an. Entweder direkt mit der Ingame-Währung oder indirekt über das Schauen von Werbung. Zusätzlich steigt die Wartezeit mit zunehmendem Spielfortschritt stets an, so dass Spieler:innen weiter zu Mikrotransaktionen gedrängt werden.
Ein besonders starkes Dark Pattern in (Mobile)-Games sind kaufbare Spielvorteile, die die Gewinnchancen (oft gegenüber anderen Spieler:innen) klar erhöhen. Dabei spricht man von “pay to win”, also Bezahlen, um zu Gewinnen. Ohne die Bezahlung ist die Gewinnchance deutlich kleiner.
Screenshot aus dem Tutorial des Spiels Township, bei dem das Spiel seine Spieler:innen zum Überspringen der Wartezeit auffordert. Mit dem täuschenden Design wird bezweckt, dass Spieler:innen später kostenpflichtig die Wartezeit überspringen.Screenshot aus dem Spiel Roblox. Gegen Echtgeld können Spieler:innen die Zeit im Gefängnis überspringen.

Eigene Spielwährung

In allen untersuchten Spiele-Apps gibt es eine eigene Geldwährung (z.B. Diamanten, Goldmünzen). Je nach Spiel erhalten Spieler:innen einige davon kostenlos, zum Beispiel während Events. Ansonsten muss dieses Spielgeld mit der Kreditkarte oder Guthaben in den App Stores bezahlt werden. Das Problem dabei: Mit der Umwandlung von Echtgeld zu Spielwährung geht der Bezug zum Geld verloren. Und damit fällt auch der sogenannte Schmerz des Bezahlens weg.

Screenshot des Shops im Spiele-App Pokémon Go, mit Battlepass "Wunderticket (Basis)" und limitierten Boxen mit virtuellen Gegenständen Screenshot aus dem Spiel Subway Surfers, der die virtuellen Währungen (Münzen und Schlüssel) zeigt.

Soziale Dark Patterns in Spiele-Apps

Manipulative Designs knöpfen auch an soziale Eigenschaften an. Dabei geht es immer um das Zusammenspiel mit anderen Personen – entweder um bestehende Mitspieler:innen oder um das Anwerben von neuen Spieler:innen. Die Entwickler:innen nutzen sowohl Verpflichtungsgefühle als auch Belohnungen für das Anwerben von neuen Spieler:innen.

Soziale Pyramidensysteme & Verpflichtungen

Ein in den Mobile-Games oft gefundenes Dark Pattern ist das soziale Pyramidensystem. Wie bei einem echten Pyramidensystem geht es auch hier um das Anwerben neuer Personen. Bestehende Spieler:innen erhalten dabei Belohnungen, wenn sie andere Personen zum Spiel einladen.
Viele Spiele manipulieren Spieler:innen auch über soziale Verpflichtungsgefühle. So werden Spieler:innen für zeitlich drängende Aufgaben in Teams mit anderen Spieler:innen eingeteilt. Wer bei der Aufgabe nicht mitmacht, erhält damit das Gefühl, die andere Person im Stich zu lassen.
Screenshot aus dem Spiele-App Coin Master. Der:die Spieler:in wird dazu aufgefordert, für Belohnungen Facebook Freund:innen einzuladen.   Screenshot aus dem Game Township: Das Einladen von Facebook-Freund:innen wird mit 5 Geldscheinen (virtuelle Währung) belohnt.

Freund:innen: Spammen & Beschenken

Dieses täuschende Design klingt für Spieler:innen gut: sie können ihre Freund:innen kostenlos (meist 1x täglich) beschenken. Die Freund:innen können ihnen ihrerseits ebenfalls Geschenke zusenden, falls sie mitspielen. Wie oben erwähnt, kann dadurch auch ein Verpflichtungsgefühl entstehen. Zudem können Sie Freund:innen ohne Interesse am Spiel mit den vielen Einladungen belästigen.
Screenshot aus dem Game Candy Crush Saga. Spieler:innen werden aufgefordert, Freund:innen für Belohnungen hinzuzufügen. Ein weiteres manipulatives Design.

