Schmerz lass nach: Schulter

Klettern & Schulterbeschwerden
Tipps & Übungen für eine fitte Schulter

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Wie ihr eure Schultern fit und gesund haltet: Das wichtigste Grundlagenwissen plus 10 Übungen!

Tipps Schulter fit halten Klettern richtig hängen
Foto: Ralph Stöhr

Was müssen Kletternde über die Schulter wissen?

Dank der Konstruktion der Schulter verfügen unsere Arme über große Bewegungsfreiheit. Das Schultergelenk wird hauptsächlich von der umliegenden Muskulatur stablisiert, die den Oberarmknochen im Gelenk hält und die Bewegungsabläufe führt. Daher hängt die Schultergesundheit direkt und wesentlich von der Gesundheit und Kraft dieser Muskeln ab. Das Schultergelenk wird beim Klettern stark gefordert, besonders beim Bouldern, wo gerade dynamische Moves intensive Kräfte auf die Schulter ausüben können. Beim Weitergreifen fordern wir indes die Beweglichkeit der Schulter, und beim Bewegen im Überhang muss hier zusätzlich noch ausreichend stabilisierende Kraft mobilisiert werden.

Unsere Highlights

Doch so vielfältig Kletterbewegungen sind, reichen sie meist nicht aus, um die Schultermuskulatur ausgewogen zu stärken. Daher kann intensives Klettern zu einem muskulären Ungleichgewicht führen, besonders wenn wir kein Ausgleichstraining betreiben. Beim Klettern werden vor allem die Innenrotatoren (Latissimus, Teres major) und Hochabduktoren (hinterer Anteil des Deltoideus, Trapezius) trainiert. Die Außenrotatoren (Infraspinatus, Teres minor) und Beuger (vorderer Deltoideus, Supraspinatus) zeigen häufig eine Schwäche. Daher ist es sinnvoll, die Außenrotatoren dezidiert zu stärken (siehe Übungen in der Fotostrecke oben).

Schulter: Risiken und Nebenwirkungen

Wenn bei einer bestimmten Bewegung, zum Beispiel beim Abfangen eines dynamischen Zugs oder eines Sprungs, ein akuter oder gar scharfer Schmerz auftritt, ist die Sache klar: ab zum Arzt! Des öfteren treten bei Kletterern allerdings auch eher nur leichte und unbestimmte, diffuse Schmerzen auf. Manchmal tut der Arm weh, während man Seil ausgibt, oder der gesamte Schulterbereich fühlt sich nicht gut an. Eventuell treten die Beschwerden erst nach dem Training auf oder an immer wieder anderen Punkten. Beim sogenannten Impingement-Syndrom treten die Schmerzen an der oberen Schulter- und Nackenmuskulatur auf, oberhalb vom Schlüsselbein, wenn wir den Arm anheben. Impingement umschreibt den Schmerz, der durch eine nicht optimale Schulterarchitektur entsteht, wenn unter dem knöchernen Schulterdach zu wenig Platz für den nach oben strebenden Arm bleibt. In den allermeisten Fällen hat dies muskuläre Ursachen. Wenn man untätig bleibt, kann eine Entzündung entstehen und die Schulter Schaden nehmen.

Schulterbeschwerden: Ursachen und Auslöser

Eine besondere Rolle in der Schulter-Architektur spielt eine muskuläre Kette namens Rotatorenmanschette. Dieser sich über Brust und Schulterblatt erstreckende Verbund an Muskeln und Sehnen ist dafür verantwortlich, den Oberarmknochen an seinem Platz zu halten und das reibungslose Weiterleiten von Kräften zu gewährleisten. Ist die Rotatorenmanschette geschwächt oder funktioniert nicht richtig, kann dies die gesamte Schulter destabilisieren. Daher sollten Übungen zur Stärkung der Rotatorenmanschette in jede Klettersession integriert werden.

Die Rotatorenmanschette

Was ist zu tun?

Der am häufigsten auftretende Grund für Schulterschmerzen sind verspannte Muskeln. Verspannung entsteht meist, weil wir Muskeln überlasten, zum Beispiel, wenn wir zu viele zu harte Züge gemacht haben oder weil gewisse Muskeln im Schulterverbund schwächer sind als der Rest. Ist es nicht die Rotatorenmanschette, kann auch ein einzelner Muskel "verschnupft" sein: beispielsweise der Deltamuskel, der über der Rotatorenmanschette liegt und den Oberarm vom Schulterdach aus umschließt. Diesen kann man oft mit vorsichtigem, mäßigen Dehnen wieder besänftigen. Prinzipiell können Beschwerden in der Schulter die unterschiedlichsten Gründe haben, daher ist es sinnvoll, bei anhaltenden oder starken Beschwerden ärztlichen Rat zu suchen.

Tipps: die Schulter fit halten

  •  Nach dem Klettern ist das Aufdehnen der belasteten Muskeln rund um den Schultergürtel wichtig; also die Muskulatur von Brust, Armen und rund ums Schulterblatt.
  •  Achte darauf, dynamische Schulterzüge (z.B. Sprünge abfangen und Moves, bei denen viel Energie in die Schulter geht) nicht zu oft zu auszuführen.
  •  Sind die Schmerzen einmal da, sollte man mit dem Dehnen vorsichtiger sein. Zumindest in die schmerzende Richtung sollte man erstmal nicht mehr oder nur noch vorsichtig dehnen, sonst kann das betroffene Gewebe noch mehr unter Stress geraten.
  •  Lockeres Bewegen in verschiedene Richtungen, gezieltes Ausgleichstraining und allgemein Bewegungsvielfalt helfen, eine ausgewogene Muskulatur um die Schulter herum aufzubauen.
  •  Betreibe regelmäßiges Ausgleichstraining und baue Stützübungen nach oben und hinten ein.
  •  Übertreibe es nicht mit Liegestützen. Diese stärken, wie viele Klettermoves auch, die Brustmuskulatur. Wenn diese wegen intensiven Trainings verkürzt, kann das zu schlechter Haltung führen und die Schulterarchitektur stören, indem der Oberarmknochen im Schultergelenk zu weit nach vorn gezogen wird. Wenn du Liegestütze machst, halte die Ellbogen eng am Körper.
  •  Durch Ausgleichstraining wird auch die kletterspezifische Muskulatur stärker – das sollte motivieren!

Der Autor

Schulter-Übungen für Kletterer - Ausgleichstraining
Ralph Stöhr
Martin "Schlagi" Schlageter

Martin "Schlagi" Schlageter betreut seit 1997 die deutsche Kletternationalmannschaft. Der Physiotherapeut mit dem Boulderblock im Garten ist Sportphysiotherapeut des DOSB, Manualtherapeut, Osteopath in Ausbildung sowie Sportlehrer und Athletiktrainer.