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Lieferung von F-16-Kampfjets an die Ukraine ist gegen Putin nur ein „Wippe“

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F-16-Kampfjets stehen im Ukraine-Krieg in den Startlöchern. Die Flugzeuge sind keineswegs eine Wunderwaffe gegen Putins Truppen. Dafür warten Probleme.

Kiew – Das Warten im Ukraine-Krieg hat ein Ende: Kiew plant schon länger, die Luftüberlegenheit Russlands im Angriffskrieg von Wladimir Putin abzuwenden – nun scheint dies möglicher denn je. Auf dem Nato-Gipfel in Washington haben die USA und zwei weitere Länder verkündet, dass der Einsatz der ersten F-16-Kampfjets über dem Himmel der Ukraine noch in diesem Sommer beginnen kann.

Lieferung von F-16-Kampfjets in die Ukraine: Nato-Staaten senden Kampfflugzeuge in Putins Angriffskrieg

Offenbar ist der Transfer der F-16-Kampfjets bereits im Gange, wie die USA in einer gemeinsamen Erklärung beim Nato-Gipfel in Washington verkündeten. Zuvor hatte Norwegen bereits erklärt, dass das Nato-Mitglied der Ukraine sechs Kampfflugzeuge vom Typ F-16 überlassen will. Der norwegische Ministerpräsident Jonas Gahr Støre teilte mit, dass die Fähigkeiten der Ukraine, „sich gegen Angriffe aus der Luft verteidigen zu können, in ihrem Verteidigungskampf gegen Russland von absolut entscheidender Bedeutung“ seien.

Neben Norwegen will die neue niederländische Regierung insgesamt 24 F-16-Kampfjets an die Ukraine liefern. Zudem haben auch Belgien (30) und Dänemark (22) bereits Zusagen für F-16-Kampfflugzeuge gegeben. Derweil prüft Polen die Lieferung weiterer MiG-Kampfjets an die Ukraine. Für Kiew könnte dies nun die Möglichkeit sein, um im Krieg in der Ukraine Russlands Lufthoheit zumindest herausfordern zu können und für mehr Chancengleichheit gegen Putins Truppen am Himmel zu sorgen.

Aktuelle Lage im Ukraine-Krieg: F-16-Kampfjets dringend benötigt – Russlands Luftwaffe dominiert Himmel

Mit den jetzigen Lieferungen von F-16-Kampfjets werden die jüngsten Forderungen von Wolodymyr Selenskyj erhört. Der Präsident der Ukraine hatte vor der Verkündung abermals auf eine schnellere Lieferung der F-16-Kampfjets an die Ukraine mit den Worten appelliert, dass er „wie meine Mutter nach der Schule“ warte.

In der aktuellen Lage im Ukraine-Krieg ist die Lieferung der F-16-Kampfjets auch dringend notwendig. Denn Russlands Luftwaffe dominiert im dritten Jahr von Putins Angriffskrieg weiterhin den Himmel über der Ukraine. Die F-16-Kampfjets mit einer Höchstgeschwindigkeit von über 2100 km/h könnten zumindest etwas Abhilfe gegen die russische Dominanz schaffen.

F-16 Fighting FalconRSK MiG-35
EntwurfslandUSARussland
HerstellerLockheed Martin (seit 1993)RSK MiG
Erstflug19742007
Indienststellung19782019
Länge / Spannweite14,52 m / 9,45 m17,16 m / 11,41 m
Leermasse (Gewicht)8.273 kg12.000 kg
HöchstgeschwindigkeitMach 2,02 (2142 km/h)Mach 2,3 (2445 km/h)
Preisrund 30 Millionen Eurorund 46 Millinen Euro

Krieg in der Ukraine: F-16-Kampfjets können für „Pattsituation“ mit Putins Luftwaffe sorgen

Eine Ansicht, die auch Christian Mölling hinsichtlich des Verlaufs des Kriegs in der Ukraine teilt. „Die F-16 ist ein gutes und relativ günstiges Flugzeug“, sagt der Sicherheitsexperte von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik über den Kampfjet vom Typ F-16, dessen Preis sich auf rund 30 Millionen Euro beläuft. Die Mehrzweck-Kampfjets könnten „wirklich hilfreich sein, den Russen Möglichkeiten zu nehmen“, erklärte er unlängst im stern-Podcast „Die Lage – international“.

Vor allem könnte durch die Ankunft der F-16-Kampfjets die Fähigkeit von Putins Truppen eingeschränkt werden, ungehindert Luftangriffe im Ukraine-Krieg zu fliegen. Im Fokus stehen dabei die Bombardements von Russland mit Gleitbomben, die russische Bomber aus großer Entfernung auf ihre Ziele im Ukraine-Krieg abfeuern. Allein die Anwesenheit der westlichen Kampfjets könnte das Kräfteverhältnis am Himmel verschieben. Schließlich dürfte sich in Zukunft das Risiko für Russland erhöhen, sobald Putins Kampfflugzeuge Gefahr laufen, ins Visier der Luft-Raketen der ukrainischen F-16 zu geraten. Nach Möllings Einschätzung könne die Ukraine „möglicherweise wenigstens eine Pattsituation in der Luft herbeiführen“.