Psychologische täuschende Designs

Entwickler:innen nutzen in ihren Spiele-Apps auch psychologische Dark Patterns. Dabei kommen gut erforschte psychologische Phänomene zum Einsatz, um Spieler:innen an das Mobile Game zu binden. Neben Wahrnehmungsverzerrungen wird auch der menschliche Sammeltrieb ausgenutzt, um Sie als Spieler:in davon abzuhalten, sich bald wieder von der Spiele-App zu lösen.

Besitztumseffekt & Verlustaversion

Der Besitztumseffekt ist ein psychologisches Phänomen, das Menschen den Wert ihres Besitzes überbewerten lässt. Das funktioniert sowohl bei virtuellen Gegenständen als auch beim Spielefortschritt. Selbst wenn diese objektiv gesehen wertlos sind, fällt es Menschen äusserst schwer, sich von der Spiele-App zu trennen. Nahezu alle (Mobile) Games nutzen diesen Effekt aus: mit Levels, virtuellen Gegenständen oder Guthaben in der Spielwährung. Oft erhalten Spieler:innen schon sehr früh im Spiel virtuelle Gegenstände geschenkt, die diesen Effekt hervorrufen.
Die Verlustaversion beschreibt die menschliche Tendenz, bei einer Entscheidung Verluste stärker als Gewinne zu gewichten. Falls Spieler:innen also das Löschen einer App als Verlust wahrnehmen – sei es wegen dem erspielten Fortschritt oder ausgegebenem Geld – wird es ihnen schwer fallen.Screenshot aus dem Mobile Game PUBG Mobile. Wenn Spieler:innen das Tutorial abschliessen, erhalten sie "tolle Belohnungen". Screenshot aus dem Mobile Game Township. Mit dem Dialog wird direkt an die Verlustaversion der Spieler:innen appelliert. Beispiel für ein Dark Pattern in einem Spiele-App.

Sammelleidenschaft & künstliche Verknappung

Menschen neigen dazu, Dinge zu sammeln. Dieser Sammeltrieb gilt nicht nur für physische, sondern auch für virtuelle Güter. Insbesonders dann, wenn die virtuellen Objekte nur während kurzer Zeit erhältlich und/oder besonders selten (z.B. via Lootboxen) sind. Auch das ist eine Form von manipulativen Designs: die Entwickler:innen der Spiele-Apps setzen darauf, bei den Spieler:innen den Sammeltrieb auszulösen. Häufig nutzen sie dafür sich rasch ändernde Angebote, so dass Spieler:innen Angst bekommen, das virtuelle Objekt zu verpassen (FOMO, fear of missing out).

Screenshot aus dem Spiel Township: Zum Bau eines Gebäudes braucht es Gegenstände, die seltener sind. Ein Beispiel für ein manipulatives Design.

Manipulative Designs umgehen

Alle von uns getesteten kostenlosen Spiele-Apps mit In-App-Käufen haben Dark Patterns verwendet. Sobald eine Spiele-App also In-App-Käufe anbietet, ist die Chance gross, dass es manipulative Designs enthält. Umgekehrt gilt: Bezahlte Spiele und Spiele ohne In-App-Käufe setzen deutlich weniger täuschende Designs ein. Auf der englischsprachigen Webseite darkpattern.games können Nutzer:innen Dark Patterns bei Spiele-Apps bewerten. Die Webseite kann bei der Abklärung, ob ein Mobile Game besonders manipulativ ist, hilfreich sein. Da die Bewertungen aber von anonymen Nutzer:innen stammen, variiert die Aussagekraft der Bewertungen.

Aber auch in Spielen mit Dark Patterns können Sie den Manipulationsversuchen widerstehen: wie in der Einleitung erwähnt, hilft es bereits, dass Sie sich mit diesem Online-Ratgeber informiert haben. Das hebt die Wirkung der täuschenden Designs zwar nicht auf, schwächt sie aber erheblich. Für Kinder und Personen die zu Suchtverhalten neigen, empfehlen wir In-App-Käufe einzuschränken oder zu deaktivieren. Das Setzen von maximalen monatlichen Limite für Käufe im App- bzw. Play Store ist bisher leider nicht möglich. Daran haben die Stores auch kein Interesse, denn sie verdienen an den Milliardenumsätzen kräftig mit.

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