Micro-Cheating: Alles über das Mini-Fremdgehen

Micro-Cheating
Begehst du unbewusst täglich den Mini-Seitensprung?

Der kleine Flirt im Café oder die zweideutigen WhatsApp-Nachrichten mit der Arbeitskollegin – ist das alles nur ein harmloser Spaß oder schon ein Vertrauensbruch? Erfahre, was hinter dem Phänomen Micro-Cheating steckt und ob es wirklich die Vorstufe zum Fremdgehen ist
Begehst du unbewusst einen Mini-Seitensprung?
Foto: Shutterstock.com / Jelena Zelen

Du schenkst ein Lächeln zurück, wenn eine attraktive Frau dir bewundernde Blicke zuwirft? Du und deine Kollegin nehmt einen unverbindlichen Büroflirt mit Humor? Auf einer Feier führst du auch mal eine angeregte Unterhaltung mit einer interessanten Frau? Das alles gilt als normal und ist noch kein Grund für Untreue-Spekulationen. Oder etwa doch?

Nicht jeder sieht das so gelassen. Wenn du in einer Beziehung bist, könnten einige diese anscheinend harmlosen Flirts als Anzeichen für einen möglichen Seitensprung interpretieren. Hier kommt der Begriff "Micro-Cheating" ins Spiel.

Was heißt Micro-Cheating?

Übersetzt heißt Micro-Cheating so viel wie "Mini-Seitensprung" oder "Micro-Betrug". Auf den Plan gerufen hat ihn die australische Paartherapeutin Melanie Schilling. Sie versteht unter Micro-Cheating die Interaktion zwischen zwei Menschen, die potentiell eine intime Beziehung eingehen könnten, es aber nicht tun – weil mindestens einer von beiden schon vergeben ist. Sie bewegen sich sozusagen in einer Grauzone zwischen einer freundschaftlichen Beziehung und einem ernsten Flirt. 

Ist Micro-Cheating ein neuer Trend?

Nein. Fremdflirten gibt es schon lange. Allerdings ist es dank sozialer Medien und Apps heute einfacher denn je. Du kannst quasi jederzeit einen Flirt mit einer Fremden oder einem Fremden starten, ohne aus dem Haus zu gehen.

Frau geht fremd über Handy
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Sie sagt, sie schreibt der Freundin. In Wirklichkeit textet sie mit dem Verehrer

Wie erkennt man Micro-Cheating?

Beim Mini-Seitensprung geht es nicht um Körperkontakt oder realen Sex, sondern um subtile Zuneigungsbekundungen, die im ersten Moment nicht als Treuebruch wahrgenommen werden. Deswegen ist Micro-Cheating auch nicht leicht zu erkennen.

Micro-Cheater schreiben sich zum Beispiel regelmäßig vielsagende Nachrichten mit einer Person und verheimlichen es dem Partner oder der Parnterin. Verfängliche Mitteilungen werden vorsichtshalber gelöscht, neue Passwörter eingerichtet und Telefonnummern von Flirts unter falschem Namen abgespeichert. 

Bist du ein Micro-Cheater?

Viele Menschen die Fremdflirten oder den Mini-Betrug begehen, sind sich dessen nicht bewusst. An diesen Anzeichen erkennst du, ob du ein Micro-Cheater bist:

  • Du sagst der oder dem Liebsten, dass du deinem besten Kumpel schreibst, schickst aber gerade einen Kuss-Smiley oder eine neckische Mittelung an eine:n Bekannte:n
  • Du bist immer noch bei einer Dating-Plattform angemeldet und schaust dich dort um
  • Du gibst dich beim Flirten als Single aus oder verschweigst deine:n Partner:in
  • Du löschst Nachrichten auf deinem Handy oder nutzt ein zweites Telefon, damit dein:e Liebste:r bloß keine Hinweise findet
  • Du erzählst deiner Partnerin oder deinem Partner nicht, dass du mit der/dem heißen Praktikant:in zu Mittag isst
  • Du sammelst auf Partys reihenweise Handynummern ein

Ist Micro-Cheating die Vorstufe von Fremdgehen?

Nicht unbedingt. Es kommt darauf an, wie weit du es treibst. Ein harmloser Flirt oder eine nette Nachricht an eine:n alte:n Bekannte:n sind weit weg vom Treuebruch. Auch harmloses Geplänkel im Büro ist nichts, wofür du dich schämen musst. Das hebt schließlich die Stimmung bei der Arbeit und tut keinem weh.