F-16-Kampfjets in der Ukraine vielseitig einsetzbar: Angriffe auf Putins Truppen am Boden durchaus denkbar

Doch nicht nur im Luftkampf könnten die F-16-Kampfjets einiges gegen Putins Truppen im Ukraine-Krieg bewirken. Auch andernorts wären die vielseitig einsetzbaren Flugzeuge wohl in der Lage, einen beträchtlichen Unterschied zu machen. Schließlich verfügen die F-16 über die Kapazitäten, auch Bodenziele zu attackieren. Hinzu kommt die Kompatibilität mit einer Vielzahl von Waffensystemen der Nato, die infolge von Russlands Angriffskrieg zum Einsatz kommen. Unter anderem besteht für die Kampfjets die Möglichkeit, diverse Marschflugkörper abzufeuern.

Auch aus diesem Grund merkte der Militärexperte Oleksij Melnyk bereits vor der Ankündigung der Lieferung von F-16-Kampfjets in die Ukraine an, dass die Kampfflugzeuge zwar keine ideale, aber „eine sehr gute, rationale Wahl“ seien. Grundsätzlich gehe es nicht darum, „dass die Ukraine mit den F-16 die Lufthoheit gewinnt. Es geht darum, dass die Ukrainer die russische Luftüberlegenheit ausgleichen können“, so der ehemalige Kampfpilot im Gespräch mit ntv.

Keine Wunderwaffe gegen Putin: F-16-Kampfjets werden Lage im Ukraine-Krieg nicht über Nacht verändern

Mit dieser Analyse macht Melnyk – wie die Nato zuvor – deutlich, dass der F-16-Kampfjet „keine Wunderwaffe“ gegen Putin im Ukraine-Krieg ist. Eine Einschätzung, die auch Mölling teilt. „Es ist wie auf einer Wippe, wo zwei sich mit den Füßen abstoßen. Die Ukrainer haben mit diesen Flugzeugen ein bisschen mehr Kraft“, erklärt der Sicherheitsexperte die Wirkung des F-16-Kampfjets aus dem Hause Lockheed Martin. Eine Wunderwaffe, die die Lage über Nacht verändern kann, seien die „F-16 aber so wenig wie andere Waffensysteme“.

F-16-Jet im Himmel und Wladimir Putin in einem Sessel
Wladimir Putins Truppen müssen sich auf eine neue Waffe in den Händen der Ukrainer gefasst machen: Bald kämpfen F-16-Jets im Ukraine-Krieg. © IMAGO / Depositphotos, IMAGO / ITAR-TASS

Probleme warten in der Ukraine nach Ankunft der F-16-Kampfjets: „Massiver Prestigeverlust“ droht

Darüber hinaus bringt die Ankunft der Kampfflugzeuge noch weitere Probleme mit sich. Dies betrifft unter anderem die Ausbildung der Piloten. Die Ukraine-Schwachstelle gegen Putins Truppen sitzt nämlich im Cockpit der F-16-Kampfjets. Des Weiteren ist ein gigantischer Logistikaufwand inklusive exorbitanten Wartungskosten für das F-16-Kampfjet-Projekt notwendig und die Sicherung der Flugplätze, auf denen die F-16 stationiert sein könnten, bleibt ein Unsicherheitsfaktor. Schließlich machen Putins Truppen bereits Jagd auf Flugzeuge der Ukraine.

„Es wäre ein massiver Prestigeverlust, wenn die ersten F-16 in das Land kommen würden und die Russen es schon vor dem Einsatz schaffen würden, tatsächlich einige dieser F-16 mit weitreichenden Raketen zu zerstören“, stellt Markus Reisner, Oberst des österreichischen Bundesheers, die „sehr ernste Bedrohung“ durch russische Angriffe nach der Lieferung der F-16-Kampfjets im Gespräch mit ntv heraus.

Keine bessere Alternative im Ukraine-Krieg: F-16-Kampfjet ist der MiG-29 in allen Belangen überlegen

Sind die F-16-Kampfjets also wirklich die richtige Wahl im Einsatz gegen Putins Truppen? Eine bessere Alternative gibt es im Luftkampf gegen Russland derzeit nicht. „Obwohl als leichtes Jagdflugzeug gedacht, ist es ein recht gutes Mehrzweckflugzeug, das alles andere als veraltet ist“, erklärt auch Melnyk weiter.

„Wenn wir die F-16 mit einem Kampfjet auf der russischen Seite vergleichen können, dann ist das die MiG-29. Es gibt kaum einen Bereich, in dem die F-16 der MiG-29 nicht überlegen ist“, so der Militärexperte. Dennoch deutete Putin bereits eine Wunderwaffe gegen die F-16-Kampfjets an, die sich im Zweikampf mit der F-16 für die Ukraine schnell zum Problem entwickeln könnte. Und trotz aller Gefahren und Relativierungen setzt Selenskyj wohl große Hoffnungen darauf, dass die Ankunft der F-16-Kampfjets zumindest das Vertrauen der eigenen Bevölkerung in den Erfolg im Ukraine-Krieg bestärkt. (mast)

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