Familienstartzeit: Wann ist mit dem neuen Gesetz zu rechnen?

Update Vaterschaftsfreistellung
Wann kommt endlich die neue Familienstartzeit?

Väter sollen künftig nach der Geburt Anspruch auf 10 Tage bezahlten Urlaub haben. So plant es die Bundesregierung mit dem neuen Familienstartzeitgesetz. Noch gibt es aber viele Fragen dazu. Wir haben die Antworten
Mutter und Vater stehen mit ihrem Neugeborenen in der Wohnung
© Shutterstock.com / NDAB-Creativity_Familienstartzeit

Was machen frischgebackene Väter in Deutschland direkt nach der Geburt? Sie gehen wieder zur Arbeit. Oder nehmen Teile ihres regulären Jahresurlaubs, um bei Mutter und Kind sein zu können. In anderen Ländern Europas funktioniert das ganz anders, dort schenkt der Staat dem Vater in der Regel 10 Tage bezahlten Sonderurlaub. Mal spricht man in diesem Zusammenhang von Väterurlaub (auch wenn es alles andere als Urlaub ist), mal von Vaterschaftsfreistellung, mal von Partner:innenfreistellung, englisch heißt es übergreifend "paternity leave". Die Grundlage aber ist in der EU seit 2019 immer die gleiche: In besagtem Jahr ist die "EU-Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige (2019/1158)" in Kraft getreten und musste seit dem in den Mitgliedstaaten in nationales Recht umgesetzt werden. Auch die Bundesregierung hat die Richtlinie umgesetzt, wenn auch erst nach der geltenden Frist und ohne einen wesentlichen Bestandteil - nämlich ohne die Vaterschaftsfreistellung, da sie dazu aufgrund weitergehender Regelungen bei Elterngeld und Elternzeit nicht verpflichtet war. Doch das soll sich jetzt ändern mit dem sogenannten Familienstartzeitgesetz. Der Gesetzentwurf dazu vom Familienministerium ist bereits seit März 2023 regierungsintern in der Abstimmung und wurde bislang nicht in den Bundestag eingebracht. Wir stellen euch hier die wichtigsten Fakten über die Familienstartzeit vor und sagen, wie der Status quo ist.

Was ist die Familienstartzeit?

"Der zweite Elternteil oder Partner:innen sollen sich zukünftig nach der Entbindung zusätzliche 10 Tage bezahlt freinehmen können. Für die Dauer der Freistellung erhalten sie einen Partnerschaftslohn, der dem Durchschnitt der letzten drei Arbeitsmonate entspricht und vom Arbeitgeber gezahlt wird", erklärt die Berliner Rechtsanwältin Sandra Runge, die spezialisiert auf Eltern- und Arbeitsthemen ist. Die Familienstartzeit soll zur Entlastung von Familien dienen und eine frühzeitige partnerschaftliche Aufgabenteilung ermöglichen. Der Entwurf orientiert sich übrigens an den bereits bestehenden Mutterschaftsleistungen.

Wann kommt die Familienstartzeit?

Das Gesetz soll eigentlich laut Bundesfamilienministerium im Januar 2024 in Kraft treten - wenn es bis dahin in den Bundestag eingebracht und dort beschlossen wird. Experten sind sich einig: Zeitlich ist das zu diesem Zeitpunkt kaum noch mehr zu schaffen. Karsten Kassner, Fachreferent beim Bundesforum Männer, ärgert sich: „Erst wurde die EU-Vereinbarkeitsrichtlinie verspätet und ohne die Freistellungsregelung umgesetzt. Dann gab es im Frühjahr 2023 tatsächlich einen Gesetzentwurf zur Familienstartzeit. Aber seitdem ist Stillstand und der Entwurf hängt in der Ressortabstimmung.“

Wer hat Anspruch auf die Familienstartzeit?

Inn der Regel Väter und Partner:innen, die sich mit der Entbindenden in einer Lebenspartnerschaft befinden. Bei Alleinerziehenden kann die Mutter eine Person sogar auch außerhalb des Haushalts benennen.

Wer zahlt die Familienstartzeit?

Der Arbeitgeber zahlt für die Dauer der Freistellung einen Lohn, der den letzten drei Arbeitsmonaten entspricht. Aber er bleibt nicht auf den Kosten sitzen: Durch das U2-Umlageverfahren kann der Arbeitgeber den gezahlten Lohn von der zuständigen Krankenkasse zurückerstattet bekommen. „Das Umlageverfahren hat auch der wissenschaftliche Beirat für Familienfragen des BMFSFJ bereits vorab in einem Gutachten befürwortet“, erklärt Verbandsvertreter Kassner.

Podcast-Tipp: Über das Thema Vaterschaftsfreistellung haben auch schon die "Echten Papas" mit einem Experten gesprochen. Hier geht's zum Gespräch:

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen und wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogenen Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzbestimmungen.

Worauf basiert der Gesetzentwurf?

Ursprünglich basiert er auf einer Richtlinie der EU (2019/1158) vom 20. Juni 2019 zur "Vereinbarung von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige". Die Richtlinie soll zur Gleichberechtigung, Unterstützung und Entlastung von Eltern dienen. Diese sollte eigentlich laut EU bis 2. August 2022 umgesetzt werden. Allerdings teilte das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend damals mit, bereits die Mindeststandards zu erfüllen und deswegen von der Umsetzungsverpflichtung befreit zu sein. 2021 haben SPD, Grüne und FDP im Koalitionsvertrag allerdings verabredet, eine zweiwöchige Freistellung einzuführen.

Warum gab es noch keine Einigung innerhalb der Bundesregierung?

Es kam zu Streitigkeiten bezüglich der Zuschüsse für Unternehmen, da der Partnerschaftslohn durch das arbeitgeberfinanzierte U2-Umlageverfahren finanziert werden soll. Das bedeutet: Arbeitgeber bekommen den gezahlten Lohn von der zuständigen Krankenkasse rückerstattet. Dieses Verfahren muss von der Politik allerdings bezuschusst werden. Bisher gibt es innerhalb der Koalition allerdings Vorbehalte die vermutlich auch mit den Auseinandersetzungen zwischen Finanzministerium und Familienministerium zur Kindergrundsicherung und den Einsparvorschlägen beim Elterngeld mit Blick auf den Bundeshaushalt 2024 zusammenhängen.

Wie sieht die bisherige Rechtslage aus?

Bislang haben sich viele Väter oder Partner:innen regulär Urlaub genommen oder einen Teil Elternzeit und Elterngeld beansprucht. Laut Rechtsanwältin Runge besteht sonst noch ein eher unbekannter Anspruch, der so lange gilt, bis das Familienstartzeitgesetz umgesetzt wird. Dabei handelt es sich um §616 BGB "vorübergehende Verhinderung". Sofern dieser nicht vertraglich ausgeschlossen ist, besteht für den zweiten Elternteil ein Anspruch auf 5 Tage Lohnfortzahlung nach der Entbindung, der vom Arbeitgeber getragen wird.

Fazit: Und wie geht es jetzt weiter?

Wir können weiterhin nur auf eine schnelle Einigung innerhalb der Bundesregierung hoffen. Denn solange lässt die endgültige Abstimmung im Bundestag auf sich warten und damit auch der versprochene Fortschritt. Bis dahin empfehlen wir eine der vielen Petitionen zu unterstützen, die es zu diesem Thema bereits gibt. Ganz aktuell ist zum Beispiel die von Cornelia Spachtholz vom Verband berufstätiger Mütter, die einen Kündigungsschutz für werdende Väter und Freistellung ab Geburt fordert. Unterschreiben!