Wenn du es jedoch auf körperlichen Kontakt anlegst oder über Monate heimlich mit einer anderen Frau oder einem anderen Mann Nachrichten mit sexuellen Inhalten verschickst, wird es heikel. Dann geht es nicht mehr bloß um den kurzen Push fürs Selbstbewusstsein oder unverbindlichen Spaß. Das ist definitiv ein Vertrauensbruch.

Muss ich meiner/meinem Partner:in von jedem Flirt erzählen?

Hüte dich. Dein:e Partner:in erzählt dir schließlich auch nicht, wenn ihr ein schöner Mann zugezwinkert hat. Flirts machen den Alltag erträglicher und sind nicht verboten. Es ist aber besser, dass du darüber schweigst, sonst machst du die/den Liebste:n nur unnötig misstrauisch. Man muss Dinge auch nicht größer machen als sie sind.

Verheimliche ihr/ihm aber nicht jede Nachricht, die du von einer Frau oder einem Mann bekommst, sondern teile bestimmte Dinge mit ihr/ihm. So weiß sie/er, dass sie/er dir vertrauen kann und nicht immer ein Auge auf dein Smartphone haben muss. Wenn du jedoch das Bedürfnis hast, aus harmlosen Flirts mehr zu machen, solltest du deine Beziehung überdenken, bevor dir dein:e Partner:in auf die Schliche kommt.

Was soll ich tun, wenn mein:e Partner:in micro-cheated?

Zuerst solltest du prüfen, ob du mit deiner Vermutung richtig liegst. Das heißt nicht, dass du ihr/sein Handy nach Nachrichten anderer Männer durchforsten solltest. Fang bei dir selbst an. Frage dich, ob es nicht völlig okay ist, wenn die/der Liebste ab und zu Bilder auf dem Instagram-Profil anderer Männer liked oder kommentiert oder Bekannten zum Geburtstag gratuliert. Bist du womöglich ohne Grund eifersüchtig? Mangelt es dir vielleicht derzeit an Selbstwertgefühl?

Im nächsten Schritt solltest du dich fragen, ob du selbst auf Flirts an der Supermarktkasse oder auf Partys verzichten willst, nur weil du das auch von deiner/deinem Partner:in verlangst. Würde das deine Beziehung wirklich besser machen? Freut es dich nicht im Grunde, dass dein:e Liebste:r auch bei anderen Männern gut ankommt – dich aber nie wirklich betrügen würde?

Büroflirt
Shutterstock.com/Bojan Milinkov

Der unverbindliche Büroflirt hebt die Laune und ist nicht zwingend ein Mini-Betrug

Hast du begründeten Grund zur Sorge, weil du etwa einer Lüge auf die Spur gekommen bist oder die/den Liebste:n beim Chatten mit einem Verehrer erwischt hast, solltest du deine Sorge offen ansprechen. Sag ihr/ihm, dass du dir ein vertrauensvolles Verhältnis wünschst und dir nicht wohl bei dem Gedanken ist, dass sie/er mit einem potenziellen Nebenbuhler flirtet. Mach ihr/ihm in keinem Fall Vorwürfe, sondern sprich immer in Ich-Botschaften.

Die Gefahren von Micro-Cheating

Ganz klar: Wenn dein:e Partner:in herausbekommt, dass du sie/ihn bewusst angelogen hast, ist es mit der Vertrauensbasis in deiner Beziehung dahin. Selbst, wenn du nie daran gedacht hast, mit einer anderen Frau oder einem anderen Mann ins Bett zu steigen, wird dein:e Partner:in das anders sehen. Es sind die Dinge, die du verheimlichst oder hinter ihrem Rücken tust, die der/dem Partner:in wehtun. Einen harmlosen Augenkontakt, ein nettes Gespräch auf einer Party oder an der Bushaltestelle oder eine zweideutige Mail zwischen dir und deiner Kollegin muss die/der Liebste aber nicht erfahren – und das ist auch besser so.

Fazit: Micro-Cheating muss die Beziehung nicht ruinieren

Fremdflirten ist ein ganz normales Verhalten und muss nicht zwangsläufig das Ende einer Beziehung bedeuten. Nur weil du jemand anderen attraktiv findest, bedeutet das nicht, dass du deine:n Partner:in sofort verlassen würdest. Mit tatsächlichen Fremdgehgeschichten hat Mikro-Betrug nichts gemein. Ob diese kleinere Form des Betrugs deiner Beziehung schadet, hängt stark davon ab, wie sehr du dich darauf einlässt. Gelegentliches Flirten, ohne dabei Gefühle zu entwickeln oder körperliche Absichten zu haben, kann deiner Beziehung tatsächlich positiven Schwung verleihen. Ein solcher kleiner Selbstbewusstseins-Booster kann die Stimmung verbessern und davon profitiert auch dein:e Partner:in erheblich.